The King Of Disco! Bernard Edwards ist einer der zahllosen Helden, die enorm viel für die Bass- und gesamte Musikwelt bewegt haben, dem breiten Publikum aber leider nahezu unbekannt sind. Er erlangte vor allem in Musikerkreisen Berühmtheit und genoss hier höchsten Respekt. Dies geschah jedoch nicht durch technische Kapriolen in YouTube-Videos, sondern durch sein professionelles und nachhaltiges musikalisches Schaffen, das meist in Zusammenarbeit mit seinem kongenialen Partner Nile Rodgers stattfand. Bernard Edwards hat uns nicht nur unzählige zeitlose Disco-Basslines mit Bands wie Chic und Sister Sledge geschenkt, sondern war auch als Songwriter und Produzent für Diana Ross, David Bowie, Duran Duran, Joe Cocker, Rod Stewart usw. tätig. Leider verstarb er 1996 viel zu früh im Alter von gerade einmal 43 Jahren.
- Biografie Bernard Edwards
- Equipment und Spieltechnik Bernard Edwards
- Equipment und Spieltechnik von Bernard Edwards
- Anatomie des Disco-Grooves
- “Good Times” (Chic: “Risque”)
- “We Are Family” (Sister Sledge: “We Are Family”)
- “Le Freak” (Chic: “C’est Chic”)
- “I Want Your Love” (Chic: “C’est Chic”)
- “Thinking Of You” (Sister Sledge: “We Are Family”)
- “What About Me” (Chic: “Risque”)
- “Your Love” (Chic: “Chic-ism”)
Biografie Bernard Edwards
Bernard Edwards wurde 1952 in Greenville, North Carolina, geboren. Schon früh entwickelte er ein großes Interesse an Musik und begann bereits in jungen Jahren mit dem Tenorsaxofon. Als der Bassist einer lokalen Band zum Militär eingezogen wurde, verkaufte Bernard sein Saxofon und kaufte sich stattdessen kurzerhand einen Bass.
Nach New York umgezogen, studierte er dort Musik. Um seine Miete zu bezahlen, jobbte er nebenbei in einem Post Office. Eine seiner Arbeitskollegin hatte einen Sohn, der Nile Rodgers hieß – wie das Leben doch spielen kann! Sie brachte die beiden zusammen.
Nach anfänglichen Startschwierigkeiten begannen sie ein gemeinsames Bandprojekt mit Rob Santino (Piano) und Tony Thompson (Drums), aus dem sich später die Band Chic entwickelte. Zu dieser gehörten auch zwei Sängerinnen, die jedoch im Lauf der Jahre mehrfach wechselten. Mit ihrer Single “Dance, Dance, Dance” gelang der Band 1977 der Durchbruch, und mit vielen weiteren Hits wie “Le Freak”, “Good Times”, “I Want Your Love” etc. prägten Chic die Disco-Ära der späten Siebziger-Jahre.
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Parallel zu Chic arbeitete die Rhythmusgruppe mit Tony Thompson, Bernard Edwards, Rob Santino und Nile Rodgers allerdings auch stets an anderen erfolgreichen Projekten. So dienten sie etwa vier hochmusikalischen Schwestern, deren Nachname “Sledge” war, als Band und als Songwriter.
Dieses Projekt hieß treffend Sister Sledge, und ihr größter Hit ist ohne Frage “We Are Family”. Auch dieser Song stammt aus der Feder von Bernard und Nile. Weitere bekannte Songs waren “Lost In Music” und “He’s The Greatest Dancer”.
Ebenso verhalf das Team Rodgers/Edwards der Sängerin Diana Ross zu der erfolgreichsten Aufnahme ihrer Karriere: Auf dem 1980 erschienen Album “Diana” befanden sich u.a. die Hits “Upside Down” und “I’m Coming Out” – wiederum geschrieben und produziert von unserem wohlbekannten genialem Duo.
Bernard und Nile verlegten sich nach Ende der Discozeit verstärkt auf das Produzieren anderer Künstler, bis mit der Platte “Chic-ism” 1992 noch einmal ein Anlauf genommen wurde, mit Chic erneut erfolgreich zu sein ‑ leider allerdings vergebens!
Trotzdem tourten Chic weiter durch die Welt. 1996 entstand die Live-Scheibe “Live At Budokan”, welche eine tragische Geschichte erzählt. Auf ihr ist deutlich zu hören, dass Bernard nicht voll bei Kräften ist. Er litt an einer nicht diagnostizierten Lungenentzündung und musste sich mehrere Auszeiten während des Konzerts nehmen. Tragischerweise verstarb er noch in derselben Nacht in seinem Hotelzimmer und wurde am nächsten Morgen von seinem langjährigen Freund und Kollegen Nile Rodgers tot aufgefunden.
Diesen Schock konnte Rodgers lange nicht überwinden und wollte ohne seinen besten Freund nicht mehr musizieren. Anfang der 2000er-Jahre überzeugten ihn jedoch Musiker wie Drummer Omar Hakim und Bassist Jerry Barnes, das Erbe Bernard Edwards weiter hinaus in die Welt zu tragen. Seitdem ist Chic wieder erfolgreich auf Tour.
Equipment und Spieltechnik Bernard Edwards
Bernards Hauptinstrument in der Disco-Ära war ein 77er Music Man Stingray mit Ahorngriffbrett und Flatwound-, also geschliffenen Saiten. Hinzu kam ein Fender Precision Bass. Diese verstärkte er adäquat mit einem Ampeg SVT und passender Ampeg 8×10-Box – mal ehrlich, was soll da auch schon schiefgehen?
Ähnlich einfach verhält es sich mit der Spieltechnik Bernard Edwards. Hauptsächlich hielt er sich an klassischen Fingerstyle und verließ mit seiner Greifhand selten die ersten sieben Bünde. Ein Ass im Ärmel hatte er aber dennoch: Mit dem Zeigefinger seiner Anschlagshand gegen den Daumen gepresst, simulierte er ein Plektrum, erzielte damit jedoch einen ungleich weicherem Sound. Gut hören kann man diese Technik in Songs wie “Everybody Dance” und “Dance, Dance, Dance”. Auf diesem Foto kannst du das gut erkennen.
Jerry Barnes, der Bassist der heutigen Chic-Formation, simuliert dies übrigens mit der Double Thumb Technik. Auf Details des persönlichen Stils von Bernard Edwards werde ich in den Songbeispielen tiefer eingehen, vor allem im zweiten Teil des Workshops. In diesem zweiten Teil wird es darum gehen, Stilelemente Bernards als “eigenen Wortschatz” zu adaptieren und damit selbstständig authentische Disco-Basslines zu kreieren. Diese haben bis heute nichts an Aktualität verloren, wie Acts wie Jamiroquai oder Daft Punk eindrucksvoll belegen. Sie alle haben sich bei genauerem Hinhören nämlich kräftig bei Bernard Edwards und Nile Rodgers bedient!
Anatomie des Disco-Grooves
Damit sich auch unmusikalische Grobmotoriker auf der Tanzfläche im Takt bewegen können, spielen die Drums meist einen sehr einfachen, stringenten Groove. Oft werden alle vier Viertel eines Taktes mit der Bassdrum gespielt. Die Snare markiert den Backbeat auf den Zählzeiten 2 und der 4. So gut wie keine Synkopen sollen den Tänzer verwirren!
Durch diesen unerschütterlichen Viertelpuls der Drums bekommen wir sozusagen einen Freifahrtschein und können unsere Bassline (im Ergänzung mit der perkussiven Rhythmusgitarre) luftig und funky gestalten. Nicht nur rhythmisch, sondern auch melodisch bieten sich somit viele Möglichkeiten. Darin war Bernard Edwards ein Meister, wie wir in allen Beispielen sehen werden, denn durch diese Freiheiten entstanden sehr prägnante, melodische und eingängige Basslines, die eine Art Gegenmelodie zum Gesang bilden.
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Diese zwei- oder viertaktigen Phrasen wiederholt Bernard Edwards dann nahezu ohne Variationen. Dadurch entsteht eine geradezu hypnotische, loopartige Wirkung. Das macht es dem Möchtegern-John-Travolta auf der Tanzfläche wiederum einfach! Auf weitere stilprägende Elemente gehe ich während der Songbeispiele ein – und besonders noch im zweiten Teil des Workshops.
Aufgrund der erwähnten Länge der Songs und der häufigen Wiederholungen, habe ich nicht immer vollständige Soundbeispiele/Playalongs erstellt, sondern konzentriere mich auf die jeweiligen Hauptriffs, welche den Titel ausmachen. Die Transkriptionen beinhalten fast immer den ganzen Song. So kannst du ihn zur Originalaufnahme gut nachvollziehen bzw. spielen. Die Playalongs starten immer mit zwei Takte Drums als Einzähler.
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So, dann mal schnell die Schlaghosen aus dem Schrank geholt, Plateauschuhe angezogen – und los geht’s!
“Good Times” (Chic: “Risque”)
Tja, was soll man sagen?! Für diesen Groove wurde wohl das Wort “Klassiker” erfunden! Die Bassline ist eine der bekanntesten und auch am häufigsten gecoverten in den letzten 40 Jahren. Berühmtestes Beispiel ist der Track “Rapper’s Delight” der Band Sugarhill Gang.
“Good Times” enthält viele stilprägende Elemente. Das Groove-Pattern ist insgesamt viertaktig (zwei Takte mit Grundton E, zwei mit Grundton A) und wird ohne große Variationen wiederholt. Im ersten und dritten Takt nagelt Bernard mit dem Grundton die Viertel zusammen mit den Drums. Die Zählzeit 1 ist (bis auf den ersten Takt) jeweils um eine Sechzehntel vorgezogen und lockert so die strengen Viertel auf.
Der zweite und vierte Takt beinhalten deutlich mehr Töne und stellen Bernard Edwards melodische Fähigkeiten unter Beweis. In Takt 2 geht es in Achteln die Tonleiter E-Dorisch über eine Oktave aufwärts. In Takt 4 gibt es ein technisch durchaus anspruchsvolles Fill mit dem Grundton, der Sechste und der Septime des zugrundeliegenden Akkords A7. Auch rhythmisch bilden diese beiden Takte einen schönen Gegensatz zu den Takten 1 und 3 (siehe Frage-Antwort-Konzept).
Der Vers basiert auf der gleichen Akkordfolge, ein häufiges Element in Discosongs. Für einen dynamischen Unterschied zum Chorus hat Bernard Edwards die Bassline jedoch deutlich ausgedünnt. Rhythmisch und tonal geht es hier einfacher zur Sache. Alle Viertel spielt er stur mit, keine Zählzeit wird vorgezogen, und weder Tonleitern noch Fills spielen hier eine große Rolle. Auf diese Weise schafft Bernard mit einfachen Mitteln einen schönen Kontrast zum Chorus.
“We Are Family” (Sister Sledge: “We Are Family”)
Wie nahezu alle Discosongs basiert Sister Sledges Megahit auf “nur” zwei Teilen: Chorus und Vers (siehe “Good Times” und fast alle folgenden Beispiele). Damit der Zuhörer gleich in den Bann gezogen wird, startet jeder Song mit dem Chorus, gemäß der alten Songwriter-Formel: “Don’t bore us, get to the chorus”!
Auch hier werden vier Takte immer wiederholt. Diese besitzen alle das gleiche Rhythmuspattern. Die Zählzeit 1 wird um eine Achtelnote vorgezogen, was eine Art Beschleunigungseffekt erzeugt. Die Zählzeiten 2 und 3 werden auf den Punkt gespielt.
>>>Das Gegenteil von Disco: In diesem Workshop findest du die besten Basslinien von Timmy C (Rage Against The Machine)!<<<Auf der tonalen Seite kommt das favorisierte Intervall in Discogrooves ausgiebig zum Tragen: die Oktave! Mit der Figur auf der Zählzeit 3 lockert sie die tieferen Grundtöne auf der E- und A-Saite etwas auf.
Der Vers unterscheidet sich diesmal sowohl harmonisch als auch rhythmisch zum Chorus. Ein zweitaktiges Pattern wiederholt sich darin – wiederum ohne Variationen. Im melodiösen ersten Takt besteht die Bassline hauptsächlich aus den Tönen des A7-Arpeggios: A, C#, E und G.
Der zweite Takt reduziert das Tonmaterial auf die bewährten Oktaven über die Akkorde Em7 und D9 und bestätigt erneut unser Frage-Antwort-Konzept. Einen Kontrast zum ersten Takt bildet auch der Rhythmus: die Zählzeiten 1 und 3 sind um eine Achtel antizipiert, was für den entsprechenden Drive sorgt.
“Le Freak” (Chic: “C’est Chic”)
Der Titel beginnt – wer hätte es gedacht? – mit dem Chorus! Bernard Edwards hält sich hier vornehm zurück und überlässt das Feld großzügig Nile Rodgers genialem Gitarrenriff. Dafür legt er im Vers um so mehr los und spielt mit Nile überwiegend unisono. Harmonisch sind Vers und Chorus wieder identisch, auch das Gitarrenriff bleibt das gleiche.
Bei diesem Tempo ist der Basspart schon nicht so ganz einfach zu meistern und zeugt von Bernards präzisen Fingerstyle-Fähigkeiten. Eingespielt habe ich nur den Vers, da dieser die deutlich größere Herausforderung darstellt. Wie bisher wiederholt sich ein zweitaktiges Pattern ohne Variationen.
Und nun zu einer absoluten Ausnahme bei Disco-Songs: einem drittem Teil! Ob man das nun “Bridge” oder “Interlude” nennen möchte – ganz egal, es ist auf alle Fälle ein Grund zu feiern! Die Akkorde werden hier auf ihre doppelte Länge gestreckt, wodurch eine viertaktige Phrase entsteht.
Bernard Edwards greift hier tief in die Trickkiste und spielt über beide Akkorde ein Ostinato, d.h. eine gleichbleibende Figur, welche sich stetig wiederholt. Nur der Grundton zu Beginn eines jeden Akkordwechsels ändert sich. Alle anderen Noten bleiben gleich und erzeugen ein schönes Spannungsfeld, da sie unter jedem Akkord eine andere Wirkung haben. Das C im fünften Bund der G-Saite ist einmal die Terz von Am7 und wird dann zur Septime von D9. Das A im siebten Bund der D-Saite ist einmal Grundton und wird zur Quinte des D9 Akkords. Genial!
“I Want Your Love” (Chic: “C’est Chic”)
Diese Bassline ist ein weiteres Beispiel für Bernards melodisches Gespür. Im letzten Takt der viertaktigen Akkordfolge bricht er den etablierten Rhythmus auf und nutzt dreimal ein chromatisches Motiv, um in die entsprechenden Grundtöne überzuleiten. Mit diesem rhythmischen und melodischen Gegensatz zu den vorangegangenen Takten führt er wieder geschickt zum Beginn der vier Takte zurück.
Der Vers ist erneut eine ausgedünnte Variante des Chorus. Das Groovepattern des ersten Taktes wird übernommen, allerdings basiert der Vers auf nur einem Akkord. Mit kleinen Variationen macht Bernard daraus trotzdem eine zweitaktige Phrase und wirkt so drohender Monotonie entgegen. Dazu benutzt er nur ein Hammer-On auf der Zählzeit 1 des zweiten Taktes und die bereits bekannte chromatische Überleitung an dessen Ende. Minimaler Aufwand mit maximalem Ergebnis!
“Thinking Of You” (Sister Sledge: “We Are Family”)
Die Bassline im Vers dieses Songs ist ohne Frage ein kleines Meisterwerk! Nach einem chromatischen Auftakt von der leeren E-Saite hoch zum G im dritten Bund folgt ein Bassgroove, der nur mit dem Grundton und der Oktave des jeweiligen Akkords auskommt. Das klingt soweit erst einmal bekannt.
Im zweiten Takt übernimmt Bernard die Oktaven als melodische Idee, ändert jedoch deren rhythmische Platzierung (erneut Frage-Antwort). Durch diese geniale Variation erzeugt Bernard mit minimalem Aufwand genug Veränderung, um die Bassline über lange Zeit spannend zu halten. Und das ohne irgendeine Tonleiter, solistische Fills, etc.! Das ist schon wirklich großes Kino und zeugt erneut Bernards Bescheidenheit und Souveränität, wenn es darum geht, Basslines interessant zu gestalten. Stets bleibt die Musik im Fokus, niemals sein Ego! Schön ist auch der Slide in die Grundtöne G, D und Eb. Dadurch klingen diese etwas weicher – es ist ja auch schließlich ein Liebeslied!
“What About Me” (Chic: “Risque”)
Mit seinen 90 bpm ist “What About Me” eigentlich eher untypisch. Die meisten Disco-Songs liegen irgendwo zwischen 104 und 120 bpm. Ein kleiner “Fun Fact” am Rande: In einem Interview eines berühmten Produzenten dieser Zeit hörte ich, dass tatsächlich Untersuchungen über das perfekte Tanz-Tempo gemacht wurden. Die Forschungen ergaben, dass 15 Sekunden acht Takten entsprechen sollten, um eine optimale Wirkung beim Publikum zu erzielen. Das ergibt wie viel in bpm, liebe Leser? Ich bin mal gemein und sage: Die Lösung herauszufinden, ist eure Hausaufgabe!
Anhand der Bassline von “What About Me” möchte ich noch auf zwei Elemente in Bernards Spiel eingehen, die bisher schon ständig präsent waren, aber noch keine Erwähnung fanden. Zum einen der Sechzehntel-Auftakt zu einem Down- oder Backbeat mit einer Leersaite (Downbeat = Zählzeit 1 und 3, Backbeat = Zählzeit 2 und 4). In der PDF-Datei habe ich dies extra mit einem Pfeil markiert.
In meiner “Bernard-Phase” transkribierte ich die Basslines und Akkorde sämtlicher Chic-Alben und einige Hits von Sister Sledge und Diana Ross. 95% dieser Songs stehen in den Tonarten E, A, D oder G, so dass die Leersaiten des Basses immer irgendwie harmonisch passen. Dafür ist es sogar egal, ob es nun E-Dur oder E-Moll, A-Dur oder A-Moll etc. Das ist der große Vorteil, wenn man der Songwriter ist: man kann die Tonarten so wählen, dass sie dem eigenen Instrument entgegenkommen!
Das zweite wiederkehrende Merkmal ist die Platzierung der Noten. In jedem Groove spielt Bernard eine gewisse Anzahl an Vierteln mit den Drums mit. Mindestens zwei, mitunter aber auch drei. Eine oder zwei Viertel zieht er um eine Sechzehntel nach vorne (ab und zu auch um eine Achtel). Auf diese Weise unterstützt er zum einen den Viertelpuls, zum anderen sorgt er aber auch für genügend Luftigkeit und Verzahnung mit den Drums, so dass die Grooves immer funky bleiben und nicht steif wirken. Wenn du dir alle Songs noch einmal anschaust, wirst du feststellen, dass dieses Konzept nahezu immer greift!
“Your Love” (Chic: “Chic-ism”)
Dieser Song stammt von dem 1992er-Comeback-Album “Chic-ism”, das leider zu Unrecht erfolglos blieb. Auf dem Werk finden sich durchaus interessante Songs und Grooves, und mein absoluter Liebling ist “Your Love”. Bernard peitscht die Band mit seiner Bassline hier gnadenlos nach vorne.
Der komplette Song läuft über die gleiche zweitaktige Akkordfolge (bis auf einen kurzen Mittelteil, der aber nur eine editierte Version der Akkordfolge ist). Auch Bernards Bassline ist eigentlich zweitaktig. Als Meister des Minimalismus schafft er jedoch wieder durch das Ändern nur einer einzigen Note ein viertaktiges Pattern und stellt sicher, dass der Groove auch nach fast sechs Minuten Laufzeit immer noch interessant bleibt.
Soweit erst einmal für heute!
Ich hoffe, dir machen Bernard Edwards Basslines genau so viel Spaß wie mir! Sie sind definitiv eine großartige Quelle für “Brot-und-Butter-Bassspiel”, das ausschließlich der Musik dient und beinhalten Konzepte, die auch auf alle anderen Stilistiken übertragbar sind.
In Teil 2 des Workshops fasse ich die prägenden Elemente von Bernard Edwards’ Stil noch einmal zusammen. Mit ihnen als Grundlage wollen wir dann eigene Basslines zu Akkordfolgen komponieren, um die reale Situation in einer Band oder im Studio zu simulieren.
Das Nachspielen von Songs ist wichtig und macht Spaß – das Übertragen in den eigenen musikalischen Wortschatz und der kreative Umgang sollte dann aber immer der nächste große Schritt sein!
Viel Spaß mit den kraftvollen Basslinien von Bernard Edwards und bis bald, euer Thomas Meinlschmidt