Webradio versus Streaming – eine Frage der Perspektive?

Die Zeiten, in denen ausschließlich angesagte Radio-DJs ihre wertvollen Insidertipps über den Äther verbreiteten und hungrige Musikfans auch im hinterletzten Dorf mit coolen Sounds versorgten und ganz nebenbei so manches Leben retteten, sind lange vorbei. Wo früher noch sehnsüchtig auf die wöchentliche Radioshow gewartet wurde, haben heute Webradios mit abrufbaren Archiven und Streaming-Anbieter das Ruder übernommen. Somit ist Musik fast überall für jede Stimmung und jeden Anlass so gut wie jederzeit verfügbar. Grund genug, sich diese beiden Optionen des Musikhörens und Entdeckens mal etwas genauer anzuschauen und abzuwägen.

(Bild: Fotolia, Credits: zhu difeng)
(Bild: Fotolia, Credits: zhu difeng)

Rückblick und Einführung

Schauen wir noch einmal zum regulären Radio und wie sich schon hier die Entwicklung, die sich mit Webradios und Streaming Communities fortsetzt, angebahnt hat. Bis in die 1980er Jahre war das Radio in Europa ausschließlich ein öffentlich-rechtliches Radio. Das heißt, es war in Staatsbesitz und das Senden wurde als kulturpolitische öffentliche Aufgabe verstanden, wo die Musik nur ein Aspekt von vielen ist. Das ist bei öffentlich-rechtlichen Sendern übrigens auch heute noch der Fall, wo viele Redaktionen aus unterschiedlichen Sparten sich bemühen, anspruchsvolles abwechslungsreiches Programm zu machen.
Bei privaten Trägern wie RTL Hitradio, die dann auch im Hörfunk mitmischten und die Sendelandschaft prägten, stand von Anfang an die Musik im Vordergrund. Es gab weniger Wortbeiträge und wenn, dann waren diese kurz und knapp. K. I. S. S. – Keep it short and simple, war der Leitsatz. Dafür wurde viel mehr Musik gespielt und durch die unterschiedlichen Genres, die nun ihre eigene Radionische hatten, gab es eine größere musikalische Vielfalt. Mit seiner Leichtigkeit und den sympathischen freundlichen Stimmen, die dich direkt angesprochen haben, war das Privatradio zunächst eine erfrischende Alternative zu dem oftmals belehrenden Ansatz der staatlichen Rundfunkanstalten.
Da jedoch auch ein kommerzielles Interesse bestand, denn der private Sender musste ja im Gegensatz zum staatlichen Radio Gewinne erzielen und vor allem überleben, gab es nicht nur zunehmend Strategien, wie Hörerbindungen erzeugt werden konnte, sondern vor allem die Musik musste massentauglicher werden.
Mit der Computerisierung war das dann ein Kinderspiel. Musik wurde digitalisiert und dann kam die Rotation. Mit spezieller Software konnten jetzt die Programme geplant werden und auch die mühsame Arbeit der Musikauswahl wurde den Moderatoren und Moderatorinnen abgenommen.
RCS Selector ist eines der meist genutzten Programme beim Privatfunk, um Sendepläne zu erstellen. Hiermit lässt sich dann u.a. entscheiden, in welchem Rhythmus die Sendung sein soll, auf eine Ballade folgen z.B. zwei flotte Nummern, gefolgt von einem mittleren Tempo etc. Das funktioniert für sämtliche Genre. Die Auswahl trifft dann der Computer. Während du also vorm Radio hocktest und dir dachtest, coole Musik, die der DJ da auflegt, war dieser bei der Auswahl vermutlich gar nicht beteiligt. Das war eine wichtige Vorstufe sowohl für das Webradio, als auch für Streaming-Communities.

(Bild: YouTube/RCS Sound Software)
(Bild: YouTube/RCS Sound Software)

Das Radio erobert im Internet neue Räume

Mit den Möglichkeiten, selbst Radio zu machen, gab es auf einmal zahlreiche Webradios im Netz. Zuerst sendeten Musikspezialisten und -spezialistinnen, die aus Leidenschaft ihre Musikkenntnisse teilten. Dann tauchten die ersten kommerziellen Projekte auf, die Geschäfte witterten und daher ebenfalls im Internet ihre Hörerschaft suchten und teilweise auch fanden. Gefolgt von den On-Air Radiostationen, sowohl privater als auch staatlicher Natur, die erkannten, dass online Radiohören nicht nur ein vorübergehender Trend ist, sondern vermutlich die Zukunft und daher ihre Chance nicht verpassen wollten.
Streaming war nur der Anfang. Plötzlich schien es nicht mehr zeitgemäß zu sein, ein Radioprogramm ausschließlich zu einer bestimmten Zeit zu hören. Dafür waren Flexibilität und Entscheidungsfreiheit wichtige Komponenten geworden, die dazu führten, dass Mediatheken eingerichtet wurden. Nun konnte jeder und jede selbst entscheiden, wann er oder sie sich eine Sendung anhört.
Mit der technischen Möglichkeit, Daten in Clouds abzulegen und zu speichern, bildeten sich Musik und Podacst Streaming-Communities – zunächst nicht kommerzieller Natur, wie das frühe Soundcloud oder Mixcloud. Später folgten dann Plattformen wie Pandora, Apple Music, Deezer und Spotify, die von Anfang an auf kommerziellen Erfolg ausgerichtet waren.
Der Grund, warum ich zunächst diesen historischen Überblick verschaffen wollte, ist der, dass mir aufgefallen ist, dass es immer wieder die gleichen Kräfte sind, die wirken und sich auf einer neuen Ebene fortsetzen. Im Grunde genommen ist die Diskussion „Webradio vs. Streaming-Anbieter“ in etwa die Gleiche wie Staatlicher Rundfunk vs. Privatradio, zumindest was die Frage der Kommerzialität und die Reduzierung von Sendungen mit anspruchsvollen Autoreninhalten auf Massenwirksamkeit betrifft. Das Webradio mit seinen vielen passionierten und engagierten Radiomachern übernimmt hier in etwa die Rolle, die damals der öffentlich-rechtliche Rundfunk hatte und die Streaming-Portale streichen Wortbeiträge und bieten stattdessen akustische Audiotapeten. Das finde ich ziemlich interessant. Und reichlich Argumente gibt es auf beiden Seiten, sowohl dafür als auch dagegen … 

1. Persönliche Musikauswahl vs. CPU-kuratierte Empfehlungen

Hier geht es um Vertrauen. Beim Webradio entscheide ich mich für eine Sendung mit einem DJ, der mir zusagt. Ein DJ, bei dem ich das Gefühl habe, diese Person oder dieser Mensch kann mir mit seiner Musik was erzählen. Dort gehe ich in Resonanz und fühle mich gut aufgehoben. Da ist ein Mensch, der mich sowohl mit seiner Stimme als auch der Musik anspricht und mit dem ich mich vielleicht sogar in gewisser Weise identifizieren kann. Ein Mensch, der mich einen Moment in meinem Leben mit seinem Wesen durch seine Arbeit begleitet und inspiriert und im besten Falle mein Leben ein Stück weit besser macht.
Dem häufig gebrachten Argument, dass man diese Show oder diesen DJ im Dickicht des Webs, sprich einem überaus riesigen Angebot ja auch erst mal finden muss, dem stimme ich zu. Ich bin aber aus langjähriger Erfahrung davon überzeugt, dass es so etwas wie ein Gesetz der Anziehung gibt. Das, wonach ich suche, das finde ich oder besser gesagt, das findet mich, wenn ich dafür empfänglich bin. Meistens ganz zufällig und nebenbei. Aber gilt das dann auch für Playlisten auf einer Streaming-Plattform? Ich meine allein auf Spotify gibt es mehr als 2 Milliarden Playlisten. Und zwar zu allen möglichen Genres.

Laptop mit Spotify Playlist
Laptop mit Spotify Playlist

2. Kostenlos hören vs. Monatspauschale

Hier stellt sich die grundlegende Frage nach Preis und Leistung oder mit anderen Worten: Was ist mir das Musikhören wert und was bekomme ich dafür? Die meisten alternativen Webradios wie zum Beispiel sind für die Hörer kostenlos. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen wird hier rund um die Uhr höchst anspruchsvolles und abwechslungsreiches Radio mit Moderation geboten, wofür der Online-Sender sogar schon den Grimme Award eingeheimst hat.
Allerdings sollte man wissen, dass niemand der DJs und Moderatoren und Moderatorinnen dort auch nur einen Cent verdient und das, obwohl dort Profis am Werk sind, die teilweise sogar wöchentlich auf Sendung gehen. Okay, da kann man jetzt sagen, es zwingt sie ja niemand dazu. Stimmt, die machen das aus Leidenschaft. Nichtsdestotrotz trage ich als User gewissermaßen die Verantwortung mit, wenn ich Systeme unterstütze, wo von Menschen erbrachte Leistungen nicht honoriert werden. Andererseits hat so jeder, unabhängig von der eigenen finanziellen Situation, die Möglichkeit, gutes Radio zu hören
Im Fall von Byte.fm gibt es zudem die Möglichkeit, Mitglied im Förderverein zu werden und den Sender mit einem Jahresbeitrag ab 50 Euro bzw. 30 Euro für Schüler, Studenten und Erwerbslose zu unterstützen. Der Vorteil: Man kann jederzeit auf das Archiv und verpasste Sendungen zugreifen, hört den Livestream in besserer Klangqualität und noch einige Aspekte mehr.
Bislang scheinen die Förderungen jedoch nicht für Honorare für das On-Air-Team zu reichen. Möglich ist auch, dass der Sender keine Honorare bezahlt, um als nichtkommerzieller Radiobetreiber die hohen Gebühren bei der GVL zu minimieren (Für nichtkommerzielle Webcaster und öffentlich-rechtliche Anbieter beträgt die Regelvergütung 0,000333 Euro pro Titel und Hörer oder alternativ 0,0001 Euro pro Minute und Hörer. Soweit sich daraus ein höherer Betrag ergibt, beträgt die Vergütung 7,5 % der Kosten. Die Mindestvergütung beträgt Euro 500 p.a. Für kommerzielle Nutzer beträgt die Vergütung 1.500 Euro pro Jahr bei Erlösen bis 50.000 Euro und 4.000 Euro bei Erlösen bis 100.000 Euro. Für die 100.000 Euro überschreitenden Erlöse beträgt die Vergütung zusätzlich 10 % bei Erlösen bis 300.000 Euro. Für die 300.000 Euro überschreitenden Erlöse beträgt die Vergütung zusätzlich 12,5 %.) und um die günstige Webradio-Lizenz bei der GEMA zu bekommen.
Für diese darf man als Webradiobetreiber u.a. keine Einnahmen haben oder diese dürfen den Betrag von 430 Euro nicht überschreiten. Kommen wir aber noch mal zur Webradio-Hörerschaft zurück, die den Service des Senders kostenlos nutzen.
Auf die Frage, warum sie nichts dafür bezahlen, kommt neben einem verständnislosen Achselzucken standardmäßig der Spruch: „Das kann ich mir nicht leisten!“ Dieses Argument lasse ich allerdings nicht gelten, weil es oftmals nicht stimmt. Wir geben für jeden Mist bereitwillig jede Menge Kohle aus. 30 oder 50 Euro im Jahr (!) für gutes Radioprogramm sind da locker drin und meiner Meinung nach gut investiert. Hinter dieser allgegenwärtigen Ausrede steckt (vielleicht noch unbewusst) das „will“ ich mir nicht leisten! Wenn so argumentiert würde, fände ich das zwar immer noch schade, aber durchaus akzeptabel. Fair enough. Deine Entscheidung! 
Letztendlich ist es die Frage nach der Rentabilität, die hier entscheidend ist. Lohnt sich das? Höre ich so oft und regelmäßig, dass es sich rentiert? Bei den Streaming-Diensten wie Deezer, Spotify und Co ist das übrigens die gleiche Fragestellung, mit der man konfrontiert ist. Wie oft nutze ich diesen Dienst? Lohnt sich ein Abo für mich? Natürlich sind die Plattformen vorrangig an zahlenden Usern interessiert und so lockt man in erster Linie mit besserer Klangqualität und werbefreiem Stream. Auf einem Laptop oder Smartphone abgespielte Musik klingt für mich allerdings eh immer nach quäkigem Computersound. Da macht die verbesserte Klangqualität den Braten auch nicht wesentlich fetter. Schon gar nicht, wenn der Sound ungeniert aus den Computer- oder iSmartphone-Speakern quäkt.
Was die gelegentliche Werbung in der kostenlose Variante betrifft, die Spots dauern nie besonders lang und wenn die nerven, dreht man die Lautstärke mal kurz gegen Null. Preislich liegen alle Anbieter in etwa im gleichen Bereich. Um die 10 Euro kostet ein Abo pro Monat. Für Familien gibt es zudem die Möglichkeit, dass bis zu 6 Personen auf unterschiedlichen Geräten den Service nutzen können. Für knapp 15 Euro. Das ist auf das Jahr hochgerechnet eigentlich nicht besonders viel und dafür gibt es keine Streitereien mehr, welcher Sender jetzt gehört wird. Werden verschiedene Dienste genutzt wie noch Amazon und Netflix, dann kommt da natürlich schon einiges zusammen in so einer Familie. Da hilft dann nur noch eins: Prioritäten setzen. Dann gibt es allerdings im Internet auch noch Nutzer vom Typ „Ich kenn mich aus, weiß genau, was ich hören will, wo ich es bekomme und ich zahle natürlich aus Prinzip nichts, weil ich weiß wie …“
Für diesen Personenkreis ist unser Diskurs aber eh irrelevant. Der hört Musik vermutlich am Liebsten auf YouTube oder zapft illegale Blogs an und falls er dann doch ausnahmsweise mal einen Streaming-Dienst in Anspruch nimmt, dann hört er mit Addblocker ohne Werbung kostenlos im Browser 😉

Deezer auf dem Smartphone
Deezer auf dem Smartphone

 3. Unterstützung von Musikern vs. Support von Streamingdiensten 

Eines der Hauptargumente gegen Streaming-Communities ist immer wieder die Aussage von Musikern und Musikerinnen, dass die Musikschaffenden dadurch ausgebeutet werden, zumindest wenn es sich nicht um kommerziell schon erfolgreiche und namhafte Artists wie z.B. Madonna oder David Guetta handelt. 
Laut Spiegel Online sollen etwa 15 % der Anteile von Spotify außerdem den großen Labels Sony, Warner und Universal gehören. Das sagt ja schon einiges. Angeblich schulden Streaming-Dienste Komponisten und Songschreibern Beträge in Millionenhöhe, jedoch nur, weil sie nicht wissen, an wen sie das Geld ausbezahlen sollen. Zu diesem Thema gibt es einen interessanten Beitrag auf Heise Online.
Dort sagt der Musikdatenexperte Jeff Price, der im Auftrag von Künstlern Musikdaten überprüft: „Für Spotify und die anderen Streamingdienste ist es kein Datenproblem oder Datenformat-Problem. Die Daten sind da, die Formate sind da. Das Problem ist, dass Spotify nie die Systeme oder Prozesse gebaut hat, um die Lizenzen [für Kompositionen und Texte] zu erwerben, die Daten zu verarbeiten und zu bezahlen.“ Ohne eine rechtmäßig erworbene Lizenz dürfte ein Musikstück also auch gar nicht gestreamt werden. Ein komplexes Thema, wo sich selbst Experten noch lang nicht einig sind, geschweige denn durchblicken. Es wird also noch eine Weile dauern, um Urheberrechtsprobleme zu lösen, falls das überhaupt möglich ist. 
Die kalifornische Cellistin Zoe Keating z. B. , die viel Musik online verkauft und f-Dienderen Stücke relativ häufig gehört werden, hat vor einigen Jahren in der Presse aufgezeigt, was sie in 6 Monaten mit Spotify verdient hat. In einem Bericht auf Spiegel Online steht: 72.800 mal wurden Songs von ihr in dieser Zeit auf Spotify gehört. Dafür hat Spotify umgerechnet gut 246 Euro ausgezahlt. Ein Anteil davon geht an den Digitalvertrieb, bei der Künstlerin kamen danach umgerechnet etwa 224 Euro an. Das heißt für jeden abgerufenen Song zahlt Spotify gerade mal 0,0034 Cent aus. 
Die Kollegen vom Guardian rechnen vor, ein Spotify-Stück müsste 160 mal abgespielt werden, damit die Cellistin damit so viel verdient wie mit einem einzigen bei iTunes verkauften Song. Das heißt, wenn ich einen Künstler oder eine Künstlerin toll finde und unterstützen möchte, sollte ich die Musik auf jeden Fall kaufen und nicht streamen!

Marketing

Ein neueres Gegenargument wäre, Streaming nicht als Einnahmequelle zu betrachten, sondern als Marketingtool und angesichts der wachsenden Nutzerzahlen von Spotify, Deezer und Co. dürfte sich der Einsatz von Musik-Streaming-Diensten als Marketinginstrument durchaus lohnen. Es reicht allerdings nicht, ein paar Songs hochzuladen und dann abzuwarten. Ein bisschen sollte man sich dann schon damit beschäftigen, um mit der bestmöglichen Nutzung der diversen Audio-Dienste die eigene Zielgruppe zu erreichen. Ich glaube, vor allem unbekannte Musiker und Musikerinnen können, wenn sie es clever einfädeln, geschickt auf sich aufmerksam machen. 
Was das Webradio anbelangt, ist das Thema mit den Tantiemen für die Musikschaffenden übrigens auch nicht immer gewährleistet. Zunächst einmal muss das Radio eine Lizenz bei der GEMA angemeldet haben. Dafür zahlt es eine Pauschale. Nach jeder Sendung muss dann ganz akribisch eine Playlist mit den Angaben für die GEMA erstellt werden, sprich, Songtitel, Länge, Album, Interpret, Komponist, Label, Label Code, ISCR oder EAN, Code, Bestellnummer und so weiter.
Ohne diese können die Gelder auch nicht an die entsprechenden Empfänger ausbezahlt werden. Und dann gibt es ja auch noch ganz viele MusikerInnen, die gar nicht bei der GEMA sind. Und auch hier höre ich es förmlich, das alte Argument: „Was soll’s! Ist doch eine gute Werbung für dich, wenn ich deinen Song in meiner Show spiele – oder?“
Nicht einfach, eine eindeutige Position zu beziehen. Dafür ist dieses Thema zu vielschichtig.

4. Persönliche Freiheit vs. Bindung an einen Anbieter

Das Hauptproblem, wenn man meine Musiksammlung nicht mehr als mein Eigentum in Form von CDs oder Schallplatten, sondern nur noch als virtuelle Sammlung in einem Profil bei einem Streamingdienst existiert, sehe ich darin, dass ich mich von diesem Anbieter abhängig mache.
Je länger ich bei einem Portal aktiv bin, Musiktitel speichere und Playlisten anlege, umso schwieriger wird es, mein Profil zu kündigen und den Anbieter zu wechseln. Denn meine Sammlung lasse ich ja dann auch dort zurück und dann muss ich wieder von vorn beginnen.
Aber das stimmt nicht ganz. Wenn ein Profil gekündigt wurde, hat man mit dem kostenlosen Zugang zumindest immer noch beschränkten Zugang zu den erstellten Listen. Da gibt es dann „bloß“ wieder die oben schon erwähnten Werbeunterbrechungen. Und außerdem existieren längst schon Tools wie Soundiiz oder Songshift für iOS, um angelegte Playlisten von einem Anbieter zum Nächsten zu transferieren.
Trotzdem, der Anspruch auf persönliche Freiheit ist mir wichtig. Ich möchte Musik hören, wann, wo und was ich will, ohne dass ein Tracker im Hintergrund all meine Bewegungen verfolgt und aufzeichnet und mich ausspioniert. Wenn ich ein Webradio einschalte, bleibe ich anonym und unsichtbar.
Es ist aber auch ein Vorteil, sichtbar zu sein. Wenn ich mich für einen Anbieter entscheide, bin ich Teil einer Streaming Community. Ich bekomme Musikvorschläge und kann mich aktiv im Netzwerk austauschen. Playlisten teilen usw. und so sogar nebenbei noch Leute kennenlernen, die musikalisch auf meiner Wellenlänge sind. Das ist jedoch eine Frage der persönlichen Präferenz.
Resümee
Mit sich selbst zu diskutieren ist eine interessante Erfahrung. Mir ist in diesem Fall klargeworden, dass ich nicht einfach nur in Schwarz und Weiß denken kann, also „pro“ Streaming Community und „contra“ Webradio oder umgekehrt. Beide Konzepte haben Vor- und Nachteile, die gleich wiegen. Es kommt vielmehr auf den jeweiligen User und seine Perspektive an. Auf Gewohnheiten, Vorlieben und vor allem auf Bedürfnisse. Diese können und dürfen sich auch ändern – und zwar manchmal von einem Moment zum nächsten. Sprich, jetzt habe ich große Lust auf diese Webradioshow mit meinem Lieblings-DJ, danach beim Kochen schalte ich mir eine Playlist auf Spotify an, usw…
Wir leben heutzutage und mittlerweile in einer Welt, wo man nicht mehr länger eins ausgrenzen muss, um sich für etwas anderes zu entscheiden. Nicht mehr „entweder – oder“, sondern „sowohl als auch“. Alles zu seiner Zeit, so wie es gefällt. Das ist Freiheit. Und davon abgesehen, bald gibt es eh wieder etwas Neueres…

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(Bild: Fotolia, Credits: zhu difeng)

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