Mit dem V-Synth GT 2.0 hat Roland inzwischen die sechste Reinkarnation des V-Synth auf die Beine gestellt. Nachdem die VariPhrase-Technologie im Jahr 2001 zum ersten Mal vorgestellt und in ein paar Geräte eingebaut wurde, erschien 2003 der erste V-Synth, dessen Technologie und Erscheinungsbild sich gar nicht so sehr geändert haben: VariPhrase, COSM, Time Trip Pad, D-Beam, Touchscreen… schon vor sechs Jahren alles da gewesen. Mit der Version 2.0 kam der Sound Shaper dazu, 2005 mit der Rackversion V-Synth XT, dann die Vocal Expansion und eine D-50 Emulation. Allerdings hatte die Rackversion keinen D Beam, daran konnte auch die Version 2.0 von 2006 nichts ändern. 2007 kam dann der „neue“ V-Synth GT, welcher zwei Prozessoren unter der Haube hatte, die beide jeweils einen kompletten V-Synth repräsentieren. Der D-50 wurde wieder abgesetzt, dafür war der D-Beam wieder da. Und zur vereinfachten Bedienung gab es jetzt den Sound Shaper II. Mit dem aktuellen 2.0 Update kommen neue Effekte wie ein Audio-Slicer, neue Factory-Patches, neue Reverb-Algorithmen und vor allem eine Import-Funktion für Samples dazu, mit der bequem Wave-Dateien eingelesen werden können.
Sechs Jahre ist er also schon alt, der V-Synth – komisch, dass man ihn nicht so häufig sieht. Liegt’s vielleicht am Preis von € 3000? Grund genug, uns den V-Synth GT 2.0 mal besonders gründlich anzuschauen und nicht nur EINEN Bericht, sondern gleich zwei zu schreiben. Der V-Synth bietet nämlich mit AP-Synthese, Vocal-Designer, VariPhrase, Sampling und verschiedenen Controller-Funktionen zu viel für einen Test.
Im ersten Teil wird der V-Synth als VA-Synthesizer und Controller sowie die VariPhrase-Technologie besprochen.
Im zweiten Teil folgt dann alles, was mit Verarbeitung externer Klänge zu tun hat: Sampling, Audio-In, Vocal Designer.
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Erster Eindruck Der Farbbildschirm in der Mitte macht es deutlich: das Flaggschiff von Roland in der neuen Version 2.0 ist ein Computer. Das sind zwar mittlerweile die meisten Hardware-Synthesizer, aber beim V-Synth GT wird es schon nach dem Einschalten deutlich: das Betriebssystem muss erstmal eine kleine Weile hochfahren.
Hochfahren
Entsprechend den Bedürfnissen des modernen Benutzers, kann der Touch-Screen in Bezug auf Hintergrundbild und Screensaver individuell kalibriert werden. Ja, man kann dem 320×240 Farb-TFT per USB sogar ein eigenes Hintergrundbild verpassen – willkommen zuhause!
Display Hintergrund
Verbindungen
Verbindungen nach innen und außen gibt es jede Menge: Kopfhörer, 2x Main-Out, 2x Direct-Out (ohne interne Effekte), 2x Audio-In, Mikrofon-Eingang mit zuschaltbarer Phantomspeisung, drei Fußpedale, MIDI-Trio, koaxialer und optischer Ein- und Ausgang, Computeranbindung über USB und Anschluss für einen USB-Stick – Respekt. Das muss Roland erst mal jemand nachmachen!
Die 5-Oktaven-Tastatur ist eine leichtgängige Synthesizertastatur mit Anschlagsdynamik und Aftertouch. Sie kann in 16 Bereiche gesplittet und verschieden belegt werden. Beim Verändern der Oktavlage wird dies in einem kleines Pop-Up Fenster im Display angezeigt.
Auch Spielhilfen gibt es genügend. Mit dabei sind natürlich Roland’s Besonderheiten Time Trip Pad (berührungsempfindliches X/Y-Feld), zwei D-Beam Controller (Infrarot-Controller), und der Pitch-Stick mit horizontaler und vertikaler Achse. Außerdem gibt es noch zwei S-Knöpfe (An/Aus-Schalter) sowie 10 weitere, frei zuweisbare Drehregler.
Weiterhin gibt es noch ein Jog-Wheel mit vier Tastern, zwei Zahlenfelder, ein paar Dutzend beleuchtete Knöpfe, vier Schieberegler für die ADSR-Kurven und noch mal eine ganze Reihe von Drehreglern, die sich alle gut bedienen lassen. Mit ihren spiegelnden Metallkappen sehen sie nicht nur schick aus, sie ermöglichen auch eine gute Navigation dieses Schlachtschiffes. Der ganz in schwarz und silber-metallfarben gehaltene Synth mit vielen abgeschrägten Ecken und Flächen sieht nämlich ziemlich martialisch aus. Prima: der silberfarbene „Vorbau“ dient als Griff. So kann man das Gerät sehr gut transportieren.
Vieles kann auf zwei oder drei Arten editiert werden, was eine schöne Sache ist, denn so kann jeder arbeiten, wie er will. Theoretisch hätten der Bildschirm und das Jog-Wheel für die Bedienung ausgereicht, aber Roland hat für die wirklich wichtigen Dinge dem V-Synth GT einen extra Regler verpasst. So zum Beispiel für den Eingangspegel des Mikrofon-Anschlusses, für die Lautstärkekontrolle der einzelnen Tones, für das Arpeggio-Tempo und anderes. Außerdem sind unter dem Bildschirm acht Drehregler angebracht, die direkt die wichtigsten Parameter auf dem Bildschirm regeln. Aber ach: es sind keine Endlosdrehregler, und der Wert wird auch nicht “abgeholt”. Im Gegenteil: möchte man mit demselben Regler einen anderen Parameter regeln, führt dies fast immer unweigerlich zu hässlichen Sprüngen. Ein kräftiger Minuspunkt. Und Fine-Tuning ist auch nicht unbedingt ihre Stärke: Wenn man nur einen Schritt nach oben oder unten möchte, springt der Regler doch gerne mal in größeren Intervallen. Dafür nimmt man dann besser die Taster. Schließlich: als Hilfe bleibt der Wert, wenn er auf 12 Uhr steht (was ja oft die Nullstellung ist), ein wenig “kleben”. Das hat aber auch den Nachteil, dass man mit den Drehreglern nicht einen richtig runden Sweep hinbekommt, weil er in der Mitte kurz mal hängen bleibt.
KLANGERZEUGUNG Kommen wir zur Synthese. Was kann der V-Synth eigentlich alles? – Eine ganze Menge!
– Analoge Wellenformen – PCM Samples – die Möglichkeit, eigene Samples als PCM-Samples zu speichern (ca. 50 MB, erweiterbar mit USB-Stick) – VariPhrase-Technologie – externer Audio-In – AP-Synthese – Vocal Designer – Ring- und FM-Modulation, Envelope Follower auf Oszillatorebene und Sync – polyphone, VR Effektgeräte (COSM) – über 60 Effekte
PATCH und TONE Der V-Synth GT 2.0 bietet mit seinen zwei Prozessoren zwei identische Maschinen unter (s)einer Haube. Die Einstellungen beider Maschinen zusammen werden Patch genannt, der Sound eines einzelnen Prozessors Tone. Die beiden “upper und “lower” genannten Tones werden erst am Ende der Signalkette zusammengeführt und können dort in einen Chorus und ein Reverb geleitet werden.
Was im Folgenden über die Synthesemöglichkeit eines Tones geschrieben wird, gibt es völlig separat zweimal. Diese Unabhängigkeit muss betont werden, denn der Nachteil davon ist, dass sich Upper Tone und Lower Tone nicht gegenseitig beeinflussen können.
Lower Tone und Upper Tone
SIGNALWEGE In jedem der Tones kann man aus fünf verschiedenen Signalwegen wählen, wobei die AP-Synthese immer als (Sahne?-)häubchen obendrauf kommt. Die Effektsektion steht stets am Ende der Kette. Während die Varianten 1-4 mit den Oszillatoren arbeiten, bietet Variante 5 den Vocal-Designer (siehe Teil 2 dieses Tests).
Bei den Signalwegen 1-4 durchläuft ein Tone folgende Stationen: Oszillatoren (OSC 1 & 2), Osc Modulation (MOD), polyphone Effekte (COSM 1 & 2), Lautstärke-Hüllkurve (TVA) und “normale” Effekte (Tone FX). Wie gesagt: zwei Tones bilden zusammen einen Patch, auf den dann noch einmal Chorus und Reverb gepackt werden können. Diese einzelnen Stationen sind zum Teil sehr mächtig und wir gehen sie Schritt für Schritt durch.
OSZILLATOREN Jeder Tone bietet zwei Oszillatoren, wobei man hier zwischen virtuell-analogen Wellenformen, PCM-Samples mit VariPhrase Technologie und dem externen Audio-Input wählen kann.
OSZILLATOREN: ANALOG Um Missverständnissen vorzubeugen: der V-Synth GT hat keine analogen Oszillatoren, sondern bietet nur Emulationen vieler klassischer Wellenformen. Hinzu kommen noch ein paar ganz eigenständige Oszillatoren wie z.B. ein Feedback-Oszillator. Insgesamt stehen 12 Oszillatoren zur Auswahl. Neben den üblichen analogen Wellenformen wie Rechteck, Sägezahn, Puls und Dreieck, die es zum Teil in unterschiedlichen Qualitäten mit und ohne Aliasing gibt (!), gibt es auch Wellenformen aus der Roland-Geschichte, z.B. aus der LA-Synthese-Zeit des D-50. Sehr interessant sind die drei Oszillatoren aus dem JP-8000, darunter eine Supersaw, ein Feedback-Oszillator und ein X-Mod-Oszillator. Die Oszillatoren verfügen über einen Suboszillator, allerdings hat jeder Oszillator nur einen LFO.
Displayansicht: Analoge Oszillatoren
Tonhöhe, Wellenbreite sowie ein “Fat”-Parameter können in Untermenüs jeweils durch ein Dutzend weitere Einstellungen im Einzelnen geregelt werden. So hat nicht nur der Oszillator insgesamt, sondern jeder Parameter eine eigene ADSR-Hüllkurve sowie regelbare Anschlagsdynamik, Aftertouch und Key-Following. Außerdem kann jeder dieser der Parameter durch einen LFO geregelt werden, der acht Wellenformen, verschiedene Offsets, Delay und Fade-Regler bietet.
PCM-Samples
PCM-Samples sind Samples, die im PCM-Format geschrieben werden. Das bedeutet, dass eine Wave-Datei erstmal umformatiert wird, bevor sie in den Speicher des Gerätes kommt. Live-Sampling ist somit ausgeschlossen. Erst nach dem Umformatieren können die Samples bearbeitet werden, dafür dann aber recht umfangreich. Rolands “Elastic Audio Synthesis” und “VariPhrase Technology” kann eine Menge, im Prinzip genau das, was Eventide-Geräte Anfang der 1990er-Jahre ausmachte: Transposition ohne Tonhöhenänderung, Änderung der Formanten (Obertöne) und “Herumfahren” im Sample (Vor- und Rückwärtsfahren). Tolle Sache, keine Frage, und der V-Synth ist mit dem „Time Trip Pad“ und den zwei D-Beams dafür der ideale Controller.
Time Trip Pad
Exkurs: VARIPHRASE
Mit VariPhrase können die Parameter Zeit, Formant (Obertonstruktur) und Tonhöhe einzeln gesteuert werden. Hier ein Drumloop über die Tastatur gespielt. Ohne Variphrase verändern sich die Geschwindigkeit und die Tonhöhe, mit Variphrase dagegen spielt der Loop genau die Tonhöhe der Taste, die Geschwindigkeit bleibt gleich. (-> Beispiel #1)
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VariPhrase #1VariPhrase #2VariPhrase #3
Wenn ich die Geschwindigkeit ändern will, kann ich das ebenfalls machen, ohne die Tonhöhe zu verändern. Außerdem kann ich im Loop stehen bleiben und ihn auch rückwärts fahren lassen. (-> Beispiel #2)
Um zu zeigen, wie die Obertonstruktur verändert werden kann, müssen wir ein anderes Sample bemühen, denn bei diesem Drumsample ist diese Funktion ausgeschaltet. Wir nehmen also ein Stimmsample, dessen Obertonstruktur durch einen langsamen LFO zum Schwingen gebracht wird. (-> Beispiel #3)
Die weiteren Möglichkeiten von VariPhrase, vor allem in Verbindung mit dem Time Trip Pad, werden später im Praxis-Teil dieses Testberichts vorgestellt.
Der V-Synth GT 2.0 kommt ab Werk mit über 300 PCM-Samples, die vom Nutzer überschrieben oder erweitert werden können. Insgesamt stehen hier 1000 Speicherplätze zur Verfügung.
Die Samples können auf vier verschiedene Arten abgespielt werden:
– Retrigger (das Sample wird bei jedem Tastendruck von vorne abgespielt) – Legato (das Sample wird bei Legatospiel NICHT von vorne abgespielt) – Step (das Sample wird in einzelne Abschnitte zerlegt, die mit jedem Tastendruck nacheinander abgespielt werden) – Event (das Sample wird in einzelne Abschnitte zerlegt, die auf verschiedene nebeneinander liegende Tasten verteilt werden)
PCM Sample Editor
Wie bei den analogen Wellenformen, gibt es auch beim Sample-Oszillator vier Untermenüs mit den gleichen Editiermöglichkeiten. Statt Tonhöhe, Pulsbreite und Fatness sind es hier die genannten VariPhrase-Parameter Tonhöhe, Zeit und Formant. Auch hier gibt es wieder die Einschränkung, dass sich alle genannten Gruppen einen LFO teilen müssen.
Als dritter „Oszillator“ fungiert der Eingang für externe Audiosignale, welcher im zweiten Teil des Tests ausführlich erläutert wird.
OSZILLATOR-MODULATION (MOD) In der MOD-Sektion bietet der V-Synth Ringmodulation, FM, Envelope Follower und Hard Sync, wobei OSC 2 immer OSC 1 moduliert. Sync funktioniert nur, wenn Osc 2 eine analoge Wellenform spielt.
Oszillator Modulation
Im Gegensatz zu den sehr umfangreichen Funktionen auf Oszillator-Ebene sind die Möglichkeiten hier überraschend dünn. Oft erreicht man auch nicht sofort das gewünschte Ergebnis. Wer gehofft hat, ein mit einer fiesen Rechteckwelle gesyncter Drumloop beißt sich richtig fest, liegt falsch.
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Sync mit anschließendem Verbiegen
Wenn man aber ein wenig ausprobiert, bekommt man doch auch wieder spektakuläre Effekte! Hier nun ein Beispiel: ein Drumloop wird mit VariPhrase verlangsamt und ein paar Oktaven transponiert.
COSM (Composite Object Sound Modelling) In der COSM-Sektion sind mit Physical-Modelling erstellte Effekte und andere Geräte zu finden, die im Gegensatz zur Effekt-Sektion, die es ja auch noch gibt, polyphon reagieren.
Die COSM-Sektion gibt es pro Tone zweimal und kann auf jeweils einen Oszillator einwirken oder – in Reihe geschaltet – auf beide Oszillatoren gemeinsam. Bei den Effekten gibt es Lautsprecher-, Amp- und Resonator-Simulation (zur Auswahl stehen Banjo, Akustikgitarre und Dobro), verschiedene Filter (Side Band 1/2, Kamm, Multi, dynamisch und zweifach) und Effekte/Verzerrer (Overdrive/Distortion, Kompressor, Limiter, Frequency Shifter, Bit-Crusher und ein TB-Filter, der die TB-303 simulieren soll). Auch hier gibt es wieder Untermenüs, die je nach Effekt andere Einstellungen haben sowie diverse ADSR-Hüllkurven und einen LFO.
Man muss sich im Klaren sein, dass diese Simulationen “komplette” Geräte sind, mit allen Einstellungsmöglichkeiten, Charakteristika und Besonderheiten wie ein “echtes” Gerät. Das bedeutet aber auch, dass man Zeit investieren muss, die Geräte kennen zu lernen, um sie richtig zum Klingen zu bringen. Roland bietet hier keine Presets oder einen Overdrive-Drehknopf an, sondern einen virtuellen Overdrive-Fußtreter mit allem, was dazu gehört.
TVA TVA steht für „Time Variant Amplifier“ und ist eine schlichte Lautstärke-Hüllkurve. Hier erwarten einen ein ADSR-Envelope und die Panorama-Regelung mit umfangreichen Einstellungen für die Anschlagsdynamik, Key Following und ähnlichem. Die Hüllkurve und die Pan-Einstellungen teilen sich einen LFO.
TVA
Tone FX Den absoluten Overkill gibt es in der Effekt-Sektion: In der Version 2.0 wurden eben noch mal 22 neue Effekte hinzugefügt und der V-Synth GT 2.0 bietet jetzt geschlagene 63 Effekte! Jeder der Effekte ist ein eigenständiges Modul mit den entsprechenden Einstellungsmöglichkeiten. Im Gegensatz zu den oben besprochenen COSM-Effekten, bei denen man zwei gleichzeitig oder hintereinander verwenden kann, lässt sich bei den Tone FX immer nur eines pro Tone auswählen. Schon allein die Auflistung aller Effekte würde ziemlich viel Raum beanspruchen, aber bei dieser Anzahl kann man ruhig davon ausgehen, dass das, was man braucht, auch da ist.
– Equalizer, – Filter, – Verzerrer, – Amp- und andere Simulationen, – “klassische” Effekte wie Wah-Wah, Flanger, Pitch-Shifter, – “neuere” Effekte wie Humanizer, Bit Crusher, Slicer außerdem – Hallgeräte, – Echos, – Delays, – verschiedene Chorus-Typen sowie – Gimmicks wie Radio, Plattenspieler, Telefon
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Plattenradio
AP-Synthese Die “Articulative Phrase Synthesis” ist ein ganz eigenständige Maschine innerhalb des V-Synth GT. Sie bietet einen Oszillator mit 38 Wellenformen (verschiedene Blech- und Holzblasinstrumente, analoge Wellenformen, Synth Strings, Roboterstimme und Noise), die oft nur monophon zu spielen sind. Nach Auswahl einer Wellenform bekommt man dann ein oder mehrere Artikulationsmodelle zur Auswahl, die Violine, Erhu, Saxophon, Flöte und Multifade heißen. Mit diesen Modellen kann man mit den Spielhilfen des V-Synth verschiedene typische Charakteristika der Modelle nachmachen. Bei der Geige wäre das also Pizziccato-Spiel, bei den Blasinstrumenten der Luftgeräuschanteil, etc. Die Artikulationsmodelle lassen sich nur auf die 38 gespeicherten Wellenformen anwenden, also nicht auf die anderen Oszillatoren oder externe Signale. Man kann allerdings Oszillator 1 wie in der MOD-Sektion beschrieben mit der AP-Synthese modulieren.
AP-Synthese
Chorus/Reverb Wir erinnern uns: unter der Haube des V-Synth GT sind zwei Prozessoren versteckt, die jeweils einen Tone produzieren können. Die beiden Tones zusammen bilden einen Patch, auf den die beiden letzten Effekte Chorus und Reverb gleichzeitig, einzeln oder auch gar nicht einwirken können. Auch hier: Dutzende von Einstellungen. So kann bei den acht Chorus-Modellen ausgewählt werden, ob man den FX als Chorus oder doch lieber als Flanger will, und bei den 18 Hall-Modellen wurden dem V-Synth GT in der Version 2.0 fünf neue Modelle aus dem Fantom-G spendiert. Darunter ist auch ein Plattenhall.
Arpeggiator Der V-Synth GT besitzt einen sehr umfangreichen 32-Step Arpeggiator, der pro Step 32 Werte senden kann. Bemerkenswert ist, dass nicht nur Tonhöhen mit Anschlagsdynamik und Artikulation gesendet werden können, sondern auch jeder mögliche MIDI-Befehl. Damit gehen die Möglichkeiten des Arpeggiators weit über den üblichen Rahmen hinaus und er ähnelt eher einem Pattern Generator. Die Patterns kann man entweder von Hand über das Edit-Fenster eingeben oder auch in Echtzeit aufnehmen.
Arpeggiator
Multi Step Modulator Der Multi Step Modulator ist ein kleiner, 4-spuriger Sequenzer mit 16 Schritten und 72 vorgegebenen Modulationszielen. Er lässt sich einfach bedienen, besitzt sechs Bewegungsmuster und einen Smooth-Button, mit dem der Verlauf zwischen den Schritten geglättet wird.
Das Handbuch ist mit 255 Seiten und zwei Zusatzanleitungen ziemlich mächtig, aber das reicht noch nicht einmal aus. Für die Paramter der Effekte muss man auf zwei PDF-Dateien auf der CD-ROM zurückgreifen. Das Handbuch ist sehr nüchtern geschrieben und zum großen Teil nur technische Referenz. Tutorials gibt es keine und die darin beschriebenen Beispiele funktionieren nicht mehr – schließlich kommt die Version 2.0 mit neuen Soundsets, die Anleitung bezieht sich aber noch auf das Alte…
V-Link Mit V-Link kann man den V-Synth GT zur Steuerung von Videos über MIDI verwenden! So kann Audio- und Video-Performance miteinander verschmelzen, wenn sich z.B. das Video-Filter parallel zum Audio-Filter bewegt.
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Praxis
SOUND Der V-Synth GT 2.0 kann in allen Bereichen richtig gut zulangen. Zwei leicht verstimmte Rechteckwellen mit Suboszillator geben hier schon richtig viel Druck, wenn auch nicht so viel wie ein DSI Evolver oder ein Waldorf Blofeld. Das folgende Beispiel ist ohne weitere Effekte aufgenommen, also der “rohe” Oszillatorsound.
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Square Wave
Mit den einfachen und den HQ-Wellenformen ist für jeden Geschmack etwas dabei: für den brachialen Geschmack die einen, ohne Aliasing die anderen.
Die Werks-PCM-Samples reichen von gut klingenden Drum-Loops zu eher quäkenden Stimm-Samples. Aber mit VariPhrase bekommt man aus JEDEM Sample etwas Gutes raus, und das ist nicht süffisant gemeint, sondern einfach toll. Nehmen wir wieder den erstbesten Drum-Loop der Werksounds. (->Beispiel #1)
Danach den D-Beam auf “Pitch” gestellt und aus der Bass-Drum wird eine Tabla (->Beispiel #2)
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Drumloop #1Drumloop #2Drumloop #3
Das Time Trip Pad auf “Time Trip” gestellt und wir haben einen Plattenspieler mit dem Sample auf der Platte. Finger draufgelegt: das Sample bleibt stehen. Finger kreist im Uhrzeigersinn oder entgegen: das Sample spielt vor- und rückwärts. (->Beispiel #3)
Im Unterschied zur Platte hört man allerdings den Sound des Samples an der Stelle, an der man es anhält. Man kann also genau die Bass-Drum ansteuern.
So, und jetzt nehmen wir zwei Loops und machen den „Phil Collins-Trick“: zwei Schlagzeuger spielen, der eine hält den Beat und der andere darf Spaß haben. Und dann gleiche nochmal brachial.
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2 Schlagzeuger2 Schlagzeuger brachial
Wohlgemerkt: die beiden Oszillatoren sind zusammen nur ein Tone des V-Synth GT. Vier Schlagzeuger mit vier verschiedenen Samples, die aber alle das gleiche Tempo spielen – geht also auch.
Als nächstes bauen wir einen Pad aus einem Stimm-Sample. Zunächst das Sample, dann ohne VariPhrase, dann mit VariPhrase und Effekten.
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SampleOhne VariPhrasemit VariPhrase und Effekten
Apropos Effekte: Mit COSM 1, 2 und den Tone-FX hat man knapp 100 davon zur Verfügung, aus denen man sich drei aussuchen darf. Am Ende noch Chorus und Hall drauf, da bleibt kein Frequenzbereich trocken.
Dass nicht alles immer perfekt funktioniert, zeigt die folgende, flatternde Hallfahne.
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HallfahneE-Piano
Und wo wir schon bei schlechteren Beispielen sind – so hört sich der gesampelte Werks-E-Piano-Sound an:
Aber der V-Synth GT 2.0 ist eben ein waschechter Synthesizer und kein Sample-Player. Deswegen kommt er ja auch mit einem D-Beam und nicht mit Zug-Reglern wie eine Orgel.
Hier die ersten 10 Factory-Patches im Schnelldurchlauf
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10 Factory Patches
AP-Synthese Bleibt noch die AP-Synthese, die für mich leider ganz erhebliche Mängel aufweist. Zum Beispiel in Sachen Grundsound. Bei den uns weniger bekannten, exotischeren Instrumenten reicht ja vielleicht das Klischee eines Klangs, aber bei einer Geige fällt es schon auf, wie unecht der Sound klingt (-> Beispiel #1)
Da helfen auch keine Spielhilfen wie Vibrato und Legato. Mit der immer gleichen Vibratogeschwindigkeit und dem immer gleichen Einschwingvorgang hört sich das einfach wie eine schlechte Synthesizer-Geige an.
Beim Pizzicato klappt das schon viel besser, ich kann mir aber gut vorstellen, dass da mit einer anderen Wellenform gearbeitet wurde. (-> Beispiel #2)
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Violine mit AP-SynthesePiccicato mit AP-SyntheseErhu mit Ap-Synthese
Das dritte Beispiel ist für meinen Geschmack eigentlich nichts, wer aber auf pseudo-ethnisches Gedudel mit der Erhu steht: mit dem V-Synth kann man es machen! (-> Beispiel #3)
Was bietet der V-Synth GT als Performance-Synth?
Die zahlreichen Ein- und Ausgänge und die vielen, teils Roland-eigenen Spielhilfen lassen kein anderes Urteil zu als: Toll. Mit dem Time Trip Pad in Verbindung mit VariPhrase hat man einen Synthesizer mit Plattenteller. Das Time Trip Pad lässt sich allerdings nicht nur für Zeitreisen benutzen, sondern auch als X/Y-Matrix, die auch negative Werte beherrscht. Wie gut der Finger unter der brennenden Bühnensonne auf dem Pad gleitet, ist wohl eher eine grundsätzliche Problematik. Da man das Pad allerdings genauso wie das Display und den D-Beam kalibrieren kann, ist hier ein weiterer Pluspunkt dieses Arbeitstiers zu Protokoll zu geben. Denn so “Kleinigkeiten” wie die Kalibrierung sind keine Gimmicks, sondern echte Erleichterungen im Workflow – nichts ist ärgerlicher, als ein Touch-Screen, der nicht macht, was er soll. (Wohlgemerkt: Arbeitstier, nicht Luxus-Synthesizer.)
Auch mit dem D Beam lässt sich hervorragend spielen, und man entwickelt recht schnell ein gutes Gefühl dafür – im Gegensatz zu einem Theremin übrigens. Allerdings ist es ziemlich schwierig, nur mit einem der beiden Beams zu spielen – der andere mischt sich immer schnell und ungefragt mit ein. Wenn man aber die beiden Beams als einen benutzt: Klasse!
Nicht so klasse ist der Aftertouch, weil man gar keine Rückmeldung hat, wann er denn eigentlich anfängt. Das ist beispielsweise bei den Clavia-Tastaturen viel besser gelöst. Außerdem lässt er sich auch nicht so gut dosieren. Geprüft wird folgendermaßen: Aftertouch Oszillator-Tonhöhe kontrollieren lassen, dann fünf Minuten üben, ob man eine Tonleiter spielen kann. Beim V-Synth klappt das nicht.
Der Arpeggiator kann viel und macht Spaß. Hier noch mal das Geigen-Pizzicato, diesmal spielt aber der Arpeggiator:
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Arpeggiator
Dass der Arpeggiator auch MIDI-CCs senden kann, eröffnet natürlich noch eine ganz andere Welt von Möglichkeiten, gerade im Hinblick auf die Steuerung externer Instrumente. Umso unverständlicher ist es aber, wieso man beim Multi Step Modulator nur aus einer (zugegebenermaßen langen) Liste von Modulationszielen auswählen kann. Überhaupt kann sich der V-Synth nicht entscheiden: Bin ich ein Synth, auf dem jeder, der kein Instrument spielen kann, jetzt plötzlich alles und ohne üben spielen kann…? Zum Beispiel dank AP-Synthese zum Geigen-Virtuosen werden? Oder mit dem Time Trip Pad zum versierten DJ? Das funktioniert nämlich nicht, dazu ist dieser Synth viel zu kompliziert. Bildlich gesprochen: Der V-Synth sieht nicht nur so aus wie ein Flugzeugträger, man muss auch ein geübter Pilot sein, um auf ihm landen zu können. Aber dies ist kein Kritikpunkt, sondern liegt in der Natur der Sache. Um mit AP-Synthese eine gute Geige zu spielen, muss man erst mal ein guter Keyboarder und ein guter Musiker sein – nur so wird das zumindest musikalisch halbwegs glaubwürdig.
Sound Shaper II Der Sound Shaper II soll die Bedienung des V-Synth GT erleichtern, und das macht er auf denkbare simple Weise: jeder Oszillator und die COSM-Effekte haben jetzt nur noch die wichtigsten vier Parameter, Tone-FX und nur noch drei Chorus/Reverb. Schlicht, wirkungsvoll und praktisch. Eine Morph-Funktion, Undo-Button oder Compare findet man leider nicht. Außerdem kann man auch nicht zwischen VA- und PCM-Oszillator wählen. Wählt man, während man einen Klang spielt, ein anderes Filter, wird der auch nicht sofort dazugeschaltet, sondern man muss den Ton noch mal anschlagen. Erst danach kann man den neuen Effekt hören. Weil die zugewiesenen Regler sich aber nicht an die Werte anpassen, muss man erst mal an allen Regler drehen, damit sich Bildschirm und Regler synchronisieren. Man muss also noch ein drittes Mal anschlagen, um endlich Resultate zu hören. Das ist nicht der flotte Workflow, den man sich eigentlich erhofft hatte. Auch beim Sound Shaper bleibt der Wert immer in der Mitte hängen. Das ist zum Programmieren vielleicht praktisch, einen durchgängigen Filter-Sweep bekommt man so aber leider nicht hin.
Polyphonie Die maximale Polyphonie ist von Roland mit 28 angegeben. Tatsächlich haben sich beim „Init Tone“, der lediglich einen Oszillator und keine weiteren Effekte benutzt, nur 26 ergeben. Bei einem Sound mit zwei Oszillatoren, Oszillator-Modulation, zwei COSM-Effekten und einem Tone-FX ist dann schon bei acht Tönen Schluss, wobei immer der erste Ton „hinten runter fliegt“. Das kann dann schon mal der Bass-Ton sein, der doch unbedingt weiter klingen sollte. Leider teilen sich die beiden Prozessoren die Arbeit nicht untereinander auf. Man bekommt also nicht mehr Stimmen, wenn man einen Tone ausschaltet.
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FAZIT
Der V-Synth GT 2.0 ist ein hervorragender Synth zum Schrauben und ein prima Performance Instrument. Er deckt eine enorm große klangliche Spannbreite ab, und VariPhrase macht es einem leicht, aus jedem Sample etwas Musikalisches zu machen. Die ungeheure Anzahl von Effekten mit einer noch viel ungeheureren Zahl an Parametern macht das Gerät zu einem Profi-Gerät. Denn wer nicht weiß, wie ein Side-Band-Filter funktioniert, ist hier verloren. Wer aber schon einmal vor einem Synthsizer gestanden hat, kann nach recht kurzer Einarbeitungszeit enorm viel Spaß mit dem Instrument haben – und das Spielen eines Loops mit Time Trip Pad und D Beam macht unglaublich Spaß. In dem Studio, in dem dieser Synth getestet worden ist, hat jeder alte Hase mal um die Ecke geschaut, was denn da für wilde Klänge aus der Ecke kommen! Aber es gibt auch negative Seiten, und die darf sich ein Gerät dieser Preislage nicht leisten: die Polyphonie ist mäßig, der Aftertouch ebenfalls, es gibt keine Undo-, Compare- oder Morph-Funktion, die Oszillator-Modulationssektion gibt nicht viel her, die D Beams können schlecht einzeln gespielt werden und die AP-Synthese lebt doch mehr von den guten Effekten. Man könnte sagen, der V-Synth GT 2.0 liebt die Extreme: hoher Preis, viele gute Features und weitreichende Möglichkeiten Klänge zu formen, aber auch eine lange Negativ-Liste. Hier sollte man als potentieller Interessent gut abwägen, was für einen wichtig und eher unwichtig ist. Alles in allem aber hat der V-Synth GT 2.0 als Sound-Machine und auch als Controller ein klares “gut” verdient. Man muss nur wissen: er ist ein Synthesizer, ist ein Synthesizer, ist ein Synthesizer… Bitte gut programmiert auf die Bühne kommen, mit live schrauben wie beispielsweise beim Nord Wave kommt man hier schnell „in Teufels Küche“. Auch Last-Minute-Patch-Optimierung sollte man sich verkneifen. Und die Samples im Speicher sind zum Verbiegen da, nicht als Ersatz von Orgel, Klavier, E-Piano und Mellotron.
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
VariPhrase immer noch klasse
Time Trip Pad und D Beam machen richtig Spaß
schnelles Erstellen neuartiger Sounds
macht aus jedem Sample einen guten Sound
für die wichtigen Sachen eigene Regler
Anschlüsse, Anschlüsse, Anschlüsse
massenweise Effekte
übersichtlich
gut tragbar
erleichtertes Einlesen von Samples mit V2.0
Contra
der Preis!
geringe Polyphonie
Grundsound von AP-Synthese schwach
nur ein LFO pro Oszillator
keine Endlosregler
keine Undo-, Compare-, Morphfunktion
Regler bleiben auf 12-Uhr-Position „hängen“
Effekte nicht immer perfekt (z.B. flatternde Hallfahne)
Synthese: virtuell-analog, Samples mit VariPhrase, AP-Synthese, Vocal Designer und Audio-In
Prozessoren: Zwei Prozessoren, die unabhängig voneinander jeweils ein komplettes Gerät abbilden
Modulation: FM, AM, Ring, Sync
Effekte: COSM (polyphone Effekte), über 60 Tone-FX, Chorus und Hall
Keyboard: 61 Tasten (5 Oktaven) mit Aftertouch und Anschlagsdynamik
Sequencer: Multi Step Modulator, Arpeggiator
Bildschirm: 320
240 TFT-Farb-Touchscreen
Spielhilfen: Mod-Wheel, Time Trip Pad, 2 D-Beam, zuweisbare Taster und Drehregler
Ein/Ausgänge: Kopfhörer, 2x Main Out, 2x Direct Out, 2x Audio In, Mikrofon-Eingang mit zuschaltbarer Phantomspeisung, drei Fußpedale, MIDI-Trio, koaxialer und optischer Ein- und Ausgang, USB, USB-Stick
Gewicht/Masse: 13,9 kg, ca. B 106 cm/L 41 cm/H 12,5 cm
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