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Teenage Engineering PO-33 K.O! Test

Die gesamte Pocket Operator-Serie der schwedischen Ideen-Schmiede „Teenage Engineering“ ist im Grunde etwas, das es – würde man Marketing-Experten fragen – in Zeiten DAW-gestützter Musikproduktion gar nicht geben dürfte: Rohe Platinen mit kryptischen Displays in Verbindung mit einer rudimentären Bedienung und einem Sound, der sich hörbar um Körnigkeit und Patina bemüht. Und doch: Die kleinen Klangerzeuger – jeder mit unterschiedlichen klanglichen Aufgabenstellungen – erfreuen sich großer Beliebtheit, eben weil sie sich so erfrischend offensiv jedem neuzeitlichen Trend entgegenstellen. Der PO-33, der erste Sampler in dieser Serie macht da keine Ausnahme.

Teenage Engineering PO-33 K.O! Test (Foto: Numinos)
Die Stärke des PO-33 K.O! liegt darin, ein bestehendes Setup mit seiner rohen, körnigen Charakteristik und den wunderbar „fricklig“ klingenden Effekten zu ergänzen.

Details

Allen Pocket Operatoren gemeinsam ist ihr handliches Taschenrechner Format (6,1 x 10,5 cm), der Batteriebetrieb, ein kleiner Aufstellbügel, ein LCD-Display und eine Matrix aus 23 Micro-Tastern und zwei Potenziometern. Die gesamte Elektronik und auch der integrierte Lautsprecher befinden sich unter dem Display, so dass das Befingern der blanken Platine und der Bauteile keine negativen Auswirkungen auf das Gerät hat. Ebenfalls eine Gemeinsamkeit aller „POs“:
An zwei Stellen lassen sich mit sanfter Gewalt Stücke aus der Platine brechen. Zum einen der „Henkel“ an der Oberseite, was vornehmlich dann erforderlich ist, wenn man den Operator in das separat erhältliche Gehäuse einsetzen will. Zum anderen (ab PO-32 aufwärts) eine kleine „Lock“-Aussparung, die – wenn man sie abbricht – gewissermaßen als Hardware-Schreibschutz funktioniert, der sich nur durch eine Lötbrücke wieder umkehren lässt. Eine weitere Eigenheit aller POs ist ihre Synchronisierbarkeit: Denn über ihren integrierten Audio-In/Out können sie nicht nur Audiomaterial untereinander weiter reichen, sondern sich auch auf das Tempo des gemeinsamen Masters einigen – Jam-Sessions über mehrere POs hinweg laufen dann in rhythmischen Gleichtakt.

Diese beiden Stellen kann man bei Bedarf abbrechen: Bügel und Hardware-Schreibschutz. (Foto: Numinos)
Diese beiden Stellen kann man bei Bedarf abbrechen: Bügel und Hardware-Schreibschutz. (Foto: Numinos)

Kommen wir zum PO-33 K.O! im Speziellen: Mit ihm machen Teenage Engineering das Thema Sampling auf. Dazu stehen 40 Sekunden Sample-Speicher bereit, die sich auf sechzehn mögliche Samples verteilen – acht davon sind funktional als Melodie-, die anderen acht als Rhythmus-Instrumente fest definiert (dazu später mehr). Flankiert wird das von einem auf die Platine gelöteten Mikrofon und natürlich dem Audio-Eingang in Form einer Miniklinke. Daneben hält das Betriebssystem noch einige Sample-spezifische Eigenheiten bereit, wie etwa automatisches Slicing und manuelles Trimming der Audioschnipsel. Die maximale Anzahl gleichzeitig ausgegebener Stimmen liegt bei vier.

Auspacken

Allen Pocket Operatoren, wie überhaupt allen Produkten von Teenage Engineering gemein, ist die charmante Verpackung. Die Schweden sind halt einfach waschechte Designer und das merkt man, egal wo man draufschaut: Alle POs sind in einer Papp-Faltschachtel untergebracht, bei der beide Poti-Köpfe frech durch die Verpackung heraus lugen. Nach dem Aufreißen der vorperforierten Seite zeigt sich, dass die Innenseite der Verpackung mit einer Kurz-Anleitung bedruckt ist: Top. In der Verpackung selbst finden sich drei Beipackzettel mit Anleitungen in Englisch, Schwedisch und Japanisch. Und natürlich der Pocket Operator selbst.
Fotostrecke: 5 Bilder Der PO-33 K.O! kommt natürlich im der typischen Pocket Operator-Packaging. (Foto: Numinos)
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Praxis

Hält man zum ersten Mal einen Pocket Operator in den Händen, fällt der Einstieg ein bisschen schwer, da das Bedienkonzept – nun ja – etwas rudimentär ist und das Display in den meisten Modi eher als Gimmick dient und nicht wirklich dazu ausgelegt ist, die Interaktion mit dem Benutzer zu unterstützen. Um die Lektüre der Bedienungsanleitung kommt man also nicht herum. Hat man sich aber in das Prinzip eingefuchst und einige der Tastenkommandos auswendig gelernt, bedient man eigentlich alle Pocket Operatoren einigermaßen sicher und zielgerichtet.

Die erste 8er-Reihe (gelb) ist längeren Melodie-Sounds vorbehalten, die zweite (grün) für Drums. (Foto: Numinos)
Die erste 8er-Reihe (gelb) ist längeren Melodie-Sounds vorbehalten, die zweite (grün) für Drums. (Foto: Numinos)

In der Werksausstattung sind jeweils die ersten vier Slots der beiden Bänke „Melodic und Drum“ mit Samples belegt und die vorprogrammierten Patterns geben bereits einen guten Eindruck davon, wo die Möglichkeiten (und Grenzen) und die klangliche Grundcharakteristik des PO-33 K.O! liegen. Deutlich hörbar: Der Sampler arbeitet nach dem klassischen Transpositions-Prinzip nämlich der Änderung der Auslese-Rate. Nach oben transponierte Samples werden also kürzer, nach unten, entsprechend länger.

Audio Samples
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Melodie-Instrumente (alle)

Sampling

Eigenes Samples verfrachtet man wahlweise über das integrierte Mikrofon oder den Audio-Eingang in das Gerät. Wobei einem hier eine einfache Pegelanzeige im Display hilfreich zur Seite steht. Dann hält man einfach die Taste für den gewünschten Slot gedrückt und die Aufnahme läuft, so lange man sie gedrückt hält. Sampelt man in einen der acht Melodic-Slots, steht der Audioschnipsel danach tonal Spielbar zur Verfügung. In den Melodic-Slots kommt hörbar eine auf ‘C’ startende, natürliche Molltonleiter zum Einsatz (c,d,es,f,g,as,b,c) – gerne hätte ich hier noch Alternativen gehört. Wählt man einen der acht Drum-Slots, bemüht sich der PO-33 K.O! diesen anhand seiner Transienten und Länge, in sechzehn Slices zu zerteilen. Das funktioniert eher so lala und ein Nacharbeiten mit Hilfe der integrierten Trimming-Funktionen (Start, Länge) ist fast immer erforderlich:
Audio Samples
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Internes Mikro-Sampling Drum-Sampling (Line-In): Original/Sample

Spielt man mit den Werksdrums herum, stellt man fest, dass diese tatsächlich aus Einzelsamples bestehen – auf jeder Taste also nur ein Sample liegt. Selber erstellen kann der Anwender so ein Mapping allerdings nicht, sondern muss den Umweg über ein längeres Sample mit Einzeldrums gehen, bei dem man die gewünschten Stellen dann für die verschiedenen Tasten „anfährt“. 

Audio Samples
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Alle Drumkits

Programmierung

Denn jede Einstellung von Tone und Filter kann für jede der sechzehn Steps des Sequenzers gespeichert werden: Einfach den Sound entsprechend anpassen, in den Write-Modus wechseln und für die jeweilige Stufe programmieren. Allerdings immer nur „Step für Step“ – das Aufnehmen einer Filterfahrt in Echtzeit ist entsprechend nicht möglich. Überhaupt ist das stetige Wechseln vom Performance- in den Step-Write-Modus das elementare Grundkonzept bei der Arbeit mit dem PO-33, das einem schnell in Fleisch und Blut übergeht.

Fotostrecke: 4 Bilder Eine der wenigen „ernsthaften“ Display-Aussagen: Filtermodus (Low-pass) und Zustand. (Foto: Numinos)

Zwar kann man alle Tastenkommandos auch in Echtzeit aufnehmen, faktisch ist das „Spielen“ der kleinen Micro-Taster aber doch etwas ungenau (auch wenn die interne Quantisierung die gespielten Noten auf den nächstliegenden 16-tel-Wert zieht) und man kommt schneller und genauer zum Ziel, wenn man die Lauflichtprogrammierung zum Einsatz bringt. Ist einem das Ergebnis zu statisch kommt der Swing-Faktor ins Spiel, der das Triggering der Samples mit stufenlos einstellbarer Stärke wirkungsvoll verschleppt. Daneben verfügt der PO-33 über einen brauchbaren Satz an elementaren Funktionen zum Managen von Patterns und Sounds: Sowohl das Kopieren  von Slices, Sounds und Patterns ist möglich, wie auch das Löschen, Verketten und Wiederholen von verschiedenen Patterns.

Audio Samples
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Drum-Loop mit Parameter-Lock und Effekten Swing

Effekte

Was sich dagegen sehr gut in Echtzeit automatisieren lässt, sind die Effekte. Fünfzehn sind es insgesamt, denn Slot sechzehn ist praktischerweise mit keinem Effekt belegt. Indem man bereits applizierte Effektkombinationen mit diesem Leer-Effekt überschreibt löscht man sie. Was mich bei allen Pocket Operatoren – so auch am PO-33 K.O! – immer wieder erstaunt, ist wie elegant die Effekte programmiert sind. Sie agieren nicht abrupt, sondern interpolieren untereinander und klingen immer irgendwie musikalisch und „funky“. Hier einmal der Schnelldurchlauf aus:
  • 01. Loop 16
  • 02. Loop 12
  • 03. Loop short
  • 04. Loop shorter
  • 05. Unison
  • 06. Unison low
  • 07. Octave up
  • 08. Octave down
  • 09. Stutter 4
  • 10. Stutter 3
  • 11. Scratch
  • 12. Scratch fast 
  • 13. 6 / 8 Quantize
  • 14. Retrigger Pattern
  • 15. Reverse
Audio Samples
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Alle Effekte hintereinander

Synchronisation

Alle Pocket Operatoren können untereinander einen Sync-Bus bilden. Dazu verbindet man lediglich den Audio-Ausgang des Masters vermittels eines Stereo-Miniklinkenkabels mit dem Eingang des zu clockenden Slave. Und nicht nur das Clock-Signal wird durchgereicht, sondern auch der Audiostrom. Das heißt, am Ende lässt sich die Summe aller Pocket Operatoren am Ausgang des letzten Operators abgreifen.  Unweigerlich wird aus dem Master dann allerdings ein Mono-Gerät (denn der rechte Kanal ist ja mit dem Clock-Impuls beschäftigt). Durch wiederholtes Drücken der „Record“- und „BPM“-Taste legt man dann fest, wie mit den Signalen umgegangen werden soll.
Fotostrecke: 2 Bilder Zwei POs verbindet man mit einem simple Stereo-Miniklinken-Kabel. (Foto: Numinos)

Klang 

Zwar schweigen sich Teenage Engineering über die Spezifikationen des Samplers aus, wenn man aber auf der Website von „Silicon Labs“ stöbert, findet man den verbauten „EFM32 Gecko“ 32-Bit-Microcontroller. Und dessen Datenblatt nennt eine Auflösung von 12-Bit für die AD/DA-Wandlung. Gegeben, dass der Flash-Speicher dieses Microcontrollers in der größten Version 128 Kilobyte hat, muss die Sample-Rate entsprechend weit unter 22 kHz liegen. Und das hört man natürlich: Der PO-33 K.O! stülpt allem, was man in ihn rein steckt, eine ausgesprochen charmante grobkörnig-raue Klangsignatur über. Um es mal augenzwinkernd zu sagen: Der „Glue-Faktor“ ist extrem hoch, denn alles, was am Ende den kleinen Sampler verlässt, wird in Bezug auf Dynamik, Transienten und Frequenzgang unweigerlich zu einer homogenen 12-Bit Masse. Und genau das will man ja, wenn man sich entscheidet, mit dem kleinen Taschen-Sampler Musik zu machen: Man will charaktervoll-rohen Sound – denn High-End hat man ja schon am Rechner. Das heißt übrigens nicht, dass der PO-33 K.O! klanglich unscheinbar wäre – ganz im Gegenteil: die etwas körnige Charakteristik besitzt eine erkennbare Prägnanz, die sich zwischen anderen Sounds und Klangquellen sehr gut durchzusetzen kann.
Audio Samples
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Factory-Pattern (alle)
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Fazit

Der PO-33 K.O! ist eine ausgesprochen gelungene Erweiterung des sympathisch-schrulligen Pocket Operator-Reigens. Bis auf einige Nickeligkeiten in der Bedienung, auf die man sich – seien wir ehrlich – ohnehin bewusst einlässt, wenn man sich dafür entscheidet, Geräte aus dieser Serie zu kaufen, macht es durchweg Spaß mit ihm zu arbeiten. Dabei ist es stellenweise gerade die rudimentäre Bedienung ohne Display, die einen beim Programmieren zu Variationen und Strukturen kommen lässt, die mit komfortabler zu bedienenden Geräte vielleicht gar nicht erst entstehen würden. Als alleinigen Haupt-Sampler und Beat-Maschine sollte man den PO-33 K.O! dagegen nicht einplanen, auch als Echtzeit-Performance-Sampler ist er eher ungeeignet. Die Stärke des PO-33 liegt vielmehr darin, ein bestehendes Setup mit seiner rohen, körnigen Charakteristik und den wunderbar „fricklig“ klingenden Effekten zu ergänzen.

PRO
Handliches Format
Charmantes Konzept 
Hoher Spaß- und Experimentierfaktor
Synchronisierbarkeit
Musikalische Effekte
Automatisches Slicing

CONTRA
Etwas frickelige Bedienung
Multisample-Drums nur über Umweg
„Mitnehmen“-Bug von Trim-Parametern

Die Stärke des PO-33 K.O! liegt darin, ein bestehendes Setup mit seiner rohen, körnigen Charakteristik und den wunderbar „fricklig“ klingenden Effekten zu ergänzen.
Die Stärke des PO-33 K.O! liegt darin, ein bestehendes Setup mit seiner rohen, körnigen Charakteristik und den wunderbar „fricklig“ klingenden Effekten zu ergänzen.

FEATURES
Integriertes Mikrofon für Sampling
40 Sekunden Samplingzeit
8 Melodie-Sample-Slots
8 Drum-Slots
16-Step Sequenzer
16 Patterns
16 Effekte
Lock Tab Schreibschutz für Pattern
Line Ein- und Ausgang 3,5 mm Klinke
Eingebauter Lautsprecher
Animiertes LCD Display
Stromversorgung über 2 Standard Micro Batterien (AAA)
Batterielaufzeit: bis zu einem Monat, 2 Jahre Standby
Automatische Abschaltung
Jam Sync
Integrierter Wecker
Drahtbügel-Ständer

PREIS
Ca. 99 € (Straßenpreis, Stand: 26.02.2018)

Weitere Informationen zu Teenage PO-33 K.O! gibt es auf dieser Webseite.

Kommentieren
Profilbild von Dean Freud

Dean Freud sagt:

#1 - 27.02.2018 um 09:17 Uhr

0

Schöner Kurzbericht, allerdings fehlt völlig die funktion das der PO-33 auch ein Backup kann. Das wird per Tastenkobination an einem Aufnahmegerät als "Noise-Code" aufgenommen und kann dann wieder nach bedarf aufgespielt werden.

    Profilbild von NUMINOS

    NUMINOS sagt:

    #1.1 - 01.03.2018 um 10:39 Uhr

    0

    Hi Dean,das ist in der Tat völlig zutreffend. Ich werde das im kommenden PO-35-Test noch mal thematisieren.bestNU

    Antwort auf #1 von Dean Freud

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