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Sequential Pro 3 Test

Mit dem Pro 3 hat Sequential nach den vielen polyphonen Synthesizern der letzten Jahre mal wieder einen Monosynth herausgebracht. Wobei das nicht ganz stimmt, denn die drei Oszillatoren des Pro 3 lassen sich paraphon spielen. Überhaupt trägt der Synthesizer in Sachen Ausstattung ziemlich dick auf. Ist der Sequential Pro 3 vielleicht sogar der vielseitigste Monosynth, den man derzeit kaufen kann? Im Test haben wir es herausgefunden.

Sequential Pro 3
Sequential Pro 3


Zwei analoge VCOs, ein digitaler Wavetable-Oszillator, drei Filter, vier Hüllkurven, drei LFOs und dazu eine Effektsektion und ein sehr umfangreicher Sequenzer – beim Pro 3 hat Altmeister Dave Smith nichts ausgelassen. Mit seinem Grundkonzept steht der Pro 3 in der Tradition des Pro 2, macht aber einiges anders als der Vorgänger. Die Motivation war laut Handbuch keine geringere, als den weltbesten Monosynth zu bauen. Ob das gelungen ist, wie der Pro 3 klingt und wie die Bedienung dieser vielen Zutaten in der Praxis aussieht, soll dieser Test klären.

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Sequential Pro-3 Demo mit Presets für Ambient, Techno und Electronica (Limbic Bits)

Details

Äußeres

Der Sequential Pro 3 ist in zwei Versionen erhältlich: Eine Standardversion mit schwarzem Gehäuse und die Special Edition (SE), die über ein Holzgehäuse mit klappbarem Bedienfeld im Minimoog-Stil verfügt. Technisch sind die beiden Versionen identisch. Zum Test stand uns die Standardausführung zur Verfügung.
Schon beim Auspacken wird deutlich, dass der Pro 3 klotzt und nicht kleckert. Der Synthesizer wirkt für ein Instrument mit drei Oktaven relativ schwer und solide gebaut. Die SE-Version bringt sogar noch satte fünf Kilogramm mehr auf die Waage. Alle Bedienelemente fühlen sich nach meinem Empfinden gut an. Die Potis haben einen recht festen Drehwiderstand und die Taster einen gut spürbaren Druckpunkt. Die 6,3-mm-Klinkenbuchsen sind fest mit dem Gehäuse verschraubt. Wie alle Instrumente von Sequential hat der Pro 3 ein internes Netzteil mit universellem Kaltgeräteanschluss.

Fotostrecke: 2 Bilder Der Pro 3 ist in der hier gezeigten Standardversion und in einer Special Edition (SE) erhältlich.

Struktur und Bedienfeld

Die Eckdaten der Klangerzeugung hatte ich ja eben schon kurz angerissen. Der Pro 3 verfügt über drei Oszillatoren, die im linken Bereich des Bedienfelds zu finden sind. Die Oszillatoren 1 und 2 sind analoge VCOs. Ihre Schwingungsform lässt sich stufenlos von Dreieck über Sägezahn bis Rechteck variieren, was auch moduliert werden kann. Zudem steht für beide VCOs Hard Sync zur Verfügung.
Oszillator 3 ist ein DSP-basierter digitaler Oszillator, der neben den Schwingungsformen Sinus, Sägezahn, Super Saw und Puls auch Wavetables bietet. 32 Wavetables zu je 16 Waves sind integriert und lassen sich mit dem Regler Shape Mod durchfahren, was selbstverständlich auch von einer beliebigen Modulationsquelle moduliert werden kann. 
Update (29.07.2020): Sequential hat einen Wavetable-Generator als Web-Anwendung veröffentlicht, mit dem das Erstellen eigener Wavetables möglich ist. Bis zu 16 Single-Cycle-Waves lassen sich hochladen, zu einem Wavetable konvertieren und per SysEx in einen der 32 Slots für User-Wavetables des Pro 3 laden. Den Wavetable-Generator findet ihr hier.
Im rechts neben der Oszillatorsektion untergebrachten Mixer treffen die drei Oszillatoren aufeinander. Hier stehen zusätzlich ein Rauschgenerator sowie ein Regler für den externen Audioeingang zur Verfügung.
Die Filtersektion des Pro 3 bietet drei Klassiker der Synthesizergeschichte zur Auswahl. Alle drei Filter sind analog. Filter 1 ist ein Tiefpass auf Operationsverstärker-Basis mit 24 dB/Okt. Flankensteilheit, das aus dem Prophet-6 übernommen wurde. Filter 2 ist ein 4-Pol-Ladder-Filter im Moog-Stil. Filter 3 ist ein State-Variable-Filter mit 12 dB/Okt. Flankensteilheit wie das Oberheim-Filter im Sequential OB-6 und der Oberheim SEM-Familie. Als solches lässt es sich von Tiefpass über Bandsperre (Notch) bis Hochpass variieren und bietet über einen Taster auch eine Bandpass-Option.

Der Pro 3 bietet zwei analoge VCOs und einen digitalen Oszillator mit Wavetables.
Der Pro 3 bietet zwei analoge VCOs und einen digitalen Oszillator mit Wavetables.

Rechts neben dem Filter folgen die Hüllkurven, derer der Pro 3 gleich vier im Gepäck hat. Zwei der ADSR-Hüllkurven sind für Amp und Filter vorgesehen und bieten die Option der Velocity-Steuerung. Hinzu kommen zwei weitere Envelopes für beliebige Modulationsaufgaben. Sie teilen sich einen Satz Bedienelemente, was aber nicht schlimm ist: Praktischerweise sind die Drehregler dieser beiden Hüllkurven als Endlos-Encoder ausgeführt, wodurch beim Umschalten keine Wertesprünge auftreten. Alle vier Envelopes bieten zusätzlich einen Delay-Parameter zur Einsatzverzögerung, der aber nur über das Display zugänglich ist.
Springen wir nun nach links, wo die drei LFOs des Pro 3 untergebracht sind. Sie bieten jeweils fünf Schwingungsformen (Dreieck, Sägezahn steigend und fallend, Rechteck, Sample&Hold) und lassen sich über den Taster Destination schnell verschiedenen Zielen zuweisen. Direkt auf dem Bedienfeld lassen sich Frequency und Amount einstellen; im Menü findet man weitere Parameter wie Sync, Slew, Phase und Reset.
Der linke, obere Bereich des Bedienfelds wird von der Effektsektion eingenommen, die so ähnlich schon aus dem Prophet-6, OB-6 und Prophet Rev2 bekannt ist. Es gibt zwei digitale Effektblöcke, die jeweils einen der Effekte Stereo Delay, BBD Delay, Chorus, Flanger, Phaser, Hochpassfilter, Ringmodulator, Rotary Speaker oder Super Plate Reverb (nur FX2) erzeugen können. Pro Effekt lassen sich drei Parameter regeln und auch modulieren; das ist einer mehr als bei den gerade genannten Geschwistern. Zusätzlich steht unter dem Regler für die Gesamtlautstärke ein analoger Distortion-Effekt zur Verfügung; auch das ist schon aus anderen Synthesizern von Sequential der letzten Jahre bekannt.
Ein weiterer, sehr interessanter Effekt ist ganz rechts zu finden: Tuned Feedback. Der stimmbare Feedback-Weg ist zu einer Spezialität von Dave Smith geworden und sorgte schon im Evolver, Pro 2, Prophet-12 und nicht zuletzt im Eurorack-Modul DSM03 für interessante Sounds. Unter anderem lässt es sich als Klangquelle für die Karplus-Strong-Synthese verwenden. Dazu später mehr!

In der Filtersektion stehen drei klassische Filter der Synthesizergeschichte zur Auswahl.
In der Filtersektion stehen drei klassische Filter der Synthesizergeschichte zur Auswahl.

Dass ein so komplexer Synthesizer nicht für jedes Detail ein Bedienelement haben kann, liegt auf der Hand. Deshalb verfügt der Pro 3 über ein sehr gut lesbares, grafikfähiges OLED-Display, das von je vier Encodern und Soft-Buttons flankiert ist. Hierüber lässt sich alles einstellen, was nicht direkt über das Bedienfeld erreichbar ist. Zwei weitere Encoder (Bank und Program) dienen zur Auswahl von Patches. Auch die Taster zum Speichern und Vergleichen von Programmen, für globale Einstellungen, für die Play List (eine Art Setlist-Modus) und den paraphonen Modus sind hier untergebracht.
Der Bereich rechts oben gehört dem Sequenzer. Wie schon der Vorgänger verfügt der Pro 3 über einen überaus umfangreich ausgestatteten Step-Sequenzer mit 16 Spuren, der neben der internen Klangerzeugung auch externes Equipment über MIDI und/oder CV/Gate ansteuern kann. Der Sequenzer kann Reglerbewegungen aufzeichnen und beliebige Parameter sequenzieren. Pro Patch lassen sich vier Sequenzen zu je 16 Steps speichern, die jederzeit über eigene Taster wechselbar sind und sich bei Bedarf auch zu einer längeren Sequenz verketten lassen. Funktionen wie Ratcheting (mehrere Trigger auf einem Step) und Slew (sanfte Übergänge zwischen CV-Werten) sorgen für noch mehr Flexibilität. Ich glaube nicht, dass mir bei einem Hardware-Synthesizer schon einmal ein ähnlich umfangreicher Step-Sequenzer begegnet ist. Im Praxisteil werden wir uns die Möglichkeiten näher ansehen.

Neben Hüllkurven für Filter und Amp gibt es zwei weitere, frei zuweisbare Envelopes
Neben Hüllkurven für Filter und Amp gibt es zwei weitere, frei zuweisbare Envelopes

Tastatur

Wie viele andere „große“ monophone Tastatursynthesizer der heutigen Zeit – ich denke da an den Vorgänger Pro 2 und an Konkurrenten wie den Moog Sub 37 / Subsequent 37, Korg ARP Odyssey FS und Behringer Odyssey – verfügt der Pro 3 über 37 normal große Tasten. Ich finde diesen Tastaturumfang für einen monophonen Synthesizer eigentlich ideal. Er reicht für alles aus, was man normalerweise mit einer Hand spielt, hält das Instrument aber zugleich recht kompakt. Auch beim Pro 3 empfinde ich ihn als angemessen, wobei die paraphone Auslegung durchaus auch Situationen denkbar erscheinen lässt, in denen man sich vielleicht eine Oktave mehr wünschen würde – flächige Sounds mit einem tiefen Basston zum Beispiel. Aber in der Praxis werden die drei Oktaven wohl in den allermeisten Fällen ausreichen.
Die Tastatur von Fatar ist anschlagdynamisch und verfügt über Channel Aftertouch. Sie spielt sich für mein Empfinden hervorragend, wirkt knackig abgestimmt und präzise. Die Klaviatur meines Sub 37 macht im direkten Vergleich einen viel klapperigeren Eindruck. Zur Feinabstimmung stehen vier Velocity-Kurven und acht Aftertouch-Kurven zur Auswahl.
Links neben der Tastatur sind die üblichen Räder für Pitch-Bend und Modulation platziert, die sich ebenfalls hochwertig anfühlen und präzise kontrollieren lassen. Als weitere Spielhilfe findet man hier einen Touch-Strip bzw. Ribbon-Controller, der über eine LED-Kette Auskunft über den eingestellten Wert gibt. Mit dem Latch-Taster kann man den Wert „festhalten“ und hat die linke Hand dann für andere Aufgaben frei. Außerdem sind in diesem Bereich die Oktavtaster zur schnellen Transposition untergebracht.

Der Touch-Strip ist ein ausdrucksstarker Performance-Controller.
Der Touch-Strip ist ein ausdrucksstarker Performance-Controller.

Anschlüsse

Auch an der Rückseite wurde nichts ausgelassen; die Bestückung mit Anschlüssen ist üppig. Neben einem Stereo-Audioausgang (L/R) verfügt der Synthesizer über einen Mono-Eingang, wodurch sich die Filter und Effekte auch für externe Signale nutzen lassen. An der Vorderseite gibt es zusätzlich einen Kopfhörerausgang.
Über insgesamt neun CV/Gate-Buchsen lässt sich der Pro 3 in ein Modularsystem integrieren, was vor allem wegen der Möglichkeiten seines Sequenzers interessant ist (dazu später mehr). Neben einem Gate-Ausgang stehen vier CV-Ausgänge und vier CV-Eingänge zur Verfügung. Damit lässt sich schon eine ganze Menge steuern.
Weiter geht’s mit zwei Pedalanschlüssen für einen Fußtaster und ein Expression-Pedal. Danach folgt die MIDI-Abteilung, wo man vom MIDI-Erfinder Dave Smith natürlich eine solide Ausstattung erwarten darf. Neben dem üblichen Trio In/Out/Thru (ja, auch Thru gibt es hier noch!) verfügt der Pro 3 über einen weiteren MIDI-Ausgang, der ebenfalls vor allem in Verbindung mit dem Sequenzer Sinn ergibt. Danach folgen eine USB-MIDI-Buchse sowie der Kaltgeräteanschluss für das interne Netzteil und der Power-Schalter.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Rückseite ist üppig mit Anschlüssen bestückt.
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Praxis

Erster Eindruck

Nach dem Einschalten steht natürlich zunächst das obligatorische „Preset-Jogging“ an. Beginnen wir also mit einem Querschnitt durch die Werks-Presets, um einen Eindruck von der klanglichen Bandbreite des Pro 3 zu bekommen.

Audio Samples
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Phase of Bass Bass Wide Saw Expressive Bass Spy Time Basic Techno Lead Jucium Super Obie Nasty Lead Deep Bell DX’d Filter Synthwave 2.3 Tuned Percussion Waveseeker Wave Allemagne

Durch die paraphone Auslegung des Synthesizers kann man auch den einen oder anderen Ausflug in die Mehrstimmigkeit unternehmen. Zwar wird der Pro 3 dadurch nicht zum Polyphonie-Monster, aber einfache dreistimmige Pads und Chords sind kein Problem:

Audio Samples
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Paraphonica ParSawPad 3vStringMachine

Diese Auswahl steht stellvertretend dafür, was in meinen Augen das größte Plus am Pro 3 ist: Er ist klanglich einfach unglaublich vielseitig. Die klassischen, monophonen Synthesizer-Leads und Bässe bedient er genauso wie speziellere Klänge, die sich den meisten analogen Monosynths nicht entlocken lassen. Dabei spielt der digitale Wavetable-Oszillator natürlich eine herausragende Rolle, aber auch die Tuned-Feedback-Schaltung und die Vielzahl der möglichen Filterkonfigurationen und Modulationen tragen ihren Teil zu dieser klanglichen Vielfalt bei.
Allerdings muss ich auch feststellen, dass der Pro 3 mich beim ersten Anspielen nicht so unmittelbar vom Hocker gehauen hat wie manch anderer Synthesizer. Die Gänsehaut, die die organische Kraft eines Moog, die brachiale Direktheit eines Korg MS-20M oder auch der wunderbare Schmelz eines Sequential OB-6 bei mir auslösen, wollte sich hier nicht sofort einstellen. Auf mich wirkt der Pro 3 oft etwas sachlicher, kantiger und manchmal auch etwas kühler. Das soll nicht heißen, dass er mich klanglich nicht überzeugt hat, nur eben auf eine andere Art. Hier sind es vor allem die unzähligen klanglichen Facetten, die sich hinter jedem Regler und jeder Modulation verbergen, die mein Sounddesigner-Herz höher schlagen lassen.

Oszillatoren

Die identisch aufgebauten VCOs 1 und 2 bilden das analoge Herz des Pro 3. Mit stufenlos überblendbaren Schwingungsformen und der Möglichkeit, dies zu modulieren, bieten aber auch sie schon eine große Bandbreite an Grundsounds. Hier hört ihr, was passiert, wenn man bei Oszillator 1 am Shape-Regler dreht:

Audio Samples
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OSC1 Shape

Mit dem Regler Shape Mod lassen sich alle diese Grundschwingungsformen noch verbiegen. Im Fall der Pulsschwingung wird hier die Breite eingestellt bzw. moduliert, aber auch bei den anderen Schwingungsformen lassen sich mit Shape Mod interessante Varianten entdecken.

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OSC1 Triangle Shape Mod OSC1 Saw Shape Mod OSC1 Pulse Shape Mod

Oszillator 3 ist etwas völlig Anderes. Der digitale Oszillator kann zwar auch die Grundschwingungsformen liefern – für den Fall, dass man mal drei Sägezähne oder Rechteckschwingungen braucht. Hier bietet er den zusätzlichen Bonus der Supersaw-Schwingungsform, sodass auch die Freunde fetter Dance-Leads auf ihre Kosten kommen:

Audio Samples
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OSC3 Supersaw

Interessant wird es dann bei den Wavetables. Hier findet sich eine enorme Klangvielfalt, die von glockig über glasig bis metallisch-drahtig reicht. Die Wavetables lassen sich selbstverständlich von jeder beliebigen Modulationsquelle (inkl. Sequenzer) gesteuert „durchfahren“, was viel Bewegung in den Klang bringen kann. Hier hört ihr einige Beispiel-Wavetables, die ich manuell mit dem Regler Shape Mod beeinflusse:

Audio Samples
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OSC3 Wavetables (Beispiele)

In der Kombination der beiden VCOs mit dem digitalen Oszillator liegt die enorme Klangvielfalt des Pro 3 begründet und oftmals ergänzen sich die beiden Welten sehr gut. Etwas schade ist, dass der Vorrat an Wavetables nicht erweiterbar ist. Aber auch so ist Oszillator 3 der größte Trumpf im Ärmel des Pro 3, der ihn von allen rein analogen Monosynths abhebt.
Update (29.07.2020): Sequential hat einen Wavetable-Generator als Web-Anwendung veröffentlicht, mit dem das Erstellen eigener Wavetables möglich ist. Bis zu 16 Single-Cycle-Waves lassen sich hochladen, zu einem Wavetable konvertieren und per SysEx in einen der 32 Slots für User-Wavetables des Pro 3 laden. Den Wavetable-Generator findet ihr hier.

Filter

In der Filtersektion geht die Vielfalt direkt weiter. Hier hat man die Auswahl zwischen drei Filtertypen. Neben dem Sequential-typischen Tiefpassfilter auf Operationsverstärker-Basis bietet der Pro 3 ein Ladder-Filter nach Art eines Moog sowie ein State-Variable-Filter à la Oberheim. Damit vereint er nichts weniger als die drei berühmtesten Filterdesigns der Synthesizergeschichte in sich.
Hier hört ihr die Filter 1 und 2, jeweils mit verschiedenen Resonanzeinstellungen.

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Filter OTA Filter Ladder

Während diese beiden Filtertypen mühelos die Selbstoszillation erreichen, ist das beim Oberheim-Filter erwartungsgemäß nicht möglich. Dafür lässt es sich wie gewohnt mit einem Regler von Tiefpass über Notch bis Hochpass überblenden; zusätzlich kann mit einem Taster ein Bandpass-Modus aktiviert werden. Hier hört ihr das State-Variable-Filter, zunächst im Tiefpass-Modus mit verschiedenen Resonanzwerten und dann die verschiedenen Modi, jeweils mit einem mittleren Resonanzwert.

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State-Variable Filter (Tiefpass) State-Variable Filter (Tiefpass-Notch-Hochpass-Bandpass)

Alle drei Filter klingen nach meinem Empfinden sehr gut und passen in ihrer Vielfalt gut zu den klanglichen Möglichkeiten der Oszillatorsektion. Eine Sache, die beim Vorgänger Pro 2 möglich war, lässt sich beim Pro 3 jedoch nicht erreichen: Es kann immer nur ein Filter zeitgleich verwendet werden. Der Pro 2 erlaubte es seine beiden Filter seriell oder parallel zu betreiben; beim Pro 3 muss man sich für einen Typ entscheiden.

Tuned Feedback

Mit Tuned Feedback hat Sequential eine Schaltung in den Pro 3 integriert, die sich nicht nur als Effekt für bisweilen drastische Klangverbiegungen einsetzen lässt, sondern auch als eigenständige Klangquelle. Die Schaltung, die Dave Smith zeitweise auch einzeln als Eurorack-Modul DSM03 anbot, basiert auf einem sehr kurzen Delay mit stimmbarem Feedback. Ein Druck auf den Taster GRUNGE intensiviert das Ganze noch, was dann mitunter wirklich böse klingt. Hier bekommt ihr einen Eindruck davon, wie sich Tuned Feedback auswirkt. Als Basis dient eine einfache Sägezahnschwingung. Ich experimentiere mit verschiedenen Stimmungen und Intensitäten. Später wird das Tuning von einem LFO moduliert.

Audio Samples
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Tuned Feedback

Eine interessante Verwendung von Tuned Feedback ist die Verwendung als Klangquelle für die Karplus-Strong-Synthese. Dabei wird das Delay durch einen kurzen Impuls Rauschen angeregt, das gestimmte Feedback übernimmt dann den Rest. Im nächsten Beispiel sind keine Oszillatoren zu hören; der Klang entsteht in der Tuned-Feedback-Sektion. Damit fügt das Feedback dem Pro 3 eine weitere, interessante klangliche Facette hinzu.

Audio Samples
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Karplus-Strong
Der Sequenzer des Pro 3 bietet sehr umfangreiche Möglichkeiten
Der Sequenzer des Pro 3 bietet sehr umfangreiche Möglichkeiten

Sequenzer

Der Sequenzer des Pro 3 ist, in Ermangelung von Worten, der Oberhammer. Er bietet so viele Möglichkeiten, dass man eine Weile braucht, um alles zu entdecken und dann auch abrufen zu können, aber was hier alles möglich ist, ist für den Sequenzer eines monophonen Synthesizers bemerkenswert.
Beginnen wir mit den wichtigsten Eckdaten. Pro Programm lassen sich bis zu vier Sequenzen à 16 Steps speichern. Wenn ein längeres Pattern gewünscht ist, können die vier Sequenzen A, B, C und D auch verkettet werden. Der Taster SEQ LOCK ermöglicht es, die laufende Sequenz beim Wechsel des Programms weiterlaufen zu lassen. Mit CUE PGM kann man das nächste Programm vorwählen und es wird nach Ablauf der laufenden Sequenz punktgenau gewechselt. Beides sind tolle Performance-Funktionen, die zugleich auch das einfache Kopieren von Sequenzen in ein anderes Programm ermöglichen.
Das Tempo lässt sich per Encoder einstellen, mit dem Tap-Taster einklopfen oder zur MIDI-Clock synchronisieren. Außerdem kann der Sequenzer über den Audioeingang oder einen der vier CV-Inputs durch analoge Impulse getriggert werden, wodurch er sich auch mit Modularsystemen versteht. Mit dem Encoder DIVIDE lassen sich verschiedene Teilungswerte wählen. Auch eine regelbare Swing-Funktion steht zur Verfügung.

Drei Abspielmodi stehen zur Auswahl: „Normal“ (der Sequenzer läuft beim Druck auf den Play-Taster los), „Gated“ (Sequenzer läuft, solange eine Taste gedrückt ist) und „Trigger“ (jeder Tastendruck spielt den nächsten Step des Sequencers). Außerdem kann die Laufrichtung über vier Taster gewählt werden; neben vorwärts stehen rückwärts, vorwärts/rückwärts und Random zur Wahl. Das kann gerade im Rahmen einer Live-Performance für sehr variantenreiche Patterns sorgen – und wenn man sich mal verzettelt, genügt ein Druck auf RESET, um den Sequenzer zu Step 1 zurückzusetzen.
Selbstverständlich können Velocity-Werte aufgezeichnet werden. Auch die Gate-Länge lässt sich pro Step festlegen. Darüber hinaus bietet der Sequenzer eine Ratcheting-Funktion, die bis zu acht Noten-Trigger pro Step ermöglicht.

Audio Samples
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Studied In Germany (Pattern mit Ratcheting)

Das allein wäre schon eine Menge, aber wir haben tatsächlich gerade erst angefangen. Der Sequenzer des Pro 3 bietet nämlich auch umfassende Funktionen zur Aufzeichnung von Parametern. Dafür verfügt jede Sequenz über insgesamt 16 Spuren. Die Tracks 1-3 sind für Noten vorgesehen (im paraphonen Modus auch mehrstimmig), während die übrigen Tracks frei zugewiesen werden können. Alle Tracks können bei Bedarf unterschiedliche Längen haben.
Im einfachsten Fall funktioniert das Aufzeichnen von Parametern so: Während eine Sequenz läuft, hält man Record gedrückt und bewegt einen beliebigen Regler. Der Sequenzer zeichnet die entsprechenden Daten dann automatisch auf der nächsten freien Spur auf. Wechselt man zu einem anderen Regler, wird wiederum der nächste freie Track genommen. So kann man schnell und einfach Reglerbewegungen aufzeichnen und abspielen. Natürlich lassen sich Parameterwerte aber auch „step by step“ über das Display editieren. Ein Druck auf den Taster SLEW glättet die Modulationswerte des gewählten Tracks, sodass neben stufigen auch sanfte Modulationsverläufe möglich sind.
Da sich die Notenspuren auch deaktivieren lassen, ist der Sequenzer zugleich eine sehr leistungsfähige Modulationsquelle. Es ist also möglich, nur die Modulationen vom Sequenzer kommen zu lassen, während man dazu frei auf der Tastatur spielt. Das öffnet die Tür zu Sounds mit sehr viel Rhythmik und Bewegung, ohne dass die Noten einer festgelegten Sequenz folgen.
Nimmt man jetzt noch hinzu, dass Sequenzen natürlich auch über MIDI ausgegeben werden (bei Bedarf sogar unterschiedliche Sequenzen über die zwei MIDI-Outputs), auch die vier CV-Outputs adressiert werden können (dafür sind die Tracks 13-16 vorgesehen) und der Sequenzer wahlweise intern, über MIDI oder über einen der CV-Inputs geclockt werden kann, dann wird der Pro 3 zu einem sehr potenten Sequenzer für externe Geräte und auch Modularsysteme. Er bietet mehr Möglichkeiten als so mancher dezidierte Hardware-Sequenzer, was vor allem im Hinblick auf Live-Performances ein echtes Highlight des Synthesizers ist.
Hier hört ihr zwei Beispiele dafür, was durch das Sequenzieren sämtlicher Parameter des Synthesizers möglich ist. Zu hören ist jeweils ein einziges Patch des Pro 3; der paraphone Modus ist deaktiviert und es kommen keine externen Sounds und kein Overdubbing zum Einsatz. Ja, ihr hört einen monophonen Synthesizer.

Audio Samples
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Leather 2 Leather An Older Code

Bedienung

Angesichts der Komplexität des Synthesizers empfinde ich die Bedienung des Pro 3 als sehr gut gelungen. Natürlich lässt es sich bei der Fülle an Möglichkeiten nicht vermeiden, dass sich einiges nur über das Display regeln lässt. Aber alle wichtigen Parameter, an denen man beim Spielen „schrauben“ möchte, sind ohne Umwege zugänglich. Zudem ist die Bedienung der erweiterten Parameter über das Display gut an das Bedienfeld gekoppelt. Dreht man zum Beispiel am Filter Cutoff, so wird automatisch die Filterseite im Display geöffnet, wo man dann über die Buttons und Encoder Zugriff auf alle erweiterten Filterparameter bekommt. Mit den Oszillatoren, Envelopes und LFOs verhält es sich genauso. Natürlich biegt man anfangs manchmal falsch ab und findet sich woanders wieder, als man es erwartet hatte – aber das gibt sich schnell und passiert in Anbetracht der Funktionsvielfalt auch erfreulich selten.
Ein Beispiel für die gut durchdachte Bedienung ist die Zuweisung von Modulationen über die Modulationsmatrix. Hier findet man zwei Buttons für Quelle und Ziel sowie einen Regler für die Intensität. Möchte man nun zum Beispiel LFO 2 auf den Filter Cutoff routen, geht man wie folgt vor: Taster „Source“ gedrückt halten und Taster für LFO2 drücken (Quelle), dann Taster „Dest“ gedrückt halten und den Cutoff-Regler bewegen (Ziel). Sofort wird automatisch der nächste freie Slot der Matrix mit dieser Paarung belegt. Nun muss man nur noch mit dem Regler die Intensität der Modulation einstellen. Das funktioniert in Sekundenschnelle und völlig ohne Sucherei in Menüs.
Auch der komplexe Sequenzer lässt sich erfreulich leicht bedienen und macht deswegen sehr viel Spaß. Alle Funktionen, die während einer Performance wichtig sind (also in diesem Fall alle) sind über eigene Taster bzw. Tastenkombinationen schnell erreichbar. Zudem ist hier das Display besonders gut eingebunden und gibt grafisch Auskunft über den Verlauf der Modulationsspuren. Auch die mehrfarbigen LEDs helfen dabei, den Überblick zu behalten.
Was nicht geht, ist die direkte, numerische Anwahl von Programmen. Zwar erreicht man über die beiden Encoder für Bank und Program jeden Speicherplatz in kurzer Zeit. Wenn es beim Gig darauf ankommt, den nächsten Sound in Sekundenschnelle griffbereit zu haben, sollte man dennoch auf die Funktion „Play List“ zurückgreifen. Dieser Setlisten-Modus ermöglicht es, die für einen Gig benötigten Programme in Listen zu organisieren, sodass man nur noch weiterschalten muss. 

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Fazit

Laut Sequential wurde der Pro 3 mit dem Ziel entwickelt, den weltbesten Monosynth zu bauen. Und nach einiger Zeit mit dem Synthesizer muss ich sagen, dass der Pro 3 diesem Ziel wirklich ziemlich nahekommt. Geht man danach, welche Möglichkeiten der Synthesizer bietet, so wird man derzeit wohl kaum einen besser ausgestatteten Monosynth finden. Mit analogen VCOs, digitalen Wavetables, dreistimmig paraphoner Spielbarkeit, drei Filtern, unglaublich flexiblen Modulationsmöglichkeiten, guten Effekten und einem bärenstarken Sequenzer, der so manches Stand-alone-Gerät alt aussehen lässt, bietet der Pro 3 Möglichkeiten, die ihresgleichen suchen. Zudem ist er klanglich ausgesprochen vielseitig und dabei charakterstark und eigenständig. Ob man ihn als den besten Monosynth unserer Zeit betrachtet, entscheidet sich deshalb einzig und allein an der Frage, ob man sich persönlich von seinem Sound angesprochen fühlt – und das muss wie immer jeder für sich selbst entscheiden. Echte Kritikpunkte, die einen Punktabzug rechtfertigen würden, habe ich nicht.

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Sehr umfassende Ausstattung
  • Sehr vielseitiger, charakterstarker Sound
  • Kombination aus analogen VCOs und Wavetables
  • Gute Tastatur
  • CV/Gate-Anschlüsse
  • Hervorragender Sequenzer mit vielen Möglichkeiten
  • Gute Effektsektion
  • Sehr umfangreiche MIDI-Implementation
  • Intuitive Bedienung trotz hoher Komplexität
Contra
  • Kein Contra
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Sequential Pro 3 Test
Für 2.089,00€ bei
Der Sequential Pro 3 überzeugt mit seinem Sound und seinen Möglichkeiten.
Der Sequential Pro 3 überzeugt mit seinem Sound und seinen Möglichkeiten.

Technische Spezifikationen

  • Monophoner oder bis zu 3-stimmig paraphoner Hybridsynthesizer
  • Oszillatoren: 2 analoge VCOs, 1 DSP-basierter digitaler Oszillator mit Standard-Schwingungsformen und 32 Wavetables
  • Rauschgenerator
  • Hard Sync, Glide pro Oszillator, Slop
  • 3 analoge Filter (24 dB OTA-Tiefpassfilter, 24 dB Ladder-Tiefpassfilter, 12 dB State-variable-Filter
  • 3 LFOs
  • 4 Hüllkurven mit Loop-Funktion
  • Effekte: 2 digitale Effektblöcke, analoge Distortion, Tuned Feedback
  • Modulationsmatrix mit 32 Slots
  • Sequenzer: 16 Tracks, 4 Patterns à 16 Steps pro Programm, Ratcheting, Velocity, Duration, 4 Abspielmodi, Aufzeichnung beliebiger Parameter
  • Arpeggiator: Up, Down, Up+Down, Random, Assign
  • Tastatur: 37 anschlagdynamische Tasten mit Aftertouch
  • Pitch Bend, Modulation
  • Touch-Slider
  • Speicher: 512 User-Programme, 512 Presets
  • Anschlüsse: Stereo-Ausgang (L/R), Kopfhörer, External Audio In, Fußtaster (Sustain), Expression-Pedal, MIDI In/Out/Thru/Out2, USB-MIDI, 4x CV In, 4x CV Out, Gate Out
  • Stromversorgung: Kaltgeräteanschluss, 100–240 V, 50/60 Hz
  • Abmessungen (Pro 3 Standard): 67,7 x 33,8 x 12,5 cm
  • Gewicht (Pro 3 Standard): 7,25 kg
  • Abmessungen (Pro 3 SE): 68,8 x 37 x 12,8 cm
  • Gewicht (Pro 3 SE): 12,25 kg

PREIS

  • Sequential Pro 3: Ca. 1.655 € (Straßenpreis am 27.07.2020)
  • Sequential Pro 3 SE: Ca. 2.134 € (Straßenpreis am 27.07.2020)
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Profilbild von Cemal Tug

Cemal Tug sagt:

#1 - 15.05.2024 um 23:19 Uhr

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An Pro2 kommt leider keiner vorbei muß man erwähnt haben nä 👹 PEACE Zulu Nation 👍👹ich arbeite sehr gern mit Pro2 (4 Osc‘s) usw usw

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