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Roland RD-64 Test

Mit dem RD-64 beschreitet Roland neue Wege. Bisher galt: Ein Stagepiano bietet Klaviersounds und eine große, gewichtete Tastatur. Punkt. Aber wer sagt denn, dass es immer 88 oder 73/76 Tasten sein müssen? Roland wagt es nun mit dem RD-64, eine reisefreundliche 64-Tasten-Version auf den Markt zu werfen – hochwertige Piano-Tastatur und geringes Gewicht inklusive.

Das Roland RD-64 setzt ganz auf Mobilität
Das Roland RD-64: Ein interessantes Stagepiano für den “gigging musician”


„Endlich“ werden manche denken, die bereits aus lauter Verzweiflung ihr Masterkeyboard zwecks Gewichts- und Platzersparnis durchgesägt haben (siehe Xaver Fischers Bericht). Bisher mussten gewichtssensible Pianisten auf das etwa dreimal so teure Nord Electro 4HP zurückgreifen. Das recht günstige RD-64 dürfte also auf einige offene Ohren stoßen. Rückbank umklappen war gestern.

Details

Die zwei entscheidenden Zahlen zuerst: 111 und 13. Ersteres die Länge in cm, letzteres das Gewicht in kg. Doch nicht nur die Maße sind ungewöhnlich. Auch die Aufteilung des Bedienpanels überrascht. Denn die Bedienelemente liegen nicht wie gewohnt oberhalb der Tastatur, sondern links davon. Das erinnert ein wenig an die Doepfer LMK-Serie und einige Analog-Recken wie Rolands SH-1000 oder den Moog Satellite. Doch das nur nebenbei. Leider verlängert sich das RD-64 durch diese Aufteilung wieder auf die Länge eines Pianos mit 73 oder 76 Tasten. Die Platzeinsparung durch die verkürzte Tastatur fällt also geringer aus als angenommen. Tatsächlich ist das Nord Electro 4 HP mit 73 Tasten sogar 4 cm kürzer. Dafür ist das RD-64 natürlich schön schmal.

Fotostrecke: 6 Bilder Das Piano bietet 64 Tasten mit Hammermechanik

Tastatur

Die Tastatur reicht vom A1 bis C7 (für die Klassiker: Kontra-A bis c””). Die Gewichtung hat einen angenehmen Widerstand und bietet am Ende des Tastenweges eine Druckpunkt-Simulation. Allerdings ist sie eher träge und federt ein wenig nach, was aber nicht stört und ein bisschen an eine Rhodes-Tastatur erinnert. Begeistert bin ich von der sogenannten „Ivory-Feel“-Oberfläche der Tasten. Sie macht wirklich einen Unterschied und führt zu einem sehr „organischen“ Spielgefühl.

Bedienoberfläche und Anschlüsse

Die Taster des Bedienfelds sind recht groß und damit gut zu erkennen. Wählt man eine Funktion aus, leuchtet der entsprechende Taster rot. Das ist übersichtlich und spart ein Display. Für die Soundauswahl gibt es neben vier Tone Select-Tastern (Acoustic Piano, E-Piano, Clavinet und Orgel) für die Klangkategorien drei Tone Variations-Knöpfe, mit denen die drei verschiedenen Sounds aus jeder „Familie“ ausgewählt werden. Mit den entsprechenden Effekttastern lassen sich drei Effekte an- und ausschalten. An Potis werden ein Volume- und zwei EQ-Regler geboten. Ansonsten besitzt das RD-64 eine Transpose-Funktion mit komfortabler LED-Anzeige, einen PitchBend/Modulations-Hebel sowie Rolands obligatorischen D-Beam Controller, der über drei Taster verschiedenen Parametern zugewiesen werden kann. Über den Function-Button und eine entsprechende Taste der Klaviatur erfolgt die Editierung von globalen Parametern, wie beispielsweise die Velocity, die fünf Abstufungen erlaubt. Hierfür findet man vorbildliche Beschriftungen oberhalb der entsprechenden Tasten. Darüber hinaus gibt es noch einen SuperNatural-Button, doch dazu später mehr.

Fotostrecke: 5 Bilder Das übersichtliche Bedienfeld des RD-64

Aufbau und Klangerzeugung

Das Roland RD-64 ist grundsätzlich in zwei Modi zu betreiben. Zum Einen läuft es im Piano-Modus, in dem die internen Sounds verfügbar sind. Zum Anderen gibt es den Controller-Modus, in dem das Piano über Tastatur, Drehregler, D-Beam und PitchBend/Modulations-Hebel (nur) externe Geräte steuern kann.
Die interne Klangerzeugung bietet jeweils in dreifacher Variation akustische Klaviere, E-Pianos, Clavinets und Hammond-Orgeln. Also insgesamt zwölf Sounds, die mit einem Reverb und zwei weiteren Effekten angereichert werden können. Einen Layer-Modus und eine Splitfunktion bietet das RD-64 leider nicht. Die verfügbaren Effekte sind auf den jeweils gewählten Sound abgestimmt. So stehen bei den E-Pianos ein Tremolo und ein Phaser-Effekt zur Verfügung, das Clavinet bietet Auto-Wah und die Orgelsounds werden passenderweise durch einen Leslie-Effekt zum Leben erweckt. Außerdem steht ein globaler 2-Band-EQ mit zwei Drehpotis bereit.

Controller-Modus

Möchte man das RD-64 als Controller für externe Soundquellen nutzen, so muss dieses bereits beim Einschalten berücksichtigt werden. Die beiden Modi sind also komplett unabhängig voneinander. Es lassen sich nicht interne Sounds spielen und gleichzeitig externe Sounds mit den Controllern steuern. Da es aber keine Möglichkeit gibt, die Tastatur zu splitten oder Sounds zu layern, ist eine Verbindung von internen und externen Sounds sowieso nicht drin. Die Bedienelemente haben im Controller-Modus bereits voreingestellte Funktionen (Program- und CC-Befehle), die aber selbstverständlich geändert werden können. So dienen die beiden Effekt-Taster zum Umschalten der Sounds einer externen Soundquelle, und die beiden EQ-Potis sind zur Steuerung von Filter-Cutoff und Resonanz voreingestellt.
Mit dem SuperNatural-Taster lässt sich das RD-64 in einen speziellen Controller-Modus zur Steuerung von Rolands hauseigenen SuperNatural-Klangerzeugern wie dem Soundmodul INTEGRA-7 und den Synthesizern Jupiter-80 und Jupiter-50 versetzen. Hier sind die verfügbaren Controller auf die besonderen Fähigkeiten dieser Instrumente abgestimmt. Der Vollständigkeit halber sei auch noch der Video-Control-Mode erwähnt, der MIDI-fähige Videogeräte ansteuern kann. 

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Praxis

In der Praxis interessieren uns natürlich vor allem die Sounds. Hier hat Roland sich auf vier Kandidaten der Kategorie „Tasteninstrument“ konzentriert. Streicher, Bell- oder Drum-Sounds sucht man also vergeblich. Stattdessen gibt es jeweils drei akustische Pianos, E-Pianos, Clavinets und Orgeln.
Das akustische Klavier kommt in den Geschmacksrichtungen „Konzert-Flügel“, „Bright Piano“ und „Mono Piano“. Vor allem der Flügel gefällt mir recht gut. Er lässt sich sehr nuanciert spielen und erfüllt absolut jegliche Anforderung an einen Bühnenpiano-Sound. Als Effekte können hier noch ein Enhancer und Dämpferresonanz-Samples dazugeschaltet werden. Wem der Sound nicht durchsetzungsfähig genug ist, kann entweder am EQ drehen oder sich für das brillantere „Bright Piano“ entscheiden.

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Grand Piano Bright Piano

Die Kategorie „E-Pianos“ umfasst eine eher mittige und eine glockige Rhodes-Variante sowie ein Wurlitzer. Den ganz hohen Standard, etwa im Vergleich zu Nord, erreichen diese Sounds meiner Ansicht nach nicht. Vor allem der glockige Sound gefällt mir aber ebenfalls gut. Allerdings sind die dazugehörigen Effekte etwas uneindeutig. Die Übergänge von Tremolo, Chorus und Phaser sind überraschend fließend. 

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Rhodes 1 Tremolo Rhodes 2 Phaser

Die Clavinet-Sounds bieten drei Pickup-Varianten, die alle, auch in Verbindung mit den Effekten, sehr ordentlich klingen. Auch die drei Hammond-Orgel-Sounds gehen qualitativ in Ordnung. Allerdings fehlt mir persönlich eine eher soulige Drawbar-Variante. 

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Clavinet Organ

Insgesamt merkt man spätestens bei den Orgel-Sounds, dass man durch die fehlenden Editiermöglichkeiten doch etwas eingeschränkt ist. Man muss mit den Presetsounds ebenso leben wie mit den Effekten. Die Zugriegel und die Percussion der Orgel, die Effekttiefe des Halls, die Geschwindigkeit des Tremolo-Effekts – man hat beim RD-64 keinerlei Einflussmöglichkeiten auf den Sound. Hier wird klar, was die (wesentlich teureren) Konkurrenten Nord Electro oder Korg SV-1 so unwiderstehlich macht.
Die Controller-Fähigkeiten des Stagepianos erschöpfen sich mit dem Pitch/Mod-Hebel, den beiden EQ-Drehpotis und dem D-Beam Controller. Das ist nicht gerade luxuriös. Ebenfalls bedauerlich ist die fehlende Möglichkeit, die Tastatur zu splitten. Man ist hier auf die Fähigkeiten seines externen Klangerzeugers angewiesen. An dieser Stelle ist allerdings lobend darauf hinzuweisen, dass mittels Camera Connection Kit auch Sounds aus dem iPad angesteuert werden können. Das ist dann die ultra-mobile Synthie/Stagepiano Lösung. 

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Fazit

Das Roland RD-64 ist ein sehr interessantes Stagepiano für den „gigging musician“. Eine kurze und wirklich hochwertige Tastatur, knappe 13 kg, unter 900 Euro – diese Infos allein dürften vielen bereits als Kaufargument reichen. Genauer hingeschaut entdecken wir eine eingeschränkte, aber gute Soundauswahl aus Klavier, E-Pianos und Orgeln. Einzige Wermutstropfen sind die fehlenden Editiermöglichkeiten von Sounds und Effekten sowie das Fehlen von Split- und Layer-Funktionen. Wer hauptsächlich einen ultra-mobilen Klavierersatz sucht und nicht zu den wesentlich teureren Komfortvarianten Nord Electro 4HP oder Korg SV-1 greifen möchte, kann beim Roland RD-64 jedoch bedenkenlos zuschlagen. 

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • geringes Gewicht und Größe
  • gute Tastatur
  • guter Klaviersound
Contra
  • Sounds und Effekte nicht editierbar
  • keine Split- und Layer-Funktion
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Roland RD-64 Test
Für 699,00€ bei
Das Roland RD-64: Ein interessantes Stagepiano für den "gigging musician"
Das Roland RD-64: Ein interessantes Stagepiano für den “gigging musician”
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