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Tutorial: Online Recording – Remote Collaboration in der Praxis

Gemeinsam online Musik machen, das bedeutet: Live über das Internet jammen. Andere Begriffe in diesem Zusammenhang sind „Online Music Collaboration, „Remote-Recording“ oder auch„kollaborative Musikproduktion“. Gerade in der Corona-Zeit wurde das für viele Musizierende zum Thema. Wir klären auf!

Tutorial: Online Recording – Remote Collaboration in der Praxis
Jam-session und Recording über Online-Musikplattformen (Bildquelle: sessionwire.com)

Inzwischen gibt es zahlreiche Online-Musikplattformen, die das Musikmachen aus der Ferne sogar noch beflügeln können. Bekannte Online-Musikplattformen wären da Audiotool, Soundtrap, Jamulus, Jammr, SoundJack, Audiomovers, Jamkazam, Steinberg VST Connect. Alle haben ihren eigenen Fokus und jeweils andere Möglichkeiten (und Schwierigkeiten). Gute Erfahrungen habe ich in verschiedenen Projekten mit Sonobus und Sessionwire gemacht, die ich hier gerne einmal vorstellen möchte.

Inhalte
  1. Online Recording und Musik machen: Zwei Ansätze 
  2. Software #1: Jam-Session online mit Jamkazam
  3. Software #2: Remote-Recording mit Steinberg VST Connect
  4. Software #3: Online-Musik simpel und gut mit Sonobus
  5. Software #4: Die Online-Musikplattform Sessionwire
  6. Welches Equipment brauch ich für die Online-Session?
  7. Hardware-Lösung #1: Das Mini-Setup
  8. Hardware-Lösung #2: Homerecording-Setup
  9. Hardware-Lösung #3: Multichannel-Setup
  10. Weitere Praxistipps für Online Recording & Remote Collaboration

Jam-Session online im Videochat mit Skye und Zoom ?

Skype und Co. sind einfach unschlagbar, was die Verbreitung und Verfügbarkeit angeht. Trotzdem gibt es starke Einschränkungen in der Audioqualität. Zu empfehlen ist hier Zoom, da es a) immerhin die Audio-Übertragung in Stereo erlaubt und b) sich die automatische Geräuschunterdrückung justieren lässt.

Dennoch gilt für Zoom das Gleiche wie für alle Videochat-Tools: Sie sind definitiv nicht für das Online-Musikmachen erfunden worden. Da werden nämlich deutlich höhere Anforderungen an die Audioqualität gestellt.

Online Recording und Musik machen: Zwei Ansätze 

Online Music Collaboration gibt es schon eine ganze Weile. Ganz früh dabei: Steinberg mit der Rocket-Technologie – Tonstudios haben sie bereits über ISDN-Fernübertragungen (MusicTaxi), z.B. für Sprachaufnahmen, genutzt. Wenn heute über Online Music Collaboration gesprochen wird, dann sind dabei grundsätzlich zwei verschiedene Ansätze gemeint.

  1. Cloud-basiert: Die vernetzte Musikproduktion: Es geht allgemein um den Austausch von zentral verfügbaren Audio/MIDI-Daten und DAW-Projekten über Filesharing-Dienste.
  2. In Echtzeit: Die unmittelbare bi-direktionale Interaktion über das Internet, ganz ähnlich wie es mit Videochat gemacht wird, nur eben bei guter Audioqualität.

Über die Online Collaboration Tools der Kategorie 1 haben wir auf Bonedo bereits einen ausführlichen Artikel von Carsten Kaiser.

Bi-direktionale Online-Interaktion – was ist das?

Diese Art der Online-Kommunikation hat mich das letzte Jahr hindurch beschäftigt und die Lösungsansätze sind tatsächlich aus den pandemiebedingten Einschränkungen gewachsen. Drei recht unterschiedliche Anwendungen stehen dabei im Mittelpunkt.

  • Klavierunterricht: Musikschulen und Klavierlehrende erlebten schon während des ersten Lockdowns ein Desaster: Wie soll man nun weiterhin Face-to-Face-Unterricht geben? Viele haben dabei auf Videochat-Dienste wie Skype, Zoom, Whatsapp etc. gesetzt. Wie schon angemerkt, sind diese Tools eigentlich nicht zum Musikmachen gemacht. Wie man sich damit trotzdem ein wenig behelfen kann, darüber habe ich auf PIANOO.de einen kleinen Artikel mit praktischen Tipps und einfachen (günstigen) Lösungen verfasst: Online-Klavierunterricht geben mit Skype & Co.
  • Audio/Video-Produktion: Um weiterhin Content für den YouTube-Kanal von PIANOO.de zu produzieren, brauchten wir eine Möglichkeit, um parallel per Video und Audio zu kommunizieren. Weil wir nämlich nicht nur über Digitalpianos und Piano-VST sprechen, sondern bei unserer Form der Online-Kommunikation auch spielen, musste eine gute Audioqualität her. Über eine bi-direktionale Verbindung konnten wir uns die Sounds dann auch gegenseitig vorspielen und sogar zusammen spielen.
  • Musikprojekte: Ein gemeinschaftliches Elektronikprojekt mit Elektrosapiens Joker Nies wäre tatsächlich ganz zum Erliegen gekommen, hätten wir nicht die geeigneten Online-Musikplattformen gefunden. Unser Material entsteht durch Live-Jams, während denen spontan ganz unterschiedliches Equipment zum Einsatz kommen kann. Im Prinzip ist da alles erlaubt, was Sound macht: Hardware-Synthis, Software-Synthesizer, DAW, Modularsysteme.

Weitere technische Anforderungen beim Online Recording

Schon bei den drei oben genannten Anwendungen wird klar, dass die Anforderungen unterschiedlicher nicht sein können. Klavierspielen über Skype ist echt kein Spaß. Und auch bei der Übertragung fetter Bass-Drones sind den Mikrofonen von Smartphones gewisse Grenzen gesetzt. Tatsächlich haben wir aber genauso erst mal losgelegt – und haben das ganze Schritt für Schritt ergänzt, erweitert, optimiert, verworfen usw. Immer wieder haben wir vielversprechende Online-Musikplattformen und Kombinationen mit Videochat getestet. Nicht alle Tools waren gut oder brachten die erforderliche Funktionalität mit.

Halten wir also fest, welche technischen Anforderungen es gibt. Daraus lassen sich auch gleich Schwierigkeiten und Lösungen ableiten.

  • Unverfälschte Audioübertragung: Wenn man gemeinsam über das Internet spielen will, ist die Videochat-Übertragung (Sprache und Bild) zunächst zweitrangig. Die üblichen Videochat-Tools produzieren Ducking-Effekte und merkwürdige Klangänderungen wegen der automatischen Audio-Optimierung. 
  • Schnelle Audioübertragung: Völlig klar – musikalische Interaktion funktioniert nur, wenn die Übertragung der Daten ohne große Verzögerung vonstattengeht. Man muss in dieser Hinsicht aber kompromissbereit sein: Ganz ohne Latenz läuft das leider alles nicht. In einem bestimmten Rahmen funktioniert es aber durchaus!
  • DAW: Es hängt sehr von der Komplexität des eigenen Musik-Setups ab, generell kann man mit oder ohne DAW online Musik machen. Ansonsten ist es von Vorteil, wenn Music Collaboration Tools DAW-unabhängig funktionieren. Es soll ja schließlich vorkommen, dass nicht alle mit der gleichen DAW arbeiten. Bei unseren Projekten (s. o.) nutzt jeder seine gewohnte Umgebung, darunter Steinberg Cubase, Apple Logic Pro und Bitwig Studio.
  • Videoübertragung: Die Bildqualität würde ich erst mal nicht in den Vordergrund stellen. Es kommt natürlich trotzdem ganz darauf an: Kommuniziert man mit einer Person, die man zum ersten Mal für eine Session trifft? Oder möchte man auch mal die Computer-Screens austauschen? Dann ist eine gute Bildqualität schon hilfreich.
  • Routing/Monitoring: Das ist abhängig vom jeweiligen Setup. Möchte man einfach nur zwei bis drei Signale (Key/Git/Mic) übertragen, ist das schnell gemacht (siehe Mini-Setup). Bei einigen unserer Anwendungen kommen allerdings Software-Instrumente und -Effekte sowie externe Hardware zum Einsatz. Die DAW ist hier das beste Tool, um die erforderlichen Routings zu managen.
  • Recording: Es geht nicht nur darum, sich selbst und seine:n Session-Partner:in beim gemeinsamen Spielen gut zu hören. Ziel des Ganzen ist natürlich auch die Aufnahme des Materials. Da man grundsätzlich ohne Synchronisation (Wordclock oder MIDI) arbeitet, muss man auch hier kompromissbereit sein. Zu berücksichtigen ist dabei immer, dass die Audiokommunikation immer mit einer Datenkompression (ähnlich MP3) arbeitet. In vielen Fällen ist das völlig okay, aber für hochauflösendes Audio gibt es Lösungen!
  • Schnelle Internetleitung: Völlig klar – mit einem Internetzugang, der schon für das Filmeschauen kaum ausreicht, wird man bei der bi-direktionalen Online-Kommunikation per Audio und Video kaum weiterkommen. Mit 50 MBit/s lässt es sich arbeiten – je schneller, desto besser.
  • LAN-Verbindung: Alle Online-Musikplattformen empfehlen ausdrücklich, keine Drahtlos-Internetverbindung zu nutzen. Eine WLAN-Verbindung erzeugt zu viel Latenz. Mit einer kabelgebundenen LAN-Verbindung ist die Datenübertragung deutlich besser.
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Check-1-2: Kannst du mich hören?

Kommen wir nun zu den Online-Musikplattformen bzw. den Softwarelösungen, die „musiktaugliche“ Kommunikation erlauben. Bis zu den beiden Software-Tools, die ich hier empfehle, gab es eine gewisse Durststrecke zu durchlaufen. Die ersten Gehversuche waren nicht schön. Und dieses „kannst du mich hören?“ gefolgt von – frickel-frickel – „kannst du mich jetzt hören?“ ist in der Online-Session doppelt nervig – deshalb dazu später weitere Praxis-Tipps.

Software #1: Jam-Session online mit Jamkazam

Das erste Tool, das wir uns für Online Recording angeschaut haben, war Jamkazam. Während des ersten Lockdowns hörte man immer wieder davon, und es gibt zahlreiche Videos, die Bands zeigen, die über das Internet zusammengeschaltet eine Jam-Session spielen. 

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Bei unseren Versuchen war Jamkazam die totale Niete – selbst Versuche mit bezahlten Accounts scheiterten. Die Audioverbindung aufzubauen dauerte unheimlich lange, wenn sie denn überhaupt zustande kam. In den FAQs und Foren kommt man dann zur Erkenntnis, dass die Einstellungen des Internet-Routers (UDP) und der Software etwas tricky sind. Wer sich mit so etwas auskennt – bitte. Meine Welt ist das nicht.

Software #2: Remote-Recording mit Steinberg VST Connect

Der nächste Versuch war Steinberg VST-Connect. Ein cleveres Tool, das im Gegensatz zu Jamkazam sofort funktionierte. Leider aber ist VST Connect auf eine spezielle Anwendung fokussiert: Producer mit Steinberg Cubase nimmt einen Performer auf. Letzterer braucht auf seinem Audiorechner nur die (kostenlose) Software VST Connect Performer zu installieren.

Online Recording mit Steinberg VST Connect
Für Aufnahmesessions über das Internet eine professionelle Lösung: Steinberg VST Connect (Bildquelle: Steinberg)

Und das funktioniert dann so: Producer spielt die Produktion ab, Performer performt, Producer nimmt auf. „Remote Recording“ nennt sich der Spaß und funktioniert mit VST Connect wirklich komfortabel. Allerdings hat das Ganze zwei Limits: Es funktioniert nur mit Steinberg Cubase und ermöglicht eine klassische Recording-Situation über das Internet. Es ist etwa so, als hätte man einen Vocalisten vor der Studioscheibe. Nur, dass man sich per Video sieht. Außerdem super: VST Connect überträgt Audio und MIDI. Aber miteinander Jammen? Das geht leider nicht bzw. nur über das Talkback in Mono.

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Software #3: Online-Musik simpel und gut mit Sonobus

Diese Software funktionierte bei unseren Tests auf Anhieb und wir können damit stundenlang Proben und Live-Jams spielen. Sonobus ist schnell installiert und konfiguriert, läuft stabil und das Beste: Es ist kostenlos. Ein Account oder dergleichen ist nicht erforderlich.

Jam Session in der DAW
Macht Jam-Sessions online einfach und ist sogar kostenlos: Sonobus läuft stand-alone, als Plug-in und als App (iOS/Android).

Sonobus bietet dabei eine hohe Fexibilität, denn es funktioniert auf MacOS, Windows, Linux, iOS und Android. Sonobus kann ganz einfach als Stand-alone-Applikation genutzt werden und läuft als Plugin in jeder DAW. Es arbeitet insofern plattformübergreifend und ist dabei sogar Multi-User-fähig. 

Die einfachste Anwendung: Man klemmt das Plugin in den Master-Bus und setzt eine Session mit einem frei gewählten Namen auf. Alle, die den Namen der Session kennen, können sich dann entweder über die Stand-alone-Version, die Mobil-App oder die DAW via Plugin mit der Session verbinden – man gibt einfach den Namen ein und klickt auf „Connect“.

Anschließend zeigt sich Sonobus äußerst funktional, was die Arbeit mit Multitracks, die Einstellungen des Monitormixes oder die Anfertigung von Aufnahmen angeht. Das ist ganz praktisch, wenn man schnell und spontan eine Performance mitschneiden möchte. Das funktioniert auch unabhängig von der DAW, denn Sonobus kann die Aufnahmen in hoher Auflösung lokal in einem eigenen Ordner speichern – wichtig für alle, die das Thema DAW aus ihren Live-Jams heraushalten wollen.

Sehr praktisch: Man kann auswählen, ob das Ganze als Gesamtmix, lediglich die eigene Performance bzw. die Performance der anderen Teilnehmer:innen oder alle Signale separat gespeichert werden sollen. So kann man die Aufnahmen später via Filesharing zusammenführen, um daraus einen Track zu produzieren.

Zwischen-Fazit: Audio only, einfach gut und kostenlos

Sonobus funktioniert für Online Recording super und ist perfekt für alle, die eine möglichst einfache und flexible „Audio-only“-Lösung suchen (ohne Video). Die Audioqualität ist trotz Datenreduktion bestens. Bei den Produktionen für PIANOO.de setzen wir Sonobus ein, während die visuelle Kommunikation parallel über Skype läuft.

Software #4: Die Online-Musikplattform Sessionwire

Sessionwire hat verglichen mit Sonobus ganz klar den professionelleren Ansatz und präsentiert sich überdies als Social-Plattform, die weltweit Producer:innen und Musiker:innen connectet. Sessionwire vereint Video, HiRez-Screensharing, Filesharing, Talkback plus HighQuality-Audiostream in einer Applikation.

Online Recording mit Sessionwire
Umfangreiches Online Music Collaboration Tool und Musiker-Community: Sessionwire (Bildquelle: Sessionwire)

Wie funktioniert Sessionwire?

Sessionwire wird über einen Account gesteuert, der kostenlos eingerichtet werden kann. Hier entscheidet man, ob man die funktional eingeschränkte Free-Version oder eine der angebotenen Abo-Versionen nutzen möchte. Auf seinem Rechner installiert man eine Stand-alone-App (MacOS, Windows) und eine Plugin-Suite. Die Plugins lassen sich gezielt in die DAW-Kanäle bzw. Mix-Busse integrieren. Die Kommunikation wird über die Sessionwire-App hergestellt, die parallel zur DAW läuft. In der Sessionwire-App sind die Video-Screens zu sehen, ebenso findet man hier die Grundeinstellungen für Video, Audio, Screensharing, Filesharing.

Online Recording App und Plugin
Sessionwire App und Plug-ins (Bildquelle: Sessionwire)

DAW-unabhängiges Arbeiten mit Sessionwire

Da die Audiostreams über Plugins laufen, arbeitet Sessionwire DAW-unabhängig. Allerdings fällt das Routing über Audiokanäle und Mix-Busse in jeder DAW ein wenig anders aus. Ich selber nutze z. B. Bitwig Studio, wo sich die Integration über Group-Channels sehr einfach und übersichtlich gestaltet. 

Sessionwire stellt Template-Projekte für die verschiedensten DAWs bereit. Dennoch kann ich nur empfehlen, sich in das Routing hineinzudenken, damit man weiß, was man tut. Insbesondere gilt das für umfangreichere Setups mit Soft- und Hardware.

Online Recording Invite Sessionwire
Multiclient-Sessions: Weitere Teilnehmer einfach per Session-Link einladen. (Bildquelle: Sessionwire)

Das Audio-Routing in Sessionwire

Sessionwire ermöglicht hier maximale Flexibilität. Daher ist das Thema auch nicht ganz trivial, sobald man umfangreiche Setups fährt. Die Funktionsweise ist generell aber simpel. Sessionwire unterscheidet für jede Richtung zwischen zwei getrennten „Signalleitungen“: 1. Talkback (Sprachkommunikation, mono) und 2. HQ Audio (Musikübertragung, stereo).

Insgesamt leisten also vier Plugins die Kommunikation: Talkback Send, Talkback Receive sowie HQ Audio Send und HQ Audio Receive. Praktikabel ist es, für das Send-Plugin einen Mix-Bus zu erzeugen. Diesen Submix leitet man an seinen Mastermix und über das Internet auf die andere Seite der Online-Session. Für das empfangene Signal reicht es, wenn man das Receive-Plugin in einen Stereo-Audio-Kanal setzt, der an den Mastermix überträgt. 

Ganz ähnlich geht man mit dem Talkback-Mikro um. Ganz clever: Sofern man sein Talkback-Mikro auf dem Default-Kanal belässt, kann man den Kanal in der DAW muten. Die Sessionwire App leitet das Talkback-Mikro nun am gesamten Mix vorbei. Der Vorteil: Es stört die Aufnahme nicht und man hat vor den laut aufgedrehten Monitorboxen sitzend absolut kein Feedback – genial! Man kann das Ganze aber auch frei konfigurieren, um Talkback- und Musiksignale als separate Audiospuren aufzunehmen – Stichwort: Podcast-Produktion.

Was kostet Sessionwire?

Man kann mit Sessionwire kostenlos beginnen, um sich mit der Funktionsweise vertraut zu machen. Account und Nutzung der Free-Version sind kostenlos, außerdem hat man mit dem Account bereits Zugriff auf die Sessionwire Community. 

Möchte man Sessionwire voll umfänglich nutzen, werden verschiedene Tarife angeboten, die man flexibel nach Bedarf nutzen kann. Als Monats-Abo kostet Sessionwire 15 US-Dollar. Das Abo ist jederzeit kündbar, wer das Jahr im Voraus zahlt, bekommt zwei Monate gratis. Daneben kann auch ein dreitägiger Sessionpass für sieben US-Dollar gebucht werden. 

Sehr cool ist, dass für das kollaborative Musizieren nur ein einzelner bezahlter Account notwendig ist. Wer die Session startet, überträgt das volle Feature-Set auf seine Session-Partner (auch wenn die selbst einen Free-Account nutzen).

Sessionwire in der Praxis

Was geht hier nicht? – Das Arbeiten mit online synchronisierten Systemen per Wordclock oder MIDI-Clock. Auch die Konfiguration der DAW ist unter Umständen nicht ganz einfach. Aber die Einarbeitung lohnt sich, denn mit Sessionwire kann man Online Recording oder Jam-Session komfortabel online durchziehen.

Dank des Talkback-Tricks in der Sessionwire App kann man über die Monitorboxen abhören, ohne Rückkopplungen zu befürchten. Da das Audio zwar datenkomprimiert, aber ansonsten unbearbeitet ist, gibt es auch kein automatisches Echo-Filter. Die besten Resultate erzielt man, indem man auf beiden Seiten einen Kopfhörer als Monitor nutzt (oder beim Spielen das Talkback-Mikro ausschaltet).

Die Online-Kommunikation basiert auf einer P2P-Verbindung (Peer-to-Peer). Das hat den Vorteil, dass möglichst kurze Server-Verbindungen genutzt werden – im Unterschied zu Skype, Zoom und Co. Die Qualität der Verbindung hängt allerdings auch von der jeweils im Netz verfügbaren Bandbreite ab. Selbst die schnellste Leitung bringt einem wenig, wenn auf einem Knotenpunkt gerade viel los ist –  z.B. am frühen Abend, wenn alle im Netz sind und ihre Streaming-Dienste nutzen. Wenn das Netz also etwas hakt, muss man etwas geduldig sein. Dann heißt es: Erneut einwählen oder später nochmal probieren. 

Thema Latenz: Das ist hier schon etwas gewöhnungsbedürftig. Hat man aber erst mal eine schnelle Internetverbindung erwischt, kann man wirklich gut mit Sessionwire arbeiten. Die Return-Latenz ist dann bei 20 bis 30 Millisekunden.

Die Qualität des Videosignals ist absolut ausreichend, als viel wichtiger für unsere Arbeit hat sich das HiRez Screensharing herausgestellt. Das ist beim Austausch über komplexere Modular-Patches, Software-Details, Routings oder Synth- oder DAW-Settings sehr hilfreich. Man kann zwischen den jeweils aktiven Fenstern auswählen. Und für die Face-to-Face-Kommunikation kann man das Videofenster als Float Window nutzen. Als Video-Input unterstützt Sessionwire auch Zuspieler wie EpocCam, Canon EOS Webcam-Utility oder OBS Studio.

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Online jammen und recorden: Optimal ist das, wenn man parallel zur eigenen Performance den Receive-Kanal seiner Sessionpartner:innen aufnimmt. So hat man die gesamte Performance inklusive aller einzelnen MIDI- und Audiospuren. Später kann man dann die jeweils lokal aufgezeichneten Spuren via Filesharing zusammenfügen. Das funktioniert ganz einfach per Drag-and-drop.

Zwischen-Fazit: Kostenpflichtig, aber professionell

Als Online Recording und Collaboration Tool ist Sessionwire eine tolle Lösung, um Live-Sessions zu spielen und die Performance aufzunehmen. Sessionwire kann aber noch viel mehr und ermöglicht mit Multiclient-Sessions gänzlich vernetzte Rehearsal-Situationen in der Musikproduktion. Die Audioqualität ist absolut zufriedenstellend und man kann bei relativ kurzer Latenz arbeiten. Beim Live-Jam realisiert man nach einer Weile schon gar nicht mehr, dass zwischen einem das ganze Internet ist. 

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Welches Equipment brauch ich für die Online-Session?

Auf der Software-Seite haben wir schon eine ganze Bandbreite zwischen umsonst und kostenpflichtig gesehen. Aber wie viel Equipment braucht man, um Online Recording- und Jam-Sessions zu machen? Die Antwort ist auch hier nicht ganz einfach, denn die Anforderungen können recht unterschiedlich sein. Daher im Folgenden ein Basic-Setup und Tipps für Hardwarelösungen, die sich als hilfreich herausgestellt haben.

Basic-Setup für Online Recording & Remote Collaboration

Dinge wie einen schnellen Internetzugang und eine kabelgebundene LAN-Verbindung hatten wir eingangs schon gesehen – hier geht’s nun aber um die Hardware, die man in seinem Homestudio, Musikzimmer, Probe- oder Unterrichtsraum braucht.

Audio-Interface: Das ist ein Must-have, denn die Signale müssen in guter Qualität und geringer Latenz mit dem Rechner ausgetauscht werden. Minimum ist ein kleines Audio-Interface – Kostenpunkt ca. 150 bis 300 Euro. Wer in seiner DAW hauptsächlich mit Software-Instrumenten arbeitet, braucht eigentlich nur Anschlüsse für einen Kopfhörer und ein Mikrofon. Wenn zusätzlich noch ein weiteres Mono-Instrumentensignal von E-Gitarre oder Mono-Synthi aufgenommen werden kann, prima. Ein kleines Interface wie z.B. das Scarlett 2i2 3rd Gen ist schon ausreichend. Noch besser ist natürlich das größere Modell Scarlett 4i4 3rd Gen mit 2 x Mic (+48V), 2 x Line-In und 4 x Line-Out.

DAW: Zunächst geht’s auch ganz ohne DAW, z. B. mit einfachen Setups: auf der einen Seite Gitarre, auf der anderen Vocals. Man schließt die Instrumente oder die Mischpultausgänge ans Audio-Interface an und ist startklar für den Online-Jam. Sonobus und auch Sessionwire erlauben solche Konfigurationen über die Stand-alone-App. Komplexere Setups erfordern komplexere Routings für Send- und Receive-Signale sowie für das Monitoring. Dann arbeitet man am besten mit den Plugins der Collaboration-Tools.

Monitor: Empfehlenswert ist ein guter Kopfhörer. Das ist nicht nur viel günstiger, sondern bei Online-Jams deutlich weniger störungsanfällig als Studiomonitore. Beim gegenseitigen Hören über Studiomonitore lässt sich ein Echo auf dem Signalrückweg nicht vermeiden. Optimal ist ein offener Studiokopfhörer mit gutem Tragekomfort oder gute In-Ear-Monitore.

Talkback-Mikrofon: Da es nur zur Sprachübertragung gebraucht wird, muss es sich hier nicht um ein supergutes Studiomikrofon handeln. Die einfachste Möglichkeit ist ein dynamisches Mikrofon wie z. B. das Shure SM57 plus Tischstativ, vorausgesetzt, man arbeitet an seinem DAW-Platz. Wer eine gewisse Beweglichkeit im Musikraum braucht, kann auch ein Headset-Mikro oder ein Lavalier einsetzen. Da es nur für Talkback ist, muss man hier nicht viel Geld investieren.

Weitere Empfehlungen: the t.bone CC 100 EW Phantomadapter und Shure SE215-CL.

Hardware-Lösung #1: Das Mini-Setup

Online Streaming to go: IK Multimedia iRig Stream oder besser die neue PRO-Version. Hier kann man externe Audio-Geräte (stereo) per Cinch anschließen, ebenso ein Mikro über XLR sowie Kopfhörer (Miniklinke) ein Headset über TRRS. Es gibt einen Loopback-Schalter, um Musiksoftware in den Stream zu integrieren.

Überhaupt ist das IK Multimedia iRig Stream PRO eine absolut sinnvolle Investition für alle, die auf höchste Mobilität setzen. Man kann damit z.B. auch per Smartphone einen Live-Stream (YouTube, Twitch etc.) machen und bekommt über das Interface eine gute Audioqualität in den Stream. 

Es gibt gewiss viele Interfaces und Audio-Equipment-Konstellationen, die das alles auch ermöglichen. Aber beim iRig Stream PRO hat man die ganze Funktionalität in der Jackentasche: Man kann über die Smartphone-Kamera die Performance filmen, während Mikrofon, Headset und ein Stagepiano angeschlossen sind. Ebenso kann man eine Piano-App (z.B. e-Instruments Pure Piano) spielen und über Loopback in den Stream schalten. Mobiler geht’s wohl nicht. 

Dieses Mini-Setup nutze ich für den Online-Klavierunterricht über Skype oder Zoom: iRig Stream, TRRS-Headset, Modartt Pianoteq als Standalone via Loopback. 

Hardware-Lösung #2: Homerecording-Setup

Wer vorwiegend mit DAW und Software-Instrumenten arbeitet, braucht nicht viel Technik. Höchstens ein kleines Audio-Interface-Minimum: zweimal In, zweimal Out – das reicht völlig aus. Es sollte einen Volume-Regler besitzen, damit man die Lautstärke in Monitoren bzw. Kopfhörern komfortabel einstellen kann. Mindestens ein Mikrofon-Input mit Phantomspeisung sollte vorhanden sein.

Hardware-Lösung #3: Multichannel-Setup

Dieses Setup-Modell verwende ich bei allen Online-Recordings für PIANOO.de und auch im Elektronikprojekt bei Jam-Sessions. Gute Erfahrungen habe ich mit dem Focusrite Scarlett 18i20 3rd Gen. gemacht, ebenso mit dem Focusrite Clarett+ 8pre, dessen Preamps noch besser sind. Als Adat-Option für acht weitere Audio-Inputs ist noch ein Behringer ADA8200 Utragain im Spiel. 

Dieses Setup bietet die Möglichkeit, auch externe Instrumente zu integrieren. Außerdem praktisch für alle, die sich selber latenzfreies Monitoring wünschen: Die Routing-Software „Focusrite Control“ ermöglicht Monitor-Routings außerhalb der DAW. Für Aufnahmen bzw. Übertragungen von Sprache kommen entweder ein Lavalier von Rode oder das Budget-Headset-Mic (s.o.) zum Einsatz. Als In-Ear-Monitor macht der Shure SE215-CL einen echt guten Job.

Weitere Praxistipps für Online Recording & Remote Collaboration

Wer seine erste Online Recording Sessions macht, wird sich vielleicht wundern, dass nicht gerade wenig technische Hantiererei gefragt ist. Aber es ist machbar. Und gleich beim ersten Soundcheck kann man feststellen, dass sich alles doch ein wenig fremd anfühlt. Hier noch ein paar Tipps, mit denen es besser klappen sollte.

First Step eigener Check: Bevor man sich zur Online-Session zusammenschaltet, sollte man sicherstellen, dass das eigene Setup gut funktioniert. Stimmen die Gains, die Lautstärken der Instrumente, stehen alle Verbindungen im eigenen Studio-Setup? Kommen die Signale in den Send-Plugins bzw. Applikationen an? Funktioniert die Kontrolle der Master-Lautstärke (Monitor)? Funktioniert die Video/Facetime-Kamera?

DAW-Templates: Je nach Umfang einer Session können die Konfigurationen auch komplexer werden. Empfehlenswert ist es, solche Konfigurationen als DAW-Template oder Init-Song/Projekt zu speichern.

Kopfhörer-Monitoring: Wer noch keine Erfahrung mit Online-Recording-Sessions gemacht hat, sollte als Monitor unbedingt Kopfhörer nutzen. Das gilt für alle Teilnehmer:innen gleichzeitig. Echos im Monitor, die über das Internet zurückkommen, können einen an den Rand der Verzweiflung bringen. Vor allem aber können sie ein Hinweis auf fehlerhaftes Routing sein, und zwar auch dann, wenn man „eigentlich“ genau weiß, was man tut.

Monitoring in 3D: Wenn man schon Kopfhörer nutzt, warum dann nicht gleich einen 3D-Audio-Spatializer, der virtuelle Räumlichkeit zwischen Sender und Empfänger herstellt. Mit dem genialen Plugin „DearVR Ambeo Orbit“ geht das sogar ganz umsonst. Den eigenen Stereomix ziehe ich ein wenig nach vorne rechts, mein Gegenüber zieht seinen Mix etwas nach links. Tolle Sache, aber es erfordert ein aufwendigeres Routing – siehe Sessionwire.

Rechenleistung: Auf dem Rechner sollte man nicht mehr Programme laufen lassen als nötig. Die DAW plus Sessionwire z.B. packen bei der Prozessorleistung schon gut zu. Das gilt besonders dann, wenn man sehr kurze Systemlatenzen anstrebt. Wer viele Software-Instrumente nutzt, wird bei kurzen Latenzen unter Umständen den Rechner schnell an seine Grenzen bringen – insbesondere dann, wenn noch weitere Tools wie etwa OBS im Hintergrund laufen. Hier muss man Kompromisse machen.

Monitoring: Hier spielt das Thema Latenz nochmal eine Rolle. Wer sich selber latenzfrei beim Spielen hören möchte, braucht eine Routing-Matrix – gute Audio-Interfaces (z. B. RMI, Focusrite oder Universal Audio) bringen so etwas mit. Ganz klar macht ein zusätzliches Monitor-Routing das Ganze aber noch komplizierter – nichts für Recording-Anfänger:innen.

Kommunikation: Wer das erste Mal mit einer Online Recording und Jam Session startet, sollte auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass alles erst mal nicht wie erwartet funktioniert. Ich rate daher erst einmal dazu, während die Verbindung über eine der Online-Musikplattformen hergestellt wird, parallel ein vertrautes Kommunikationsmittel (z. B. Telefon, Facetime usw.) zu nutzen.

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