Tutorial: Online Recording – Remote Collaboration in der Praxis

Welches Equipment brauch ich für die Online-Session?

Auf der Software-Seite haben wir schon eine ganze Bandbreite zwischen umsonst und kostenpflichtig gesehen. Aber wie viel Equipment braucht man, um Online Recording- und Jam-Sessions zu machen? Die Antwort ist auch hier nicht ganz einfach, denn die Anforderungen können recht unterschiedlich sein. Daher im Folgenden ein Basic-Setup und Tipps für Hardwarelösungen, die sich als hilfreich herausgestellt haben.

Basic-Setup für Online Recording & Remote Collaboration

Dinge wie einen schnellen Internetzugang und eine kabelgebundene LAN-Verbindung hatten wir eingangs schon gesehen – hier geht’s nun aber um die Hardware, die man in seinem Homestudio, Musikzimmer, Probe- oder Unterrichtsraum braucht.

Audio-Interface: Das ist ein Must-have, denn die Signale müssen in guter Qualität und geringer Latenz mit dem Rechner ausgetauscht werden. Minimum ist ein kleines Audio-Interface – Kostenpunkt ca. 150 bis 300 Euro. Wer in seiner DAW hauptsächlich mit Software-Instrumenten arbeitet, braucht eigentlich nur Anschlüsse für einen Kopfhörer und ein Mikrofon. Wenn zusätzlich noch ein weiteres Mono-Instrumentensignal von E-Gitarre oder Mono-Synthi aufgenommen werden kann, prima. Ein kleines Interface wie z.B. das Scarlett 2i2 3rd Gen ist schon ausreichend. Noch besser ist natürlich das größere Modell Scarlett 4i4 3rd Gen mit 2 x Mic (+48V), 2 x Line-In und 4 x Line-Out.

DAW: Zunächst geht’s auch ganz ohne DAW, z. B. mit einfachen Setups: auf der einen Seite Gitarre, auf der anderen Vocals. Man schließt die Instrumente oder die Mischpultausgänge ans Audio-Interface an und ist startklar für den Online-Jam. Sonobus und auch Sessionwire erlauben solche Konfigurationen über die Stand-alone-App. Komplexere Setups erfordern komplexere Routings für Send- und Receive-Signale sowie für das Monitoring. Dann arbeitet man am besten mit den Plugins der Collaboration-Tools.

Monitor: Empfehlenswert ist ein guter Kopfhörer. Das ist nicht nur viel günstiger, sondern bei Online-Jams deutlich weniger störungsanfällig als Studiomonitore. Beim gegenseitigen Hören über Studiomonitore lässt sich ein Echo auf dem Signalrückweg nicht vermeiden. Optimal ist ein offener Studiokopfhörer mit gutem Tragekomfort oder gute In-Ear-Monitore.

Talkback-Mikrofon: Da es nur zur Sprachübertragung gebraucht wird, muss es sich hier nicht um ein supergutes Studiomikrofon handeln. Die einfachste Möglichkeit ist ein dynamisches Mikrofon wie z. B. das Shure SM57 plus Tischstativ, vorausgesetzt, man arbeitet an seinem DAW-Platz. Wer eine gewisse Beweglichkeit im Musikraum braucht, kann auch ein Headset-Mikro oder ein Lavalier einsetzen. Da es nur für Talkback ist, muss man hier nicht viel Geld investieren.

Weitere Empfehlungen: the t.bone CC 100 EW Phantomadapter und Shure SE215-CL.

Hardware-Lösung #1: Das Mini-Setup

Online Streaming to go: IK Multimedia iRig Stream oder besser die neue PRO-Version. Hier kann man externe Audio-Geräte (stereo) per Cinch anschließen, ebenso ein Mikro über XLR sowie Kopfhörer (Miniklinke) ein Headset über TRRS. Es gibt einen Loopback-Schalter, um Musiksoftware in den Stream zu integrieren.

Überhaupt ist das IK Multimedia iRig Stream PRO eine absolut sinnvolle Investition für alle, die auf höchste Mobilität setzen. Man kann damit z.B. auch per Smartphone einen Live-Stream (YouTube, Twitch etc.) machen und bekommt über das Interface eine gute Audioqualität in den Stream. 

Es gibt gewiss viele Interfaces und Audio-Equipment-Konstellationen, die das alles auch ermöglichen. Aber beim iRig Stream PRO hat man die ganze Funktionalität in der Jackentasche: Man kann über die Smartphone-Kamera die Performance filmen, während Mikrofon, Headset und ein Stagepiano angeschlossen sind. Ebenso kann man eine Piano-App (z.B. e-Instruments Pure Piano) spielen und über Loopback in den Stream schalten. Mobiler geht’s wohl nicht. 

Dieses Mini-Setup nutze ich für den Online-Klavierunterricht über Skype oder Zoom: iRig Stream, TRRS-Headset, Modartt Pianoteq als Standalone via Loopback. 

Hardware-Lösung #2: Homerecording-Setup

Wer vorwiegend mit DAW und Software-Instrumenten arbeitet, braucht nicht viel Technik. Höchstens ein kleines Audio-Interface-Minimum: zweimal In, zweimal Out – das reicht völlig aus. Es sollte einen Volume-Regler besitzen, damit man die Lautstärke in Monitoren bzw. Kopfhörern komfortabel einstellen kann. Mindestens ein Mikrofon-Input mit Phantomspeisung sollte vorhanden sein.

Hardware-Lösung #3: Multichannel-Setup

Dieses Setup-Modell verwende ich bei allen Online-Recordings für PIANOO.de und auch im Elektronikprojekt bei Jam-Sessions. Gute Erfahrungen habe ich mit dem Focusrite Scarlett 18i20 3rd Gen. gemacht, ebenso mit dem Focusrite Clarett+ 8pre, dessen Preamps noch besser sind. Als Adat-Option für acht weitere Audio-Inputs ist noch ein Behringer ADA8200 Utragain im Spiel. 

Dieses Setup bietet die Möglichkeit, auch externe Instrumente zu integrieren. Außerdem praktisch für alle, die sich selber latenzfreies Monitoring wünschen: Die Routing-Software „Focusrite Control“ ermöglicht Monitor-Routings außerhalb der DAW. Für Aufnahmen bzw. Übertragungen von Sprache kommen entweder ein Lavalier von Rode oder das Budget-Headset-Mic (s.o.) zum Einsatz. Als In-Ear-Monitor macht der Shure SE215-CL einen echt guten Job.

Weitere Praxistipps für Online Recording & Remote Collaboration

Wer seine erste Online Recording Sessions macht, wird sich vielleicht wundern, dass nicht gerade wenig technische Hantiererei gefragt ist. Aber es ist machbar. Und gleich beim ersten Soundcheck kann man feststellen, dass sich alles doch ein wenig fremd anfühlt. Hier noch ein paar Tipps, mit denen es besser klappen sollte.

First Step eigener Check: Bevor man sich zur Online-Session zusammenschaltet, sollte man sicherstellen, dass das eigene Setup gut funktioniert. Stimmen die Gains, die Lautstärken der Instrumente, stehen alle Verbindungen im eigenen Studio-Setup? Kommen die Signale in den Send-Plugins bzw. Applikationen an? Funktioniert die Kontrolle der Master-Lautstärke (Monitor)? Funktioniert die Video/Facetime-Kamera?

DAW-Templates: Je nach Umfang einer Session können die Konfigurationen auch komplexer werden. Empfehlenswert ist es, solche Konfigurationen als DAW-Template oder Init-Song/Projekt zu speichern.

Kopfhörer-Monitoring: Wer noch keine Erfahrung mit Online-Recording-Sessions gemacht hat, sollte als Monitor unbedingt Kopfhörer nutzen. Das gilt für alle Teilnehmer:innen gleichzeitig. Echos im Monitor, die über das Internet zurückkommen, können einen an den Rand der Verzweiflung bringen. Vor allem aber können sie ein Hinweis auf fehlerhaftes Routing sein, und zwar auch dann, wenn man „eigentlich“ genau weiß, was man tut.

Monitoring in 3D: Wenn man schon Kopfhörer nutzt, warum dann nicht gleich einen 3D-Audio-Spatializer, der virtuelle Räumlichkeit zwischen Sender und Empfänger herstellt. Mit dem genialen Plugin „DearVR Ambeo Orbit“ geht das sogar ganz umsonst. Den eigenen Stereomix ziehe ich ein wenig nach vorne rechts, mein Gegenüber zieht seinen Mix etwas nach links. Tolle Sache, aber es erfordert ein aufwendigeres Routing – siehe Sessionwire.

Rechenleistung: Auf dem Rechner sollte man nicht mehr Programme laufen lassen als nötig. Die DAW plus Sessionwire z.B. packen bei der Prozessorleistung schon gut zu. Das gilt besonders dann, wenn man sehr kurze Systemlatenzen anstrebt. Wer viele Software-Instrumente nutzt, wird bei kurzen Latenzen unter Umständen den Rechner schnell an seine Grenzen bringen – insbesondere dann, wenn noch weitere Tools wie etwa OBS im Hintergrund laufen. Hier muss man Kompromisse machen.

Monitoring: Hier spielt das Thema Latenz nochmal eine Rolle. Wer sich selber latenzfrei beim Spielen hören möchte, braucht eine Routing-Matrix – gute Audio-Interfaces (z. B. RMI, Focusrite oder Universal Audio) bringen so etwas mit. Ganz klar macht ein zusätzliches Monitor-Routing das Ganze aber noch komplizierter – nichts für Recording-Anfänger:innen.

Kommunikation: Wer das erste Mal mit einer Online Recording und Jam Session startet, sollte auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass alles erst mal nicht wie erwartet funktioniert. Ich rate daher erst einmal dazu, während die Verbindung über eine der Online-Musikplattformen hergestellt wird, parallel ein vertrautes Kommunikationsmittel (z. B. Telefon, Facetime usw.) zu nutzen.

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