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Gear-Chat und Interview mit Jared James Nichols

Jared James Nichols steht für unbändigen, energiegeladenen Blues-Rock, verbunden mit einem Gitarrenton, der hinsichtlich seiner Wucht und Autorität seinesgleichen sucht. Jüngst bescherte uns der aus Wisconsin stammende Gitarrist gleich mehrere Neuerscheinungen. Zum einen ist dies seine im März erschienene Single “Threw me to the Wolves”, die extrem neugierig auf sein neues Album macht.
Zum anderen sind dies an der Equipment-Front seine Epiphone Signature Les Paul, sowie sein Blackstar Signature Amp

(Credit: Manny Manson)
(Credit: Manny Manson)

, die wir beide einem bonedo-Test unterzogen haben. Der äußerst offene und offensichtlich stets gut gelaunte Jared stand uns erfreulicherweise für ein Interview zur Verfügung, bei dem er uns einiges zum Thema Equipment, aber auch Spieltechnik und Philosophie erzählte.

Hallo Jared, wo liegen deine musikalischen Wurzeln?
Meine Roots liegen eigentlich im Classic Rock-Radio, das ich in meiner Jugend oft mit meinen Eltern gehört habe. Anfangs waren meine Helden Led Zeppelin, The Who, Pink Floyd, und ähnliche Bands. Als ich mit 14 oder 15 die Gitarre in die Hand nahm, kamen Jimi Hendrix und Cream, Johny Winter, Mountain oder Stevie Ray Vaughan hinzu.
Durch Musiker wie Buddy Guy, John Lee Hooker und Muddy Waters habe ich dann nach und nach den ursprünglichen Blues für mich entdeckt, und das war so, als wäre ich auf Gold gestoßen. Dann fand ich heraus, dass all die Classic-Rock-Powertrios, auf die ich so stand, ebenfalls von diesen Bluesmusikern beeinflusst waren, aber das Ganze eben auf 11 gedreht und deutlich aggressiver gespielt haben. Den Zusammenhang dieser beiden Seiten, nämlich zum einen die Powertrios und Classic Rock Bands, aber auch der Blues der 50er zu verstehen, war ein spezieller Moment für mich.

Gibt es auch Jazzgitarristen, die dich beeinflusst haben?
Am Anfang nicht wirklich, aber weil ich ja auch nur mit den Fingern spiele, kamen später Wes Montgomery, Kenny Burell oder Lenny Breau hinzu. Als ich Stevie Ray Vaughans “Lenny” hörte, fragte ich mich natürlich, woher diese Akkorde kommen, und dadurch entstand die Verbindung zu Robben Ford oder John Scofield, also zu den New Age Fusion-Blues Playern.

Hast du dich dann auch aktiv hingesetzt und Transkriptionen deiner Idole gemacht oder hast du deren Musik eher unterbewusst eingesogen?
Am Anfang habe ich mir diese Musik nur angehört, aber als dann mein Gitarrenspiel besser wurde, hörte ich die Songs heraus. Das ging los bei John Mayall and the Bluesbreakers über Jimi Hendrix “Are you experienced” bis hin zu Stevie Ray Vaughans “Texas Flood”, jeden Song und jedes Solo habe ich transkribiert. Das empfehle ich übrigens auch jüngeren Gitarristen, denn man lernt über das Ohr nicht nur die Noten, sondern auch das Feel, das Phrasing und die Tonformung. Man kann sich aber auch selbst in diesen Licks und Phrasen finden, denn was du schließlich davon für dein Spiel übernimmst oder eben nicht, definiert dann auch deinen eigenen Stil. Ich rate immer dazu, am Gehör, am Timing, am Ton und am eigenen “Touch” zu arbeiten – alles extrem wichtig!

Jared James Nichols gehört zur Generation der jüngeren US-Blues-Rock-Spieler. (Credits: Cruella Photography / Steve Rose)
Jared James Nichols gehört zur Generation der jüngeren US-Blues-Rock-Spieler. (Credits: Cruella Photography / Steve Rose)

Du lebst momentan in Nashville. Was hat dich dazu bewegt, dort hinzuziehen? Bist du auch Teil der dortigen Studioszene?
Ich stamme aus Wisconsin, das in der Mitte der USA liegt und Deutschland in vielen Bereichen sehr ähnlich ist, in den schönen Landschaften und Feldern, aber wo man als professioneller Musiker nur schwer leben kann. Erst zog ich nach Los Angeles und lebe jetzt in Nashville. Teil der Studioszene war ich allerdings nie, auch wenn ich die meisten Jungs hier kenne. Hier sind so viele Studios, Songwriter und großartige Musiker, weswegen ich in dieser Umgebung leben wollte.

Man kennt dich als Klon Zentaur-Fan. Benutzt du ihn immer noch und was magst du so an ihm?
Den benutze ich nach wie vor, und zwar ein Modell, das mir damals Joe Bonamassas Gitarrentechniker gab. Mein neuer Blackstar Amp haut mich zwar jedes Mal um, und ich merke, dass ich den Klon in vielen Situationen gar nicht mehr brauche, in denen ich ihn früher angeworfen habe. Aber in gewissen Situationen kommt er doch noch zum Einsatz. Viele benutzen den Klon ja als Cleanboost, aber wenn man das Gainsetting erhöht, habe ich festgestellt, offenbaren sich einige magische Obertöne. Durch die Art, wie ich spiele, versuche ich soviel wie möglich aus jeder einzelnen Note herauszuholen, selbst wenn ich mit Maximalgain spiele. Genau dafür liebe ich den Zentaur, aber der JJN-20 hat nochmal sein ganz eigenes Feel.

Was ist dein Lieblings-Setting am Klon?
Bei der letzten Tour war es noch so, dass ich den Klon als “always-on”-Pedal verwendet habe und alle Regler nahezu mittig standen. Output und Tone waren manchmal minimal über der 12-Uhr-Position, das Gain-Poti habe ich je nach Einsatz verwendet.

Du benutzt 010er Saitenstärken, was für eine Les Paul Mensur nicht allzu dick scheint. Wie ist deine Philosophie zum Thema Saitenstärke?
Als ich jung war, wollte ich wie Stevie Ray Vaughan sein, also benutzte ich 012er oder 013er Saiten und eine hohe Saitenlage. Das ist cool, aber in der Realität setze ich ja viel Bending und Vibrato auch auf den tiefen Saiten ein, deshalb ging ich runter auf 011er, und das war auch ok. Allerdings bin ich viel on the Road, und letztes Jahr fühlte es sich nach 308 Tourtagen irgendwann so an, dass ich mich mehr auf die Saitenspannung als auf mein Spiel konzentrieren musste.
Schließlich wurden meine Hände so müde, das ich auf 010er Saiten wechselte, aber dafür die Saitenlage minimal erhöhte. Das gab mir dies schöne “push-back”, das heißt, die Saiten waren dünner, lieferten aber einen kleinen Widerstand. Das Thema “dicker ist besser” hat mich nie interessiert, auch wenn 009er Sätze sich für mich sicherlich zu dünn anfühlen.

Eine seiner Lieblings-Les Pauls, eine Custom Shop von 2010, hatte bereits nur einen P90 Pickup. (Credit: Max Knight)
Eine seiner Lieblings-Les Pauls, eine Custom Shop von 2010, hatte bereits nur einen P90 Pickup. (Credit: Max Knight)

Hattest du damals einen Lehrer oder warst du Autodidakt?
Das ist eine kuriose Geschichte: ich bin eigentlich Linkshänder und anfangs hielt ich die Gitarre auch entsprechend, bevor ich auf rechts wechselte. Damals hatte ich bei einem Lehrer Unterrichtsstunden und es ging um die Basics wie offene Akkorde oder einfache Riffs. Irgendwann wusste er nicht mehr, was er mir noch zeigen konnte, und ich wandte mich stärker dem Blues zu und lernte viel über das Gehör.
Irgendwann hat mich meine Mutter zu einem Sommer Camp des Berklee College of Music angemeldet und zum Abschluss gab es ein Scholarship-Auswahlverfahren, bei dem ich ein Stipendium erhielt. Also ging ich mit 17 Jahren für 6 Monate dorthin, aber am Ende des Tages war es nicht das Richtige für mich, weil doch sehr viel Theorie behandelt wurde und ich zu dieser Zeit einfach nur Bluesrock spielen wollte.
Im Prinzip war ich der unpassendste Typus Gitarrist, der zu diesem College gehen konnte. Die Schule ist super, aber eben nicht für mich. Anschließend machte ich in L.A. meinen Abschluss am Musicians Institute (GIT). Dort entwickelte ich auch meine Fingerstyle-Technik weiter. Ich ging zwar in die Kurse, aber im Grund habe ich den ganzen Tag geübt und gespielt.
Ich hatte also den schulischen Aspekt, aber eigentlich war es mehr der Blues und Rock, der mich zum Spielen gebracht und mich weiterentwickelt hat.

Wie bist dazu gekommen, nur mit den Fingern spielen, und wie genau machst du das?
Anfangs sagten alle: Was macht du da? Du musst ein Plektrum benutzen! Aber ich wusste, dass es auch mit Fingern funktionieren kann, denn ich kannte natürlich Albert King, Jeff Beck, Derek Trucks oder Mark Knopfler.
Ich spiele nicht mit den Fingernägeln und für Powerchords stütze ich meinen Daumen so mit dem Zeigefinger, dass es schon fast so aussieht, als ob ich ein imaginäres Pick halten würde. Im Prinzip benutze ich aber den Rand meines Daumens, Zeige- und Mittelfingers, wobei der Daumen immer für den Downstroke zuständig ist, und der Zeigefinger z.B. für den Upstroke. Also auf eine gewisse Art wie Wechselschlag, nur eben zwischen diesen beiden Fingern. Viele reden ja auch immer über Begriffe wie Hybrid-Picking, String-Skipping und ähnliches – all das spiele ich mit meiner Technik die ganze Zeit, da es sehr natürlich mit dieser Spielweise funktioniert. Es ist eine sehr individuelle Technik, die mir auch hilft, wie ich selbst zu klingen und nicht wie jemand anderer.

Gibt es Aspekte, von denen du sagen würdest, dass sie bei jüngeren Spielern oft zu wenig beachtet werden oder sogar unterentwickelt sind?
Ja, da gibt es definitiv Einiges. Viele verlieren sich zu sehr in den neuen Technologien bzw. Medien. Ich komme ja noch aus der Prä-YouTube-Ära, doch mittlerweile gibt es eine erschlagende Fülle an Informationen; wenn du zum Beispiel “Saitenziehen” eingibst, erhältst 10.000 Videos zu diesem Thema. Als ich mich damit beschäftigen wollte, habe ich CDs angehört und versucht, das über das Ohr zu erfassen.
Manchen fehlen diese ganz speziellen Aspekte bei Bendings, Vibrato und Dynamik, und damit auch die Ecken und Kanten im Spiel. Viele Spieler haben Angst davor, Fehler zu machen, aber auch davor, dieses gewisse kleine Extra in ihrem Spiel zu haben. Ich benutze beispielsweise P90 Tonabnehmer (Anmerkung: Singlecoils die durchaus mehr Nebengeräusche erzeugen als Humbucker, besonders bei höherem Gain) und immer wieder kommen Kids zu mir und sagen: “Wie machst du das? Die brummen doch bestimmt total!”.
Das Fundament des Spiels, besonders beim Solo, fehlt leider allzu oft, weil manche sich mit Themen wie Legato, Sweeping oder String-Skipping beschäftigen, bevor Aspekte wie Bending, Dynamik und Vibrato richtig beherrscht werden – Dinge, an denen ich auch heute noch täglich arbeite. Phrasing, Touch Tone und Feel, all das braucht man in allen Stilen und an diesen Fähigkeit sollte man arbeiten, damit man jede musikalische Idee in einer Phrase “vokalisieren” kann. Eine 59er Les Paul kann in den falschen Händen grauenhaft klingen (lacht).

Du benutzt also nur einen P90 in der Stegposition, arbeitest aber viel mit Dynamik und Volume- und Tone-Poti. Benutzt du spezielle Potis oder Kondensatoren, um das zu unterstützen?
Ich hörte mal Leslie West von Mountain mit seiner Les Paul Junior mit P90-Tonabnehmern und das hat mich umgehauen. Der P90 ist für mich die perfekte Mischung aus einem fetten Humbuckersound und der Dynamik und Klarheit eines Singlecoils. Die Settings von Volume- und Tone-Poti sind für mich extrem wichtig, weil sie den Sound des P90s so stark verändern. Spezielle Modifikationen habe ich nicht, ich benutze meine Signature Old Glorymit einem Standard USA Seymour Duncan P90, aber mit CTS-Potis und einem Orange Drop-Kondensator. Aber das ist auch Standard in allen Modellen. Dann habe ich noch eine “Old Red”, eine 1953 Standard, die mit ihren zwei P90 und ihrer Elektrik noch völlig im Originalzustand ist.

Kommen wir nun zu deinem Signature-Amp, dem Blackstar JJN-20R MK II. Was magst du so an deinem neuen Modell?
Der JJN-20 ist im Prinzip alles, was ich brauche. Früher habe ich Amps sehr nach ihrer Größe beurteilt, aber als ich zum ersten Mal in diesen 20-Watter eingestöpselt habe, hat es mich regelrecht weggeblasen. Für mich ist es einfach super, etwas zu haben, was einerseits sehr handlich ist, aber trotzdem alle Grundsounds abdecken kann. Der Combo ist identisch zu meinem Topteil und liefert mit all den Voicing-Settings bereits mehr Sounds, als ich im Durchschnitt benötige, weil er so flexibel ist.

Dein Modell scheint den HT20 als Vorlage gehabt zu haben, worin unterscheidet er sich?
Die Hauptunterschiede sind neben der Optik zum einen die Speaker. Als ich mit Blackstar in Verbindung getreten bin, hatten wir die Möglichkeit, verschiedene Speakermodelle in Realtime auszutauschen. Für meine 2×12″ Box sind wir dann bei einer “mismatched” Lösung (Anmerkung: zwei unterschiedliche Speaker) gelandet und zwar beim V-Type und dem G12T-75.
Der T-75 Speaker hat mich besonders verblüfft, weil er den Sound regelrecht geöffnet hat – ein Grund, warum wir uns schließlich für dieses Modell im 1×12″ Combo entschieden haben.
Der V-Type Speaker dient eher dazu, den Ton etwas abzurunden und auszugleichen. Aber der T-75er hat etwas Raues und Ungezähmtes, was ich sehr mag – vor allem im Mittenbereich setzt er sich im Mix sehr gut durch.
Ein weiterer Unterschied zum HT-20 ist, dass jeder Kanal nach meinen Vorgaben getunt wurde und auch bei den Kondensatoren gibt es Änderungen, vor allem im Blues Power Channel.

Wie mikrofonierst du deine 2×12″ Box live?
Wir mikrofonieren beide Speaker getrennt jeweils mit einem SM57 und pannen sie, wodurch wir eine Art Fake-Stereo bekommen. Für größere Bühnen habe ich von Blackstar einige 4×12″ Cabinets mit G12T-75 und V-Type Speakern bekommen, außerdem spiele ich über zwei getrennte Rigs, die hart links-rechts gepannt werden.
Manchmal benutze ich zusätzlich ein Stereochorus-Pedal zum Splitten und ein Deja Vibe für den Robin Trower-Sound.

Was sind deine Lieblings-Settings an deinem Amp?
Eigentlich kann ich Bass, Mid und Treble auf 12 Uhr setzen und damit glücklich eine Show spielen. Ich benutze ja beide Kanäle, wobei ich den Clean Channel vor allem mit dem Voice 2-Setting (Anmerkung: britischer, vox-artiger Clean Sound) einsetze, da er einen schönen bluesigen Break-Up besitzt. Manchmal werfe ich dann zusätzlich noch den Klon an. Meine letzte Single “Threw me to the wolves” wurde z.B. komplett mit dem JJN-20 gespielt, und da hört man auch das ganze Spektrum von Clean bis Overdrive.
Jared, vielen Dank für das Interview!

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