Was ist das eigentlich dieses Tenori-On, um das so viel Buhei gemacht wird? Und an wen richtet sich dieses Gerät, das Yamaha in Zusammenarbeit mit dem Medienkünstler Toshio Iwai entwickelt hat? Ist es mehr ein schickes Spielzeug für visuell orientierte Technikfreaks, eine Konsole für die VIP-Lounge oder ein ernstzunehmendes Musikinstrument? Oder ist es vielleicht auch alles in einem …? Mich interessiert vor allem, ob man damit Musik machen kann. Schließlich geht’s hier bei bonedo ja genau darum.
Yamaha Tenori-On Orange
Fakt ist: das Tenori-On ist ein portabler, vielseitiger Lauflicht-Sequenzer, der aufgrund seiner schicken Beleuchtung auch optisch so Einiges hermacht. Es besitzt eine interne Klangerzeugung und ermöglicht mittels MIDI-Schnittstelle die Ansteuerung externer Klangerzeuger. Das besondere am Tenori-On ist, dass es einerseits sehr einfach gehalten ist, gleichzeitig aber sehr komplexe Klänge erstellen kann. Bewährte Wege der Programmierung werden hier mit neuartigen verknüpft, konzentriertes Programmieren liegt hier oft nah bei spielerischem Experimentieren. Ob dann da am Ende etwas musikalisch Brauchbares herauskommt, liegt wohl am meisten beim Benutzer selbst.
Wer an dieser Stelle neugierig geworden ist, sollte auf den folgenden Seiten unbedingt weiterlesen, hören und gucken. In diesem Test auf dem Prüfstand: das Tenori-On Orange mit dem brandneuen OS 2.0. Es ist das neue, günstigere Modell mit weißem Kunststoff Gehäuse, ohne Batteriebetrieb und mit orange leuchtenden LED-Feldern und diese auch nur auf einer Seite. Ein Desktop Modell.
Anzeige
Das Tenori-On Orange hat ein quadratisches, weißes Gehäuse aus milchig-weißem matten Kunststoff. Richtig gelesen, weißes Gehäuse. Seinen Beinamen “Orange” trägt es wegen seiner orangefarbenen Beleuchtung, das erste Modell mit dem Aluminiumrahmen hat nämlich weiß leuchtende LEDs. Gut 20 x 20 cm groß ist die Fläche des Tenori-On Orange, es ist 3 cm dick und 650 Gramm ist es schwer. Auffallend sind die abgerundeten Ecken und Ränder des Gehäuses, die gerade zum „in die Hand nehmen“ einladen. Ein richtiger Handschmeichler, muss ich sagen! Der Gesamteindruck ist hochwertig, filigran und robust im Sinne eines mobilen elektronischen Instruments.
Am oberen Gehäuserand befinden sich zwei 1-Watt Lautsprecher, die zur Vorder- und Rückseite strahlen und für ihre Größe einen recht leisen aber ganz passablen Klang abgeben. Des Weiteren findet sich in der Mitte des oberen Randes der Knopf „Clear“, mit dem man Pattern-Eingaben komplett löschen kann. Auf der linken Seite sind die Knöpfe L1 bis L5 platziert. Ihnen sind folgende Funktionen zugewiesen:
L1 Soundanwahl für den aktuellen Layer L2 Notenlänge (Ausklang) einer Note pro Layer. Max. 9990 Millisekunden möglich L3 Oktavtransponierung für einen Layer L4 Definition der Loop-Länge eines Layers L5 Definition der Steps als 1/4, 1/8, 1/16 oder 1/32
Am rechten Gehäuserand findet man ebenfalls fünf Funktionsknöpfe: R1 bis R5. Mit ihnen lassen sich in Kombination mit den Eingabefeldern in der Mitte folgende Bedienschritte ausführen:
R1 Anwahl eines Layers R2 Master Tempo R3 Master Transpose R4 Layer Volume / Layer Mute R5 Block Anwahl
Auf dem unteren Gehäuserand sind ein Endlos-Scroll-Rad, ein beleuchtetes Vier-Zeilen LC-Display und die zwei Knöpfe OK und CANCEL platziert, die man zur Display-Navigation benötigt. Das Display gibt in der Grundeinstellung Auskunft über den angewählten Layer und Block, Instrument, die Uhrzeit (!) und Start/Stop Status des Sequenzers. Bewegt man das Jogdial, gelangt man ins Main Menu, das einen Zugriff auf alle editierbaren Parameter gewährt. Für viele Befehle gibt es jedoch auch praktische Shortcuts aus Kombinationen der L- und R-Knöpfe und den 16×16 LED-Feldern in der Mitte.
Das Display des Tenori-On Orange
Mittig am oberen Außenrand befindet sich ein Schacht für eine SD-Karte, auf der man erstellte Songs speichern oder eigene Klänge vom Rechner auf das Tenori-On übertragen kann. Auch für ein OS-Update benötigt man die SD-Karte, sie ist – MIDI einmal ausgeschlossen – die einzige zur Außenwelt. Einen USB-Port gibt es nämlich nicht. Wer also seine Arbeit spiechern will oder mit externen Samples auf dem Tenori-On arbeiten will, benötigt eine SD card und einen SD-Card-Reader am Rechner! Beides ist nicht im Lieferumfang enthalten.
Am unteren Außenrand findet man eine Buchse für das externe Netzteil, einen On/Off-Schalter, einen Anschluss für die zur Ausstattung gehörende MIDI In/Out Peitsche sowie ein Miniklinken Audioausgang namens Phones.
Ein Batteriebetrieb ist beim Tenori-On Orange leider nicht vorgesehen, das bietet nur der „große Aluminium-Bruder“. Ich finde das jedoch nicht weiter schlimm, da ich sowieso immer ein Miniklinkenkabel benutzen würde, um es an eine Abhöre oder eine PA anzuschließen., denn die Miniaturlautsprecher des Tenori-Ons sind recht leise und geben kaum tiefe Frequenzen wieder. Sie sind mehr als praktischer Behelf zu verstehen, in einen audiophilen Rausch gelangt man damit nicht.
In der Mitte des Tenori-Ons befinden sich 16×16 LED-Felder, also 256 Druckknöpfe, die in verschiedenen Helligkeitsstufen leuchten können – je nach Status und Funktion. Im Gegensatz zum „großen Tenori-On“ mit den weißen LEDs kann man die orangefarbenen LEDs meines Testgeräts auch bei Tageslicht gut sehen. Auf ein LED-Feld drückt man, um zum Beispiel einen Stepsequenzer-Befehl zu setzen. Oder man „malt“ im Draw Mode eine Melodie oder ein Cluster in das Tenori-On. Wenn ein Feld leuchtet, bedeutet das, dass hier gerade ein Ton erklingt bzw. ein Sequenzer-Befehl hinterlegt ist. Die Befehle, die ein LED-Feld repräsentieren kann, sind allerdings auf vier Parameter begrenzt: Tonhöhe, Tonlänge, Note On/Off und eine feste Velocity (Wert 100). Diese Daten können auch als MIDI CC an externe Geräte weitergeleitet werden.
Tenorionisches Tonsystem Wenn man sich die Zeitachse des Sequenzers auf der Horizontalen vorstellt, ist die Tonhöhe in den meisten Betriebsmodi auf der Vertikalen angeordnet. In der Voreinstellung wird, beginnend mit untersten Reihe, eine C-Dur Tonleiter nach oben errichtet. Geht man ein Feld nach oben, erklingt der Ton D, ein Sekundintervall, geht man sieben Feder nach oben, ist man beim eine Oktave höher angelangt usw. Es ist auch möglich, mehrer Töne gleichzeitig (= Akkorde ) zu spielen bzw. zu programmieren. Die verwendete Tonleiter wird immer global festgelegt. Es können neben der Ionischen Skala auch die sechs weiteren Kirchentonarten sowie die Chromatische Skala, die japanische Skala Okinawa aber auch Benutzer definierte Skalen gewählt werden.
Alle Layers und Blocks eines Songs können jedoch immer nur auf die ausgewählte Master-Skala zurückgreifen. Grundsätzlich findet dadurch einerseits eine enorme Eingrenzung der musikalischen Möglichkeiten statt, denn tonleiterfremde Töne und daraus möglicherweise entstehende Dissonanzen, oder besser „interessante Akkorde“, sind so fast ausgeschlossen. Vielmehr begünstigt diese Vereinfachung das Erstellen von harmonisch klingenden Melodien, Akkorden und Clustern – was ja unter Umständen sehr zu begrüßen ist. Freunde von Dissonanzen oder geräuschhaften Klängen sollten hier aber lieber die Chromatische Skala wählen oder sich selbst eine Tonleiter zusammenstellen.
Neuerungen des OS 2.0 Zum Abschluss des Theorieteils noch einmal die Neuerungen des OS 2.0 (die auch für das “große” Tenori-On gelten)
• Shortcut zum Zurücksetzen des (internen) Sequenzers, wenn das Timing der einzelnen Layer auseinanderläuft: L4+R1
• Master Mute: R4+L1
• Swing Rate im Score Modus: im Bereich von -23 bis +23 regelbares Swing-Feel, das bei Extremwerten auch zu schön abstrakten, seltsam holpernden Rhythmen führen kann. Die Swingfunktion kann in bestimmten Fällen wie Auflösungsänderung (1/8, 1/16, 1/32 usw.) oder Änderungen der Loop-Länge Timingfehler verursachen! Allerdings nur im Live-Betrieb bei laufendem Sequenzer. Dies steht auch ausdrücklich so im Handbuch.
• Benutzerdefinierte Skalen
• Bug Fix: Erkennung der relativen Cursor-Position des Mastersequenzerrs, wenn das Tenori-On im MIDI Slave-Modus zu einem externen Sequenzer synchronisiert ist
• Bug Fix: Beseitigung der Timingprobleme beim Umschalten zwischen den Layern
Ein Musikspiel mit 16×16 Feldern
Anzeige
Bedienung mit den Händen Das Tenori-On ist in puncto Gewicht und Ergonomie so angelegt, dass man es gut mit zwei Händen halten kann und mit beiden Daumen alle Funktionsknöpfe und LED-Felder erreicht. Wer das 10-Finger Tippsystem bevorzugt, legt es einfach vor sich auf einen Tisch.
Blocks Eine gewisse Grundkenntnis in Sachen Stepsequenzer oder Groovebox vorausgesetzt, ist hier schnell umrissen, was das Tenori-On als Sequenzer bietet. Sequenzen, also geloopte Abfolgen von rhythmisch angeordneten Tönen, werden in Blocks angelegt. Sie könnten auch genauso gut auch „Scenes“ oder „Patterns“ heißen. Ein Block enthält maximal 16 Steps, die im Loop abgespielt werden. Es können jedoch auch kürzere Loops gewählt werden. Um zwischen Blocks hin- und herzuschalten, was auch bei laufendem Sequenzer möglich ist, benutzt man den Befehl „R5+LED Feld in der Horizontalen“. Auch das Kopieren von Blocks ist möglich. Insgesamt können 16 Blocks pro Song erstellt und auf SD-Karte gespeichert werden.
Layer Ein Block kann Patterns auf insgesamt 16 Ebenen abspielen, wie ein Sequenzerprogramm, in dem 16 Spuren synchron zu einander laufen. Diese Ebenen heißen im Tenori-On Layer (Ebene = engl. Layer). Um zur Ansicht von anderen Layern zu gelangen, wählt man den Befehl „R1+LED-Feld in der Vertikalen“. Das Wechseln der Layer ist auch während des laufenden Sequenzerbetriebs möglich. Und genau so wie Blocks, lassen sich auch Layer einfach kopieren.
Lichtmodi Das Tenori-On ist ja nicht nur ein Musikinstrument, es ist aufgrund seiner Beleuchtung auch ein echter Hingucker. WANN eine LED leuchtet hängt davon ab, wann sie vom Loop-Cursor durchfahren wird. WIE sie leuchtet, hängt vom Animationstyp ab, den man den meisten Layern zuordnen kann. Geometrische Formen wie Plus, Kreuz, Kreis, Quadrat und Karo können gewählt werden.
Eingabemodi Das Tenori-On verfügt über verschiedene Eingabemodi, die unveränderbar bestimmten Layers zugeordnet sind. Wie diese Modi funktionieren, versteht man besonders gut, wenn man das Tenori-On in Aktion sieht und hört. Ich empfehle jedem, sich die nun folgenden Videos anzuschauen! (Es handelt sich dabei um Yamaha eigene Videos mit dem „großen“ Tenori-On aus der ersten Serie. Es unterscheidet sich aber nur in der Hardware von unserem Testkandidat Tenori-On Orange)
Layer 1-7: Score Mode Lauflicht Stepsequenzer mit max. 16 Steps pro Block
Layer 8-11: Random Mode Es wird ein Loop zwischen aktivierten Eingabefeldern erstellt, das Lauflicht „reist“ zwischen den Punkten hin und her. Ein einzelnes aktiviertes LED-Feld erzeugt eine simple Tonwiederholung, zwei Felder nebeneinander ergeben einen kurzen Loop. Lässt man ein Feld zwischen ihnen frei, verlängert sich der Loop, und das Feld zwischen ihnen wird als Pause interpretiert. Benutzt man mehrere Felder, entstehen geometrische Figuren, die der Sequenzer nach gleichem Prinzip und in der Reihenfolge ihrer Eingabe „abläuft“. Diese „Figuren“ des Random Modes können insgesamt auch gedreht werden.
Tipp: wenn man im Draw Mode ein Pattern deht und danach bei laufendem Sequenzer löscht (CLEAR Taste), bleibt das Pattern im Arbeitsspeicher! Will man es gänzlich löschen, muss man den Sequenzer erst anhalten.
Layer 12-13: Draw Mode In dieser Betriebsart „malt“ man mit dem Finger Linien oder Formen in die Eingebefelder. Diese Form wird aufgezeichnet und im Loop abgespielt. Aber auch einzelne Noten und Melodien kann in diesem Mode gut aufnehmen.
Layer 14: Bounce Mode Man definiert eine „Fallhöhe“ und lässt Noten senkrecht auf den Boden (= die unterste Reihe) plumpsen. Wenn das Lauflicht die unterste Reihe erreicht, erklingt der Ton. Optisch sieht es aus wie ein GameBoy-Flummi , der auf und ab springt. In diesem Modus einen flüssigen Rhythmus zu programmieren, erfordert etwas Übung. Denn der Eingabezeitpunkt, der Moment, wann man einen „Flummi“ fallen lässt, ist ebenso wichtig wie seine Fallhöhe. Der Bounce-Mode hat viel mit einem Geschicklichkeitsspiel zu tun. Und vieles ist hier auch eher Zufallsprodukt. Von Kakophonie über tighte Sequenzen bis hin zu großartig hakelnden Rhythmen gibt’s hier vieles zu entdecken!
Layer 15: Push Mode In diesem Mode kann man bei laufendem Sequenzer einzelne Noten in Echtzeit spielen, sie werden nicht aufgenommen. Hält man ein LED-Feld länger, erklingt der Ton weiter und verändert dabei auch seinen Klang. Die Felder drum herum flackern dabei zunehmend heller. Im Push-Mode liegt die Tonhöhe auf der horizontalen Achse.
Layer 16: Solo Mode Auch in diesem Modus sind die Töne horizontal angeordnet. Betätigt man ein LED-Feld, hört man einen Ton, der in einer zum Master Tempo rhythmisch passenden Geschwindigkeit permanent wiederholt wird. Die vertikale Achse bestimmt die Länge des Wiederholungsabstands, die Lauflichter bewegen sich vertikal und entsprechend der Geschwindigkeit der Ton-Wiederholungen.
Advance Mode Bei einer Netzrecherche habe ich noch einen inoffiziellen Mode ausfindig gemacht, den „Advance Mode“. In ihm ist es möglich, die starre Zuweisung von Modes zu Layern aufzuheben. Startet man das Tenori-On bei gedrückt gehaltenen L1 und L5 Köpfen, zeigt das Display „Advanced Mode“ an. Nun kann man im Layer-Menü jedes Layers bestimmen, welcher Eingabe-Mode verwendet werden soll. Das Gerät bleibt auch nach dem Ausschalten im Advance Mode. Wer zurück zum „normalen Modus“ will, setzt das Tenorio-On einfach wieder auf die Werksvoreinstellungen zurück. Der Advance Mode ist kein Crack oder Hack oder sonst irgendwas, er ist werkseitig von Yamaha angelegt! Heimlich. Vielleicht ja, um aufklärerischen, subversiven Musikern einen kleinen Entdeckungsspaß zu bereiten …
Kann man auch eine Melodie wie „Hänschen Klein“ auf dem Tenori-On spielen?
Wer in erster Linie solch „konkrete musikalische Anforderungen“ stellt, sollte bequemlichkeitshalber lieber zu einem Keyboard greifen. Obwohl man so etwas grundsätzlich auch mit dem Tenori-On Melodien hinbekommt, wie unten im Audioplayer bewiesen wird! Genau so wenig würde man eine Bassline mit den Pads eines Elektro-Drumkits einspielen. Wer jetzt aber denkt, „ … wieso eigentlich nicht? Das könnte doch interessant werden!“, der kommt der Tenori-On Philosophie schon sehr nahe. Hier geht es um die anderen Wege, die ja bekanntlich auch nach Rom führen. Kopf ausschalten – Tenori-On anschalten. Und einfach mal losmachen. Es werden Sachen passieren, die man schwer vorhersehen kann!
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
“Hänschen Klein” im Score Mode“Hänschen Klein” im Solo Mode
Keine Velocity! Leider kennt das Tenori-On keine Velocity, Töne mit verschiedenen Anschlagsstärken gibt es hier einfach nicht! Besonders bei perkussiven Klängen vermisse ich dieses Feature sehr, denn ohne Dynamik der Lautstärke klingen programmierte Beats schnell leblos und langweilig. Klar kann man sich damit behelfen, dass man pro Sound mehrere Layer mit unterschiedlichen Lautstärken benutzt, aber ich denke, für viele Musiker, die sich für das Tenori-On grundsätzlich interessieren, wird das Fehlen von Velocity ein K.O.-Kriterium sein. Dies ist wohl aber schon angekommen im Yamaha Hauptquartier und an einer Lösung soll schon gearbeitet werden, soweit der Flurfunk …
Die internen Sounds Die internen 253 Klänge werden mit der AWM2 Synthese erzeugt, die auch in vielen anderen Yamaha Serien wie Motif, MO oder PSR eingesetzt wird. Man findet hier eine Auswahl an überwiegend moderat und luftig klingenden Standardklängen vor, Streicher, Bläser, Synths, Pianos, Percussion Sets und sehr viele Bleep-Sounds. Bei den Percussion Sets gibt es keine Tonhöhen, sondern jedes LED-Feld triggert einen individuellen percussion Klang. Die maximale Polyphonie liegt bei 32 Stimmen. Leider hat man keine Möglichkeit, in die Klangerzeugung einzugreifen. Keine Oszillatoren, keine Filter, keine Hüllkurven … Auch Editierung im Microtimingbereich sind nicht möglich. Der Soundschrauber kommt in diesem Punkt nicht voll auf seine Kosten, ist vielleicht andererseits aber auch froh, dass das Tenori-On ihn nicht mit zuviel Funktionen auf kleinstem Raume erschlägt. Denn in seiner Einfachheit liegt auch der Reiz dieses Gerätes. Hier ein kleiner Querschnitt durch die Tenori-On Sounds, alle mit dem voreingestellten Reverb versehen.
Ein gewisser Norman Faibanks hat ganze Electronica/Ambient Alben mit dem Tenori-On (1. Serie) gemacht. Wer mal reinhören will, klickt diesen Link: http://www.normanfairbanks.com/blog/?page_id=12
Effekte Als Effekte stehen ein Reverb mit verschiedenen Räumen und ein Chorus mit zwei Typen bereit. Beide Effekte können bei in ihrer Intensität geregelt werden, werden aber immer auf den Gesamtmix angewandt. Es handelt sich also um Masterbus Effekte, klanglich fügen sich gut in den Gesamtklang des Tenori-On Orange ein. Schade aber trotzdem, dass hier nicht mehr geboten wird. Abgefahrene Shredder- oder Glitch-FX würden die Sounddesign-Möglichkeiten deutlich erhöhen, genauso wie Sättigungseffekte oder Delays. Leider sind bei meinem Test auch Timingfehler aufgetreten, wenn ich die FX zu schnell “ge-tweakt“ habe (siehe Audiobeispiel unten).
Eigene Sounds laden + mitgelieferte Software „User Voice Manager“ Wem die internen Klänge des Tenori-Ons nicht genug sind, der kann auch eigene Samples in das Tenori-On laden. Drei User-Programme können mit jeweils 16 Samples befüllt werden. Das ist nicht gerade viel, aber immerhin kann man 48 eigene Samples mit dem Tenori-On benutzen. Der 8MB große Flash-Speicher sollte in jedem Falles dafür ausreichen. Um externe Samples ins Tenori-On zu laden, benötigt man eine SD-Karte und die mitgelieferte Software „User Voice Manager“, die man auf seinem Rechner (Win und Mac) installiert. Mit ihr erstellt man am Bildschirm auf sehr einfache Weise User-Programme, die man dann auf der SD-Karte speichert. Anschließend lädt man die Samples von SD-Karte in den Tenori-On Speicher auf die User-Plätze 1-3. Dort bleiben sie auch nach dem Ausschalten des Geräts gespeichert. Im Tenori-On hat man noch die Möglichkeit, diese Sounds in Sachen Notenlänge (Release) zu bearbeiten, Transpose bzw. Pitch wie bei herkömmlichen Samplern stehen leider nicht zur Verfügung.
Im folgenden Audiobeispiel eine Jam, für das ich ich Samples eines Drumkits hineinlud. Auch das Mellotron Stringsample ist ein externes Sample. Wie man im Audiobeispiel hören kann, werden bei den Master-Transpose-Befehlen die internen Sounds des Tenori-Ons verändert, Drums und Mellotron jedoch nicht. Das ist meiner Meinung nach in diesem Falle aber musikalisch durchaus zu begrüßen! Des Weiteren habe ich im späteren Verlauf den Effekt Chorus2 hinzugemischt (Werte 1-127). Danach den Effekt Reverb auf Wert 80 gestellt und mehrere verschiedene Hallräume ausprobiert. Zum Schluss fahre ich die FX auf ein dezentes Maß herunter. Man hört hier und da leichte Timing-Aussetzer, die beim Schrauben an den FX entstanden sind.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Externe Samples, Transpose und FX
Das Tenori-On im Einsatz Kommen wir zur zentralen Fragestellung dieses Testberichts. Kann man mit dem Tenori-On ernsthaft Musik machen?
Zunächst programmiere ich ein par Rhythmen mit den sieben Score-Modes nach der Methode des guten alten Drumcomputers à la 808 oder seinen virtuellen Abbildern wie Fruity Loops, Reason usw. Ich starte ich den Sequenzer und aktiviere LED-Felder, indem ich sie etwas länger gedrückt halte. Sie bleiben danach erleuchtet. Die Loop-Position wird von einem sich horizontal bewegenden Lauflicht-Cursor angezeigt.
Sounds auswählen, Tempo ändern und verschiedene Swing-Feels auszuprobieren funktioniert ohne Probleme und macht sofort Spaß. Die schön anzuschauenden Lichter tun ihr Übriges, das Auge komponiert hier definitiv mit. Wenn man sich erst einmal mit den Funktionen (L- und R-Knöpfe am Rand) vertraut gemacht hat, ist es ein Kinderspiel, einen anderen Block oder Layer anzuwählen, die Lautstärke der einzelnen Layer anzupassen bzw. an- und auszuschalten , Transponierungen vorzunehmen oder die Tonlängen eines internen Klangs zu verlängern. Alles bei laufendem Sequenzer und mit Betonung auf „Spiel“. An die internen Sounds muss ich allerdings erst etwas gewöhnen, so ganz meine Welt sind sie nicht, sie klingen mir zu harmlos und für ein solches Instrument nicht „innovativ“ genug. Irgendwie muss ich oft an die Tele Tubbies denken … aber es lässt sich auf jeden Fall Musik damit machen!
Swing
Wer Shuffle-Beats mag, wird Gefallen an der Swing Funktion finden. Im Main Menu kann hier (globale) Swing-Werte zwischen -23 und +23 wählen. Wie das klingt kann man im Audioplayer hören, ich fahre den Swing-Wert bei laufendem Sequenzer langsam bis +23 hoch bzw. bis -23 herunter.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Swing: Werte 0 bis +23Swing: Werte 0 bis -23
Ändert man unter Verwendung der Swing-Funktion bei laufendem Sequenzer Loop-Längen oder Auflösungsraster (1/4, 1/8, 1/16 1/32), kann es passieren, dass entsprechend veränderte Layer nicht mehr synchron zum Rest laufen. Extrem genaues Eingabe-Timing des Benutzers ist hier gefragt, aber auch das kann ein „aus dem Ruder laufen“ nicht immer verhindern. In solchen Fällen mache ich brutal von dem globalen Loop Reset Shortcut „L4+R1“ Gebrauch. Der Sequenzer beginnt dann –egal auf welcher Position er ist – von vorn, alle Layer werden zurückgesetzt. Beim Live-Einsatz sollte man also von solchen Sperenzchen im Swing-Mode lieber absehen.
Apropos Swing: schade, dass man keine ternären Raster wie 3/8 oder 3/16 wählen kann!
Nachdem ich in den ersten Layern mit Score-Mode ein gutes Rhythmus-Bett angelegt habe, wende ich mich den Spezial-Modi Random, Draw, Push, Bounce und Solo zu. Hier ist eine klare Vorstellung von Melodien oder Rhythmen eher hinderlich, es funktioniert besser, wenn man einfach seinen Spieltrieb auslebt. Nach einer Eingewöhnungszeit bekommt man ein Gefühl für diese Art des Komponierens. Auch wenn es irgendwie immer auch primitiv wirkt, es können hier lustige und überraschend gute Klänge und Patterns entstehen. Bei missratenen Versuchen löscht man die letzte Eingabe einfach komplett mit den Taster „CLEAR“.
Ein Arrangement anlegen Um ein Arrangement anzulegen bzw. einen Song zu speichern, geht man per Jog-Dial und Display ins Recording Menu und nimmt einen kompletten Songablauf einfach auf. Speichern kann man diese Aufnahme dann auf einer SD Karte. Einen anderen Weg einen Song-Ablauf zu arrangieren gibt es nicht. MIDI Mittels MIDI Ein- und Ausgang ist die Kommunikation zu einem Software-Sequenzer schnell hergestellt. Das Tenori-On lässt sich im „Slave-Mode“ fernsteuern, das heißt, man kann vom Rechner aus seine Klänge ansteuern und auch seinen Sequenzer starten und stoppen. Im aktuellen OS 2.0 ist nun der frühere Sync-Bug repariert, das Tenori_on erkennt nun die relative Position des Master-Sequenzer-Cursors. Ein anfängliches, kurzes Stottern beim Positionsabgleich kann aber auftreten. Es ist jedoch auch möglich, den Spieß umzudrehen und den Software-Sequenzer als Slave und das Tenori-On als Master zu definieren.
Egal, wer Master oder Slave ist, die MIDI Kanäle werden immer wie folgt verwendet: Layer 1 sendet auf MIDI-Kanal 1, Layer 2 MIDI-Kanal 2 usw. Eine MIDI-Note beinhaltet die Informationen Pitch, Länge und Note On/Off. Auch Programmwechsel-Befehle (Wechseln eines Sounds) oder Transpose-, Volume- und Tempodaten und werden über MIDI ausgegeben. Leider lassen sich aber vom Tenori-On aus keine weiteren MIDI-Controller steuern. Wie auch im Falle des Software-Sequenzers kann man mit Hilfe der MIDI-Schnittstelle die MIDI-Noten eines jeden Layers auch zu externen Geräten wie Drumcomputern oder Synthesizern senden.
Die mitgelieferte MIDI-Peitsche
Interior Mode Als ich die betreffende Seite zum „Interior Mode“ in der Bedienungsanleitung aufschlug, traute ich zunächst meinen Augen nicht. Das Tenori-On versteht sich auch als Einrichtungsgegenstand, als Alarmwecker, Wandschmuck, als Unterhaltungsgerät, das blinkend seine Demosongs abspielt und dabei noch die Uhrzeit auf seinen LED-Feldern anzeigen kann! Was soll man dazu sagen? Ich lasse den Interior Modus mal stirnrunzelnd unkommentiert und frage mich, ob man das Tenori-On wohl auch bei IKEA kaufen kann …?
Beim nächsten Ton ist es 16:10
Anspieltipps im Netz
Wer noch nicht genug gesehen hat , hier noch ein paar Video-Anspieltipps aus dem Netz!
Little Boots Homerecording-Coverversion Ready For The Floor (Hot Chip Coverversion by Little Boots) http://www.littlebootsmusic.co.uk/video,funtimes,ready-for-fun_8.htm
Amateur Video: Rockin Tenor-On http://www.youtube.com/watch?v=QuOeUgahfBQ
Jordan Rudess of „Dream Theatre“ http://www.youtube.com/watch?v=WQQpMgbuGjU
Amateur Video: Tenori- On steuert per MIDI externe Synthesizer http://www.youtube.com/watch?v=76coUUrfaF4
Anzeige
Anwender: Spaß-Musiker Wer vom Tenori-On Orange keine Pro-Qualitäten erwartet, sondern es mehr als Erweiterung seines Setups versteht, wer vielleicht auch “nur hobbymäßig” Musik macht und einfach mal Spaß mit einem schicken, einfachen Lauflichtsequenzer haben will, der wird am Tenori-On Orange OS 2.0 viel Freude haben. Wenn man diesem Instrument nicht all zu viel abverlangt, kommt man spielerisch und ohne Technik-Nervkram zu vorzeigbaren Kompositionen. Indikatoren, die für ein Gerät sprechen, das sich nicht an den professionellen Musiker richtet, sind dabei Miniklinke als einziger Audio-Ausgang, kein USB-Anschluss und natürlich der Lavalampen- und Wanduhrersatz im “Interior Mode”. Ganz billig ist der Spaß aber nicht.
Anwender: Pro Wer professionelle Ansprüche an dieses Instrument stellt, sollte neben den Vorzügen des Tenori-On Orange auch seine Schwächen kennen: Timing-Bugs in bestimmten Fällen, die man insbesondere Live besser vermeiden sollte, keine Velocity und kaum Eingriffsmöglichkeiten in die Klangerzeugung, die Effektsektion oder das Microtiming. Die internen Klänge sind mehr als Basis zu verstehen, wer ausgeprägte Soundvorstellugen hat kann hier schnell an Grenzen stoßen. Positiv werden aber MIDI-Ein- und Ausgang zu Buche schlagen, der die Einbindung externe MIDI-Geräte und auch die Einbindung in ein Rechner-Setup ermöglicht. Genauso auch die Option per SD-Karte 48 User-Sounds hineinladen zu können. Was mich persönlich betrifft: Ich habe bei diesem Test eine wirklich kurzweilige und sehr musikalische Zeit mit dem Tenori-On Orange verbracht! Die Reduzierung auf die wichtigsten Funktionen und die einfache Bedienung bewahren den Benutzer vor Orientierungslosigkeit im Optionen- und Doppelbelegungs-Dschungel. Dieses Bedienkonzept, in Kombination mit gelungenem Design und schicker Beleuchtung, regt die Kreativität an. Ich stelle jedoch (berufsbedingt) hohe Ansprüche an Musikinstrumente mit einem hohen Preis. Und hier ist der Knackpunkt: unterm Strich finde ich es zu teuer. Für einen Ladenpreis von 650 Euro vermisse ich vieles, was im Absatz “Anwender: Pro” (siehe oben) aufgeführt ist. Dass ich so gut wie nicht in die Klangerzeugung oder ins Microtiming eingreifen kann, ist zwar schade, geht für mich in Hinblick auf das Bedienkonzept aber in Ordnung. Denn gerade in seiner Einfachheit liegt auch der Reiz dieses Instruments.
Auch wenn mit dem OS 2.0 viel verbessert wurde, sind noch ein paar Reste an Kinderkrankheiten auszumerzen. Mit ein paar Detailverbesserungen und einem attraktiveren Preis hätte das Tenori-On Orange gute Chancen, zu einem regelrechten Renner auf dem Musikmarkt zu werden! In seiner jetzigen Form erscheint es mir persönlich zwar gut einsetzbar, aber noch immer nicht ganz ausgereift. Ich bin auf die Weiterentwicklung dieses Produkts gespannt und ich möchte mein Testgerät am liebsten behalten.
Yamaha Tenori-On Orange
Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
Design und Haptik
Spaß dank einfacher Bedienung
kreativitätsanregend
Laden von eigenen Samples möglich
viele Verbesserungen im OS 2.0
Contra
Timing-Bugs in wenigen, bestimmten Fällen
kein USB
keine Velocity
kein Eingriff in Klangerzeugung und Microtiming möglich
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von X. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.