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Winter Modular Eloquencer Test

Schon alleine der erste Blick lässt Modul-Sammler und Eurorack-Nerds dahinschmelzen. Viele leuchtende und blinkende LEDs, ein CV-Patchfeld für die wichtigsten Parameter, ein OLED-Display und die rot ins Auge springende Sequenzer-Anzeige für alle Steps. Wow. Was will man mehr? Ach so – es geht ja hier um Technik und Funktionalität, und nicht um Design. Aber genau das bringt Eloquencer aus dem Hause Winter Modular ebenso mit. Wer einen ausgereiften und vielseitigen CV-Sequenzer sucht, sollte hier alles bekommen, was das Herz begehrt. Oder besser gesagt, was ein Nutzer für eine vielseitige Anwendung benötigt.

Winter Modular Eloquencer Test. (Foto: Winter Modular)
Mit Eloquencer ist den Machern Winter Modular ein wirkliches Meisterwerk gelungen. (Foto: Winter Modular)


Was der Eloquencer von Winter Modular zu leisten vermag, untersuchen wir in unserem ausführlichen Testbericht.

Details

Eloquencer ist die erste Veröffentlichung der in Barcelona ansässigen noch jungen Entwickler-Schmiede ‚Winter Modular‘. Dazu ist die familienbetriebene Firma (das Ehepaar Eloi und Marta) absolut sympathisch und steckt noch so jede freie Minute in die Weiterentwicklung des update-fähigen Moduls. Und das befindet sich zum Zeitpunkt des Tests bei Firmware Version 1.2. Zur Superbooth 2018 durfte ich die Beiden persönlich kennenlernen und war ab der ersten Sekunde von ihrer Vision überzeugt. Glücklicherweise wird die gesamte Eurorack-Szene (eine Ausnahme ist hier zum Beispiel der Musikinstrumentenhersteller Roland) von solchen kleinen Firmen geprägt, die diese eigene Welt durch ihre Offenheit und Weitsicht interessant gestalten. Weiter so!
Der 16-Step Sequenzer ist von Grund auf solide verbaut. Es gibt keine wackelnden Elemente. Jeder Button und auch der klickbare Data-Encoder sitzen bombenfest. Die Anordnung ist ebenso gut gelöst. Die 16 CV-Ausgänge zur Steuerung der Ziele befinden sich an der rechten Seite, also recht weit von der eigentlichen Bedienoberfläche entfernt. Die Kabel sollten hier nicht unbedingt stören. Die Eingänge sowie Clock- und Aux-Ausgänge sitzen oben. Hier solltet ihr schon darauf achten, dass die Kabel anständig liegen. Ansonsten stört das die Bedienung der Basis-Funktionen.
Die Software unter der Haube läuft über einen Arduino-Prozessor. Sie besitzt eine Menge an interessanten Zusatz-Features für extreme Eingriffe in die Welt der Sequenzen. Hierzu gehören ausgeklügelte Zufallsgeneratoren, unterschiedlich einstellbares Ratcheting, Tonhöhen- und Skalen-Quantisierung, variable Laufrichtungen und Längen pro Track, Wahrscheinlichkeit für CV und Gate, Verkettung mehrerer Parts für bis zu 256 Steps pro Track und eine Pattern-Reihung für komplette Song-Kreationen.
Im Lieferumfang befindet sich neben der Hardware ein Flachbandkabel zum Anschluss an ein Euroracksystem und vier Schrauben, welche die Hardware im Case halten sollen. Dazu gibt es eine 128 Megabyte große Mini SD-Karte und zwei Aufkleber des Herstellers. Ein Handbuch sowie Update-Dateien werden als Download auf der Internetseite des Herstellers angeboten.

Der Eloquencer von Winter Modular ist ein solide gefertigter 16-Step Sequenzer. (Foto: Marcus Schmahl)
Der Eloquencer von Winter Modular ist ein solide gefertigter 16-Step Sequenzer. (Foto: Marcus Schmahl)

Gehäuse und Oberfläche

Eloquencer ist in zwei farblichen Ausführungen erhältlich: Schwarz und Silber. Die schwarze Version enthält einen weißen und orangefarbenen Aufdruck der Funktionsbeschreibung aller Regler und Tasten, die Silberne einen schwarzen und rotfarbenen Aufdruck. Beides ist sehr gut lesbar und hebt sich deutlich von dem Untergrund ab. Ansonsten aber gibt es absolut keinen Unterschied.
Die Oberfläche ist für eine reibungslose Bedienung logisch angeordnet. Unten befinden sich die LED-hintergrundbeleuchteten Step-Tasten, die zusätzlich weitere Funktionen bedienen (dazu später mehr), links neben den CV-Ausgängen wählt ihr über weitere Buttons den zu bearbeitenden Track. Die Knöpfchen fühlen sich sehr gut an und lassen sich auch mit einem Klick gut bedienen. Oberhalb der großen Rot eingefärbten Step-Anzeige für alle acht Tracks, liegen die Funktionstasten für CV (zum Beispiel Tonhöhe), Gate, Gate Länge und Ratcheting sowie Play/Stop und eine Art Shift Taste (Function).
Ein OLED-Display zeigt uns Parameterwerte und Einstellungen, die über den klickbaren Endlos-Encoder justiert, bzw. eingestellt werden. Teilweise sogar für jeden Schritt der aktivierten Spur. Unterhalb des Date-Reglers ist ein Slot für eine MiniSD-Karte zum Abspeichern und Laden von Sequenzer-Daten.
Das war es auch schon. Alles Andere spielt sich im Zusammenspiel der vielen Funktionen ab, die verschiedene Spannungen als Gate- und CV-Signal an die Empfänger senden.

Fotostrecke: 4 Bilder Eloquencer ist angekommen. (Foto: Marcus Schmahl)

Sequenzer

Die einfachen Aufgaben des Sequenzers sind schnell und einfach erklärt. Über 16 Buttons, welche die Steps eines ausgewählten Tracks repräsentieren, werden Gates und deren Länge gesetzt. Jedem Schritt könnt ihr dann Spannungswerte zuweisen, die Notenwerten oder Tonhöhen entsprechen. Somit entsteht eine Melodie- oder Groove-Folge. Aber jeder Schritt enthält weitere Daten. Und zwar CV Variation Probability, CV Variation Range, Gate Probability, Tie, Gate Length Variation Probability, Gate Length Variation Range, Ratcheting, Ratcheting Probability und Ratcheting Variation Probability. Und das läuft natürlich in der Geschwindigkeit der internen oder extern eingeleiteten Clock.
Darüber hinaus ist die Step-Länge pro Track einstellbar. Aber auch der Start- und Endpunkt. Und dazu noch die Abspielrichtung. Diese enthält sogar verschiedene Spielweisen, wie vorwärts, rückwärts, als Pendel, zufällig, mit festgelegten Wiederholungen eines Schritts (Rep X) und Geschwindigkeits-abhängig zur Clock (Div X). Um alle Spuren wieder im Takt einzufangen, gibt es Master Track. Und der ist entweder mit einer vorhandenen Spur verknüpft, oder läuft stupide einen festgelegten Zahlenwert von 1-64 Steps ab. Dann sendet er einen Reset und alles beginnt wieder auf der Eins.
Sitzt die Sequenz nicht an der richtigen Stelle? Kein Problem. Mit Pattern oder Track Shift bekommt ihr auch das in den Griff. Über die Fill-Funktion werden Performance-seitig Drum Fills erzeugt. Und die löst ihr durch Druck auf die gewünschten Track-Buttons und der Fill-Action aus. Alle anderen Step-Parameter setzen in diesem Moment aus. Copy und Paste sind natürlich ebenso mit an Bord und dürfen bei einem ausgewachsenen Sequenzer auch nicht fehlen. Und das funktioniert von Tracks zu anderen Tracks und Tracks zu anderen Patterns. Aber auch Duplizieren ist möglich. Wer gar nicht zufrieden ist, löscht mit “Clear” einfach die Spur oder das komplette Pattern.
Eine weitere Möglichkeit Patterns zu kreieren ist die Live-Aufnahme. Diese bietet euch drei Modi. Im Gate Mode könnt ihr über die Track-Buttons der einzelnen Spuren Sequenzen mit verschiedenen Gate-Längen eintriggern. Die Länge korrespondiert natürlich mit der Halte-Zeit des Trigger-Vorgangs. CV Mode wandelt die untenliegenden Buttons in ein chromatisches Keyboard. Somit könnt ihr wie gewohnt Notenwerte und Gates eines einzelnen Tracks einspielen und aufnehmen. Ein weiterer Modus ist Free Play. Hier wird nichts recorded. Ihr könnt das Modul so als MIDI-Controller verwenden und ähnlich wie im CV Mode über die “Klaviatur” Noten an verschiedene Track-Quellen schicken. Das ist sehr interessant für Live-Performer.
Ein regelbarer Shuffle-Wert lässt die einzelnen Tracks in gewohnter Weise grooven (leider nur mit intern generiertem Tempo). Ratcheting erzeugt intra-Step-Wiederholungen von einem Anschlag, quasi Zwischenschläge. Bis zu Drei sind hier erlaubt und die könnt ihr frei auf den drei Stellen positionieren. Was wäre ein Eurorack-Sequenzer ohne Random? Oh ja. Das darf natürlich nicht fehlen. Und hier wird euch einiges angeboten. Der Zufallsgenerator ist nämlich komplett einstellbar. Und zwar müsst ihr auswählen, welche Parameter verändert werden dürfen, deren Umfang, und dann das Ganze noch bestätigen. Sehr schöne Funktion! Das bringt ein wenig Leben in die Bude und zerstört im positiven Sinne die Statik.
Das Fassungsvermögen des Systems beläuft sich auf 128 Projekte mit einem Maximum an 8192 Patterns. 16 Patterns ergeben ein Part. Davon könnt ihr wiederum 64 pro Projekt festlegen, bzw.  abspeichern. Ein Song kann aus bis zu 256 Parts bestehen. Und genau so viele könnt ihr im Speicher der Hardware ablegen. Das ist Einiges und vor allem mehr als ausreichend für üppige Live-Performances. Für solche Vorhaben werden auch noch Mutes geboten. Hiermit könnt ihr ‚on-the-fly‘ Spuren muten und auf diese Weise Songs live arrangieren.

Songs und mehr!

Als wäre es nicht schon genug: Eloquencer kann noch einiges mehr. Jede Spur kann nämlich auch als LFO missbraucht werden. Zwar nicht als echte lineare Schwingung, sondern als Step. Es wird pro Schritt (oder mit Vielfachen des Schritts) eine Schwingung vollzogen, die dann über den CV-Ausgang eine Quelle moduliert. Das Gate bleibt im normalen Zustand und sendet natürlich weiterhin, bei gesetzten Trigger-Punkten, die üblichen Werte an die Empfänger.
Songs sind Aneinanderreihungen von Patterns. Eigentlich einfach und logisch. In einem Track könnt ihr an x-beliebigen Stellen Pattern-Wechsel programmieren. So entsteht das Arrangement. Auf Wunsch des Modul-Gurus und Sounddesigners Richard Devine implementierten die Entwickler ein Spezial-Feature: den Devine Mode. Wer den Meister der Patchkabel kennt, weiß, dass das sicherlich nichts Geradliniges sein kann. Und ja: Es ist eine Art ‚Realtime-Pattern-Switch‘. Hier könnt ihr durch Drücken gewünschter Pattern-Buttons Ziele auswählen, dann springt der Sequenzer zwischen den verschiedenen Patterns hin und her. Geboten werden die Modi: Vorwärts, rückwärts, zufällig, “Coin Toss” und “Drunken”. Irgendwie komplex, kompliziert und ja, ein wenig wirr.
Und da wir hier schon bei dem Thema “Zufall” sind: Probability, also Wahrscheinlichkeiten, spielen bei Eloquencer auch eine sehr große Rolle. Diese können nämlich pro Step mehrfach unseren Sequenz-Ablauf beeinflussen. Und das in acht verschiedenen Größen, und das für Gate, Gate Länge, Notenhöhe (auch quantisiert), Ratcheting und Ratcheting Variation: 0%, 14,3%, 28,6%, 42,9%, 57,1%, 71,4%, 85,7% und 100%. Je höher der Wert, desto mehr Zufall. Sehr interessant!
Weitere Performance-Tools sind Freeze und Revert. Hiermit könnt ihr nämlich einen Snapshot eines Patterns in den Speicher legen, das Pattern komplett zerlegen und vielleicht sogar in Echtzeit ein Break-Down bauen. Und mit Revert gelangt ihr sofort wieder zum eigentlichen Pattern zurück. Und das mit nur einem Klick. Eine wichtige Funktion für alle Live-Spieler!

Anschlüsse

Anschlussseitig ist Eloquencer recht übersichtlich gestaltet. Rechts seht ihr für jeden der acht Tracks je einen Gate- und einen CV-Ausgang. Dazu gibt es zwei CV-Eingänge zum Fernsteuern zuweisbarer Parameter des Sequenzers, ein Reset- sowie Clock-Eingang für den richtigen Sync zu anderen Geräten oder der DAW, ein AUX-Ausgang für ein weiteres Gate-Signal oder zur Steuerung des Reset-Signals für einen weiteren Sequenzer. Dazu gibt es einen Clock-Ausgang, der die Clock weiterreicht oder Vielfache hierzu ausgibt.
Auf der Platine des guten Stücks sitzt seitlich ein micro-USB Anschluss. Über den könnt ihr Updates einspielen oder den bald zur Verfügung stehenden Open Source Code installieren.
Das war es auch schon. Und los geht es mit dem Praxisteil!

Fotostrecke: 2 Bilder Eine sehr schmale Bauweise. (Foto: Marcus Schmahl)
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