Der Flanger ist ein traditionsreicher und uralter Effekt, dessen Ursprünge bereits in den 40er-Jahren zu finden sind. Als eigenständiger Sound startete er seinen Siegeszug durch die Musikgeschichte mit Legenden wie Les Paul, den Beatles oder Jimi Hendrix und prägte die Sounds unzähliger weiterer Künstler, darunter Andy Summers, Eddie Van Halen oder “Rage against the Machine“.
Der Klang ist allseits bekannt und die meisten werden mit dem Flanger sicherlich sogenannte „swooshy“ Modulationsorgien oder den krassen metallischen „Jet Plane“-Sound assoziieren. Aber viele wissen nicht, dass es sich beim Flanger um weitaus mehr als nur ein “One-Trick-Pony” handelt, denn er ist ein wahres Chamäleon unter den Modulationspedalen, das noch sehr viele andere Klangoptionen in sich trägt. Das macht seine Bedienung unter Umständen etwas kompliziert oder zumindest undurchsichtig. Daher wollen wir euch hier dieses Effekt-Urgestein etwas näherbringen und euch verraten, was man mit einem simplen Flanger-Pedal so alles anstellen kann!
History
Die Ursprünge dieses Effekts finden sich wie so oft in der Studiotechnik. Dort ließ man zwei Bandmaschinen eine identische Aufnahme abspielen und bremste bei einer von ihnen mit dem Finger die Spule am Rand bzw. Flansch, englisch „flange“. Durch diesen Vorgang erzeugte man gegenüber der anderen Bandmaschine eine Veränderung der Laufzeit, aber auch der Tonhöhe, was den typischen Flanger-Sound auszeichnet. Dieser Effekt fand bei Künstlern wie z. B. Les Paul bereits in den 40er- und 50er-Jahren Verwendung, wurde jedoch erst in den 60ern so richtig populär. Hier sind vor allem Künstler wie die Beatles mit dem Abbey Road Engineer Ken Townsend maßgeblich an der Verbreitung dieses Klangs beteiligt, der auf dem Stück „Tomorrow never knows“ sehr gut zu hören ist. In der Folge fand man den Sound bei Jimi Hendrix mit seinem Produzenten Eddie Kramer und den „Small Faces“. Ab den Siebzigerjahren musste man nicht mehr auf die aufwändige Art des manuellen Bremsens einer Bandmaschine zurückgreifen, sondern konnte den Effekt elektronisch mit Eimerkettenspeichern (Bucket Brigade Device, BBD) und neuerdings auch auf digitale Weise reproduzieren. Den Flanger-Effekt gibt es heute analog und digital in Pedalform von diversen Herstellern, wobei sich die Geräte in Sound und Potibelegung teilweise deutlich unterscheiden.
Abgrenzung von anderen Modulationseffekten
In der Welt der Gitarrenpedale sind diverse Modulationstypen verfügbar, wobei vor allem Chorus, Phaser und Flanger vorherrschen.
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Allen Dreien ist gemein, dass das Originalsignal erst aufgesplittet wird und man dem trockenen Signal anschließend eine bearbeitete Abzweigung „unterjubelt“. Die Art und Weise, wie dieser gesplittete Anteil bearbeitet wird, resultiert in den unterschiedlichen Gattungen.
Beim Chorus wird das abgezweigte Signal zwischen ca. 5 und 25 ms zeitverzögert und mit einem LFO moduliert. Dadurch entsteht ein Sound, der eine Mischung aus trockenem und Modulationsanteil ist. Dreht man nun den Mix-Regler, sofern vorhanden, komplett auf “Wet”, erhält man den „Vibrato“-Effekt, der ebenfalls als eigenständige Gattung hohe Popularität genießt. Der Unterschied zum Flanger liegt einerseits in der Verzögerung zwischen den beiden Signalanteilen, die bei Letzterem wesentlich kürzer ausfällt und mit weniger als 1 ms bis 5 ms zu Buche schlägt. Und es gibt die Möglichkeit, über ein Feedback-Poti den verzögerten Anteil wieder an den Anfang der Effektkette zurückzuschicken.
Auch beim Phaser findet diese Signalaufteilung statt, nur entfällt die Zeitverzögerung der beiden Signale. Vielmehr wird die Abzweigung durch einen Allpassfilter geschickt, wodurch es zu Phasenauslöschungen, aber auch Phasenverstärkungen kommt, die den charakteristischen Sound ausmachen.
Das Verständnis dieser Unterschiede mag zwar etwas technisch klingen, ist jedoch unerlässlich, wenn man die Potibelegung begreifen und das Maximum aus seinem Flanger zaubern will.
Potis und Parameter
Betrachtet man die Potis, die man auf einem klassischen Flanger-Pedal antrifft, so gibt es natürlich starke Überschneidungen zu den in Punkt 2 genannten Modulationstypen wie dem Chorus und dem Phaser. Da unterschiedliche Hersteller auch abweichende Bezeichnungen verwenden, möchte ich auf die vier grundlegenden Parameter hier eingehen.
a) Rate
Rate oder auch Speed regelt die Geschwindigkeit der LFO-Modulation. Niedrige Werte führen zu einer langsamen Wellenform, wohingegen hohe Werte schon fast Rotary-artige Sounds erzeugen.
b) Depth
Depth oder Width bestimmt die Tiefe der LFO-Kurve, wobei niedrige Werte zu einer sanften Modulation führen und hohe den Sound extremer gestalten.
c) Manual
Manual, auch Sweep oder Delay genannt, bestimmt den Abstand zwischen Original- und Verzögerungssignal. Oder um in der Analogie der Bandmaschinen zu bleiben: wie asynchron beide Tapes laufen. Dieser Parameter bestimmt auch, in welchem Frequenzspektrum der Flanger arbeitet. Daraus folgt: Je höher der Depth-Knopf steht, desto weniger effektiv ist der Manual-Regler, da eine hohe Amplitude des LFOs bereits ein großes Spektrum abdeckt und das Verschieben der Frequenz zu geringeren Veränderungen führt. Setzt man Depth hingegen auf den Minimalwert, wird der Flanger zu einem feststehenden Filter, dessen Frequenz man ebenfalls über den Manual-Regler bestimmen kann. Übrigens arbeitet dieser bei vielen Flanger-Pedalen entgegen dem Uhrzeigersinn. Niedrige Manual-Settings führen zu längeren Delayzeiten, sprich, man dreht im Uhrzeigersinn quasi von Chorus- zu Flanger-Werten.
d) Feedback
Feedback bzw. Regen(eration) oder Resonance bestimmt, wie viel vom Effekt wieder an den Anfang der Signalkette zurückgeführt wird. Hohe Werte intensivieren den Effekt, wohingegen das Drehen auf den Minimalwert das Pedal zu einem Quasi-Chorus macht, da, wie oben beschrieben, Choruspedale kein Feedback besitzen.
Acht verschiedene Modulationseffekte und Klangbeispiele
Kommen wir nun zu ein paar interessanten Settings, die man einem Standard-Flanger entlocken kann, sofern die Potiauswahl das zulässt. Die genannten Stellungen sind ungefähre Richtwerte, die je nach Auslegung des Pedals natürlich leicht unterschiedlich ausfallen können. Kommt ein Verzerrer zum Einsatz, macht es Sinn, die Platzierung des Flangers zu überdenken. Benutzt man ansonsten Modulationseffekte wie das Uni-Vibe, Phaser oder Tremolo genau so gerne vor wie hinter der Zerrsektion, wird man die deutlichsten Flangersounds eher im Effektloop bzw. hinter dem Verzerrer erhalten. Auch hier gibt es natürlich Ausnahmen. So hat z. B. Eddie Van Halen seinen MXR-Flanger in Ermangelung eines Einschleifwegs an seinem Marshall definitiv vor der Zerrstufe platzieren müssen. Fakt ist allerdings: Je mehr Zerre gefüttert wird, desto mehr harmonischer Inhalt wird geboten, an dem der Flanger sich “abarbeiten” kann.
Für die Klangbeispiele spiele ich zunächst eine Maybach Les Paul. Jedes File kommt in einer cleanen und einer verzerrten Ausführung, wobei ich den Wampler Tumnus als Overdrive einsetze und in einen cleanen Fender Bassman spiele. In meinen Beispielen benutze ich einen Boss BF-2, einen Walrus Audio Polychrome und einen TC Electronic Vortex Flanger, allerdings werdet ihr mit Modellen wie dem MXR EVH-117, dem MXR M-117R oder dem Boss BF-3 ähnliche Resultate erzielen.
Hier hört ihr meinen Cleansound ohne Effekte:
a) klassischer Flangersound
Die meisten Pedale werden den typischen Flangersound mit dem leicht metallischen “Swoosh” bei allen Potis in der 12-Uhr-Stellung preisgeben. Experimentiert mit dem Resonance-Regler und stellt Speed nach eurem persönlichen Geschmack ein.
AUDIOFILE | Manual | Rate | Depth | Res |
Klassischer Flangersound – Clean | 12:00 | 12:00 | 12:00 | 13:00 |
Klassischer Flangersound – Crunch | 12:00 | 12:00 | 12:00 | 13:00 |
b) Jetplane Effekt
Das Geheimnis des übertriebenen Jet-Plane-Effekts liegt hauptsächlich im Resonance-Regler: Je höher dieser platziert ist, desto tiefer fliegt das Flugzeug. Rate und Depth könnt ihr auf mittlere Werte setzen, wobei ein höherer Depth-Regler den Effekt zusätzlich intensiviert. Gerade hier sorgt ein vorgeschalteter Verzerrer für extreme Sounds.
AUDIOFILE | Manual | Rate | Depth | Res |
Jetplane – Clean | 11:00 | 13:00 | 13:00 | 15:00-Max |
Jetplane – Crunch | 11:00 | 13:00 | 13:00 | 15:00-Max |
c) Chorus
Wie erwähnt, besitzt der Chorus keinen Feedback-Loop, weshalb der Resonance-Regler auf den Minimalwert eingestellt werden sollte. Auch das Manual-Poti, welches das Delay bestimmt, sollte auf eine längere Delayzeit gesetzt sein, die, wie eingangs erwähnt, meist in der Minimalstellung zu finden ist. Alle anderen Potis können nach Gusto eingestellt werden, wobei ich hier einen niedrigen Depth- und einen höheren Rate-Wert bevorzuge.
AUDIOFILE | Manual | Rate | Depth | Res |
Chorus – Clean | Min | 15:00 | 9:00 | Min |
Chorus – Crunch | Min | 15:00 | 9:00 | Min |
d) Filter
Setzt man den “Width”-Regler auf den Minimalwert, “friert” man den LFO quasi wie einen festen Filter ein. Der Manual-Regler erlaubt nun, das Frequenzband nach Gusto zu verschieben, ganz ähnlich, wie dies ein Wah-Pedal machen würde. Resonance sollte hoch geparkt werden, um einen intensiveren Effekt wahrzunehmen.
AUDIOFILE | Manual | Rate | Depth | Res |
Filter – Clean | 9:00 | 12:00 | Min | Max |
Filter – Crunch | 9:00 | 12:00 | Min | Max |
e) Rotary Sound
Da man einen Rotary-Effekt aus einem Chorus und einen Chorus-Effekt aus einem Flanger gewinnen kann, sollte uns auch dieses Vorhaben gelingen. Dazu gilt erneut, den Resonance-Regler auf Minimum zu setzen, allerdings müssen wir nun mit dem Speed-Poti auf sehr hohe Werte gehen. Parkt man nun einen Overdrive dahinter, erhält man sehr schnell typische John Scofield Rotary-Sounds, die dieser übrigens mit einem Choruspedal erzielt.
AUDIOFILE | Manual | Rate | Depth | Res |
Rotary – Clean | Min | Max | 14:00 | Min |
Rotary – Crunch | Min | Max | 14:00 | Min |
f) Sci-Fi Sound
Natürlich kommt es auch nicht überraschend, dass der Flanger sich ganz hervorragend für richtig abgedrehte Sounds eignet. Möchte man ein tollen, “waberigen” Sci-Fi-Sound erzeugen, sollte man in die Extreme gehen. Hierzu setze ich alle Werte auf Maximum und stelle die Rate nach Geschmack ein.
AUDIOFILE | Manual | Rate | Depth | Res |
Sci-Fi – Clean | Max | 15:00 | Max | Max |
Sci-Fi – Crunch | Max | 15:00 | Max | Max |
Zum Abschluss gehts an ein Auto-Wah und Phaser/Uni-Vibe-Simulationen. Hierzu wähle ich eine Stratocaster und parke meinen Overdrive hinter dem Flanger, so wie man dies bei den emulierten Effekten auch machen würde.
g) Auto Wah
Ich will ehrlich sein: So richtig wie ein echter Auto-Wah klingt das Ganze nicht, aber man kann schon in die Richtung dieses Sounds schielen. Hierzu könnt ihr Manual und Resonance auf niedrige Werte setzen, wobei ich Rate und Depth mittig platzieren würde.
AUDIOFILE | Manual | Rate | Depth | Res |
Auto Wah Fake – Clean | 10:00 | 13:00 | 12:00 | 8:00 |
Auto Wah Fake – Crunch | 10:00 | 13:00 | 12:00 | 8:00 |
h) Phaser/Univibe
Wie eingangs festgestellt, besitzt der Standard-Phasersound nicht zwangsläufig Feedback (auch wenn es einige Modelle mit Feedback-Schalter bzw. -Regler gibt, um den Sound zu intensivieren) und auch keine Zeitverzögerung. Das heißt, Manual sollte relativ hoch, Resonance jedoch eher niedrig gesetzt sein. Rate und Depth sind Parameter, die auch bei einem Phaser normalerweise anzutreffen sind, und können je nach Geschmack eingestellt werden.
AUDIOFILE | Manual | Rate | Depth | Res |
Phaser/Univibe – Clean | 13:00 | 12:00 | 12:00 | Min |
Phaser/Univibe – Crunch | 13:00 | 12:00 | 12:00 | Min |
Damit wünsche ich euch gutes Gelingen beim Entdecken der Möglichkeiten, die euch euer Flanger bietet.