the t.bone RB 770 Test

Nein, das the t.bone RB 770 hatten wir noch nicht im Test. Allerdings: Das aktive Bändchenmikrofon gleicht dem Kondensatormikrofon the t.bone SC 1200 wie ein Ei dem anderen. Kunststück, es ist das gleiche Gehäuse. Und auch schon das MXL R77, im Test vor geschlagenen zwölf Jahren, sah sehr ähnlich aus. 

RETRO-DESIGN MIKROFON

Nun ist von der Thomann-Hausmarke also ein Ribbon-Mike auf dem Markt – zu einem attraktiven Preis und ebensolchem Äußeren. Da freue ich mich als Bändchenfreund, dass ich als Recording-Redakteur als „Bestimmer“ entscheiden kann, welcher Autor welches Testgerät bekommt. „RB 770? Hier, ich!“

Quick Facts zum the t.bone RB 770

  • aktives Bändchenmikrofon
  • Look dem RCA 77 DX nachempfunden
  • Richtcharakteristik Acht

Details

Die „77“ und die Form: Beides sind Klassiker.

Die Pillenform und das Zahlenkürzel machen klar, welcher Urahn hier referenziert wird: Die 77er-Mikrofone der RCA. Die Radio Corporation of America stellte eine Reihe Gerätschaften her, wie etwas den Röhrenpramp OP-6 und sogar Röhren. Auch die RCA-Stecker- und Buchsennorm, bei uns auch als „Cinch“ bekannt, geht auf das Konto der Nordamerikaner. Vor allem das RCA 77 DX ist in Klang und Form aus der Welt nicht mehr wegzudenken. Ich meine nicht nur „Recording“-Welt: Selbst ein häufiges Mikrofon-Icon zeigt ein stilisiertes 77, damit ist die Form wohl so bekannt wie die „Eistüte“ Shure SM58. AEA, die quasi die RCA-Bändchensparte beerben, haben auf dieser gestalterischen Basis die Mikrofone R84, R92 und R88 entwickelt. Es ist also kein Wunder, dass auch t.bone sich an die ikonische Vorgabe hält. Außerdem: Die „Lollipop“-Form gibt es mit dem RM 700, den „Bootsfender“ in Gestalt des RB 500. Ich bin mir bewusst, dass ich damit eine Reaktion von kreischender Begeisterung über Gleichgültigkeit bis hin zu geradezu aggressiver Ablehnung induziert habe, aber das Gehäuse des SC 1200 war jenes, welches ich in einer Relic-/Aging-Aktion zu einemRat-Style-Mikrofon umgebastelt habe. 

Das t.bone RB 770 ist ein aktives Bändchenmikrofon.

Neben klassischem Äußeren gibt es aber recht modernes Inneres. Denn anders als RB 500 und RM 700, ist das the t.bone RB 770 ein aktives Bändchenmikrofon. Das bedeutet, dass eine Elektronik eingebaut ist, die dem meist recht schwachen Signal, das durch den Bändchenmotor entsteht, mit einer Pegelanhebung auf die Beine hilft. Dadurch ist der „gefährliche“ Weg für das Signal durch das Kabel bis zum Preamp deutlich entschärft und schwächere Preamps, wie etwa solche bei normalpreisigen Audio-Interfaces, müssen nicht mehr so viel leisten. Um die aktive Elektronik zum Leben zu erwecken, ist es notwendig, am Mikrofonvorverstärker die 48V-Phantomspeisung zu aktivieren. Sonst gibt das Mikrofon keinen Mucks von sich. 

BÄNDCHENMIKROFON GEÖFFNET
Unterhalb des Grills liegt der obligatorische Übertrager (Tonnenform), darunter die Platine für die Aktivelektronik.

Recht empfindlich, weil aktiv

Aufgrund der Aktivelektronik beträgt die Empfindlichkeit des RB 770 11,2 mV/Pa. Das ist für Kondensatormikrofone normal, für dynamische Mikrofone, zu denen die Bändchen zählen, ist das hingegen ein stolzer Wert. Typisch fürBändchen hingegen ist die Richtcharakteristik: Es ist eine Acht. Der Grenzschalldruckpegel ist hier tatsächlich angegeben, und zwar mit 150 dB SPL. Das ist hoch, aber Bändchenmikrofone sind trotz ihres delikaten Bändchens sehr pegelfest. Empfindlich sind sie aber gegenüber Luftzug – dieser kann sie beschädigen. Dass der Frequenzgang (ohneNennung der dort herrschenden Dämpfung) bei 18 kHz endet, ist ein typisches Wesensmerkmal des Bändchenklanges.

GRILL Vintage-Mikrofon
Mit 11,2 mV/Pa ist das Mikrofon empfindlich für ein Bändchen – aufgrund der Aktivelektronik.

XLR-Buchse, keine Schaltfunktionen

Anders als einige Bändchen wird das 770 nicht mit einem fixen Kabel ausgeliefert, sondern besitzt eine XLR-Buchse.Diese, genaugenommer der dort eingesteckte XLR-Stecker, verhindert allerdings eine komplett freie Bewegung in der Mikrofongabel. Schaltfunktionen gibt es keine, wenngleich zum Beispiel das ebenfalls aktive AEA KU5A sinnvollerweise mit einem zuschaltbaren Hochpassfilter ausgestattet ist. 

XLR-BUCHSE BÄNDCHENMIKRO
XLR-Buchse

Lieferumfang des the t.bone RB 770

the t.bone liefern das in China produzierte RB 770 mit einem Windschutz aus, den man aber aufgrund der angesprochenen Empfindlichkeit bitte eher als Poppschutzverstehen sollte. Im Köfferchen findet neben Mikro und Schaumstoff auch noch eine Tasche Platz.

Lieferumfang
Beutel und Aufsteckschaumstoff – der Koffer ist nicht im Bild

Schwer und schwer gesellt sich gern

Mit einem Kilogramm Abtropfgewicht ist das the t.bone RB 770 ein durchaus schweres Mikrofon. Wen es interessiert: Das ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange, manche AEAs und das Melodium 42Bn mit seinen dicken Alnico-Magneten sind weitaus wuchtiger. Dennoch ist für das RB 770 ein ordentliches, gerades Stativ nötig. Plant man dieOverhead-Nutzung bei Drumkit, den Reversebetrieb bei Vocals oder Instrumenten oder gar hohe Chor-, Orchester- oder Raummikrofonierung, sollte ein wirklich haltbares System zum Einsatz kommen. Es muss kein Starbird sein, aber ein ordentlicher Latch Lake, K&M oder dergleichen, vom Preis jeweils oberhalb des Mikrofons, sollte bei Galgenbetrieb schon Verwendung finden. Ein stabiler Ständer hätte auch einen anderen Grund: Das RB 770 ist nicht so aufwändig mit Gummi gedämpft. Je leichter das Stativ, desto geringer in der Regel die Trittschalldämpfung.

Materialien und Verarbeitung ok

Deutsche und japanische Mikrofone kann man reinen Gewissens als die am besten verarbeiteten bezeichnen. Das the t.bone RB 770, das zum Test vorlag, zeigte sich robust und ohne Fehler. Die Oberflächenbehandlungen durch die Schwarzverchromung und die Lackierung sind ordnungsgemäß, wenngleich keine Meisterstücke. Eingedenk des Preises geht das dies völlig in Ordnung. 

t.bone Made In China
Die Schwarzverchromung und die Lackierung sind ok für den Preis, aber nicht perfekt.

RB 770 rauscht wenig

Durch die geringe Spannung, die bei Bewegungen des dünnen Metallbands im Magnetfeld erzeugt, ist das durch einen Preamp hochverstärkte Signal eines Bändchenmikros oft rauschiger als das von Kondensatormikrofonen. Das ist grundsätzlich auch beim RB 770 der Fall. An dem eher einfachen Audio-Interface wie dem, das ich für die Audiofiles benutzt habe, fällt der Unterschied zu passiven Bändchen aber absolut positiv aus. An hochwertigen Preamps war kein Unterschied zu den anderen Bändchen festzustellen.

Das t.bone RB 770 kann mit den Großen mitspielen

Workshop Bändchenmikrofone verwenden
Workshop Bändchenmikrofone verwenden
How to: Coles 4038 benutzen

Dem ersten Eindruck nach sind die Klänge, die das t.bone an den Preamp kabelt, einem Coles 4038 gar nicht so unähnlich. Nun, Bändchen sprechen prinzipiell die gleiche Sprache. So ist auch das BR 770 leicht weich, mit einem runden, aber eher trockenen Bass, wenig Schärfe und zwar nicht sehr pegelstarken, aber dennoch durchaus luftigen Höhen. Im Vergleich zu den weiteren durchweg teureren Vergleichsmikrofonen AEA R84, Beyerdynamic M130, Stager SR-2N mkIII fällt das t.bone nicht negativ auf. Es kann durchaus mitspielen. Es gibt gleichwohl reichlich Unterschiede. Das AEA R84 klingt deutlich reicher und crisper, das Stager SR-2N ist saftiger im Oberbass und den Tiefmitten. Das Beyerdynamic M130 als notorisch natürlich und unaufgeregt klingendes Bändchen ebenfalls ein wenig dicker aufgestellt als das 770. Das t.bone RB 770 positioniert sich bei vielen Klangparametern schön in der Mitte. Es verbreitert S und T nicht so stark wie ein R84, ist aber auch nicht so schnell und knackig unterwegs wie das 4038. Greift man zu stärkeren EQs und Kompressoren, so zeigt sich, dass das Signal des RB 770 nicht ganz so tief editiert werden kann wie es bei den teureren Vertretern der Fall ist. Allerdings ist es bei Bändchen oft auch gar nicht nötig, exzessiv zu bearbeiten.

Audio Samples
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the t.bone RB 770 Coles 4038 AEA R84 Stager SR-2N Beyerdynamic M130

Der Proximity-Effect ist ausgeprägt, aber nicht so übertrieben, dass ich mich jetzt zu Vergleichen mit dem „Bass 770“ (einem Muscle Car…) hinreißen lassen könnte. Das Signal wird bei geringem Abstand dicker, fängt aber erst unterhalb von 10 cm an zu schwimmen und das Signal indifferent werden zu lassen. Dass die Höhen zu „leiden“ beginnen, findet schon bei etwas höheren Abständen statt. Beim File mit 10 cm Abstand ist das gut erkennen. 

Audio Samples
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RB 770, 10 cm Abstand RB 770, 30 cm Abstand

Recht gut gelingt das „Nulling“, also das Verschwindenlassen von Bleed-Signalen wie benachbarten Instrumenten oder Reflexionen. Die Dämpfung bei 90 und 270° ist hoch, die Klangfärbung gering.

An vielen Quellen machte sich das RB 770 im Test sehr gut

Neben der menschlichen Stimme hat das Mikrofon auch an verschiedenen anderen Schallquellen zeigen können, was es leistet. Eine klassiche Aufgabe ist der Gitarrenamp. Es wird nicht verwundern, dass teurere Bändchen der Markenhersteller hier besonders bei cleanen Gitarren eine höhere Tiefe und Griffigkeit gezeigt haben. Allerdings sind die Unterschiede nicht riesig. Auch Holz- und Blechblasinstrumente wurden gut abgebildtet, die Akustikgitarre ebenfalls. Auch dort war vor allem das 4038 deutlich feingliedriger, dieses ist aber auch um „Welten“ teurer als das RB 770.

Fazit

Das the t.bone RB 770 ist ein erstaunlich gut klingendes Bändchenmikrofon – wenn man den sehr geringen Preis in diese Aussage mit einbezieht. Es ist ein wenig warm, aber nicht wummerig und übervoluminös, leicht sanft, ohne indirekt zu sein. Das Ribbon zeigt nicht halbherzig die typischen Eigenschaften dieses Mikrofontyps, sondern macht seine Sache klanglich wirklich gut. Erstaunlich gut ist, dass man für’s Geld auch eine Aktivschaltung bekommt, die das Mikrofon auch dann nutzbar macht, wenn eher einfache und preiswerte Preamps verwendet werden. Darüber hinaus ist das Gehäuse massiv und (je nach persönlichem Geschmack) attraktiv anzusehen. 

Ribbon Microphone
  • aktives Bändchenmikrofon
  • Richtcharakteristik: Acht
  • Frequemnzgang: 20 Hz – 18 kHz
  • Empfindlichkeit: 11m2 mV/Pa
  • maximaler Schalldruckpegel: 150 dB SPL (ohne %THD+N-Angabe)
  • Gewicht: >1 kg
  • Lieferumfang: Mikrofon, Windschutz, Tasche, Koffer
  • hergestellt in: China
  • Website: www.thomann.de
  • Preis: € 179,– (Straßenpreis am 7.12.2021)

Alternativen zum the t.bone RB 770

Rode NTRBeyerdynamic M 130the t.bone RB 500
recht cleanes Passiv-Ribbon, auch aktive Version erhältlich, Made in Australia, besonderer LookKlassiker, Made In Germany, sehr kompakt, Doppelbändchentechniksehr preiswertes Ribbon, ebenfalls Vintage-Look, passiv
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • günstiger Preis
  • Aktivelektronik
  • klassischer Look
  • ordentliche Klangeigenschaften
Contra
  • -
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the t.bone RB 770 Test
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