t.bone Ovid CC 100 System Complete Bundle Test

Das t.bone Ovid-System ist zwar beileibe nicht das kleinste Mikrofon, doch hat es – so viel lässt sich schon vor einem Test bestätigen – unbestreitbare Vorteile gegenüber denen der etablierten (und unbestreitbar sehr guten) Firmen: Es ist verdammt preiswert. Wenn man ein Miniaturmikrofon testen soll, erwartet man, dass der gutgelaunte Herr vom Paketdienst einem ein winziges Leichtgewicht-Paket durchs Küchenfenster reicht, doch nichts da: Im zwar nicht schweren, aber dafür riesigen Karton waren nämlich noch haufenweise Clamps für die unterschiedlichsten Instrumente zu finden sowie ein Systemkoffer, in welchem das Sammelsurium Platz finden kann.

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Ein ideales Mikrofon ist für manche Anwendungen vor allem eines: unsichtbar. Dieser Wunschvorstellung kommen Mikros nah, die entfernt oder verdeckt platziert werden können –wie Grenzflächen und Richtrohre – oder die eben besonders klein sind, um für das Zuschauerauge oder das technische Pendant namens Kamera unerkannt zu bleiben. Mikrofone, die direkt am Instrument angebracht werden, können ganz nebenbei auch eine konstante Klangfarbe liefern. Wir sind also gespannt auf den Test des Miniatur-Instrumentenmikrofonsystem Ovid von t.bone.

Details

Das Ovid-System macht es sich einfach. Es handelt sich genaugenommen einfach nur um ein einziges Mikrofon, zu welchem man dann den benötigten Clip separat ersteht – oder eben alle zusammen. Wer nicht möchte, wird ergo nicht gezwungen, verschiedene Befestigungsvorrichtungen mitkaufen zu müssen, die vielleicht niemals zum Einsatz kommen werden. Außerdem können sich der Entwicklungsaufwand und die Logistik auf einen einzigen Schallwandler beschränken. Was bei der Verwendung eines einzigen Mikros leider nicht möglich ist, ist die Berücksichtigung instrumentenspezifischer Eigenschaften durch die Kapselabstimmung, etc. Besonders im Nahbereich einiger Instrumente gilt es nämlich, bestimmte Frequenzbereiche einzudämmen, zumal es im Instrumentarium Kandidaten gibt, deren Abstrahlverhalten verdammt komplex ist. Eine Violine klingt nah mikrofoniert ohne weitere Bearbeitung üblicherweise nämlich grauenhaft: Der Klang, wie wir ihn kennen und wie ihn der Konsument auch verlangt, ergibt sich erst, wenn die in die verschiedenen Richtungen abstrahlenden Formanten gemischt werden. Bei vielen Instrumenten ist zum vollständigen Sound auch wirklich der Boden um den Instrumentalisten akustisch notwendig – spontan fällt mir hier eine Klarinette ein. Eines ist also schon deutlich, bevor ich dem Produkt ganz Gentleman-like aus seiner Kleidung helfe: Der Toningenieur wird hier weniger ein “Plug&Play”-Produt zur Verfügung haben als eben ein Allround-Mikrofon, bei welchem der Equalizer ein unverzichtbares Werkzeug sein wird. Aber das finde ich überhaupt nicht schlimm. Einmal ist das Bearbeiten von Signalen die Hauptaufgabe des Tonmenschen, außerdem gibt es ja auch einen Lerneffekt, wenn man das Mikrofonsignal einer Oboe oder eines Cellos geradebiegen muss. Ich bin einfach kein Freund von “eingebauten”, besserwisserischen Frequenzgängen, die versuchen, mir entgegenzuarbeiten.

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Andersherum erfährt man jedoch nicht viel über den Frequenzgang des Ovid, außer der für sich gesehen recht aussagelosen Angabe “20 Hz – 20 kHz”. Die Empfindlichkeit steht mit 45 dB/Pa in den Unterlagen, das hinzugefügte “±3 dB” kann so interpretiert werden, dass die Ausgangsspannung über den Frequenzgang wie angegeben variiert. Gegen die Aussage, dass die Elektretkapsel “uni-directional” (also eine Kugel) ist, spricht die Bauform, denn das Mikrofon selbst ist leicht länglich. Entfernt man den schützenden Schaumstoff, erkennt man den Aufbau: Auf die Kapsel ist ein kurzes Richtrohr mit kreisrunden Interferenzöffnungen aufgesetzt, an dessen Boden man die winzige Membran erkennen kann. Zudem ist rückseitig ein Gitter gespannt. Wir haben es also mit einem richtenden Druckgradientenempfänger zu tun. Auf der Webseite ist für das Polar-Pattern Superniere angegeben – das Rohr ist auch nicht lang genug, um eine ausgeprägte Keulencharakteristik zu erzeugen.

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Der Kapselkopf ist in eine Gummihalterung eingespannt, die direkt auf einem gut zwölf Zentimeter messenden Schwanenhals sitzt. Derartige Schwanenhälse sind einerseits praktisch, weil man sie in jede erdenkliche Richtung biegen kann und somit eine flexible Ausrichtung des Mikrofons erreicht, andererseits sind es genau diese Schwanenhälse, die einem nach einiger Zeit gehörig auf die Hupe gehen können – nämlich dann, wenn sie beginnen, “jede erdenkliche Richtung” aus eigenem Antrieb zu erforschen. Dazu verbünden sie sich dann mit ihrem starken Freund Gravitation und lachen sich vermutlich über den steigenden Bluthochdruck des Nutzers schlapp. Ich kann aber dem Praxisteil schon einmal vorgreifen: Ich hatte das Ovid viele Wochen im Test und aktiv gedreht, hin und her bewegt, eng gebogen und immer wieder neu ausgerichtet (ja, “jede erdenkliche Richtung”) und konnte noch keine Anzeichen der Ermüdung feststellen.

Den Fuß des Schwanenhalses verlässt ein dünnes Kabel. Korrigiere: Den Fuß des Schwanenhalses verlässt ein verdammt dünnes Kabel. Dieses scheint durch seine Fragilität darum zu bitten, niemals eingeklemmt zu werden. Im Gegenzug verhält es sich sehr unauffällig und kann gut “abgeleitet” (also zum Empfänger geführt) werden. Nach zwei Metern begegnet mir ein bekannter Stecker: Der Mini-XLR ist kompatibel mit den t.bone-Sendeanlagen, aber auch mit jenen von AKG. Im Karton des Ovid findet man ein kleines Barrel, welches die entsprechende Mini-Buchse anbietet. Rückseitig kann dann ein übliches XLR-Kabel angeschlossen werden. Ein kleiner Clip ermöglicht es, diesen Adapter an der Kleidung oder am Instrument zu fixieren. Was vielleicht aussieht, als würde es nach dreimaliger Betätigung ausleiern, drückt sich jedoch mit wirklich gewaltiger Kraft gegen das Gehäuse, was definitiv der Verlässlichkeit dient.
Die verfügbaren Clips bestehen im Wesentlichen aus Aufnahmen für den Schwanenhals und einer Befestigungsmöglichkeit am Instrument. Der Gitarrenclip etwa kann bei unterschiedlich dicken Instrumenten an der Zarge befestigt werden. Wo genau das ist, ist dem System natürlich ziemlich humpe: Ob man nun in großem Abstand mittig das Schallloch, mit Nahbesprechung eine bestimmte Stelle der Decke oder am Hals-Korpusübergang mikrofonieren will, um eine tonlose, geräuschvolle Strumming-Gitarre zu erhalten: alles geht. Da der Clip für die Violine prinzipiell genauso funktioniert, kann man mit diesen Adaptern schon eine Vielzahl von Instrumenten abdecken: Akustikgitarre, Ukulele, Violine, Bratsche funktionieren super, doch an Roundback-Instrumenten wird es natürlich kniffelig, da man auf deren Rückseite nichts einklemmen kann.

Fotostrecke: 8 Bilder Gitarren-Clip mit einstellbarem Schlitten

Flöten verschiedener Art und Saxophone werden recht einfach mikrofoniert. An erstere wird das Ovid mit einem Klettband angebracht, die Erfindungen des Herrn Sax bekommen (wie auch Klarinetten) eine simple Klemmung am Schalltrichter, in die der Schwanenhals eingesteckt wird. Doch nicht nur Holz-, sondern auch Blechblasinstrumente lassen sich auf diese Art abnehmen. Cello- und Bassclips sind etwas weniger flexibel einsetzbar, denn bei den mikrofonierten Instrumenten muss der Saitenabstand zumindest halbwegs zum Clip passen: Das Ovid wird mitsamt Halterung an zwei Saiten im Bereich zwischen Steg und Saitenhalter eingespannt – dem üblichen Ort für die Arbeit mit Miniaturmikrofonen. Mittels Schwanenhals wird das Mikro meist unter den Saiten zur Decke in Höhe der Mitte der F-Löcher geführt.

Fotostrecke: 3 Bilder Wie der Clip für Flöten befestigt wird, erklärt sich wohl von selbst…

Bliebe noch der Piano-Clip, welcher wirklich witzig ist – und winzig obendrein: Die kleine Aufnahme für den Schwanenhals hat rückseitig eine Klebefläche, wodurch sich die gesamte Apparatur schön unauffällig unter den Klavier- oder Flügeldeckel pappen lässt. Doch darf man hier die ursprünglich vorgesehene Nutzung auch getrost einmal links liegen lassen: Dieser und der Flötenclip mit dem Klettband sind sicherlich die flexibelsten unter den Anbringungsmöglichkeiten, sodass man fast alle Instrumente mikrofonieren können wird.

Fotostrecke: 5 Bilder Piano-Clip

Erhältlich ist sowohl das Mikrofon einzeln (für unfassbare 49 Euro!), als auch ein Set, welches alle angesprochenen Clips beinhaltet. Zu diesem gehört noch ein praktischer Plastikkoffer mit Formausschnitten für Mikro, XLR-Barrel und die einzelnen Clips.

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Peter Bengelmann sagt:

#1 - 05.12.2012 um 18:30 Uhr

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Hallo, toller Bericht! Danke! Danke! Was mir an dem Ovid System am besten gefällt, sind die Halterungen! Möchte meine Akustikgitarre mit Mikrofon für Lifeauftritte abnehmen. Würde gerne etwas mehr Geld für ein besseres Mikrofon ausgeben (obwohl man das CC100 ja erstmal testen sollte). Kann ich andere, hochwertigere Mikrofone, die auch über einen solchen Schwanenhals verfügen auch mit einem Ovid-Halter verwenden?? Das wärs doch. Oder gibt es noch andere Halter für Gitarre, hab' leider nichts gefunden!? Weiss da jemand bescheid? Musikalische Grüße sendet Peter Bengelmann

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Nick sagt:

#2 - 07.12.2012 um 15:10 Uhr

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Hallo Peter,dankeschön. Zu Deiner Frage habe ich aber leider keine Antwort, allerdings bist Du mit originalen Haltern vielleicht auf der sichereren Seite. Sonst frag' doch einfach mal beim Händler, die geben Dir bestimmt gerne Informationen.Beste Grüße,
Nick

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Samad sagt:

#3 - 03.10.2016 um 11:29 Uhr

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Hallo allerseits,bin ganz neu in der Materie und möchte mein vom Keyboard gespieltes aufnehmen. Per Mikrofon erschient mir das noch als die günstigste Variante. Was benötige ich weiterhin um die fertige (Mp3) Musikdatei auf dem Computer zu speichern und eine CD brennnen zu können?Mit freundlicnen Grüßen,Samad

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