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Physis Piano K4 Ex Test

Das Physis Piano K4 Ex ist ein MIDI-Masterkeyboard mit 88 Tasten, wobei “Ex” für die optionale Sounderweiterung auf Physical Modeling- und Sample-Basis steht. Das K4 gibt es also mit oder ohne Sound und als K5 auch in einer 76-Tasten-Version. Beim K4 Ex haben wir es also eigentlich mit zwei Instrumenten zu tun, dem Masterkeyboard K4 und der Klangerweiterung Ex, die auf dem Physis Piano H1 basiert. Wir haben das K4 Ex auf die bonedo-Hebebühne gehoben.

Physis Piano K4 Ex: Masterkeyboard und Stagepiano in einem
Als Masterkeyboard ist das K4 Ex einzigartig, bei der Klangerzeugung ist noch Luft nach oben


Das Physis Piano K4 kommt aus Italien und wird von der Firma Viscount hergestellt. Die Firma ist vor allem im sakralen E-Orgelbereich bekannt und hat dort auch zum ersten Mal Physical Modeling eingesetzt. Seit einiger Zeit werden mit dieser Engine jetzt auch Digitalpianos hergestellt, die dann unter dem Markennamen Physis Piano firmieren. Die Klangberechnung erfolgt mit SHARC-Prozessoren, das Betriebssystem ist ein ARM-basiertes Debian Linux. Auffälligstes Alleinstellungsmerkmal des K4 sind die äußerst reichhaltig vorhandenen Anschlüsse: Acht (!) Pedaleingänge, acht (!) MIDI-Ausgänge und vier (!) USB-Buchsen sind schon eine Hausnummer, das gibt es sonst bei keinem derzeit erhältlichen Keyboard. Gleichzeitig gibt das natürlich auch schon einen Hinweis auf eine mögliche Zielgruppe. Viele Hardware-Instrumente mit Physical Modeling gibt es auch nicht, wir werden uns also beides einmal ansehen und schauen, wie das ineinander greift.

Details

Gehäuse und Tastatur

Das K4 Ex ist komplett in Dunkelblau gehalten, wiegt knapp 20 kg und bietet vielfältige Anschluss- und Controller-Möglichkeiten. Das Plastikchassis macht einen sehr soliden Eindruck, besitzt einen Holzboden mit vier großen Hartgummifüßen und einer Gummischicht an den Seiten für Keyboardständer. Zum besseren Transport sind an den Seiten Griffe eingelassen, recht schwer ist das Gerät aufgrund der Hammermechanik mit 88 Tasten natürlich trotzdem.
Die Tastatur ist eine Fatar TP/40L, eine Tastatur, die mir persönlich gut gefällt und die geschickt den Spagat zwischen einer Klaviertastatur und einer Tastatur für die Nicht-Klaviersounds schafft: Sie ist einerseits recht leicht zu spielen, andererseits schnellen die Tasten nach dem Spielen so schnell nach oben, dass zum Beispiel Repetitionen sehr gut zu spielen sind. Die Tasten haben Normgröße und die Tastatur bietet Aftertouch, wenn auch keinen polyphonen.
Diese an sich schon ausgezeichnete Tastatur lässt sich auf vielfältige Weise weiter konfigurieren. So ist die Tastatur ganz im Stile eines klassischen Masterkeyboards 8-fach split- und layerbar, wobei die einzelnen Tastaturbereiche, die Zones, über acht beleuchtete Taster direkt über der Tastatur bedient werden. Durch die Beleuchtung sieht man sofort, welche Zonen aktiv (grüne LED), inaktiv (rote LED) oder ausgeschaltet sind. Für jede dieser acht Zonen können weitere Parameter wie Lautstärke, Anschlagskurve, Aftertouch-Kurve, Pan und Transposition programmiert werden. Und schließlich kann die Aftertouch-Kurve mit drei vorprogrammierten Kurven eingestellt werden. Für die Anschlagsdynamik gibt es sechs vorgegebene und eine frei programmierbare Kurve mit bis zu sieben verschiedenen Levels.

Fotostrecke: 5 Bilder Das K4 Ex ist in blau gehalten und wiegt knapp 20 kg

Bedienoberfläche und Controller

Die Oberfläche des K4 Ex ist in verschiedene Segmente aufgeteilt, wobei alle Bedienelemente oberhalb der Tastatur angesiedelt sind, also auch die Wheels. Von denen gibt es drei, das linke rastet als Pitchwheel in der Mittelstellung ein. Die Räder sind groß, gummiert und breit und lassen sich angenehm bedienen. In der Horizontalen haben sie allerdings ein wenig Spiel. Danach kommt eine umfangreiche Controller-Sektion mit neun Endlosdrehreglern, neun Tastern, neun Fadern sowie einem Schieberegler für die Gesamtlautstärke. Die Endlosregler finde ich persönlich sehr angenehm. Sie können im relativen oder absoluten Modus betrieben werden. Die Taster finde ich auch prima, sie leuchten je nach Zustand rot oder blau. Allerdings sind sie bei der Betätigung ein bisschen laut, es spielt ja nicht jeder Rockmusik. Auch hier können unterschiedliche Verhalten programmiert werden, nämlich normal (“an”, wenn gedrückt), toggle (abwechselnd an/aus) und step, wobei die Steps nach oben oder unten gehen können. Die 45 mm langen Fader haben mir am wenigsten zugesagt, was vielleicht daran liegt, dass sie nicht wie übliche Mischpultfader geformt sind. Aber auch hier reden wir von einem recht hohen Niveau, das K4 ist kein Spielzeug. Dazu passt auch, dass alle Elemente der Sektion großzügig dimensioniert sind und man nicht Gefahr läuft, unabsichtlich mehrere Regler zu bedienen.
Jeweils neun Hardware-Regler, -Taster und -Fader werden zu einer Bank zusammengefasst, davon gibt es insgesamt vier. Ein besonderes Schmankerl sind drei magnetische Bänder, die über den Bedienelementen angebracht werden können und auf denen die üblichsten Parameter wie Vol, Pan etc. aufgedruckt sind. Das liest sich dann schon besser als Fader 1, Fader 2, Fader 3.
Zwischen den Bänken umgeschaltet wird in der nächsten Sektion, in der auch der Zugriff auf die Zonen der Klaviatur erfolgt. Man erhält hier also direkten Zugriff auf über 100 Parameter und die acht Tastaturbereiche. Um den Overkill noch zu komplettieren: Die acht Zones und die über 100 Controller-Einstellungen werden noch mal zu sogenannten Scenes zusammengefasst, von denen es auch noch einmal vier gibt. Innerhalb einer Scene wird der gesamte Zustand des Gerätes gespeichert, also auch das Routing der acht Pedale, der MIDI-Ausgänge, der Zones, der Controller-Einstellungen etc. Das Umschalten von einer Scene zur anderen, also das Umfunktionieren des ganzen Gerätes, erfolgt dabei auf Tastendruck und ziemlich schnell. Die vier Scenes werden schließlich zu einer Performance zusammengefasst, die einen der 128 Speicherplätze belegt. 

Fotostrecke: 6 Bilder Die Controller-Sektion bietet je neun Fader, Drehregler und Taster

In der Mitte der Oberfläche befindet sich der große Farbbildschirm. Groß heißt: 4,3 Zoll mit 480×272 Pixeln. Darauf lässt sich schon eine Menge darstellen, zum Beispiel werden alle Bewegungen in der Controller-Sektion auf dem Bildschirm gespiegelt, also 27 Elemente samt Beschriftung. Das funktioniert auch sehr gut und ohne Verzögerung. Unter dem Display befinden sich vier weitere Taster, die zum einen zwischen den Scenes umschalten, andererseits ebenso wie das neben dem Bildschirm positionierte große Jogwheel, die zwei Dec- und Inc-Taster und die vier Cursor-Buttons zur Programmierung des Instruments über den Bildschirm dienen. Der Bildschirm ist also kein Touchdisplay, durch die Menüs navigiert man mit den um ihn herum angeordneten Bedienelementen. Touchscreen oder nicht, das ist Geschmackssache. Ein Nachteil von Touchscreens ist sicherlich, dass sie über die Hautspannung gesteuert werden – und die kann sich unter Stress schon mal ändern, z.B. auf Konzerten. Ich habe auf jedenfalls die Erfahrung machen müssen, dass mein iPad in der Probesituation und auf der Bühne anders reagiert, und das war keine sonderlich gute Erfahrung. Es gibt aber noch ein anderes Argument gegen Touchscreens: Auf normale Bildschirme passt einfach mehr Information und sie lassen sich genauer bedienen. Auf einem 272 Pixel hohen Bildschirm einen Fader mit 127 MIDI-Werten mit dem Finger genau einzustellen, kann eine sehr hakelige Sache sein und auf der Bühne mit einem Touchpen zu hantieren, ist auch nicht so schick.
Neben dem Jogwheel und den anderen Tastern gibt es dann noch eine Keypad-Sektion mit den üblichen Zahlen und Buchstaben zum schnellen Eingeben spezifischer Daten. Es folgen fünf Taster zum Aufrufen der verschiedenen Menüs, sowie ganz rechts die Abteilung zur Steuerung von Sequenzen mit den üblichen Transporttastern.
Alles in allem verfügt das Physis Piano K4 Ex über 60 mehrfach programmierbare Controller. Kurz gesagt: Es handelt sich um ein Controllerkeyboard Kurzweil’schen Ausmaßes – wahrscheinlich das umfangreichste Masterkeyboard, das man momentan kaufen kann.

Fotostrecke: 5 Bilder Anschlüsse, so weit das Auge reicht: Die Rückseite des K4

Anschlüsse

An der Rückseite geht die Gigantomanie weiter: Hier gibt es nicht weniger als acht Pedaleingänge, acht MIDI-Ausgänge, zwei MIDI-Eingänge, vier USB-Ausgänge und einen zusätzlichen USB-Eingang für den Rechner. Hinzu kommen ein Kopfhörerausgang (der leider an der Rückseite angebracht ist), zwei Audioausgänge (Klinke unsymmetrisch) und die Stromversorgung über einen universellen Kaltgerätestecker.
Vielleicht fragt sich ja jetzt der eine oder andere: Bitte, lieber Tester, wozu braucht man das alles? Wozu über 100 Parameter, acht Pedale, zehn MIDI-Buchsen, fünf USB-Buchsen? Nur Mut, damit kommen wir nämlich zum Praxisteil. 

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Praxis

K4 als Controller

Ganz klar, das Physis Piano K4 (Ex) richtet sich mit seinen vielen MIDI-Ausgängen und Pedaleingängen einerseits an den Live-Keyboarder, der seine zahlreichen externen Klangerzeuger über ein großes Masterkeyboard steuern möchte. Andererseits könnte man es auch als Herzstück eines Studios sehen, in dem eine Anzahl Soundmodule fest mit dem K4 verbunden sind und von diesem aus gesteuert werden. In beiden Fällen liegt die Betonung darauf, dass das Keyboard nicht als Klaviatur an einem Rechner hängt, der Schaltzentrale des Aufbaus ist, sondern dass das Keyboard selbst die Schaltzentrale ist, an der dann vielleicht auch ein oder zwei Rechner hängen. Der Clou ist hierbei eine Funktion, die Viscount “Virtual Instrument” nennt und mit der man die an den MIDI- oder USB-Ports angeschlossenen Instrumente zur leichteren Bedienung benennen kann.
Ein Beispiel: Wir hängen an den MIDI-Ausgang eines beliebigen Keyboards einen Klangerzeuger. Nehmen wir mal was Obskures, zum Beispiel einen Siel Expander 80 aus den 1980ern. An einem üblichen Masterkeyboard müsste ich explizit den MIDI-Port, dann den MIDI-Kanal, dann den MIDI-Parameter und schließlich den gewünschten Wert programmieren. Das bedeutet, dass ich mir eine ganze Reihe von Nummern merken müsste, um etwas Musikalisches wie die Filtersteuerung an einem angeschlossenen Klangerzeuger zu bedienen. Anders beim K4, denn hier kann ich alle Kanäle und Parameter benennen und muss mich später nicht mehr um die Zahlen scheren. Für den Siel Expander 80 würde man also ein “Virtual Instrument” im K4 erzeugen und das Gerät und der Filterparameter würden von nun an nicht mehr als Zahlen, sondern als “Siel Expander 80” und “Filter” auftauchen. Ein “Virtual Instrument” ist also eine Steuerungsoberfläche, mit der ich vom K4 aus externe Klangmodule auf eine ganz bequeme, musikalische Art steuern kann: nicht mehr über kryptische Nummern, sondern über die richtigen Parameternamen.
Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist, dass sich die externen Klangmodule in ihrer Bedienung angleichen. Während ein Siel Expander 80 und ein Virus TI in der Bedienung am Instrument völlig voneinander abweichen, sehen sie als “Virtual Instrument” am K4 genau gleich aus und man kann mit dem gleichen Regler am K4 zum Beispiel das Filter an einem oder beiden der zwei Instrumente regeln. So kann man über das K4 durch die Programme und Parameter der unterschiedlichen Klangerzeuger “surfen”. Durch die große Anzahl an verfügbaren Reglern und durch die Klarnamen-Anzeige von Geräten und Parametern kann man sich eine bequeme, Rechner-unabhängige Schaltzentrale aufbauen. Und deshalb machen auch die vielen MIDI-Ausgänge Sinn: Zum einen kann man sowieso nie genug haben, zum anderen kann man einen einzelnen MIDI-Ausgang einfach immer mit dem gleichen, eindeutig benannten Gerät verbinden. Das fühlt sich dann fast so an, als wären die Klangerzeuger im K4 selbst verbaut und gar nicht mehr unterschiedliche, über MIDI verbundene Instrumente.

Externe Klangerzeuger lassen sich im K4 als "Virtual Instruments" verwalten
Externe Klangerzeuger lassen sich im K4 als “Virtual Instruments” verwalten

Aber bis es so weit ist, steht man im Schweiß, denn bevor die einzelnen Geräte und deren Parameter als Klarnamen im Display des K4 stehen, muss man sie natürlich alle einzeln von Hand eingeben. Ich bin mir nicht sicher, ob das nicht besser hätte gelöst werden können, zum Beispiel durch Auslesen der Geräte, Programme und Parameter über SysEx wie bei MIDIQuest oder weiland Sounddiver. So bleibt einem nichts übrig, als über die Taster und das Jogwheel neben der Tastatur jeden einzelnen Parameter von Hand einzugeben und über die Keypad-Sektion zu benennen. Obwohl ich die Bedienung des K4 insgesamt gut gelungen finde, ist das schon eine sehr mühselige Arbeit. Und selbst wenn man wie ich diese Art der Bedienung gewöhnt ist, also das Hangeln von einem Fenster zum anderen über Taster, ganz im Stile einer 90er-Jahre-Workstation: Schön ist das nicht und man muss an dieser Stelle klar sagen, dass eine Editorsoftware die Arbeit ungemein erleichtern könnte. Denkbar wäre dann auch der Aufbau einer Benutzer-Community: Wenn einer sich die Mühe gemacht hat, die Parameter eines Virus TI einzuspeichern, könnten andere Anwender das einfach übernehmen. Ein Editor ist zwar angedacht und soll irgendwann kommen, aber im Augenblick ist da noch nichts. Dieses Manko führt zu einem kleinen Punktabzug.
Dennoch: Wer ein Gerät mit den Controller-Fähigkeiten eines K4 sucht, wird im Augenblick nur hier fündig. Denn die vielen diskreten MIDI-Ports sind durch MIDI-Thru nicht zu ersetzen: Zum einen wird die Latenz immer weiter erhöht, zum anderen haben nicht alle Geräte eine MIDI-Thru-Funktion und schließlich ist auch die Bandbreite des MIDI-Kanals mit ungefähr 1000 Signalen pro Sekunde nicht so unglaublich hoch.
Bevor wir zur Klangerzeugung übergehen, gibt es noch drei wichtige Dinge zu erwähnen: Zum einen gibt es eine ausführliche, gedruckte Bedienungsanleitung, deren deutsche Version man von der Website des Herstellers herunter laden kann. Zum anderen gibt es als Zubehör einen passenden Ständer für das K4 (und ein maßgeschneiderter Ständer ist etwas Tolles, die wackeln in der Regel nicht). Und drittens ist der Vertrieb ein prima Ansprechpartner, in den Foren unterwegs, telefonisch gut zu erreichen und sehr hilfsbereit. Im Fall der Fälle gibt es nichts Besseres.

Das "Ex" verrät, dass in diesem K4 die optionale Klangerzeugung schon eingebaut ist
Das “Ex” verrät, dass in diesem K4 die optionale Klangerzeugung schon eingebaut ist

Klangerzeugung

Als ich von einem Digitalpiano auf Physical-Modeling-Basis aus Italien hörte, dachte ich zuerst an eine Wiederauferstehung von GEM/LEM mit ihren ProPiano und RPR-700/800 Modellen. Deren Klangerzeugung und das Zusammenspiel mit der Klaviatur fand ich damals überzeugend, aber leider waren die Klaviaturen so klapprig, dass sich die Firma durch die vielen Retouren ins Aus schoss. Die Physis Piano Soundengine von Viscount ist aber eine Eigenentwicklung in Zusammenarbeit mit Forschern mehrerer Universitäten. Die Ex-Erweiterung für das K4 hat die gleichen Gene wie das Stagepiano Physis Piano H1, weshalb ich an dieser Stelle auch auf den Bonedo-Test zum H1 mit vielen Klangbeispielen verweisen möchte.
Die dort vom Autor bemängelte Bedienung des Instruments müsste auf dem Physis Piano K4 eigentlich kein Problem sein: Der große Bildschirm und die Fader, Drehregler, das Jogwheel und die Taster könnten hier theoretisch für eine bequeme Bedienung der Physical-Modeling-Maschine eingesetzt werden. Aber leider ist genau diese Bedienung in der aktuellen Firmware noch gar nicht eingebaut: Nur bei wenigen Programmen hat man derzeit Zugriff auf einige wenige und optisch lieblos implementierte Parameter der virtuellen Klangerzeugung. Da das auch noch gar nicht in der Bedienungsanleitung erwähnt wird, scheint deren Benutzung in der aktuellen Firmware-Version noch gar nicht richtig vorgesehen zu sein. Wer sich das K4 Ex also zu diesem Zeitpunkt in der Erwartung kauft, dass er wie beim V-Piano oder bei Pianoteq so richtig in die Eingeweide eines Klaviers eingreifen kann, dürfte momentan noch enttäuscht werden. Leider ist damit einer der entscheidenden Vorteile des Physical Modeling am K4 Ex bislang nicht wirklich nutzbar. Auch beim nächsten Update soll wohl mehr am Klang selbst geschraubt werden, nicht am User-Interface. Das ist sehr schade und erschwert einen Vergleich zwischen den verschiedenen Physical-Modeling-Maschinen natürlich ungemein.
Wir müssen uns deshalb ausschließlich am Klang orientieren. Dazu habe ich Aufnahmen von sechs unterschiedlichen digitalen Klavieren mit und ohne Physical Modeling gemacht. Dafür habe ich den jeweils ersten Klang einer Bibliothek genommen in der Annahme, dass dieser Klang repräsentativ für das Instrument sein soll. Die Instrumente sind alle mit der K4-Klaviatur und ohne Hall, aber natürlich mit Pedal gespielt worden. Ich habe die Instrumente so gespielt, wie ich auch ein akustisches Klavier testen würde: Erst ein paar Akkorde in Mittellage, dann Oktaven im Bass, einzelne Töne in jeder Oktavlage (hier sind die tiefsten Töne interessant), Geklimper in der höchsten Oktave samt Repetition, dann ein Glissando zurück in die Mittellage, wieder ein paar Akkorde und dann jeweils zwei crescendierende, also lauter werdende Akkorde in der unteren und der oberen Mittellage (hier ist interessant, wie und ob sich die Klangfarbe bei stärker werdendem Anschlag ändert). Zum Schluss gibt es einen einzelnen Akkord ohne Pedal bis zum Ausklang. Hier kann man sich dann in Ruhe den Nachklang des Klaviers anhören. Testkandidaten waren das Physis Piano K4 Ex, das Korg SP-250 Stage Piano, Pianoteq 3, Pianoteq 5, das NI Kontakt 5 Factory Grand Piano und der NI Kontakt 5 New York Concert Grand. 

Audio Samples
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Physis Piano K4 Ex Korg SP-250 Pianoteq 3 Pianoteq 5 Kontakt 5 Factory Grand Kontakt 5 New York Concert Grand

Ich persönlich finde den Klang des Physis Pianos in den Mitten und den mittleren Höhen schon ganz gut, hier kann er mit der Konkurrenz locker mithalten. Nicht so gelungen finde ich ihn dagegen in den tieferen Lagen. Bei den höchsten Tönen sind die Hammergeräusche sehr schön dargestellt, aber auch hier fehlt es noch ein bisschen am richtigen Verhältnis zwischen Anschlagsgeräusch und dem Schwingen der Saite selbst. Bei einem physikalischen Modell (und inzwischen auch bei vielen Sample-basierten Pianosounds) kann man das einstellen, beim Physis Piano K4 Ex im Augenblick eben leider nicht. Zuletzt finde ich auch den Ausklang des Klavierklangs im Pedal nicht so schön: Er hört sich in meinen Ohren weniger wie ein Nachklang, sondern mehr wie ein Hall an. Der Klang wird zwar breiter, aber nicht so wie bei sympathischer Erregung anderer Klaviersaiten, sondern mehr wie bei der Ausbreitung des Klanges in einem Raum.
Es gibt übrigens die Ankündigung einer neuen Firmware, die sich speziell des Klanges annehmen soll. Bezüglich der oben angesprochenen fehlenden Implementation der Physical Modeling Parameter in die Bedienung des K4 Ex war allerdings noch nichts zu hören.

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Fazit

Was seine Eigenschaften als Masterkeyboard angeht, ist das Physis Piano K4 (Ex) momentan einzigartig: Kein anderes derzeit erhältliches Keyboard bietet so viele Anschlüsse und lässt sich so flexibel für die Steuerung eines umfangreichen MIDI-Setups konfigurieren. Mit seinen zahlreichen Bedienelementen, acht (!) MIDI-Ausgängen und der Möglichkeit, externe Klangerzeuger als virtuelle Instrumente einzurichten, bietet sich das K4 (Ex) als Schaltzentrale auch für große Geräteparks an. Bei der Klangerzeugung der Ex-Version sieht die Sache momentan noch zwiespältiger aus, denn die Konkurrenz von V-Piano, Sample-Librarys und Romplern ist stark und der Sound des Physis Pianos konnte mich trotz guten Ansätzen noch nicht vollends überzeugen. Wer aber genau diese Mischung aus ungemein vielseitigem und anschlussfreudigem Masterkeyboard mit integrierter Klangerzeugung der wichtigsten Keyboard-Klänge sucht, wird am Physis Piano K4 Ex Gefallen finden. 

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Profi-Masterkeyboard mit umfangreichen Editiermöglichkeiten
  • gute Klaviatur mit Hammermechanik und Aftertouch
  • gutes Konzept der Einbindung externer Klangerzeuger über “Virtual Instruments”
  • ausgesprochen anschlussfreudig (z.B. 8x MIDI Out, 8 Pedalanschlüsse)
  • ausführliche und gut geschriebene Bedienungsanleitung
  • integrierte Klangerzeugung auf Physical Modeling Basis (K4 Ex)
Contra
  • kein Editor, der die Erstellung der “Virtual Instruments” erleichtert
  • Klangerzeugung ist schon gut, aber noch ausbaubar
  • Kopfhörerausgang an der Rückseite des Gerätes
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Physis Piano K4 Ex Test
Für 1.399,00€ bei
Als Masterkeyboard ist das K4 Ex einzigartig, bei der Klangerzeugung ist noch Luft nach oben
Als Masterkeyboard ist das K4 Ex einzigartig, bei der Klangerzeugung ist noch Luft nach oben
Kommentieren
Profilbild von Roberto

Roberto sagt:

#1 - 26.07.2014 um 00:19 Uhr

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Die Piano-Sounds sind auch mit der aktuellen Firmware bis ins Detail editierbar.
Hierfür muss man lediglich einen Sound wählen, bei dem auch eine weitere Controller-Bank (von insgesamt 4 Bänken) verwendet wird.
Wechselt man zur Bank 4, kann man mit den Slidern Parameter wie String Resoncance, Hammer etc bearbeiten.
:)
Dafür sollte man mal die Sounds ab #49 anwählen.
Diese Bänke sind dann auch ganz flott auf andere Performances kopierbar.

Profilbild von Sebastian Berweck

Sebastian Berweck sagt:

#2 - 28.07.2014 um 18:20 Uhr

0

"Vielen Dank für den Kommentar und ja, das ist richtig: man kann mit dem beschriebenen "Trick" ein paar (noch lange nicht alle) Parameter verändern. Im Moment ist es aber so, dass es noch nicht im Handbuch beschrieben und auch ziemlich lieblos ausgeführt ist - keine Erklärung und keine weiterreichende Animation, nur ein paar Fader. Es scheint sich daher wohl noch um eine ziemlich frühe und inoffizielle Form der Verbindung zwischen K4 und der Klangerweiterung EX zu handeln und ist daher tatsächlich ein Geheimtipp. Wenn sich das aber weiter entwickelt und es dann auch einen Editor gibt ist das Physis Piano K4EX sicher eine weitere Besprechung wert und hat dann gute Chancen, die begehrten 5 Sterne zu erreichen."

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