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Physis Piano K4 Ex Test

Das Physis Piano K4 Ex ist ein MIDI-Masterkeyboard mit 88 Tasten, wobei “Ex” für die optionale Sounderweiterung auf Physical Modeling- und Sample-Basis steht. Das K4 gibt es also mit oder ohne Sound und als K5 auch in einer 76-Tasten-Version. Beim K4 Ex haben wir es also eigentlich mit zwei Instrumenten zu tun, dem Masterkeyboard K4 und der Klangerweiterung Ex, die auf dem Physis Piano H1 basiert. Wir haben das K4 Ex auf die bonedo-Hebebühne gehoben.

Physis Piano K4 Ex: Masterkeyboard und Stagepiano in einem
Als Masterkeyboard ist das K4 Ex einzigartig, bei der Klangerzeugung ist noch Luft nach oben


Das Physis Piano K4 kommt aus Italien und wird von der Firma Viscount hergestellt. Die Firma ist vor allem im sakralen E-Orgelbereich bekannt und hat dort auch zum ersten Mal Physical Modeling eingesetzt. Seit einiger Zeit werden mit dieser Engine jetzt auch Digitalpianos hergestellt, die dann unter dem Markennamen Physis Piano firmieren. Die Klangberechnung erfolgt mit SHARC-Prozessoren, das Betriebssystem ist ein ARM-basiertes Debian Linux. Auffälligstes Alleinstellungsmerkmal des K4 sind die äußerst reichhaltig vorhandenen Anschlüsse: Acht (!) Pedaleingänge, acht (!) MIDI-Ausgänge und vier (!) USB-Buchsen sind schon eine Hausnummer, das gibt es sonst bei keinem derzeit erhältlichen Keyboard. Gleichzeitig gibt das natürlich auch schon einen Hinweis auf eine mögliche Zielgruppe. Viele Hardware-Instrumente mit Physical Modeling gibt es auch nicht, wir werden uns also beides einmal ansehen und schauen, wie das ineinander greift.

Details

Gehäuse und Tastatur

Das K4 Ex ist komplett in Dunkelblau gehalten, wiegt knapp 20 kg und bietet vielfältige Anschluss- und Controller-Möglichkeiten. Das Plastikchassis macht einen sehr soliden Eindruck, besitzt einen Holzboden mit vier großen Hartgummifüßen und einer Gummischicht an den Seiten für Keyboardständer. Zum besseren Transport sind an den Seiten Griffe eingelassen, recht schwer ist das Gerät aufgrund der Hammermechanik mit 88 Tasten natürlich trotzdem.
Die Tastatur ist eine Fatar TP/40L, eine Tastatur, die mir persönlich gut gefällt und die geschickt den Spagat zwischen einer Klaviertastatur und einer Tastatur für die Nicht-Klaviersounds schafft: Sie ist einerseits recht leicht zu spielen, andererseits schnellen die Tasten nach dem Spielen so schnell nach oben, dass zum Beispiel Repetitionen sehr gut zu spielen sind. Die Tasten haben Normgröße und die Tastatur bietet Aftertouch, wenn auch keinen polyphonen.
Diese an sich schon ausgezeichnete Tastatur lässt sich auf vielfältige Weise weiter konfigurieren. So ist die Tastatur ganz im Stile eines klassischen Masterkeyboards 8-fach split- und layerbar, wobei die einzelnen Tastaturbereiche, die Zones, über acht beleuchtete Taster direkt über der Tastatur bedient werden. Durch die Beleuchtung sieht man sofort, welche Zonen aktiv (grüne LED), inaktiv (rote LED) oder ausgeschaltet sind. Für jede dieser acht Zonen können weitere Parameter wie Lautstärke, Anschlagskurve, Aftertouch-Kurve, Pan und Transposition programmiert werden. Und schließlich kann die Aftertouch-Kurve mit drei vorprogrammierten Kurven eingestellt werden. Für die Anschlagsdynamik gibt es sechs vorgegebene und eine frei programmierbare Kurve mit bis zu sieben verschiedenen Levels.

Fotostrecke: 5 Bilder Das K4 Ex ist in blau gehalten und wiegt knapp 20 kg

Bedienoberfläche und Controller

Die Oberfläche des K4 Ex ist in verschiedene Segmente aufgeteilt, wobei alle Bedienelemente oberhalb der Tastatur angesiedelt sind, also auch die Wheels. Von denen gibt es drei, das linke rastet als Pitchwheel in der Mittelstellung ein. Die Räder sind groß, gummiert und breit und lassen sich angenehm bedienen. In der Horizontalen haben sie allerdings ein wenig Spiel. Danach kommt eine umfangreiche Controller-Sektion mit neun Endlosdrehreglern, neun Tastern, neun Fadern sowie einem Schieberegler für die Gesamtlautstärke. Die Endlosregler finde ich persönlich sehr angenehm. Sie können im relativen oder absoluten Modus betrieben werden. Die Taster finde ich auch prima, sie leuchten je nach Zustand rot oder blau. Allerdings sind sie bei der Betätigung ein bisschen laut, es spielt ja nicht jeder Rockmusik. Auch hier können unterschiedliche Verhalten programmiert werden, nämlich normal (“an”, wenn gedrückt), toggle (abwechselnd an/aus) und step, wobei die Steps nach oben oder unten gehen können. Die 45 mm langen Fader haben mir am wenigsten zugesagt, was vielleicht daran liegt, dass sie nicht wie übliche Mischpultfader geformt sind. Aber auch hier reden wir von einem recht hohen Niveau, das K4 ist kein Spielzeug. Dazu passt auch, dass alle Elemente der Sektion großzügig dimensioniert sind und man nicht Gefahr läuft, unabsichtlich mehrere Regler zu bedienen.
Jeweils neun Hardware-Regler, -Taster und -Fader werden zu einer Bank zusammengefasst, davon gibt es insgesamt vier. Ein besonderes Schmankerl sind drei magnetische Bänder, die über den Bedienelementen angebracht werden können und auf denen die üblichsten Parameter wie Vol, Pan etc. aufgedruckt sind. Das liest sich dann schon besser als Fader 1, Fader 2, Fader 3.
Zwischen den Bänken umgeschaltet wird in der nächsten Sektion, in der auch der Zugriff auf die Zonen der Klaviatur erfolgt. Man erhält hier also direkten Zugriff auf über 100 Parameter und die acht Tastaturbereiche. Um den Overkill noch zu komplettieren: Die acht Zones und die über 100 Controller-Einstellungen werden noch mal zu sogenannten Scenes zusammengefasst, von denen es auch noch einmal vier gibt. Innerhalb einer Scene wird der gesamte Zustand des Gerätes gespeichert, also auch das Routing der acht Pedale, der MIDI-Ausgänge, der Zones, der Controller-Einstellungen etc. Das Umschalten von einer Scene zur anderen, also das Umfunktionieren des ganzen Gerätes, erfolgt dabei auf Tastendruck und ziemlich schnell. Die vier Scenes werden schließlich zu einer Performance zusammengefasst, die einen der 128 Speicherplätze belegt. 

Fotostrecke: 6 Bilder Die Controller-Sektion bietet je neun Fader, Drehregler und Taster

In der Mitte der Oberfläche befindet sich der große Farbbildschirm. Groß heißt: 4,3 Zoll mit 480×272 Pixeln. Darauf lässt sich schon eine Menge darstellen, zum Beispiel werden alle Bewegungen in der Controller-Sektion auf dem Bildschirm gespiegelt, also 27 Elemente samt Beschriftung. Das funktioniert auch sehr gut und ohne Verzögerung. Unter dem Display befinden sich vier weitere Taster, die zum einen zwischen den Scenes umschalten, andererseits ebenso wie das neben dem Bildschirm positionierte große Jogwheel, die zwei Dec- und Inc-Taster und die vier Cursor-Buttons zur Programmierung des Instruments über den Bildschirm dienen. Der Bildschirm ist also kein Touchdisplay, durch die Menüs navigiert man mit den um ihn herum angeordneten Bedienelementen. Touchscreen oder nicht, das ist Geschmackssache. Ein Nachteil von Touchscreens ist sicherlich, dass sie über die Hautspannung gesteuert werden – und die kann sich unter Stress schon mal ändern, z.B. auf Konzerten. Ich habe auf jedenfalls die Erfahrung machen müssen, dass mein iPad in der Probesituation und auf der Bühne anders reagiert, und das war keine sonderlich gute Erfahrung. Es gibt aber noch ein anderes Argument gegen Touchscreens: Auf normale Bildschirme passt einfach mehr Information und sie lassen sich genauer bedienen. Auf einem 272 Pixel hohen Bildschirm einen Fader mit 127 MIDI-Werten mit dem Finger genau einzustellen, kann eine sehr hakelige Sache sein und auf der Bühne mit einem Touchpen zu hantieren, ist auch nicht so schick.
Neben dem Jogwheel und den anderen Tastern gibt es dann noch eine Keypad-Sektion mit den üblichen Zahlen und Buchstaben zum schnellen Eingeben spezifischer Daten. Es folgen fünf Taster zum Aufrufen der verschiedenen Menüs, sowie ganz rechts die Abteilung zur Steuerung von Sequenzen mit den üblichen Transporttastern.
Alles in allem verfügt das Physis Piano K4 Ex über 60 mehrfach programmierbare Controller. Kurz gesagt: Es handelt sich um ein Controllerkeyboard Kurzweil’schen Ausmaßes – wahrscheinlich das umfangreichste Masterkeyboard, das man momentan kaufen kann.

Fotostrecke: 5 Bilder Anschlüsse, so weit das Auge reicht: Die Rückseite des K4

Anschlüsse

An der Rückseite geht die Gigantomanie weiter: Hier gibt es nicht weniger als acht Pedaleingänge, acht MIDI-Ausgänge, zwei MIDI-Eingänge, vier USB-Ausgänge und einen zusätzlichen USB-Eingang für den Rechner. Hinzu kommen ein Kopfhörerausgang (der leider an der Rückseite angebracht ist), zwei Audioausgänge (Klinke unsymmetrisch) und die Stromversorgung über einen universellen Kaltgerätestecker.
Vielleicht fragt sich ja jetzt der eine oder andere: Bitte, lieber Tester, wozu braucht man das alles? Wozu über 100 Parameter, acht Pedale, zehn MIDI-Buchsen, fünf USB-Buchsen? Nur Mut, damit kommen wir nämlich zum Praxisteil. 

Kommentieren
Profilbild von Roberto

Roberto sagt:

#1 - 26.07.2014 um 00:19 Uhr

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Die Piano-Sounds sind auch mit der aktuellen Firmware bis ins Detail editierbar.
Hierfür muss man lediglich einen Sound wählen, bei dem auch eine weitere Controller-Bank (von insgesamt 4 Bänken) verwendet wird.
Wechselt man zur Bank 4, kann man mit den Slidern Parameter wie String Resoncance, Hammer etc bearbeiten.
:)
Dafür sollte man mal die Sounds ab #49 anwählen.
Diese Bänke sind dann auch ganz flott auf andere Performances kopierbar.

Profilbild von Sebastian Berweck

Sebastian Berweck sagt:

#2 - 28.07.2014 um 18:20 Uhr

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"Vielen Dank für den Kommentar und ja, das ist richtig: man kann mit dem beschriebenen "Trick" ein paar (noch lange nicht alle) Parameter verändern. Im Moment ist es aber so, dass es noch nicht im Handbuch beschrieben und auch ziemlich lieblos ausgeführt ist - keine Erklärung und keine weiterreichende Animation, nur ein paar Fader. Es scheint sich daher wohl noch um eine ziemlich frühe und inoffizielle Form der Verbindung zwischen K4 und der Klangerweiterung EX zu handeln und ist daher tatsächlich ein Geheimtipp. Wenn sich das aber weiter entwickelt und es dann auch einen Editor gibt ist das Physis Piano K4EX sicher eine weitere Besprechung wert und hat dann gute Chancen, die begehrten 5 Sterne zu erreichen."

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