Vor nicht allzu langer Zeit teilte sich die Welt der Gitarristen noch mehr oder weniger in zwei Lager. Die einen schworen auf Amps in Kombination mit Effektpedalen, die anderen setzten auf die rückenschonende Variante von All-in-One Floorboard-Modelern. Mittlerweile gibt es jedoch zahlreiche Lösungen, die beide Welten elegant miteinander vereinen. Die Rede ist von den sogenannten Pedalboard-Amps. In diesem Ratgeber möchte ich euch ein paar dieser Modelle vorstellen.
Einführung zu Pedalboard-Verstärkern
Pedalboard-Amps sind kompakte Einheiten, die üblicherweise an den Schluss der Effektkette gehängt werden und wie ein regulärer Bodentreter teilweise auf dem Floorboard Platz finden. Entscheidende Kaufkriterien sind demnach die Pedalfreundlichkeit, aber auch Form und Größe und die jeweilige Pedalboard-Amp-Kategorie. So sind manche mit einer Endstufe ausgestattet, sodass eine zusätzliche Box nötig wird, andere hingegen besitzen eine integrierte Endstufen- und Speakersimulation, die den Anschluss direkt an ein Pult ermöglicht. Auch hinsichtlich der Arbeitsweise finden wir sowohl analoge als auch digitale Lösungen und sogar Mischformen vor.
Selbstverständlich kann auch jeder Modeler als Pedalboard-Amp fungieren. Heute möchte ich mich allerdings auf die Kompaktmodelle beschränken, die ohne oder nur mit einer begrenzten Auswahl an Effekten auskommen und für den Anschluss der eigenen Pedale vorgesehen sind. Produkte wie der Kemper Player, das Nano Cortex, der Line6 HX Stomp und seit dem angekündigten Update auch das IK Multimedia ToneX nehmen eine Zwischenstellung ein und finden sich deshalb auch in unserem Artikel über Modeler wieder.
Pedalboard-Amps mit Endstufe
Wer gerne einen echten Gitarrenspeaker auf der Bühne verwenden will, ist mit den folgenden Produkten gut beraten. Diese kombinieren einen Preamp mit einer Class-D-Endstufe. Auch wenn Letztere meist klangliche Einschränkungen gegenüber einer Röhrenendstufe aufweisen, ist das kompakte Maß und das geringe Gewicht für viele ein immenser Pluspunkt.
a) Blackstar – Amped Serie
Die Amped-Reihe der Firma Blackstar setzt sich mit dem Amped 1, 2 und 3 gleich aus mehreren Modellen zusammen. Allen ist gemein, dass hier eine digitale Vorstufe mit einer Class-D Endstufe kombiniert wird und ein Reverb bzw. eine Handvoll Effekte an Bord sind, dazu eine Speakersimulation. Damit steht dem Einsatz sowohl vor einem Speaker als auch direkt ins Pult nichts im Wege. Mein Favorit aufgrund seiner kompakten Maße und dem funktionalen Design ist der Amped 1.
Für dich ausgesucht
Der Blackstar Amped 1 erweist sich im Test nicht nur als äußerst flexibler Amp für Pedalboard und Modeler, sondern auch als Schaltzentrale und Standalone-Lösung.
b) Quilter – Superblock Serie
Quilter liefert mit dem SuperBlock US und SuperBlock UK gleich zwei Pedal-Amps, die sowohl in eine FRFR-Box als auch ins Pult gespielt werden können. Die US-Ausführung bietet dabei die Wahl zwischen den drei Fender-Style Typen Tweed, Blonde und Blackface. Laut eigenen Angaben hat der Hersteller eine neuartige und patentierte Class-D-Endstufe designt, die das Verhalten von Röhrenamps gut emulieren soll.
Der Quilter Superblock US ist ein kleiner Gitarrenverstärker fürs Pedalboard, der auf analoger Basis den Sound amerikanischer Amp-Klassiker liefern soll.
Pedalboard-Amps ohne Endstufe – digital/halbdigital
In der folgenden Kategorie versammeln sich Pedale, die für den Direktbetrieb ins Pult oder aber in eine Endstufe ausgelegt sind. Die Vorstufen sind digital oder analog ausgelegt, während die Endstufen- und Speakersimulation häufig digital und auf Basis von Impulsantworten arbeiten.
a) Universal Audio – UAFX
Die UAFX-Reihe von Universal Audio ist mittlerweile sehr breit aufgestellt. Jedes Pedal widmet sich einer speziellen Ampkategorie mit drei Untermodellen. Auch wenn ich klanglich eigentlich jedes UAFX-Pedal absolut empfehlen kann, würde ich persönlich für den Einsatz als Pedalboard-Amp den Dream‘65 und den Lion 68 Super Lead Amp bevorzugen. Diese liefern zwar ein breites Spektrum an Sounds, zeichnen sich aber vor allem durch ihre tollen Cleans und immense Pedalverträglichkeit aus.
Mit dem Universal Audio Dream ’65 Reverb Amplifier schafft es der authentische Sound des Fender Deluxe Reverb Amps als Pedal ins Board, mit Reverb und Vibrato.
Der UAFX Lion ’68 Super Lead Amp reiht sich mit drei herausragenden Marshall-Emulationen nahtlos in die Riege der bisherigen Amp-Modeler Universal Audios ein.
b) Walrus Audios – ACS-1 MkII
Der ACS-1 von Walrus Audio ist mittlerweile in der MkII-Version erhältlich und liefert gleich sechs Ampmodelle von Fender über Marshall bis zu Mesa Boogie. Das aktuelle Facelift kommt mit zwölf Speaker-IRs, einem Hall und besitzt, im Unterschied zur MkI Variante, ein Display.
Das Walrus Audio ACS1 Amp- und Cab-Simulator-Pedal liefert zwei Ikonen der britischen Verstärkergeschichte und eine amerikanische Legende ins Pedalboard.
c) Friedman – IR Serie
Dave Friedman bannt mit der IR-Serie einige seiner beliebten Topteile ins Bodentreterformat. Diese Pedale kommen mit zwei Kanälen, 12AX7 Vorstufenröhren und drei IR-Slots pro Kanal. Gerade das IR-X eignet sich aufgrund seines schönen Cleansounds hervorragend für externe Verzerrer. Die Vorstufe ist hier analog, während der Rest digital umgesetzt wird.
Der neue Friedman IR-X Röhrenpreamp zeigt sich extrem flexibel von glasklaren Cleans bis Metal, versteht sich mit Pedalen und ist in jedem Genre zu Hause.
d) Strymon – Iridium
Das Strymon Iridium liefert die drei Ampmodelle Fender, Vox und Marshall und bietet drei Cab-IR Slots, die frei belegt werden können. Auch hier haben wir einen Room-Regler, der dem Signal etwas Hall beimischt.
Das Strymon Iridium ist ein Modeling-Amp im Pedalformat, der mit nur drei Amp-Modellen und ausgewählten Cabs die Messlatte in Sachen Sound und Dynamik legt.
e) Boss – IR-200
Satte elf Ampmodelle bietet das IR-200 von Boss, von denen acht für Gitarren- und drei für Bass-Anwendung konzipiert sind. Darüber hinaus liefert das Pedal ein Noise-Gate, EQ und Hall, sowie eine Fülle an Speakersimulationen. Die Konnektivität des IR-200 ist immens und auch die Verwendung als Audio-Interface ist vorgesehen.
Der Boss IR-200 macht mit toll klingenden Amp-Simulationen, IR-Loader, EQ, Hall und flexiblen Anschlussmöglichkeiten das Board zur unabhängigen All-in-one-Lösung.
Pedalboard-Amps mit Effekten/ohne Endstufe – digital
In dieser Kategorie treffen wir auf echte Modeler bzw. Profiler, die jedoch häufig eine eingeschränkte Funktionalität gegenüber ihren größeren Flaggschiffen besitzen. Dadurch ist allerdings auch ein kompaktes Maß möglich und der Platzierung auf einem Pedalboard steht nichts im Wege. Im Gegensatz zu unserer vorherigen Kategorie fällt hier die Effektauswahl etwas üppiger aus.
a) Kemper – Kemper Player
Mit dem Kemper Profiler Player hat Christoph Kemper den etablierten Profiler auf Bodentretergröße geschrumpft. Kleine Einschränkungen gibt es im Bereich der Anschlussmöglichkeiten, der Effekte, sowie der Fußschalter, und es entfällt die Option, eigene Profile zu erstellen. Hinsichtlich der reinen Klang- und Effektqualität muss der User jedoch keinerlei Abstriche machen.
Der Kemper Profiler Player ist quasi die „to-go“-Version des großen Profilers fürs Effektboard, mit den gleichen Sounds und allen Profilen des Flaggschiffs.
b) Neural DSP – Nano Cortex
Das Nano Cortex aus dem Hause Neural DSP ist ebenfalls als reiner Capture Player konzipiert. D. h., das Tweaken von gemodelten Amps ist nicht möglich und auch die Effekte und deren Anordnung in der Signalkette fallen etwas eingeschränkter aus. Dennoch erhält man auch hier die identische Soundqualität des großen Bruders Quad Cortex.
Das Neural DSP Nano Cortex bietet auch als abgespeckte Version des Quad Cortex ausgezeichneten Klang und die Möglichkeit, Amp Captures zu laden und zu erstellen.
c) IK Multimedia – ToneX Pedal/ToneX One
Das ToneX Pedal bzw. ToneX One ist ebenfalls ein Capture, bzw. „Tone Model“-Player, der den Sound von geprofilten Amps, Cabinets, aber auch Drive-Pedalen wiedergeben kann. Wer mehrere dieser Sounds auf der Bühne per Fuß schalten will, der ist mit dem ToneX Pedal gut bedient. Benötigt man jedoch nur ein oder zwei Tone Modelle, ist die ToneX One Version völlig ausreichend. Aufgrund des im Oktober 2024 erschienen Firmware-Updates, bietet die ToneX-Plattform neuerdings auch einige Effekte.
Für unseren Tester ist das IK Multimedia ToneX Pedal mit seinen Features und seinem Preis eine echte Kampfansage an die Riege der Modeler-Platzhirsche.
Das IK Multimedia ToneX One bietet im Pedalgehäuse Amp-, Cab- und Drive-Modelle und eine Ausstattung, für die ihn viele größere und teurere Modeler beneiden.
d) Line6 – HX Stomp
Mit dem HX Stomp erhält der User die identischen Sounds des Helix Floorboards in Taschengröße. Das Pedal bietet dabei die Simulationen von 62 Amps, 37 Cabinets, 17 Mikrofonen und über einhundert Effekttypen. Das Maß entspricht dabei gerade mal der Größe von zwei Standard-Gitarrenpedalen.
Review: n/a
Pedalboard-Amps mit und ohne Endstufe – analog
Wer mit der digitalen Bauweise etwas hadert, wird in dieser Rubrik fündig. Sowohl die Amp- als auch die Cabinet-Simulation wird hier rein analog generiert. Die Frequenzkorrektur für die Speakersimulation findet bei den folgenden Produkten nicht auf IR-Basis statt, sondern wird durch Filterschaltungen umgesetzt. Aus diesem Grund entstehen keine Latenzen und viele schwören auf das direktere Spielgefühl. Allerdings ist der klangliche Unterschied zu Impulsantworten deutlich hörbar, weshalb letztendlich der Geschmack entscheiden muss.
a) Tech 21 – Sans Amp GT2
Die Sans Amp-Pedale sind quasi die Urgesteine des DI-Recordings und entstammen einer Zeit, als „Modeling“ noch Zukunftsmusik war. Auch wenn der Klang durchaus eigen ist, schwört z. B. Rammstein Gitarrist Paul Landers extrem auf diesen Klang. Der GT 2 besitzt die drei Amptypen Tweed, British und California, die noch einmal drei Grundsettings bieten. Die analoge Speakersimulation lässt drei emulierte Mikrofonpositionen zu.
b) BluGuitar – Amp1 Mercury Edition
Die Marke des deutschen Gitarristen Thomas Blug bietet mit dem Amp1 einen Pedal-Amp mitsamt 100 Watt Class D-Endstufe. Die Einheit verfügt über vier Ampmodelle und ein flexibles Tonestack, allerdings liefert der Amp1 keine Speakersimulation. Wer diese dennoch benötigt, ist mit der BluBox VSC als fixem IR-Player gut bedient.
Der BluGuitar AMP1 Mercury Edition bietet mit seiner Nanotube alles, was ein amtlicher Amp braucht: echten Röhrensound, kompakte Maße und 100 Watt Power.
c) Hughes and Kettner – Spirit AmpMan Classic
Der Spirit AmpMan Classic bietet zwei unabhängige Kanäle und ist mit einer Class D-Endstufe ausgestattet, die 50 Watt an 4 Ohm, 25 Watt an 8 Ohm oder 12,5 Watt an 16 Ohm liefert. Wer direkt ins Pult spielen möchte, kann den Red Box DI-Out verwenden und hat die Wahl aus 8 Seakersimulationen.
Die neuen Hughes & Kettner AmpMan Classic und AmpMan Modern Pedal-Amps liefern mit zwei Kanälen und bis zu 50 Watt Power echtes Röhrenamp-Feeling fürs Board.
d) DSM & Humboldt – Simplifier MkII
Auch der chilenische Hersteller DSM & Humboldt hat es sich zur Aufgabe gemacht, Pedalboard-Amps auf rein analoger Basis herzustellen. Der Simplifier MkII zeigt sich dabei als extrem flexibles Kästchen mit unglaublichen Anschlussoptionen. Die Vorstufe sowie die Cabsimulation erlauben drei Grundklänge, und auch im Bereich der Endstufensimulation sind großzügige Eingriffe möglich.
Musikuss sagt:
#1 - 19.10.2024 um 06:35 Uhr
In diesem Bericht fehlen halt die Pedalamps von Laney. Schade, denn so ist es eigentlich keine ausreichende Marktübersicht für interessierte User. Die beiden Laney Ironheart und Lionheart foundry stellen ja keine Randerscheinung dar und bieten mit Vollausstattung (60 Watt, 2 Kanäle, Boost, Reverb, DI und Boxenausgang) den technischen Stand der Dinge heute dar.
Haiko (Bonedo) sagt:
#1.1 - 21.10.2024 um 08:33 Uhr
Hallo Musikuss, danke für den Kommentar. Der Artikel soll auch nur eine rein subjektive Auswahl an Produkten liefern, die bei uns auch tatsächlich getestet wurden. Daher besitzt er keine Anspruch auf Vollständigkeit, sondern zeigt vielmehr eine bestimmte Palette an Möglichkeiten auf. Die Laney Pedale waren leider noch nicht Gegenstand eines bonedo-Tests. Aus persönlicher Erfahrung kann ich sie dennoch für den oben diskutierten Einsatz empfehlen. Beste Grüße, Haiko
Antwort auf #1 von Musikuss
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