Korg multi/poly ist der neuste Spross der 37-Tasten-Synthesizer-Reihe. Als deutlich aufgebohrter VA-Synthesizer beherrscht der multi/poly Analog Modelling, bietet zusätzlich zu den virtuell analogen Oszillatoren aber auch die Möglichkeiten, Waveshaper einzusetzen. Zudem ist der Synth in der Lage, Wavetables zu nutzen. Dank etlicher Modulationsquellen, einer gut klingenden Effektsektion, sowie vielen Performance-Controllern richtet sich Korgs Neuzugang gleichermaßen an Live-Performer und Sounddesigner.
Korg multi/poly – das Wichtigste in Kürze
- Analog Modeling Synthesizer mit zusätzlicher Wavetable-Synthese und Wave-Shapern
- 60 Stimmen, vier Layer
- 37 Tasten ohne Aftertouch
- Kaoss Physics, Macro-Knobs und Motion Sequencer
- Umfangreiche Effeksektion
Virtuell-analoge Synthesizer sind Dauerbrenner. Sie ersetzen selbst Vintage-Flaggschiffe und müssen erfreulich selten zur Service-Werkstatt. Nach dem Anfang 2024 erschienenen Korg KingKorg NEO, der sich im Bonedo-Test keine Bestnote verdiente, will es der japanische Konzern noch einmal wissen.
Der neue Analog Modeling Synthesizer Korg multi/poly soll das Vintage-Modell Korg Mono/Poly neu interpretieren. Schon jetzt ist klar: Es sind zwei verschiedene Synthesizer. Der Korg multi/poly liefert funktionell enorm viel und bietet bis zu 60 Stimmen.
Korg Wavestate in der Version 2 erfüllt zwei große Wünsche: Sounddesigner erhalten einen Software-Editor und können zusätzlich beliebige Samples in die Klangerzeugung einbinden.
Korg Modwave ist nicht nur ein smarter Wavetable-Synthesizer mit vielen Stimmen, Parametern und Effekten, sondern ermöglicht auch den Import beliebiger Wavetables und Samples für die Verwendung mit den beiden Oszillatoren. Wir erklären wie.
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Analog Modeling ist für Hersteller wie Musiker ein guter Kompromiss, wenn man viele Stimmen zu einem moderaten Preis anbieten möchte. Schon auf den ersten Blick reiht sich der Korg multi/poly in die beliebte Familie von Wavestate, Opsix und Modwave ein. Mit dem exzellenten Wavetable-Synthesizer Korg Modwave weist der Korg multi/poly deutliche Parallelen auf. Man könnte meinen, dass sich die Entwickler einen „Modwave mit Analog Modeling“ auf den Plan schrieben. Während des Tests hatte ich öfter ein Déjà-vu. Mir geht’s wie den meisten Lesern: Korg Wavestate, Opsix und Modwave mag ich sehr. Insbesondere mit Wavestate und Modwave habe ich sehr viel Zeit verbracht. An dieser Stelle empfehle ich drei Praxis-Workshops. Einige dieser Tipps lassen sich auf den Korg multi/poly übertragen.
multi/poly, Mono/Poly?
Vorweg: Ein Reissue des Vintage-Synthesizers Korg Mono/Poly aus den frühen 80er Jahren ist es nicht. Der Korg multi/poly will als eine Interpretation auf der Basis von Analog Modeling verstanden werden – „Multi“ steht für Vielfalt. Die einzig auffällige Parallele zwischen dem klassischen Korg Mono/Poly und dem neuen Korg multi/poly ist das Oszillator-Konzept aus vier separaten Oszillatoren im paraphonen Modus. Ansonsten ist es kaum sinnvoll, die beiden Synthesizer miteinander zu vergleichen. Der charaktervolle, analoge Sound des Korg Mono/Poly bleibt einmalig.
Korg multi/poly im Überblick
Nach Wave Sequencing, FM- und Wavetable-Synthese bringt der Korg multi/poly als viertes Raspberry Pi-Modell ein neu entwickeltes Analog Modeling mit vier Oszillatoren, Dual-Filter und virtuellen Voice Cards, die das Verhalten analoger Bauteile simulieren sollen.
Insgesamt ist der Korg multi/poly ein virtuell-analoger Synthesizer mit 60 Stimmen und der Möglichkeit, vier Layer gleichzeitig als Layer oder Split (mit variablem Splitpunkt) anzulegen. Hier spricht Korg von einer Performance, die vier Layer beziehungsweise vier einzelne Programs enthält. Die Layer Rotate-Funktion, inspiriert vom paraphonen Modus des Korg Mono/Poly, verhilft zum Wechsel zwischen kompletten Sounds nach dem Round-Robin-Schema.
Die virtuell-analoge Basis-Architektur erweitert Korg um Kaoss Physics, Motion Sequencing 2.0 und Modulationsmatrix. An Effekten bietet der Synthesizer reichlich. Auch sie wurden offenbar vom Korg Modwave übernommen. Schon bei der Erstauslieferung des Korg multi/poly gibt es eine praktische Editor/Librarian-Software für Mac/Win. Angesichts der Fülle an Programming-Möglichkeiten halte ich dies auch für notwendig.
Die Hardware des Korg multi/poly
Nach dem Unboxing stelle ich ein ein rund 3,5 Kilogramm leichtes Gerät auf den Studiotisch. Mitgeliefert werden ein schickes passendes Softcase, ein Netzteil plus einem kostenlosen Software-Paket. Mit seinen Holzseitenteilen und blauem Panel schafft er einen Spagat zwischen Vintage und Moderne.
Die Oberfläche des Korg multi/poly erinnert stark an den Korg Modwave. Auf der linken oberen Seite beziehungsweise oberhalb der beiden Handräder liegt das XY-Pad, die vier Mod-Knobs springen ebenfalls gleich ins Auge. Das OLED-Display fällt relativ klein aus. Leider kenne ich auch schon die Tastatur. Sie ist mit der des Korg Modwave vergleichbar – 37 Full-Size-Tasten ohne Aftertouch, hier allerdings mit (leichten) Gewichten unterhalb der Tasten. Der Bildschirm und die Tastatur sind mir schon jetzt ein Dorn im Auge.
Die Rückseite schaut besser aus: Stereo-Ausgang, Kopfhörer-Buchse, Pedal-Anschluss (Damper), MIDI In/Out-Buchsen, USB-Port (Typ B) sowie die Netzteilbuchse reichen für den Normalfall im Live- oder Studio-Betrieb.
Oszillatoren und Filter
Der Korg multi/poly bietet vier Oszillatoren pro Program. Ihr habt jeweils die Wahl zwischen 1) Analog-Oszillator mit klassischen Wellenformen wie Saw, Pulse, Triangle, Double Saw, Detuned Saw und mit PWM oder 2) Wavetable-Oszillator mit über 200 Wellensätzen oder 3) Waveshaper mit über 90 Shaper-Typen. Zudem bietet der Korg multi/poly einen Noise Generator sowie Ring- und Crossmodulation. Dies alles macht die Oszillator-Sektion extrem vielfältig. Per Waveshaper und mit eigens importierten Wavetables sind Sounds möglich, die sich mit klassischen VA-Synths kaum programmieren lassen.
Breit stellt sich auch die Filtersektion des Korg multi/poly auf. Ihr bekommt so ziemlich alle angesagten Vintage-Filtertypen (LP, HP, BP, Notch) als 12dB/24dB-Variante. Das Angebot beginnt mit fünf 24dB Tiefpass-Modellen, wozu auch das Filter des Korg Mono/Poly sowie Moog- und Sequential-Emulationen gehören. Hervorheben möchte ich die gelungenen Korg MS-20- und das Oberheim SEM-Filter. Schließlich lassen sich jeweils zwei Filtertypen gleichzeitig parallel oder in Serie verwenden.
Hüllkurven, LFOs und Voice Cards
Richtig üppig geht es weiter: Der Korg multi/poly verfügt über vier loopbare DAHDSR-Hüllkurven, fünf LFOs und sechs Modulationsprozessoren. Wie ihr schon erahnen könnt, kann der Synthesizer also extrem modulativ werden. Die virtuellen Voice Cards sollten aber nicht überwertet werden. Hier geht es um die Simulation analoger Schaltkreise von Oszillatoren, Filter, Hüllkurven und LFOs, die sich von Gerät zu Gerät unterschiedlich verhalten. Diese subtilen „analogen“ Schwankungen könnt ihr im Menü „CMT Voice Variation“ (CMT = Component Modeling Technology) in unterschiedlichen Stärken einstellen. Auch für den Portamento-Effekt lassen sich sechs unterschiedliche Modelle wählen. Solche Funktionen sind übrigens nicht neu, sondern als „Oscillator Drift“ oder „Aging“ bei vielen Emulationen anzutreffen.
Effektsektion des Korg multi/poly
Die sehr vielfältige FX-Sektion des Korg multi/poly gibt sich sehr praxisnah und auch bei kritischen Effekten wie Reverb geht der Tester-Daumen nach oben. Im Angebot sind die drei Blöcke Pre FX (Kompressor, EQ, Wave Shaper, etc.), Mod FX (Chorus, Phaser, Flanger, etc.) und Delay (Stereo, Tape, Reverse, etc.) plus Master Reverb und Master EQ. Sehr wichtig finde ich, dass sich der Reverb-Anteil für alle vier Layer individuell dosieren lässt. Anders formuliert: Die Effekte des Korg multi/poly sind großartig und übertreffen die interne Effekt-Abteilung der meisten anderen virtuell-analogen Synthesizer.
Motion Sequencing 2.0 und Kaoss Physics
Neben dem einfachen Arpeggiator trumpft der Korg multi/poly mit dem Motion Sequencing 2.0 auf. Für einen virtuell-analogen Synthesizer ist dies ein willkommenes Extra, wenn es um Klangphrasen gehen soll. Ähnlich des Wave Sequencings der Korg Wavestate gibt es separate Lanes (Zeilen) für Timing, Tonhöhe oder Form. Wenn ihr nicht länger das Handbuch studieren wollt, könnt ihr mit das Motion Sequencing mit Hilfe von Presets schnell meistern.
Nicht nur das Motion Sequencing ist vom Korg Modwave übernommen worden, auch ein weiteres exklusives Feature meldet sich mit dem Korg multi/poly zurück: Kaoss Physics basiert physikalisch auf einem XY-Pad, auf dem man mit seinen Fingern wischt und so Modulationssignale in Echtzeit erzeugt. Korg sorgt dafür, dass sich das Kaoss-Prinzip beziehungsweise die Modulationsverläufe automatisieren lassen. Im Grunde handelt es sich um eine weitere Quelle für klangliche Animationen. Kaoss Physics lässt sich zwar einfach spielerisch verwenden, wer die Prinzipien dahinter genauer verstehen möchte, sollte viel Zeit haben.
PeterD sagt:
#1 - 17.11.2024 um 21:39 Uhr
Die Soundbeispiele klingen furchtbar, nach Plastik, dünn ,kein richtiger Bass/Lowend ,da gibt es auf dem VST Markt schon mittlerweile was besseres. Wie man sowas heute in 2024 Musikern anbieten kann ist mir schleierhaft. Klingt wie ein billiges Plugin wie vor 20 Jahren. Selbst die Alt-Digitalen Synths von früher hatten mehr klangliche Präsenz. Dafür braucht man sicherlich keine Hardware. Schade Potenzial verschenkt.
Matthias Sauer sagt:
#1.1 - 18.11.2024 um 09:11 Uhr
Hallo Peter, sicherlich klingt der Korg multi/poly anders als ein Vintage Synthesizer. Das klangliche Potenzial ist aber - objektiv betrachtet - enorm groß. 60 Stimmen, vier Layer, Wavetables und so weiter, das ist schon gut für einen Hardware-Synth. Ob aber die Soundästhetik zusagt oder nicht, entscheidet jeder für sich. Die Audio-Demos basieren auf Factory Performances. Man wird von diesem Synthesizer bestimmt noch einige andere Sounds zu hören bekommen. Viele Grüße Matthias
Antwort auf #1 von PeterD
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