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Knobula Poly Cinematic Test

Eine der größten Herausforderungen im Eurorack ist die Polyphonie. Für acht analoge Stimmen muss man das Case in der Regel mit acht Oszillatoren bestücken. Zusätzlich braucht es dann noch Filter, Hüllkurven, VCAs und Mixer – ganz schön viel und ganz schön teuer. Der Eurorack-Boom der letzten Jahre hat glücklicherweise Module mit integrierter Mehrstimmigkeit hervorgebracht, die sogar über MIDI gespielt werden können. Einen neuen, innovativen Versuch in dieser Hinsicht stellt der Knobula Poly Cinematic Synthesizer aus Großbritannien dar. In gerade einmal zwölf Teileinheiten bietet das Digitalmodul eine achtstimmige Polyphonie mit bis zu 56 virtuellen Oszillatoren, Filter, Hüllkurve, VCA und sogar einen Reverb. Das Modul ist ein kompaktes Schlachtschiff für klassische Chord-Stabs, charakterstarke Pad-Sounds und bewegliche Sequenzen.

Knobula Poly Cinematic Test

Details

Ein Blick auf die Bedienoberfläche des Poly Cinematic macht sofort deutlich: Dieses Modul wurde für eine direkte und unkomplizierte Bedienung entworfen. Gerade einmal neun Drehgeber, vier Schalter, zwei Buttons und sieben Patchpunkte sind auf dem Panel vertikal in fünf farbig hinterlegten Bereichen positioniert. Diese symbolisieren, das verrät der Textaufdruck, Elemente der klassischen subtraktiven Synth-Architektur des Poly Cinematic: Oszillatoren (grau) gehen in einen Filter (pink) und werden in der Amplitude von einer Hüllkurve (blau) gesteuert. Und das eben polyphon.

Die vier farbigen Abschnitte des Poly Cinematic markieren die unterschiedlichen Synth-Elemente. (Foto: Knobula)

Möglich wird das durch MIDI-Integration: Mit dem Poly Cinematic wird ein schicker blauer Adapter mitgeliefert. Er wandelt MIDI-Daten von klassischen 5-Pin-Anschlüssen für den am Modul gebrauchten 3,5-mm-TRS-Port um. Heißt: Einfach einen MIDI-Controller oder MIDI-fähigen, polyphonen Eurorack-Sequenzer ans Modul anschließen und los geht’s. Um MIDI-Kanäle muss sich beim Ausprobieren erst einmal keine Sorgen gemacht werden, das Poly Cinematic hört auf alle.

Dank Detuning stecken im Poly Cinematic bis zu 56 Oszillatoren. (Foto: Lukas Hermann)
Dank Detuning stecken im Poly Cinematic bis zu 56 Oszillatoren. (Foto: Lukas Hermann)

Auch die Puls- und Organ-Wellen haben elegant klingende Detuning-Optionen. Ein kleiner Wermutstropfen ist das Fehlen von Pulsweitenmodulation, die beim Erstellen typischer 1970er- und 80er-Sounds geholfen hätte, wie sie bereits das Detuning allein hervorbringt. Dafür klingt die Pulswelle an sich im positiven Sinne sehr eigen: Das Poly Cinematic bietet einen erstaunlich weichen Pulswellensound und setzt sich damit von analogen, harschen Pulsoszillatoren ab, die man im Eurorack zuhauf findet.

Die Hüllkurve des Poly Cinematic steuert neben der Amplitude bei Bedarf auch das Filter. (Foto: Lukas Hermann)
Die Hüllkurve des Poly Cinematic steuert neben der Amplitude bei Bedarf auch das Filter. (Foto: Lukas Hermann)

Mit externem CV können am Poly Cinematic nur die Frequenzen der Oszillatoren und des Filters moduliert werden. (Foto: Lukas Hermann)
Mit externem CV können am Poly Cinematic nur die Frequenzen der Oszillatoren und des Filters moduliert werden. (Foto: Lukas Hermann)

Der Akkord-Speicher

Fehlt nur noch das „Killer-Feature“ des Poly Cinematic: Spielt man das Modul via MIDI polyphon, kann es sich bis zu acht Akkorde merken, die anschließend über CV ausgewählt und via Gates oder den großen Button in der Mitte getriggert werden können. Das bedeutet: Wenn man das Poly Cinematic vor einem Gig mit ein paar Akkorden füttert und diese dann mit monophonen CV-/Gate-Sequenzen triggert, kann man den MIDI-Controller zu Hause lassen und trotzdem polyphon performen. Alternativ ist es dann natürlich auch möglich, die Akkorde als Futter für modulare Sampler oder Looper zu verwenden und auf diese Weise mit fetten Poly-Sounds ein Set vorzubereiten. Ein sehr nützliches und vielseitiges Feature also, dieser Akkordmodus.

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Praxis

Poly Cinematic im Einsatz

Knobula wirbt ganz bewusst damit, dass das Poly Cinematic keine Presets bietet. Es ist trotz seiner Eigenschaft als achtstimmiger Synthesizer also ein „What-you-see-is-what-you-get“-Modul. Mit seiner Kombination aus einem vollen, breiten Sound und direkter, in manchen Bereichen etwas rudimentärer Klangbearbeitung ist es daher kein Synth für alle Patch-Lagen – und das will es auch nicht sein. Es muss gar nicht endlos eingestellt und moduliert werden, sondern bietet einige konkrete Sounds, die man sonst im Eurorack sonst vergeblich sucht. Wer sich die wünscht, bekommt sie beim Kauf garantiert, Punkt.

Pads fürs Eurorack

Die wichtigste Sound-Kategorie, die das Poly Cinematic ins Eurorack holt, sind dabei ganz klar polyphone Pads. Für solche müssen nur vier Regler ein wenig positioniert, bzw. Einstellungen vorgenommen werden: Attack hoch, Release hoch und die Hüllkurve über „Env Amount“ auf das Filter routen. Dann noch etwas Reverb darauf und fertig ist die Blade-Runner-Reminiszenz. Wer noch ein bisschen Detailreichtum haben will, patcht einen sanften externen LFO auf die Filterfrequenz und stellt ein wenig Detuning ein. 

Audio Samples
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Pad 1 – Sägezahn Pad 2 – Pulswelle

Und ganz ehrlich: Was braucht es mehr als diese Sounds! Die Pads klingen voll und obertonreich, verleugnen ihre Herkunft aus den 1980ern nicht, aber haben durchaus auch ein modernes Feeling. Die Supersaw kann im Übrigen auch ordentlich verstimmt werden – ein echtes Plus!

Effektiv mit Effekten

Gibt es im Rack noch Effektmodule, lohnt es sich natürlich, bei Pads aus dem Modul über einen externen Stereo-Reverb oder ein Delay nachzudenken. Hier empfehlen sich Geräte wie das Make Noise Mimeophon oder der neue StarLab-Hall von Strymon. Der integrierte Reverb des Poly Cinematic ist für kleine Setups eine dankbare Erweiterung beim Erstellen von Ambientflächen und –texturen, für detailliertes Sounddesign ist er aber weniger zu gebrauchen. Bei Chord-Stabs für Trance oder House habe ich ihn meist gar nicht bemüht. Da macht das Poly Cinematic in Kombination mit einem Slapback- oder Tape Delay aus dem Mimeophon oder dem Strymon Magneto deutlich mehr Spaß. Ein solches Delay kann dem weichen, aber trotzdem noch prägnanten Grundsound bei kurzem Attack und ein wenig Decay ein bisschen Räumlichkeit und Dynamik verleihen. Das gilt auch für Bass-Sounds und Sequenzen. Solche klingen (trocken) in etwa so:

Audio Samples
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Bass Lead Octave Detune

Kreatives Sounddesign findet am Poly Cinematic wie zu erwarten ausschließlich im Bereich zwischen Oszillatoren und Filter statt. Gibt man sich etwas Mühe, sind mit den unterschiedlichen Modi gerade des Tonewheel-Organs und Notch-/Hochpassfilter interessante Soundeffekte und Leads für Sequenzen zu entdecken, die auch nur durch Filtermodulation besondere Timbres aufweisen. 

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Organ FX

Knobula Poly Cinematic Eurorack Module Sound Demo (no talking)

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Fazit

Fehlen im Rack Ambient-Pads und glitzernde Leads mit Vintage-Vibe? Dann ist das Knobula Poly Cinematic die beste Option für den nächsten Modulkauf. Allerdings auch nur, wenn im bzw. am Rack auch mit MIDI gearbeitet wird. Dann kann der hochwertige mehrstimmige Sound des Moduls schnell in Patches integriert werden: Alle Parameter wie die Hüllkurve, das Filter und das Oszillator-Detune sind für leichte Anpassungen bei der Aufnahme oder live optimal aufeinander abgestimmt. Dank der insgesamt neun unterschiedlichen Oszillatormodi gibt es durchaus timbrale Abwechslung. Experimentell und vielseitig ist das Poly Cinematic dennoch nicht. Hier erhält man auf wenig Raum genau eines: Hochwertige, via MIDI spielbare Poly-Sounds, die insbesondere Ambientpatches einen epischen Kino-Anstrich verpassen. Dafür gibt es von uns 4 Sterne.
Die Frage, die sich allerdings jeder stellen muss, ist: Soll es für Ambient-Pads gerade dieses Modul sein? Multifunktions-Module wie das Disting EX von Expert Sleepers bieten beispielsweise auch Poly-Synthesizeralgorithmen nebst MIDI-Support – und können noch einiges mehr. Es kommt im Falle des Poly Cinematic also vor allem darauf an, ob einem der Sound direkt zusagt. Geht beim ersten Akkord die Sonne auf, ist alles in Butter: Dann hat das Modul direkt gewonnen, ist seinen durchaus hohen Preis wert und wird seinen Platz im Rack so schnell nicht wieder hergeben. Und alle Übriggebliebenen suchen sich ein anderes Modul für polyphones Arbeiten. Oder halt acht …

Knobula Poly Cinematic bietet auf 12 TE seinen achtstimmigen digitalen Synthesizer mit bis zu 56 virtuellen Oszillatoren, Filter, Hüllkurve, VCA und Reverb. (Foto: Knobula)

Webseite des Herstellers

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