Drawmer MC3.1 Monitor Controller Test

Der Drawmer MC3.1 Monitor Controller erfüllt eine Aufgabe am Producer’s Desk: Bis vor nicht allzu langer Zeit war ein Mischpult das Zentrum jedes Tonstudios.

MC31-1_Front_1

Das Zentrum des Mixers wiederum war die „Control Room Section“, der Bereich auf der Pult-Oberfläche, in dem die Abhörlautstärke geregelt wurde und die abzuhörende Quelle sowie die Studiomonitore ausgewählt wurden. In den Zeiten computerbasierter DAW-Systeme sind die Mischpulte aus den (meisten) Tonstudios verschwunden, der Wunsch nach einer „Control Room Section“ außerhalb des Computers ist aber geblieben, und geboren war die Gerätegattung „Monitor Controller“.

Details

Abhörcontroller: Warum eigentlich?

Immer noch geistert die Angst vor Bit-Verlusten durch die Audio-Kommune, verursacht durch eine digitale Lautstärkereduzierung vor dem DA-Wandler. Allerdings leben wir mittlerweile in einer 24-Bit-Welt, in der uns genügend Auflösung auf der digitalen Seite zur Verfügung steht – viele Audio-Interfaces haben einen Lautstärkeregler, der digital und absolut zuverlässig arbeitet. Somit stellt sich die berechtigte Frage, warum man eine zusätzliche Komponente in den so kritischen Signalweg zwischen Interface-Ausgang und Monitorboxen einschleifen sollte. Dafür spricht eindeutig, dass es einfach viel ergonomischer ist, an einem Rad zu drehen als eine Maus zu bewegen und zu klicken, aber es gibt noch weitere Gründe: Im Prinzip ist der Monitor Controller ein kleines, sehr spezialisiertes Mischpult, das neben seiner Hauptaufgabe, der Lautstärkeregelung, auch das Routing verschiedener Eingangssignale auf die Lautsprecher und Kopfhörerwege übernimmt. Möchte man so ein Setup aus der DAW heraus realisieren, verbraucht man ziemlich viele Ein- und Ausgänge am Interface, aber auch Sicherheitsaspekte spielen eine Rolle: Im Falle eines Computer-Crashes könnte ein Signal mit 0 dBFS ungehindert auf die Boxen gelangen, es ist also ein beruhigendes Gefühl, wenn da noch eine unabhängige Instanz zischen Interface und Boxen hängt. Ganz nebenbei ist es sehr praktisch, wenn die Talkback-Kommunikation unabhängig vom laufenden Rechner funktioniert, damit der Künstler sich beim Absturz oder beim Session-Laden im Aufnahmeraum nicht völlig alleine und verloren fühlt.

Modellvielfalt bei Drawmers Controllern

Gegenüber den beiden Monitor Controllern MC1.1 und MC2.1 stellt der MC3.1 das Topmodell der Produktfamilie dar. Die Zahl „3.1“ steht für die Anzahl der Lautsprecherpaare, die verwaltet werden können, beim vorliegenden Modell sind das demnach drei Paare plus Subwoofer (beim „MC2.1“ entsprechend zwei Paare plus Sub und beim „MC1.1“ ein Paar plus Sub). Aber damit haben sich die Unterschiede noch nicht erschöpft, denn Drawmer hat sein Controller-Flaggschiff mit allerhand professionellen Features vollgepackt. Man kann den MC3.1 im Grunde in drei Bereiche aufteilen: die Lautstärkeregelung und die Routing-Funktionen, die Talkback- und zum Schluss die Mix-Check-Funktionen.

Ich weiß ja nicht, wo ihr mit eurem Studio residiert, aber für den Fall der Fälle gibt es eine Kensington Security-Lock-Öffnung am MC3.1.
Ich weiß ja nicht, wo ihr mit eurem Studio residiert, aber für den Fall der Fälle gibt es eine Kensington Security-Lock-Öffnung am MC3.1.

Gehäuse des MC3.1

All diese Funktionen brauchen Platz, und so steckt die ganze Technik in einem zehn Zentimeter hohen, 27,5 Zentimeter breiten und 22 Zentimeter tiefen Pultgehäuse aus Stahlblech und gebürstetem Aluminium. Der ganze Kasten bringt 2,2 kg auf die Waage und macht einen äußerst robusten Eindruck. Beim Aufstellen und Einrichten muss noch bedacht werden, dass die Anschlüsse hinten zusätzlich ein paar Zentimeter überstehen. Zum Einbau in ein 19“-Rack ist der MC3.1 nicht geeignet, das Teil ist ein reines Desktop-Gerät zum Aufstellen am Abhörplatz.

Eingänge nicht nur analog per Combo-Buchse

Eingangsseitig ist der Controller großzügig und funktional ausgestattet. Es gibt zwei Eingangspaare mit symmetrischen XLR/Klinke-Kombibuchsen, einen dritten Eingang mit Cinch-Anschlüssen und auf der Vorderseite einen Aux-Eingang, ausgeführt als Stereo-Miniklinke. Die XLR-Eingänge erwarten +4 dBu, der Cinch-Eingang und die Miniklinkenbuchse sind für -10 dBu ausgelegt. Als Besonderheit besitzt der MC3.1 einen digitalen Eingang, der nicht nur das SPDIF-, sondern auch das (professionelle) AES/EBU-Format unterstützt. Die Anschlussbuchse ist wiederum eine XLR/Klinken-Kombibuchse. Insgesamt können also fünf Eingangssignale verwaltet werden, eines davon auf digitaler Ebene!

Fotostrecke: 2 Bilder Drei analoge und ein digitaler Eingang finden sich auf der Rückseite…

Zu den Lautsprechern: Ausgänge

Der MC3.1 besitzt Anschlüsse für drei Lautsprecherpaare sowie einen Mono-Ausgang für den Subwoofer, also insgesamt sieben XLR-Buchsen. Am Subwoofer-Ausgang liegt das Full-Range-Signal an, wer keinen Sub besitzt oder benötigt, könnte hier übrigens als Alternative einen einzelnen Speaker-Würfel à la Auratone anschließen und mono betreiben. Das funktioniert beim MC3.1 nur, weil der Subwoofer-Ausgang unabhängig von den anderen Ausgängen schaltbar ist – beim kleineren MC2.1 ist der Subwoofer an das Ausgangspaar „A“ gekoppelt.

Fotostrecke: 3 Bilder An sieben Neutrik XLR-Buchsen finden die Boxen Anschluss an den MC3.1.

Zwei Abhörwege

Getrennte Abhörmixe für den Toningenieur und den Künstler sind im Studio Pflicht, der MC3.1-Controller bietet hierfür zwei Signalpfade: „Main“ und „Cue“. Jeder dieser Abhörpfade kann mit allen fünf Eingangssignalen beschickt werden. Das Cue-Signal besitzt einen eigenen Ausgang auf der Rückseite, so kann das Signal zum Beispiel vom Controller zu externen Kopfhörerverstärkern im Aufnahmeraum geschickt werden. Dieser Ausgang lässt sich über ein Poti auf der Frontplatte in der Lautstärke steuern.

Die fünf Eingangsquellen lassen sich in jeder beliebigen Kombination sowohl auf den Main- als auch auf den Cue-Pfad routen.
Die fünf Eingangsquellen lassen sich in jeder beliebigen Kombination sowohl auf den Main- als auch auf den Cue-Pfad routen.

Zusätzlich besitzt der Controller zwei Kopfhörerverstärker, die beide entweder das Main- oder das Cue-Signal verstärken. Für jeden Headphone-Amp gibt es einen Ausgang an der Vorderseite des MC3.1, der Engineer kann also mit einem Knopfdruck den Kopfhörermix des Musikers abhören.

Fotostrecke: 2 Bilder Die beiden Kopfhörerverstärker bringen entweder das Main- oder das Cue-Signal zum Klingen…

Talkback-Weg und -Mikrofon

Bei der Talkback-Funktion wurde ebenfalls an alles gedacht: Zunächst fällt auf, dass das eingebaute Mikrofon recht gut klingt, trotzdem gibt es einen Klinken-Anschluss für ein externes Mikrofon. Aktiviert wird das Talkback-Mikro durch einen Taster, man muss also den Knopf gedrückt halten, solange man spricht. Wem das zu anstrengend ist, der kann für diese Funktion aber einen Fußschalter anschließen. Bei aktiviertem Talkback wird das Cue-Signal automatisch leiser geregelt, somit ist auch bei laufendem Playback eine entspannte Kommunikation mit dem Künstler möglich.

Die Talkback-Sektion. Das interne Talkback-Mikrofon befindet sich unter dem Cue-Level-Regler.
Die Talkback-Sektion. Das interne Talkback-Mikrofon befindet sich unter dem Cue-Level-Regler.

Mix-Check-Funktionen

Was Drawmer seinem Controller-Topmodell an Mix-Check-Funktionen spendiert, ist beachtlich und lässt keine Wünsche offen. Mit seinen zehn Abhörfunktionen gehen die Möglichkeiten sogar über das hinaus, was man von analogen Mischpult-Riesen gemeinhin kennt! Mono, Dim und Mute sind ja selbstverständlich, aber dann gibt’s noch den Swap L-R- und den Phase-Reverse-Schalter und als besonderes Schmankerl drei Bandpass-Filter, mit denen sich Bässe, Mitten und Höhen separat abhören lassen. Zusätzlich zum Mute-Schalter sind zwei Cut-Schalter für die linke und die rechte Abhörseite vorhanden. Der Clou ist nun, dass man alle diese Mix-Funktionen kombinieren kann!

Ein Highlight des Drawmer-Controllers ist die zehn Funktionen umfassende Mix-Check-Sektion.
Ein Highlight des Drawmer-Controllers ist die zehn Funktionen umfassende Mix-Check-Sektion.

Stereo-Kalibrierung

Vor dem ersten Einsatz empfiehlt Drawmer, den Stereo-Gleichlauf zu kalibrieren, also alle Kanäle exakt auf den gleichen Ausgangspegel zu justieren. Dazu befindet sich auf der Unterseite des Gerätes für jeden Speaker-Ausgang ein Trim-Potentiometer. Beim Testgerät war der Ausgang A übrigens schon perfekt eingestellt, die anderen Ausgangspaare wiesen kleine Unterschiede im Bereich von 0,2 dB auf. Die Justierung der Potis gestaltet sich aufgrund deren Positionierung zwar etwas umständlich, aber ist diese Arbeit einmal erledigt, ist ein versehentliches Verstellen kaum noch möglich.

Für jeden der sieben Lautsprecherausgänge finden wir auf der Unterseite ein Trim-Poti zur Kalibrierung des Stereo-Gleichlaufs.
Für jeden der sieben Lautsprecherausgänge finden wir auf der Unterseite ein Trim-Poti zur Kalibrierung des Stereo-Gleichlaufs.
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Profilbild von bonedoleser

bonedoleser sagt:

#1 - 09.01.2017 um 06:56 Uhr

0

Hallo Chris und Danke für den Test!
Ich finde den Monitorkontroller super interessant.
Aber ich werde aus der Herstellerbeschreibung nicht ganz schlau,
was die Kopfhörerausgänge angeht. Die sollen wenn man links oder rechts
den Cut aktiviert eine Art Crossfeed haben, allerdings ist das dann
auch im normalen Stereo-Modus so? Wenn ihr das Gerät noch da habt könntet ihr das ja einfach feststellen, indem ihr ein Signal z.B. nur auf dem linken Kanal eurer DAW ausgibt, und dann mit dem Kopfhörer ausprobieren, ob da auch rechts etwas ankommt.
Und noch eine Frage zu dem Test:
Vielleicht habe ich es ja auch überlesen, aber mit welchem passiven Monitorkontroller hast du den Drawmer verglichen?
LG

    Profilbild von Chris Reiss (bonedo)

    Chris Reiss (bonedo) sagt:

    #1.1 - 09.01.2017 um 16:58 Uhr

    0

    Hallo bonedoleser,
    das Testgerät ist zwar schon zurück, ich kann Deine Frage aber beantworten: Der Crossfeed ist wirklich nur aktiv, wenn entweder Right- oder Left-Cut gedrückt wird. Es handelt sich nicht um einen Stereo-Crossfeed (wie z.B. die Linkwitz-Schaltung…). Der Hintergrund: Hören wir nur einen Lautsprecher ab, tun wir das ja trotzdem mit beiden Ohren, das versucht die Schaltung für „unterm Kopfhörer“ zu simulieren um den Klangeindruck realistischer zu gestalten.
    Mein passiver Monitor-Controller ist ein DIY-Project und deshalb namenlos. Entwickelt hat den Controller Igor Kapelevich (I.J.Research), der unter anderem Bob Katz zu seinen Kunden zählte. Igor hatte bis vor einigen Jahren eine Webshop, indem man Platinen und Bausätze für seine fantastischen Projekte erwerben konnte, aber leider gibt es den Webshop nicht mehr und auch Igor hat sich aus dem Business zurückgezogen. “
    Grüße,
    Chris

    Antwort auf #1 von bonedoleser

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