Im Juni 2022 meldeten sich die Progressive-Rock-Ikonen Porcupine Tree um Mastermind Steven Wilson endlich nach über 13 Jahren Pause mit dem Album „Closure / Continuation“ zurück! Leider gehört der langjährige Bassist Colin Edwin nicht mehr zum aktuellen Lineup. Das alles soll uns jedoch nicht davon abhalten, den britischen Prog-Rockern mit einem Workshop zu ihrem wohl bekanntesten (da sicher auch eingängigsten) Songs Tribut zu zollen. „Sound Of Muzak“ erschien bereits im Jahr 2002 auf dem fulminanten Album „In Absentia“. Mit Hinsicht auf Melodik, Harmonik, Arrangement und Länge zeigen Porcupine Tree hier keinerlei Berührungsängste mit der Popmusik. Kein Wunder, ist doch Steven Wilson ein bekennender Fan von ABBA und den Beatles. Dennoch bleiben die Prog-Wurzeln in „Sound Of Muzak“ klar erkennbar: So haben wir es hier beispielsweise mit einem nicht alltäglichen 7/4-Takt zu tun. Allerdings in wohl dosierter Weise, sodass „Sound Of Muzak“ die ideale Einstiegsdroge für angehende Prog-Rocker sein kann.
„Sound Of Muzak“ – Originalvideo
Wie immer hören wir uns den Song zunächst einmal in Ruhe an:
„Sound Of Muzak“ – Rhythmik
Willkommen in der Welt des Prog-Rock und der ungeraden Taktarten! Wer damit noch keine Berührungspunkte hatte, sich aber dem Thema nähern will, der findet mit „Sound Of Muzak“ den perfekten Einstieg: Der Vers (in dem der Bass stets pausiert) sowie das Gitarrensolo stehen im 7/4-Takt. Die sieben Viertelschläge werden in eine 3er- und eine 4er-Gruppe unterteilt, was etwas Licht ins Dunkel bringt. Es empfiehlt sich also nicht „1-2-3-4-5-6-7“, sondern „1-2-3-1-2-3-4“ zu zählen.
Colin Edwins Bassline während des Solos ist spieltechnisch recht einfach und so können wir uns voll auf die Rhythmik konzentrieren. Er spielt vorwiegend lange Töne – und diese klar auf die Schwerpunkte 1 und 4 (sozusagen die 1 der 4er-Gruppe). Praktsch, denn das macht die Aufteilung für uns sehr gut nachvollziehbar!
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Trotz des nun vorherrschenden 4/4-Taktes ist der Chorus eigentlich der komplexere und herausfordernde Part – zumindest spieltechnisch für die Bassfraktion. Die erste Hälfte eines jeden Taktes wird durch die vorgezogenen Zählzeiten 2 und 3 bestimmt. Danach folgen Achtelnoten, die ruhig zur nächsten 1 führen. Nur in Takt 4 weicht Colin von diesem Schema mit einer kleinen Variation ab und erschafft somit eine viertaktige Form.
„Sound Of Muzak“ – Tonmaterial
„Sound Of Muzak“ befindet sich in der Tonart D-Moll und Colin Edwin bedient sich auch ausschließlich der leitereigenen Töne D, E, F, G, A, Bb, und C. Im Chorus formt er damit eine schöne melodische Bassline mit einem zuerst auf- und dann wieder absteigenden Motiv. Im vierten Takt beschränkt er sich auf Grundton und Quinte, was deutlich statischer wirkt. Mit diesem Kontrast unterstützt er gekonnt die viertaktige Form des Chorus.
Das Gitarrensolo begleitet Colin hauptsächlich mit den Grundtönen des jeweiligen Akkordes. Die D-Moll-Tonleiter nutzt er dann, um Überleitungen zum nächsten Akkord zu spielen.
„Sound Of Muzak“ – Basssound
Colin Edwin wird zumeist mit Spector-Bässen gesehen, wird aber auch mit Instrumenten von Wal, Music Man und Basslab gesehen. Welcher Bass hier zum Einsatz kam, vermag ich nicht zu sagen. Der Sound ist jedoch auf alle Fälle sehr druckvoll mit einem mächtigen Tiefmitten-Anteil, dafür aber ohne viel Höhen. Auf diese Weise platziert er sich sehr homogen im Mix.
Eine angenehme leichte Kompression sowie die gezügelten Höhen im Basssound lassen eigentlich auf die Verwendung eines echten Bassverstärkers mitsamt einer Bassbox schließen – irgendwie hört es sich auch nach „bewegter Luft“ an. Aber auch mit einem Preamp und Kompressor könnte man vermutlich ähnliche Ergebnisse erreichen. Alles in allem ist der Sound in positiver Weise „unspektakulär“ und sitzt äußerst harmonisch im Mix.
„Sound Of Muzak“ – Transkription
Hier findet ihr die Noten, TABs und von mir eingespielte Klangbeispiele.
Viel Spaß und bis zum nächsten Mal,
euer Thomas Meinlschmidt