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Der Handel mit Vintage- und Custom-Shop-Gitarren

Vintage-Gitarren umhüllt der Charme vergangener Zeiten. Oft berichten dabei kleine Kratzer und Dellen von hunderten von Spielstunden und verleihen den Instrumenten nicht nur einen coolen Look, sondern auch eine geheimnisvolle Aura, die zahlreiche Anekdoten verbirgt. Kein Wunder also, dass Gitarren früher Jahrgänge sehr gefragt sind und stellenweise zu schwindelerregend hohen Preisen gehandelt werden.

Bilder zur Verfügung gestellt vom GuitarPoint

In den letzten Jahrzehnten hat sich eine richtige Szene von Liebhabern entwickelt, die ganze Sammlungen ihr Eigen nennen. Gleichzeitig bieten beispielsweise Fender und Gibson, die beiden prägendsten Hersteller des E-Gitarrenbaus, seit einiger Zeit sogenannte hochpreisige Custom-Shop-Modelle an, die von renommierten Gitarrenbauern in liebevoller Detailarbeit angefertigt werden und, quasi als Alternative, authentische Repliken der frühen Instrumente aus den 50er und 60er Jahren darstellen.

Möchte man eine Gitarre dieser Art kaufen oder verkaufen, richtet sich der aktuelle Wert nach einigen Faktoren wie dem Renommee des Herstellers und, im Falle von Vintage-Instrumenten, dem Jahrgang sowie der Originalität. Inzwischen tummeln sich in dieser Hinsicht auch viele verbastelte Gitarren und leider auch Fälschungen auf dem Markt, was bei ersteren den Wert deutlich mindert bzw. einen gewinnbringenden Wiederverkauf quasi ausschließt.

Expertise ist also gefragt. Wir haben dafür mit Simon Gauf, dem Geschäftsführer des GuitarPoint in Maintal gesprochen, um mehr über den Handel mit Vintage- und Custom-Shop-Gitarren zu erfahren. Der GuitarPoint gilt schon seit vielen Jahren auch international als eine der ersten Adressen, wenn es um das Thema Vintage-Gitarren geht. 

Hallo Simon, kannst du für uns zunächst erstmal einordnen, ab wann ein Instrument in die Kategorie Vintage fällt und welche Modelle und Marken hier besonders gefragt sind?

Hi Micha, gerne.  Eigentlich ist „Vintage“ für die meisten grob alles, was von den großen Marken wie Gibson, Fender, Martin und Gretsch vor 1965/66 gebaut wurde. Die „Golden Era“ ist bei E-Gitarren die Zeit von 1950-1964. Nach 1965 ist dann nämlich viel passiert: Fender wurde an CBS verkauft, Gibson hat die Halsbreite bei nahezu allen Modellen auf 40 mm verjüngt, und Gretsch wurde ebenfalls verkauft. Alle ersetzten Brazilian Rosewood durch Indian Rosewood. Nur bei Martin ist hier der Cut erst bei 1969. Bei Gibson gibt es dann nochmal etwas später mit dem Verkauf an Norlin im Jahre 1969 einen weiteren Wendepunkt.
Früher war alles, was nach diesen Jahren gebaut wurde, für Sammler uninteressant und verpönt. Das liegt am stärkeren Fokus der Hersteller auf Masse statt Klasse in den Betrieben, die teils nicht mehr von ihren Gründern geführt wurden. Dazu kamen diverse Konstruktionsänderungen, die als klanglich negativ beeinflussend gesehen wurden. Heute fragt man sich, warum das so war, in einer Zeit, in der die alten Instrumente noch erschwinglich waren. Heute sind selbst Mitte 70er Modelle schon sehr teuer. Aber es gab auch viele tolle Instrumente aus den 70s und auch 80s, weil man Gitarren immer individuell beurteilen muss. Generell wichtig sind natürlich die bekannten und heute noch aktuellen Modelle wie die Les Paul, SG, ES, Strat und Tele, vermehrt aber auch die Offsets, sowie P- und Jazz-Bässe, 6120 etc., alles in allem zu 95% Fender und Gibson. Mittlerweile würde ich durchaus auch Gitarren und Bässe bis 1975 als Vintage ansehen und zu den gefragten und gesuchten Kategorien zählen. Unter ihnen gibts auch schon Modelle, die eine Art „Legendenstatus“ erreicht haben und sogar als Custom Shop Reissues gebaut werden. Und das nicht ohne Grund, denn gerade Les Pauls aus den späten 60er und frühen 70er Jahren und ES-335 Modelle und SGs von 65-69 sind sehr gefragt, bei Spielern wie bei Sammlern!

Interessant. Das heißt also, dass ihr, wie zunächst bei den ganz frühen Modellen, nun auch bei den Gitarren der späten 60er und 70er Jahre eine kontinuierliche Preissteigerung ausmachen könnt?
Definitiv. Hier sind sogar aktuell die größten prozentualen Zuwächse zu verzeichnen. Gerade ES-335 und SGs aus den 60s, Les Paul Customs bis 1975 sind deutlich nach oben gegangen. Es herrscht einfach eine große Nachfrage und die Leute merken, dass bei diesen Modellen das Preis-Leistungs-Verhältnis auch für Spieler einfach passt … noch!

Simon Gauf, Geschäftsführer des GuitarPoint in Maintal.

Nun hat ja jede Gitarre bestimmte Bauteile, wie beispielsweise Bünde oder Potis, die über die Jahre dem Verschleiß zum Opfer fallen. Ab wann gilt ein Instrument als nicht mehr originalgetreu bzw. ab wann wirken sich Modifikationen signifikant auf den Wert aus?

Eigentlich ist es nach heutigem Verständnis ja schon fast komisch, wieviele Instrumente im Laufe der Zeit ohne Veränderungen auskamen oder? Das große Basteln kam ja speziell in den späten 70ern und 80ern, weil die Hersteller nach Meinung der Gitarristen keine ausreichende Qualität lieferten.
Generell ist das so: Eine Neubundierung ist keine Wertminderung, abgesehen vielleicht von einer komplett „Mint-High-End-Gitarre“. Sonst ist das einfach normal. Ansonsten ist alles relevant, je nach Menge der getauschten Teile mindert sich der Sammlerwert. Besonders schlimm sind Neulackierungen (bis zu 40% Wertminderung) oder auch getauschte Pickups – das Herz einer Gitarre. Ein fehlendes Logo bei einer Fender Gitarre z.B. ist auch ein Problem. Getauschte Potis sind ebenfalls nicht schön, die benötigt man ja oft auch zum datieren. Potis kann man i.d.R. reparieren, die braucht man eigentlich nicht tauschen. 

Ok, nehmen wir an, ich finde eine alte Gibson Les Paul auf dem Dachboden meiner Großeltern und wende mich, mit dem Gedanken das Instrument zu veräußern, an euch. Welchen Service bietet ihr in diesem Falle an?
Wir würden als erstes ein paar Infos benötigen, ein paar aufschlussreiche Fotos und eine kurze Beschreibung der Gitarre. Viele wissen auch gar nicht, womit sie es da zu tun haben, weil sie z.B. eine Gitarre geerbt haben, die im Familienbesitz war. Manchmal lässt sich so schon recht gut eingrenzen, um was es sich handelt und was die Gitarre wert ist. Wir spielen natürlich mit offenen Karten. Mittlerweile haben ohnehin viele vorher gegoogelt und irgendwo wahnsinnig hohe Preise entdeckt 🙂 Wir bieten an, die Gitarre per Logistikunternehmen direkt zu Hause abholen zu lassen und dann bei uns entsprechend zur finalen Wertermittlung zu begutachten. Das geschieht ganz transparent und ist es für den Verkäufer bequem und ohne viel Aufwand möglich. In Nicht-Corona Zeiten machen wir das aber gern mit dem Verkäufer auch vor Ort. Generell kaufen wir alle Instrumente direkt an und machen keine Kommissionsgeschäfte, wie es nahezu alle unsere internationalen Mitbewerber tun. Das ist für den Verkäufer auch oft angenehmer und er muss nicht viele Monate warten, bis er zu seinem Geld kommt, oder sich beim Privatverkauf lange mit Interessenten herumschlagen, die das Instrument schlechtreden.

Detaillierte Begutachtung einer eingetroffenen Stratocaster.

Nehmt ihr auch gleich mehrere Gitarren oder ganze Sammlungen in Zahlung?

Ja. Es gibt hier kein Limit. Wenn es in unser Portfolio passt und man sich einig wird, kaufen wir das Instrument. Auch komplette kleine und große Sammlungen. Wenn es um größere Sammlungen geht, kommen wir auch gerne persönlich vorbei und schauen uns die Instrumente vor Ort an und nehmen sie entgegen. Wir sind immer auf der Suche und suchen nicht nur nach Vintage oder „Used“ Instrumenten. Ich suche auch ständig Gibson Custom Shop Gitarren, insbesondere im hohen Preissegment (Collector’s Choice, Artist, Murphy etc.).

Ein Blick auf die Akustik-Abteilung des GuitarPoints.

Ist bei alten Gitarrenverstärkern der großen Firmen wie Marshall, Vox und Fender ebenfalls eine Wertsteigerung auszumachen und spielt das Thema Vintage-Amps bei euch im Shop generell eine Rolle?

Jein. Der Fender Deluxe Reverb ist in den letzten Jahren locker um 20% im Wert gestiegen! Fender Tweed Amps sind nahezu vom Markt verschwunden. Bei Vintage Amps ist es genauso wie bei Neuware: Keiner will mehr schleppen und große, zu laute Amps verkaufen sich nicht mehr gut. Obwohl ein Fender Super Reverb 4x10er Combo und ein Marshall Bluesbreaker wunderbar klingen, sind diese Amps nicht praktikabel und – das gehört auch dazu – „problematisch“ beim Versand. Dasselbe gilt für 412er Boxen. Wir konzentrieren uns mittlerweile ausschließlich auf Fender Combos vor 1970 und ggf. Marshall Heads bis in die frühen 80er. Alles andere ist für uns nicht mehr interessant.

Das Thema Custom-Gitarren kam ja eben schon kurz zur Sprache. Wenn ich richtig informiert bin, warst Du vor deiner Zeit beim GuitarPoint sehr aktiv für den Gibson Custom Shop und hattest demzufolge einen detaillierten Einblick in die Produktion dieser Instrumente. Inwiefern unterscheiden sich Custom-Shop-Gitarren von den regulären Standardmodellen? Kann man hier auch nach einigen Jahren noch mit einem stabilen Wiederverkaufswert rechnen?

Das stimmt, ich war mal Produktmanager beim ehemaligen Vertrieb und habe im Anschluss als Gibson-Kunde viele Kleinserien konzipiert und war deshalb sehr oft in Nashville im Custom Shop. Ich kann daher schon sagen, dass ich das eine oder andere mitbekommen habe in dieser Zeit. Die CS-Gitarren haben für mich nichts mit der normalen Gibson-Produktion zu tun. Der Custom Shop hat eine bessere Holzauswahl, andere Lieferanten, Konstruktionsmerkmale, Maschinen … und ist ja auch eine ganz eigene Factory, die – zumindest solange ich damit zu tun hatte – völlig eigenständig und ohne Synergien mit der normalen Produktion arbeitete. Dennoch sind es keine Wertanlagen oder dergleichen, es sind einfach gute neue Gitarren. Es gibt einige Ausnahmen, wie spezielle Kleinserien, Aged & Signed-Versionen oder frühe Modelle der CC- und Artist-Serien, die teilweise wahnsinnig teuer geworden sind – ich habe selbst solche Gitarren in hohen 5-stelligen Preislagen verkauft. Ansonsten gilt dasselbe wie bei Neuwagen: Aus dem Laden raus und 20% Verlust gemacht. Das muss jedem klar sein, der uns eine solche Gitarre anbietet. Es gibt einfach tausende R7-R0 auf dem Markt und eine ist leichter und schöner als die andere 🙂 Leider sind die Kriterien bei den „normalen“ Reissues auch sehr banal: 1.) Gewicht 2.) Flamme. 

Der große Showroom des Ladens offenbart ein beachtliches Angebot an Vintage- und Custom-Shop-Modellen.

Ok, kommen wir noch mal abschließend auf den Punkt Wertanlage zurück. Die Gitarre scheint im musikalischen Mainstream momentan eher auf dem Rückzug zu sein. Würdest du dennoch Vintage-Gitarren als stabile Investition empfehlen?

Also mit klaren Investitionsempfehlungen halte ich mich immer zurück, das sollen die Banker machen. Allerdings kann ich sagen, dass unabhängig vom aktuellen Mainstream eine ungebrochene Faszination für (Vintage)-Gitarren herrscht, und zwar bei einer Zielgruppe, in der alle Altersstufen vertreten sind. Man sehe sich nur an, wie Post Malone in den USA bei einem bekannten Händler begeistert Vintage-Gitarren einkauft, oder dass Jason Momoa sich einen Vintage-Bass nach dem anderen anschafft. Gerade 2020, inmitten der Pandemie, haben wir verstärkt die Investment-Motivation bei unseren Kunden bemerken können. In instabilen Zeiten investieren viele in Sachgüter, und wenn die Gitarren dann eben von einem Händler kommen, der so detailliert prüft und eine entsprechende Expertise mitliefert, passt das natürlich gut zusammen. Es gilt die Devise: So original wie möglich und so gut erhalten wie möglich – wobei natürlich auch leicht modifizierte Gitarren bei Wertsteigerungen mitgezogen werden. Die klassischen Modelle Les Paul, Strat, Tele, ES-335, SG sind sicher die wertbeständigsten und völlig abgekoppelt vom aktuellen Musikgeschehen, da sie ihren „Legendenstatus“ ohnehin erreicht haben und die Zielgruppe eher die klassische Rock- und Bluesmusik damit assoziiert, also den „alten“ Sound. Ein Joe Bonamassa bringt diesen mit entsprechenden Gitarren ja auch auf die große Bühne der Gegenwart, was den „Boom“ nicht abreißen lässt.

Danke für das Gespräch, Simon!
Weitere Infos: www.guitarpoint.de

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