Nach fast sechs Jahren stellt Clavia nun das neue Nord Stage 4 vor, das wir einem detaillierten Test unterziehen. Dabei handelt es sich um eine konstante Weiterentwicklung des Performance Stagepianos, welche über neue Features verfügt und noch schlüssiger in seiner Architektur ist. Das bestehende Konzept wurde weitergedacht und in vielen Punkten stark verbessert.
Im Fokus der schwedischen Entwickler steht weiterhin eine Bedienung ohne Menüs mit direktem Zugriff auf alle Parameter, guter Sound sowie eine neue Tastatur mit Dreifach-Sensor. Das Clavia Nord Stage 4 gibt es zudem in drei Ausführungen, von denen wir das 88-Tasten-Modell einem ausführlichen Test unterzogen haben. Was es beim Nord Stage 4 Neues zu entdecken gibt, das zeigen wir hier.
Clavia Nord Stage 4 – das Wichtigste in Kürze
- Performance Stagekeyboard mit unabhängiger Piano-, Orgel- und Synthesizer-Sektion
- Layer-Konzept: 2 Layer für Piano- und Orgel-Sektion, 3 Layer für Synth-Sektion
- 2 GB Speicher für die Piano-Samples, 1GB Speicher für Nord Sample Library
- Effekte für alle Layer separat einstellbar
- Nord Wave 2 Synth Engine mit drei unabhängigen Synthesizer Layern
- Drei Tastaturmodelle verfügbar, alle mit physischen Drawbars inkl. LED-Anzeige
- Bis zu 3 Splitpunkte (bis zu 4 Zonen) mit LED-Anzeige
- Seamless Transitions: Programmwechsel ohne klangliche Unterbrechung
Details
Clavia Nord Stage 4: Layer statt Panels
Was beim Test sofort ins Auge stach: die zwei bzw. drei Fader der Piano-. Orgel und Synth-Sektion des Nord Stage 4, welche mit grünen LEDs ausgestattet sind. Das neue Stagepiano verfügt nämlich nicht mehr über die beiden globalen Panels A und B, sondern erlaubt das Aktivieren und Mischen zweier Layer pro Sektion mittels Fader. Der Synth-Sektion hat man sogar einen dritten Layer spendiert, weshalb man hier sogar 3 Fader findet. Die Layer können in jeder Sektion über die Taster A und B (und C) aktiviert und mittels Fader gemischt werden. So entfällt unnötiges Hin- und Herschalten zwischen den Panels. Das Nord Stage 4 ist dadurch noch leichter zu bedienen und kommt auch weiterhin ohne Menüs aus. Alle Parameter sind sofort einsehbar und zugriffsbereit.
Mehr Flexibilität: Nord Stage 4 mit zwei Layer Scenes pro Programm
Und damit nicht genug: für noch mehr Flexibilität gibt es pro Programm noch eine zweite Layer-Scene, mit der man eine zweite Ebene innerhalb desselben Programms aufrufen und speichern kann. Zwar sind die gewählten Klänge und Einstellungen der Szenen identisch, aber es lassen sich in beiden Szenen verschiedenen Kombinationen aus den einzelnen Layern erstellen. Damit eignen sich die Layer-Scenes beispielsweise. Für zwei verschiedene Songparts, die man ohne Aufwand hin- und herschalten kann.
Programmwahl, Presets und Live-Mode
Das mittig verbaute OLED-Display dient hauptsächlich der Anzeige der angewählten Programme und Layer. Direkt darunter befinden sich 8 Taster für die Programmwahl. Das ist deutlich mehr als beim Vorgänger. Erstmals kann man diese Taster nun auch als Nummernblock zum Aufrufen eines Programms verwenden. Ganze 88 Programm stehen pro Soundbank zur Verfügung, gekennzeichnet durch die Buchstaben A – Z. Für schnelleres Durchsteppen der Sounds steht außerdem noch ein Dreh-Encoder neben dem Display bereit. Am Live-Modus hat man im Hause Nord übrigens weiterhin festgehalten: mit Betätigen des Live-Tasters hat man Zugriff auf 8 Live-Programme, mit denen spontane Sound-Kreationen möglich sind.
Mehr Effekte: Layer Effects im Nord Stage 4
Als besonderer Zugewinn erweist sich im Test des Nord Stage 4 Stagepianos die neue Effekt-Sektion. Wie schon die Beschriftung „Layer Effects“ vermuten lässt, sind Effekte jetzt individuell für jeden Layer einstellbar. Richtig gehört: für jeden Layer steht jetzt eine komplette separate Effekt-Kette zur Verfügung, mit Ausnahme der Orgelsektion (hier ist es nur ein Effektpanel). Das ist eine wirklich gewaltige Menge! Unter den Modulationseffekten gibt es übrigens auch Neuzugänge. Der Spin-Effekt ist ein Rotary Speaker, und mit dem Pump-Effekt wird das „Ducking“ einer Sidechain-Kompression imitiert. Im Reverb-Panel findet man jetzt u. a. auch einen Federhall sowie Bright und Dark-Variationen für alle 6 Halleffekte.
Piano-Sektion: 2 GB Speicher und Dynamic Compression
Genau wie der Vorgänger hat auch das Nord Stage 4 einen Piano-Speicher von insgesamt 2 GB Größe. Das ist auf jeden Fall ausreichend, um zahlreiche Grand- und Upright Pianos in der XL-Version unterzubringen. Standardmäßig ist das Stagepiano bereits mit einem „Best Of Nord“ an unterschiedlichen Pianos bestückt, was sofort zum Spielen einlädt. Auch die E-Pianos, Clavinets und weiteren Klänge sind wie immer im Piano-Panel zu finden. Während des Tests konnten wir sogar noch ein neues Feature entdecken: Das Nord Stage 4 verfügt über eine „dynamic compression“. Letztere komprimiert das Signal auf eine raffinierte Weise, sodass bei leiserem Spiel der Pegel angehoben wird. Eine sinnvolle Erweiterung, falls das Piano in einem musikalischen Kontext auch mal poppig-komprimiert sein darf.
Clavia Nord Stage 4: Orgel-Sektion mit B3 Bass
Insgesamt 6 Orgel-Simulationen bietet das Nord Stage 4. Dazu gehört neben der Hammond B3 auch eine Farfisa, Vox Continental, zwei Pfeifenorgeln und als Neuzugang nun auch eine B3-Bass-Simulation. Im Test zeigte sich außerdem eine schöne Ergänzung zu den physischen Zugriegeln: Das Stage 4 verfügt jetzt auch über eine Drawbar-LED-Anzeige, was den jeweiligen Stand der verschiedenen Registrierungen sofort sichtbar macht. Da die Drawbars nicht motorisiert sind, ist es also immer wieder wichtig, den tatsächlichen Stand der Zugriegel zu kontrollieren.
Synth-Engine aus dem Wave 2 im Nord Stage 4
In der Synthesizer-Sektion wartet das Nord Stage 4 mit einer neuen Engine auf, welche aus dem Nord Wave 2 stammt. Und zwar gleich in dreifacher Ausführung mit den Layern A, B und C. Die Funktionsweise der Synth-Sektion lässt sich in die drei Bereiche Samples, Analog und Extern aufteilen. Zahlreiche Samples, welche u. a. aus der hauseigenen Nord Sample Library stammen, sind bereits im Instrument untergebracht. Hier wurde zudem der Speicher von 480 MB auf 1 GB erweitert. Im Analog-Modus bietet die Synth-Sektion alle erdenklichen Wellenformen, welche neben den Klassikern Sinus, Sägezahn und Rechteck auch weitere „Shapes“ verfügt. Über den Oscillator-Control-Regler kann man diese Wellenformen überdies stufenlos formen, was zu sehr interessanten Klängen führt. Ebenfalls sind Wellenform-Kombinationen, Super-Waves, FM und weitere Waveforms untergebracht.
Clavia Nord Stage 4: Bessere Struktur im Synthesizer-Panel
Das Bedienpanel des Nord Stage 4 ist jetzt noch übersichtlicher als beim Vorgänger strukturiert, denn Oszillator, Filter und LFO liegen jetzt in einer Reihe. Dort sind sie dank der hellen Hintergrundfarbe gut zu erkennen. Im Test zeigte sich: Alle wichtigen Einstellungen sind direkt zugriffsbereit. Was nicht auf die Oberfläche passt, das kann dann über das Display und die drei dazugehörigen Drehencoder eingestellt werden. Im Gegensatz zum Stage 3 hat das Nord Stage 4 keine dezidierten Potis für die Hüllkurven, welche erst per Tastendruck über das Display aufgerufen werden können. Die drei unter dem Display liegenden Dreh-Encoder haben dann je nach Menü verschiedene Aufgaben, wie etwa das Anwählen von Attack, Decay und Release. Auch werden hier Wellenformen, Filtercharakteristik sowie das Justieren der Arpeggiator-Patterns vorgenommen.
Extern-Funktion im Synthesizer-Layer
Mithilfe der Extern-Funktion kann man mit dem Nord Stage 4 externe Quellen steuern. Anstelle der internen Klangerzeugung dient die Synth-Sektion dann zur Steuerung eines externen Moduls oder etwa einem Software-Synthesizer. Zudem gehören neben allen gängigen MIDI-Controllern auch MIDI CC und Program-Change-Befehle zu den wichtigen Features. Praktisch für alle, die ab und zu beispielsweise ein Mainstage-Setup über das Stagepiano steuern möchten.
Leistungsstarker Arpeggiator/Gate-Modus im Nord Stage 4
Gegenüber dem Vorgängermodell bietet das Nord Stage 4 einen vielseitigen Arpeggiator, dessen Betriebsmodi in Arp, Poly, Gate und Pattern unterteilt sind. Neben gängigen Arpeggiator-Sequenzen kann man im Poly-Modus beispielsweise ganze Akkorde in verschiedenen Umkehrungen spielen. Gate hingegen lässt stehende Klänge rhythmisch pulsieren. Aktiviert man den Pattern-Modus, dann folgt der Arpeggiator vorgegebenen Preset- oder User-Rhythmen und haucht den Klängen eine sehr lebendige und dynamische Bewegung ein. Wie sich der Arpeggiator im Test schlägt, das hören wir im Praxisteil.
Clavia Nord Stage 4: Anschlüsse auf der Rückseite
Alle Anschlüsse des Nord Stage 4 befinden sich auf der Rückseite des Geräts. Neben den vier Audio-Ausgängen, welche über das Menü verschiedene Routing-Möglichkeiten bieten, finden wir hier auch Anschlüsse für Sustain, Orgel-Schweller und Controlpedal. Auch ein Kopfhörerausgang sowie Monitor-In sind vorhanden. Das Nord Stage 4 hat außerdem einen Anschluss für das Nord Triple-Pedal (Version 1 + 2). Schließlich ergänzt noch ein USB-Anschluss sowie die klassische MIDI In/Out-Kombi die Ausstattung.
Neue Tastatur für die Hammermechanik Modelle des Nord Stage 4
Neben allen genannten Neuerungen verfügt unser Test-Kandidat noch über ein wichtiges, neues Feature – die Hammermechanik des Nord Stage 4 88 und Nord Stage 4 73 wurde nämlich überholt und verfügt jetzt über einen Dreifach-Sensor. Das ist insofern relevant, als der Dreifachsensor den Tastenweg genauestens abtastet und eine noch bessere Abstimmung auf die internen Sounds ermöglicht. Dadurch, dass mit der Hammermechanik nicht nur Pianos, sondern auch Orgel- und Synthesizer-Klänge gespielt werden, verspricht dieses Feature ein noch besseres Spielgefühl. Mehr dazu im Praxisteil unseres Tests!
ThomaschW sagt:
#1 - 05.06.2023 um 11:54 Uhr
Bin noch hin und hergerissen. Vieles ist besser geworden (Piano Sektion, Effekte, Tastatur, Drawbars für alle Modelle), aaaaaber die Synthesizersektion hat etwas gelitten. Konnte ich beim 3er die digitalen Waves, Noise und die Formant-Waves z.B. in die Oszillatorkonfiguration mit einbeziehen (Bell, FM), so geht das jetzt gar nicht mehr. Vielleicht kann mans ja per Update noch nachrüsten, ebenso ein paar weitere digitale Waves, das Zweier z.B. hatte noch über 60.
Friedhelm sagt:
#2 - 04.08.2023 um 16:58 Uhr
Hallo, ich kann mich dem Bericht "nicht" anschließen! Ich hatte einen NS4-73, wurde zurückgegeben. Im Austausch habe ich einen NS4-Compact mitgenommen, da wir gerade im Studio waren. Die Aufnahmen wurden für 2 Tage unterbrochen! Fazit: Der NS4-73 hat große Probleme, einen Ton auf den Punkt zu bringen. Es funktioniert nur, wenn man die Tasten kräftig und schnell drückt. Ansonsten gibt es Verzögerungen, die um die 32tel liegen. Ein dynamisches Spiel ist damit ausgeschlossen. Die NS4-Compact klingt ganz anders als die NS4-73. Das liegt daran, dass die Bauteile in der Elektronik nicht gleichwertig sind. Natürlich haben die Bauteile Toleranzen, aber die Klangveränderung ist dann nicht so groß. (Vermutlich wird nicht der gleiche Wandler verwendet = Qualitätsunterschiede). Dann wurde über MIDI ein externes Soundmodul angesteuert. Dabei musste festgestellt werden, dass das MIDI Signal erst mit dem 2. Tastenkontakt gesendet wird. Ich frage mich ernsthaft, was da in Schweden zusammengebastelt wird. .... Meine Bewertung für so viel Geld ist definitiv MINUS 5Sterne. Unterm Strich wird ein stabiles Gehäuse mit minderwertigen Bauteilen und einer abgespeckten Fatar-Tastatur verbaut. Resultat = Unbrauchbar.
Matthias sagt:
#3 - 17.05.2024 um 21:15 Uhr
Ich halte mich normalerweise mit Kommentaren zurück. Aber ein Profigerät für knapp 5.000 EUR (in der 88er Variante) aus dem Jahr 2023, bei dem der Hersteller lediglich eine USB 1.0 Schnittstelle mit sagenhaften 12 MBit auf die Platine lötet und bei dem bspw dadurch das Backup auf den Rechner ganze 80 Minuten dauert, kann in 2023 maximal 3 von 5 Punkten bekommen. Das ist nur noch peinlich. Ein ganz klar übersehener Contra-Punkt!!