Aston Starlight Stereoset Mikrofon Test

“Aston aus England? Die Autos?” Sound-Freunden, die nicht immer up to date sind, was Neuerscheinungen betrifft, mag der Name der kleinen Firma aus Hitchin vielleicht noch nicht geläufig sein.

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Mit den 2015 vorgestellten Modellen Spirit und Origin hat man den umkämpften Markt der erschwinglichen Studio-Großmembraner allerdings bereits ordentlich aufgewirbelt, wozu nicht nur das eigenständige Korpus-Design, sondern auch der gute Klang beigetragen haben. Kleinmembran-Mikros hatte man bis vor Kurzem noch nicht im Programm, es war also nur eine Frage der Zeit, bis sich das Team um Aston-Chef James Young des Themas annimmt. Starlight heissen unsere beiden Testexemplare und während die Schwestermodelle konventionell ausgestattet sind, besitzen die außergewöhnlich anmutenden Stäbchen eine Vielzahl an speziellen Features, wie beispielsweise integrierte Laser sowie mehrstufige “Voicing”-Schalter zur Sound-Formung.
Und das ist noch nicht alles. Hinzu kommen die klassischen Helfer namens Low Cut und Pad, aufwendige Spinnen samt Stereoschiene der Firma Rycote sowie die ungewöhnlichen Mikro-Köpfe aus gesintertem Messing. Alles entwickelt, getestet und hergestellt in “Britain”. Und das Ganze bewegt sich mit knappen 800 Euro in einem Preisbereich, in welchem sich auch viele OEM-Produkte fernöstlicher Hersteller tummeln. Ob das alles zu schön ist, um wahr zu sein, und ob man all die Ausstattungsmerkmale wirklich braucht, lest ihr auf den folgenden Zeilen.

Details

Gerüttelt, nicht lackiert

Im Vergleich mit den ausladenden Koffern, in welchen viele Konkurrenzangebote ausgeliefert werden, kommt die Verpackung der Astons sehr kompakt und schlicht daher, ein Pappkarton mit Styropor-Formteilen muss zum Schutz des Inhalts reichen. Wer mit den Starlights live arbeiten möchte, muss sich um eine Transportlösung selber kümmern. Laut Aston Inhaber James Young spart man hier Geld, welches anderswo besser eingesetzt ist. Zum Beispiel beim Inhalt: Die kleine Pappschachtel ist auf zwei Etagen Styropor nämlich prall gefüllt. Lage Eins beherbergt die beiden Mikrofone, zwei Spinnen des Herstellers Rycote, zwei zusätzliche, einfache Halterungen, zwei Windschütze, zwei EU-Verkleinerungsgewinde sowie eine kleine Anleitungsbroschüre für alle verfügbaren Aston-Modelle. Auf Etage Zwei finde ich eine Stereoschiene aus ABS-Kunststoff, ebenfalls von Rycote, “made in the UK”. Die Starlights selbst machen einen futuristischen Eindruck. Zunächst einmal sind sie größer als herkömmliche Stäbchen, 18 Zentimeter in der Länge liegen noch im Normbereich, an der dicksten Stelle messe ich allerdings gute 3,5 Zentimeter Durchmesser, hervorgerufen durch eine aufgesetzte, schwarze Kunststoffkimme, welche den Laser beherbergt. 250 Gramm wiegt jedes Mikro. Während die meisten Mikrofone lackiert sind, kommen die Astons in einem rohen, “gerüttelten” Finish daher. Hierbei werden die Stahlgehäuse in einer Maschine für mehrere Stunden mit kleinen Metallteilchen durchgeschüttelt, wodurch ein kratzfestes, marmoriertes Finish entsteht. Der hintere Teil der Tuben ist abgeschrägt, leicht versenkt verbergen sich hier die XLR-Buchsen. Damit enden die Eigensinnigkeiten aber noch nicht, denn auch die Mikrofonköpfe sehen anders aus, als man es gewohnt ist. Der Grund dafür ist ein Prozess namens Sintern, bei welchem winzige Messingkügelchen zu einem hochfesten und gleichzeitig schalldurchlässigen Gebilde zusammen gesetzt werden. Seitlich einfallender Schall soll damit – so Aston – wesentlich unverfärbter zur Membran gelangen, als dies bei einer herkömmlichen Gitternetzkonstruktion der Fall wäre. In Kombination mit den Gehäusen und der aufgesetzten Laservorrichtung entsteht ein industriell angehauchter Retrolook, der einigen Kollegen sofort zusagt, anderen gefällt des Design überhaupt nicht. Ich finde es originell und erfrischend, dass ein Hersteller mal mehr wagt als mattschwarze Metallröhren.

Fotostrecke: 4 Bilder Verwechslung ausgeschlossen, die Starlights sehen einzigartig aus.

Umfangreiche Schaltungsmöglichkeiten stehen zur Verfügung

“Da ist ja ein ganzes Pult dran”, bemerkt ein Kollege beim Blick auf die vier unterhalb des Mikrofonkopfes angeordneten Kippschalter der Starlights. Die Funktion der ersten beiden ist selbsterklärend. Es handelt sich um einen dreistufigen Pad-Schalter, welcher den Ausgangspegel wahlweise um zehn oder 20 dB absenkt, wodurch das Mikrofon Schalldrücken von bis zu 150 dB SPL ausgesetzt werden kann, sowie um einen Low Cut. 80 und 140 Hertz gibt Aston hier als Cutoff-Frequenzen an. Bei Schalter Drei wird es spannend. “Voice” und drei Symbole, die mich stark an jene zur Beschreibung der Mondphasen erinnern, machen klar, dass wir jetzt bei einem der wichtigsten Ausstattungsmermale der Starlights angekommen sind. Dark, Modern und Hybrid heissen die Klangmodi, in denen die Mics betrieben werden können. Damit ist klar, was die futuristischen Stäbchen akustisch sein wollen, nämlich Klangformer, die sich der jeweiligen Schallquelle anpassen lassen. Was genau die Aston-Konstrukteure hier gemacht haben, bleibt im Dunkeln, man verweist aber darauf, dass es sich nicht um eine einfache Frequenzgangkorrektur handelt, sondern um eine zwischen Kapsel und Platine verortete, aktive Schaltung, welche grundlegend in die Klangcharakteristik der Mikros eingreift. Dass sich die Mikrofone nicht öffnen lassen, weist darauf hin, dass man das Geheimnis um die genauen Zutaten vor allzu neugierigen Blicken verstecken möchte. Das Frequenzdiagramm offenbart immerhin, dass der Modern-Modus für einen Höhen-Boost bei etwa 8000 Hertz sorgt, ansonsten fällt die Kurve relativ unauffällig aus. Steht der Kippschalter auf “Vintage”, sollen Bässe und Mitten etwas prominenter dargestellt und die Höhen begrenzt werden, “Hybrid” soll Bestandteile der anderen beiden Modi in sich vereinen. Typisch für die Mikrofonklasse ist der nutzbare Übertragungsbereich von 20 bis 20000 Hertz. Mit einer hohen Empfindlichkeit von 42,1 mV/Pa empfehlen sich die Starlights auch für sehr leise Quellen, der Rauschabstand beträgt 79 dB (A-gewichtet). Der Vollständigkeit halber weise ich darauf hin, dass es sich beim hier besprochenen Test-Set bereits um das dritte Stereopaar handelt (nimmt man jenes des Previews hinzu, sogar das vierte!). Die Gründe lest ihr im folgenden Praxisteil.

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