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Vergleichstest Telecaster Bridges

Die Brücke (Bridge) gehört zu den wichtigsten Teilen der E-Gitarren-Hardware, wenn es um die Übertragung der Saitenschwingung in den Korpus geht. Deshalb kann der Tausch einer Brücke klanglich einen großen Unterschied machen. Nach der Resonanz auf unseren ABR-1 Brükenvergleich entstand die Idee, ein anderes klassisches und weit verbreitetes Brückensystem unter die Lupe zu nehmen. Deshalb stellen wir in diesem Vergleichstest eine kleine Auswahl unterschiedlicher Telecaster-Brücken einander gegenüber, die nacheinander auf ein und dieselbe Gitarre montiert werden.

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Telecaster Brücken im Test

Wie man sich vorstellen kann, ist der Versuchsaufbau wegen des Aus- und Einbaus des Stegtonabnehmers wesentlich aufwendiger als das schlichte Tauschen einer ABR-1 Brücke. Ob sich der Aufwand gelohnt hat und wie sich die Brücken klanglich unterscheiden, sagt euch unser Test.

Details

Welche Gitarre kommt zum Einsatz?Unser heutiges Versuchskaninchen ist eine Fender American Standard aus dem Jahr 1995. Die Gitarre ist weder ein besonderes Vintage-Schätzchen, noch ist sie von minderer Qualität – eine grundsolide Tele, so könnte man sagen. Hier ist alles original, und weil die Gitarre nicht übermäßig viel gespielt wurde, finden wir sogar noch die Original-Bünde auf ihrem Hals. Ihr Grundklang ist ausgewogen, also weder harsch, noch matt oder introvertiert – ideal also, um die klanglichen Auswirkungen unterschiedlicher Brücken zu untersuchen. Da jede Gitarre ihre individuellen klangliche Vor-und Nachteile hat, kann dieser Test keine normative Aussage darüber geben, welche Bridge grundsätzlich für welche Gitarre die bessere Wahl ist. Hier geht es vielmehr um die konstruktiven Unterschiede und die Art und Weise, wie die getesteten Brücken den Klang beeinflussen. Ein eher schrilles Instrument braucht eine andere Brücke als ein indirektes oder introvertiertes.

Fotostrecke: 4 Bilder Unser Probant der Testreihe: Eine Fender Telecaster American Standard aus dem Jahr 1995.

Welche Brücken werden getestet?

Das Original – die Fender Werksbrücke

Als Referenz kommt zuerst einmal die originale Werksbrücke der verwendeten Fender American Standard Telecaster von 1995 zum Einsatz. Auf einer 2,5 mm dicken Grundplatte ohne Seitenwände sitzen die Guss-Saitenreiter. Das komplette System wiegt 180 Gramm. Im Gegensatz zur klassischen Telecaster-Brücke kommt hier pro Saite ein Einzelreiter zum Einsatz. Das Ganze hat zwar den Vorteil, das man die Intonation perfekt einstellen kann, allerdings üben die Einzelreiter im Gegensatz zu den klassischen Doppelreitern weniger Druck auf die Grundplatte aus und bieten somit weniger Sustain.

Fotostrecke: 4 Bilder Die originale Werksbrücke unserer Testgitarre…

Fender Hot Rod 52 Tele Bridge

Die zweite Brücke ist die Fender AM Vintage Tele Bridge aus der Hot Rod 52 Tele Serie. Die Konstruktion wiegt knapp 95 Gramm und ist damit nur etwa halb so schwer wie die werkseitig verbaute Brückenkonstruktion. Auf einer beschichteten 1,1 mm dicken Stahlplatte mit den klassischen Seitenwänden kommen drei Vintage Style Messingreiter zum Einsatz, mit denen sich dank integrierter Madenschrauben die Intonation sehr gut einstellen lässt. Diese Maßnahme ist optisch übrigens nicht wahrnehmbar und so ist sie die einzige Brücke im Test, die wie eine klassische Telebrücke aussieht. Die Lieferung beinhaltet die Befestigungsschrauben für die Montage auf dem Korpus und einen Inbusschlüssel.

Fotostrecke: 6 Bilder Unser erstes Testmodell in dieser Vergleichsreihe…

ABM 3455 Tele Bridge

Die dritte Stegkonstruktion kommt aus dem Hause ABM und trägt die Bezeichnung ABM 3455 Tele-Bridge. Ihre Grundplatte ist mit 3 mm die dickste aller getesteten Brücken. Das System wiegt wie die originale Brücke knapp 180 Gramm. Allerdings kommt hier allerfeinstes Glockenmessing zum Einsatz, das hervorragende klangliche Eigenschaften besitzen soll. Die Saitenführung besteht aus drei Intonations-korrigierten VCS Doppelreitern, ebenfalls aus Messing. Um den gefürchteten Sitareffekt oder sonstiges Rasseln zu vermeiden, besitzen die Reiter V-Kerben. Mit zum Lieferumfang gehören neben einem passenden Innensechskantschlüssel (SW 1.5) und zwei Ersatzmadenschrauben außerdem sechs Saiten-Endhülsen, die ebenfalls aus Glockenmessing gedreht wurden.

Fotostrecke: 8 Bilder Weiter geht es mit der ABM 3455 C Telebridge,…

Babicz FCH Tele Bridge CDie Babicz FCH Tele Bridge C ist mit 80 Gramm die leichteste im Test. Sie ist komplett aus Aluminium gefertigt und soll aufgrund ihrer speziellen und einzigartigen Saitenreiter eine besonders gute Übertragung bieten. Der Grund ist eine Konstruktion, die jegliche Zwischenräume zwischen der Unterseite der einzelnen Reiter und der Oberseite der Brückenplatte eliminiert. Deshalb nennt Babicz seine Steg- und Brückenkonstruktionen auch “Full Contact Hardware”. Um auch noch das letzte Quäntchen Sustain herauszuholen, wird jeder einzelne Saitenreiter nach dem Justieren mit einer Schraube auf der Grundplatte fixiert. Zum Lieferumfang gehört neben den Befestigungsschrauben ein passender Inbusschlüssel.

Fotostrecke: 10 Bilder In schwarzer Verpackung mit Sichtfenster…
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Praxis

Praxis und Sound

Der Tausch einer Telecasterbrücke ist zwar keine Raketentechnologie, er gestaltet sich aber aufwendiger als das einfache “Aufsetzen” einer ABR 1 Brücke bei einer Les Paul. Neben den Schrauben, mit denen die Grundplatte auf der Decke befestigt ist, muss auch der Stegtonabnehmer vor dem Tausch abgeschraubt werden. Danach stehen Einstellarbeiten für den Pickup, die Saitenhöhe und die Intonation an. Um bei jeder Brücke mit den gleichen Voraussetzungen in den Test zu starten, haben wir bei jedem Wechsel einen frischer Satz .010 – .046 Elixir-Saiten aufgezogen, um neben der identischen Einstellung des Gitarrenamps und des Mikrofon-Vorverstärkers eine weitere Konstante zu haben. Da die Standardbrücke als Referenz verwendet wird, gibt es pro Einstellung immer vier identische Licks zum Vergleich. Um die feinen Unterschiede heraushören zu können, solltet ihr eine anständige Abhöre oder einen guten Kopfhörer verwenden. Wer es genau wissen möchte, kann sich alle Audiofiles als WAV-Dateien herunterladen und in Ruhe miteinander vergleichen.
Bei den Soundbeispielen steht A für die Werksbrücke, B für die Fender AM Vintage HoT Rod Tele Bridge, C für die ABM 3455 Tele Bridge und D für die Babicz FCH Tele Bridge.

Jetzt aber ran an den Speck. Für einen grundsätzlichen Eindruck, wie sich der Klang rein akustisch verändert, habe ich die Gitarre bei den ersten beiden Soundbeispielen mit einem Neumann KM 184 in Höhe des Halspickups in etwa 10 cm Entfernung aufgenommen. Ähnlich wie beim Vergleich der ABR-1 Brücken fällt auch hier das eher spröde Klangverhalten der Werksbrücke mit den Gussreitern auf, die dem Instrument einen recht harschen Sound verleiht. Zuerst nun jeweils ein Audiobeispiel mit dem Mikro und den freischwingenden Saiten.
WICHTIG: Da alle Soundbeispiele in den Audioplayern im MP3 Format vorliegen, sind subtile Unterschiede in den Sounds mitunter etwas schlechter auszumachen. Aus diesem Grund haben wir euch die hier verwendeten Audios als Wavs in vier Zips zusammengepackt . Die Download-Möglichkeit findet ihr am Ende des Praxis-Teils!

Soundbeispiel 1: Mikrofonierte Gitarre – alle Saiten freischwingend

Audio Samples
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1A: Fender Werksbrücke American Standard 1995 1B: Fender Hot Rod 52 Tele Bridge 1C: ABM 3455 Tele-Bridge 1D: Babicz FCH Tele Bridge C

Im nächsten Soundbeispiel habe ich einige Akkorde in den unteren Lagen angespielt und ausklingen lassen. Achtet hier bitte nicht nur auf das Sustain, sondern auch auf den Attack, denn dort liegt oft der Hund begraben, wenn eine Gitarre zu harsch klingt. Die Werksbrücke liefert in den oberen Mitten den stärksten Schub, wogegen speziell der Steg von ABM einen wesentlich wärmeren und insgesamt aufgeräumteren Ton bietet. Auch die Alubrücke von Babicz bietet einen erstaunlich offenen und recht lauten Sound, der jegliche Giftigkeit gekonnt umschifft. 

Soundbeispiel 2: Mikrofonierte Gitarre – Akkordspiel

Audio Samples
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2A: Fender Werksbrücke American Standard 1995 2B: Fender Hot Rod 52 Tele Bridge 2C: ABM 3455 Tele-Bridge 2D: Babicz FCH Tele Bridge C

Kommen wir zu den Klangunterschieden am cleanen Gitarrenverstärker im Zusammenspiel mit dem Steg-Pickup. Hier lassen alle Replacement-Modelle die Werksbrücke weit hinter sich. Obwohl die ABM den insgesamt ausgeglichensten Ton bietet, werden manche den etwas knackigeren Sound der Fender Hot Rod 52 Tele Bridge bevorzugen. Sie bietet im Gegensatz zum ABM-Modell einen etwas schlankeren Bassbereich und einen besseren Twäng. Wenn der Primärsound einer Gitarre zu viele harsche Klanganteile mitbringt, könnte die Alubrücke von Babicz eine Offenbarung sein, denn speziell im Zusammenspiel mit dem Stegpickup umschifft sie alle harschen Untertöne, ohne dem Ton seine Knackigkeit zu nehmen.

Soundbeispiel 3: Clean Amp – Bridge Pickup

Audio Samples
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3A: Fender Werksbrücke American Standard 1995 3B: Fender Hot Rod 52 Tele Bridge 3C: ABM 3455 Tele-Bridge 3D: Babicz FCH Tele Bridge C
Alle Replacement Tele-Brücken klingen hervorragend, welche man nimmt, hängt vom persönlichen Geschmack ab.
Alle Replacement Tele-Brücken klingen hervorragend, welche man nimmt, hängt vom persönlichen Geschmack ab.

Auch beim Halspickup zeigen sich deutlich die Unterschiede zwischen den verschiedenen Brücken. Hier gefällt mit besonders gut die Fender Hot Rod 52 Tele Bridge, die einen sehr feinporigen, offenen Ton liefert. Die ABM-Brücke hat einen etwas komprimierteren und volleren Ton, wobei sie, ebenso wie die Fender Hot Rod 52, den Werkssteg klanglich um Längen schlägt. Ebenfalls besser als das Original ist das Modell von Babicz, das mir hier allerdings nicht so gut gefällt wie im Zusammenspiel mit den Stegpickup.

Soundbeispiel 4: Clean Amp – Neck Pickup

Audio Samples
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4A: Fender Werksbrücke American Standard 1995 4B: Fender Hot Rod 52 Tele Bridge 4C: ABM 3455 Tele-Bridge 4D: Babicz FCH Tele Bridge C

Kommen wir zu den verzerrten Sounds und einem tief gespielten Gitarrenriff im Zusammenspiel mit dem Stegtonabnehmer. Auch hier fehlt es der Werksbrücke an Charakter und Feinschliff. Die Fender AM Vintage HoT Rod Tele Bridge bringt für meinen Geschmack den offensten Ton aller Testbrücken und den besten Twäng.
Die ABM-Brücke bietet in dieser Disziplin den fettesten Sound, und zwar ohne den geringsten Anflug von Mulm. Gleichzeitig erhält der Ton so etwas wie eine weiche und natürliche Komprimierung.

Soundbeispiel 5: High Gain Sound – Riff und Chords

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5A: Fender Werksbrücke American Standard 1995 5B: Fender Hot Rod 52 Tele Bridge 5C: ABM 3455 Tele-Bridge 5D: Babicz FCH Tele Bridge C

Soliert man mit dem Stegpickup in hohen Lagen, zahlt sich des Quäntchen “Fett”, das die ABM-Brücke bietet, unmittelbar aus, denn der Ton ist hier vergleichsweise rund. Aber auch das Modell von Babicz kann mit seiner konsequenten Strategie des “Entgiftens” punkten.

Soundbeispiel 6: High Gain Lick – Steg Pickup

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6A: Fender Werksbrücke American Standard 1995 6B: Fender Hot Rod 52 Tele Bridge 6C: ABM 3455 Tele-Bridge 6D: Babicz FCH Tele Bridge C

Zu guter Letzt gibt es noch ein solistisches Soundbeispiel mit dem verzerrten Amp und dem Halspickup. Auch hier klingen alle Replacement-Brücken besser und kultivierter als das Original. Während die ABM-Brücke einen sehr direkten und fetten Ton liefert, kann das Modell von Fender durch Offenheit und Transparenz punkten. Die Babicz Bridge liegt für meinen Geschmack im Mittelfeld und klingt ebenfalls sehr ausgeglichen.

Soundbeispiel 7: High Gain Lick – Hals Pickup

Audio Samples
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7A: Fender Werksbrücke American Standard 1995 7B: Fender Hot Rod 52 Tele Bridge 7C: ABM 3455 Tele-Bridge 7D: Babicz FCH Tele Bridge C

WAV Download – Die Audios des Tests in vier Zips

Hier habt ihr die Möglichkeit, euch die Audios (WAV) des Tests in vier Zip-Files herunter zu laden.

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Fazit

Alle Replacement Tele-Brücken klingen hervorragend und bieten einen harmonischeren Sound als das ab Werk eingebaute Modell. Für welche man sich letztlich entscheidet, hängt allerdings vom persönlichen Geschmack und dem Einsatzgebiet ab. Country-Spielern und Cleanfetischisten würde ich eher zur Fender Hot Rod 5 oder dem Modell von Babicz raten. Klingt die Gitarre an sich schon relativ harsch, würde ich in dem Fall das Babicz-Modell vorziehen, vorausgesetzt, man mag die Optik des Systems. Die ABM-Brücke liefert einen vergleichsweise fetten und sehr direkten Ton, wodurch sie sich für meinen Geschmack am besten für verzerrte Sounds eignet.

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Unser Fazit:
0 / 5
Pro
Contra
Artikelbild
Vergleichstest Telecaster Bridges
ABM_Tele_Bridge_SC_Chrome_004FIN-1078767 Bild

Pro

  • Verarbeitung
  • sehr direkter Ton
  • fetter Sound
  • gut für verzerrte Sounds
  • gute Intonation dank korrigierter Doppelreiter

Contra

  • keins
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Pro

  • offener Ton
  • eignet sich besonders gut zum Entschärfen harsch klingender Gitarren

Contra

  • verändertes Spielgefühl beim Abdämpfen der Saiten mit dem Handballen
Hot or Not
?
Alle Replacement Tele-Brücken klingen hervorragend, welche man nimmt, hängt vom persönlichen Geschmack ab.

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Profilbild von Gerard Mannigel

Gerard Mannigel sagt:

#1 - 18.01.2017 um 11:52 Uhr

0

Hallo liebe Leute von Bonedo :-)Ich hätte da mal ne Frage: Wenn eine Fender American Standard Tele der Probant dieser Testreihe gewesen ist, wie hat man dann die Vintage Brücken auf die Gitarre geschraubt bekommen um sie auf der Gitarre zu testen ??
Die Maße, bzw Anordnung/Anzahl der Bohrungen sind doch völlig unterschiedlich.Gruß ;-)

    Profilbild von Guido bonedo

    Guido bonedo sagt:

    #1.1 - 19.01.2017 um 11:49 Uhr

    0

    Hallo Gerard,
    da hast du sehr gut aufgepasst und vollkommen Recht. Wir haben die Am Std Tele, die ja von Haus aus über eine 3-Loch Bohrung für die Bridge verfügt, beim Gitarrenbauer gehabt, der sie dann mit 4 neuen Bohrungen für die Vintage-Bridges versehen hat. Wir hatten diesen Fact aber der Einfachheit halber nicht aufgeführt, da eine "normale, handelsübliche" Tele ja bereits über diese Bohrungen verfügt.
    Ich hoffe, ich konnte dir weiterhelfen.
    Viele Grüße,
    Guido (bonedo)

    Antwort auf #1 von Gerard Mannigel

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    +1
Profilbild von McGill

McGill sagt:

#2 - 07.04.2023 um 09:01 Uhr

0

Danke für den Test, der die Erstausstattung deutlich disqualifiziert. Leo Fender hat seine Gitarren unter der Prämisse der Material- und Kostenersparnis (= Geiz) entwickelt. Diese Tradition setzt man fort mit billigen Einzelteilen an teuren Instrumenten. Auch „custom shop“ für 4.000€ macht da keine Ausnahme mit Schrott-Mechaniken und billigen Bridges.

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