Es ist gar nicht so das Design, das an Roland-Synthesizer erinnert. Es sind mehr der Gesamteindruck und auch ein paar Roland-typische Features, die diese Assoziation auslösen. Ich denke da an den Aufbau der Speicherorganisation in acht Bänke á acht Patches oder den horizontalen Bender. So oder ähnlich hätte aber auch ein neuer Roland-Synthesizer aussehen können, wenn der japanische Hersteller sich nicht nur auf seine bereits mehrfach verwerteten Engines verlassen hätte.
Aber es ist kein Roland-Synthesizer und auch kein Roland-Klon vom Jupiter-6. Es ist ein UDO Audio. Die Entwicklung und das Head-Office sitzen in Bristol, UK. Das Design stammt von Axel Hartmann von der Designbox und größtenteils erfolgt die Herstellung in Deutschland – was der Brexit so alles auslöst. Und es gibt ihn, sehr ungewöhnlich, in zwei Farben: Grau und Taubenblau.
Details
Wie ist der Super-6 aufgebaut?
Der UDO Audio Super 6 ist ein 12-stimmiger, binauraler Hybridsynthesizer mit digitalen Oszillatoren und einem analogen Signalweg. Pro Stimme finden wir im analogen Bereich: Mixer (2 x VCA). HP-Filter, LP-Filter (24 dB/Okt.), Final VCA und 2 VCAs, um die Envelopes zu skalieren. Das macht insgesamt 12 LP-VCFs, 12 finale VCAs, 12 HP-VCFs, 48 Modulations-VCAs. Die weiteren Sektionen sind digital. Und warum ein 12-stimmigpolyphoner Synthesizer ausgerechnet Super 6 heißt, das klären wir etwas später.
Die Benutzeroberfläche
Ja, das ist wirklich spannend. Gerade hatten wir den Waldorf Iridiummit einem 7“-Touch-Screen unter den Fingern, und dann folgt mit dem UDO Audio Super 6 ein Synthesizer, der komplett auf jedwede Anzeigeelemente verzichtet. Und in beiden Fällen zeichnet die Designbox mit Axel Hartmann für das Design verantwortlich. Wir sehen also zwei völlig unterschiedliche Bedienkonzepte aus ein- und demselben Haus. Fast kann man sagen, der UDO Audio Super 6 bietet für jede Funktion ein eigenes Bedienelement. Nur wenige Bereiche haben eine Doppelfunktion. Das macht den Umgang mit dem UDO Audio Super 6 schon ab dem ersten Moment relativ einfach.
Viele Dinge kann man durch einfaches Ausprobieren ergründen. Trotzdem lohnt sich ein Blick in das gut strukturierte Manual, um dem Synthesizer auch noch die letzten Feinheiten zu entlocken. Wer den Umgang mit den alten polyphonen Synthis liebt und sehr gerne mit Potis, Schaltern und Schiebereglern hantiert, der wird hier seine helle Freude haben. Dass das so funktioniert, liegt auch an der „analogen“ Struktur der gesamten Synthesizer-Engine, obwohl wir es mit einem Hybridsynthesizer zu tun haben.
Die Klangerzeugung
Der UDO Audio Super 6 ist ein Synthesizer mit klassischem Aufbau: Oszillator / Filter / Verstärker. Dabei sind die Oszillatoren digital (FPGA wie beim Waldorf Kyra), der dann folgende Signalweg ist jedoch analog. Das Instrument liegt also genau zwischen einem analogen und einem virtuell-analogen System. DDS steht dabei für ‘Direct Digital Synthesis’. Der Oszillatorbereich besteht aus zwei DDS-Oszillatoren, die mit den uns bekannten Parametern arbeiten: Fußlagen mit 2‘ – 64‘ beim DDS1 sowie 2‘ – 32‘ plus Umschaltung auf LFO-Betrieb für DDS 2. Dann kommen die Schwingungsformen Sinus, Sägezahn, Rechteck, Dreieck, Noise und variable Pulsbreite mit PWM bei DD2.
Der erste Oszillator weist dann noch eine Besonderheit auf. Im Wavetable-Betrieb kann man dabei aus 16 digitalen Schwingungsformen wählen, die über die 16 Patch-Taster geladen werden. Weitere Schwingungsformen soll es demnächst auch von der UDO Audio-Webseite zu laden geben (via USB).
Die Gesamtstimmung erfolgt über die Global Function. Einstellbar in diesem Bereich ist allerdings Detune für DDS2, um die typisch analogen Schwebungen zu erreichen. Schaltet man den Sub-Oszillator hinzu, dann ist DDS2 inaktiv. Gleiches gilt, wenn ein externes Signal eingeschleift wird. Warum man in beiden Fällen DD2 inaktiv schaltet, erschließt sich mir nicht wirklich und ich finde es auch sehr schade. Beide Oszillatoren lassen übrigens auch syncen. Spannend finde ich die X-Fade-Funktion, die es ermöglicht, beide DDS-Oszillatoren über eine Split-Funktion auf der Tastatur zu platzieren. Der Übergang wird mit einer Crossfade-Funktion geglättet. Dies funktioniert auch mit einem externen Signal und DDS1.
Der binaurale Effekt
Binaural bedeutet so viel wie: Beide Ohren betreffend. Im Audiobereich steht da ein sehr komplexes Thema dahinter, was an dieser Stelle gar nicht behandelt werden kann. Es geht um eine räumliche Wahrnehmung eines Stereofeldes u. a. durch Frequenz- Laufzeitveränderungen links/rechts. Ziel ist es ein beeindruckendes Stereo-Erlebnis zu erzeugen, das deutlich über Panning und Detune hinausgeht. In diesem Modus reduziert sich die Stimmenzahl auf sechs, wobei jedem Stereo-Kanal ein unabhängiger Oszillator zugedacht ist. Im LFO-Bereich z. B. ermöglicht der Super 6 eine Phasenverschiebung des LFOs für die beiden DDS-Oszillatoren wie auch in den nachfolgenden Abbildungen ersichtlich ist. Diese geben die Ergebnisse bei unterschiedlichen Reglerpositionen wieder:
Super-Modus und DDS-Modulation
Der Super-Modus erinnert an die Supersaw von Roland. Zum Basis-Oszillator DDS1 (und nur da) gesellen sich sechs weitere virtuelle Oszillatoren hinzu, die sich mit der Detune-Funktion (Schieberegler) „spreizen“ und auch noch modulieren lassen, um einen ungemein fetten Klang zu erzeugen. Im Prinzip wird der DDS1 dabei sechs Mal gespiegelt. Der zweite DDO kann ganz normal dazugemischt werden. Und nur dieser hat demgegenüber eine variable und modulierbare Pulsbreite. Beide Funktionen, Super Modus und PW/PWM, werden über die gleichen Schieberegler eingestellt
Der Super Modus arbeitet mit allen Schwingungsformen des DDS1, nicht nur mit der Sägezahnwelle. Das nachfolgende Klangbeispiel zeigt den Super Modus bei einer der 16 zusätzlichen Schwingungen.
Die Filter im UDO Audio Super 6
Ja, der UDO hat analoge Filter, ganz klassisch ein LowPass mit 24 dB/Okt. je Stimme. Regelbar sind Cutoff, Resonance (selbstoszillierend). Fest hinzuschalten kann man noch einen High Pass, der ungefähr bei 500 Hz einsetzt. Wahlweise kann der Filter von Envelope 1 oder 2, oder gar beiden moduliert werden.
Die Hüllkurven
Wir sehen zwei Hüllkurvengeneratoren, wobei Envelope 1 noch eine Delay-Funktion besitzt. Damit lässt sich der Einsatz der Attack-Time verzögern. Die Längen der Phasen (ADR) sind zwischen 0,5 Millisekunden und zehn Sekunden einstellbar. Envelope 1 lässt sich darüber hinaus loopen und als eine Art LFO verwenden sowie auch invers ausgeben.
Die LFOs
Die LFO1-Sektion besteht aus insgesamt sechs analogen Oszillatoren. Im 12-stimmigen Modus teilen sich zwei Stimmen jeweils einen LFO. Das ist jetzt keine große Einschränkung, da das nicht sofort auffällt. Zur Verfügung stehen die gängigen Schwingungsformen sowie bei Bedarf die Schwingungsform von DDO 1 – inklusive der 16 „Zusatzschwingungen“. Geht man in die HF-Position, dann schwingt der LFO im hörbaren Bereich bis 20 kHz. Dies wird entweder für FM-Sounds genutzt, oder in Verbindung mit Key Track auch als dritter Oszillator. Das eröffnet interessante Klangstrukturen.
Regelbar sind Frequenz (Modulationsgeschwindigkeit), Delay und eine Phasenverschiebung der LFO-Schwingung zwischen DDO1 und 2. Dies dient im binauralen Modus dazu das Stereobild noch interessanter zu gestalten – je nachdem, was der LFO moduliert. Einstellbar ist auch, ob der LFO im Single-Cycle-Modus, frei schwingend, oder durch jeden Tastendruck getriggert laufen soll.
Effekte
Der UDO Audio Super 6 beschränkt sich auf zwei Digital-Effekte: Delay und Chorus. Das Delay hat drei regelbare Parameter, der Chorus lässt sich nur mit Stufe I und oder II aktivieren. Ich bin ja eigentlich immer ein Freund davon, die Effektintensität stufenlos regeln zu können. Hier finde ich das weniger schlimm, da der Chorus doch sehr dezent und weich arbeitet. Ansonsten bin ich eigentlich froh, wenn man endlich mal einen Synthi ohne opulente Effektsektion hat. Reverb und andere Effekte sollte man eigentlich sowieso erst später dazu nehmen.
Die Modulationsmatrix
Keine Überraschung, dass die Modulationsmatrix auch über die 16 Patch-Schalter gefüllt wird. Die ersten acht Schalter repräsentieren acht Sources, die weiteren acht bestimmen die Destinations. Einen Überblick gibt die nachstehende Tabelle.
Im Vergleich mit anderen Synthesizern könnte man kritisieren, dass der Umfang der Matrix ein wenig schmal ist. Doch sollte man dabei bedenken, dass es in den einzelnen Bereichen schon jede Menge Modulationsmöglichkeiten gibt. Nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist eine weitere Variante. Dabei sucht man sich aus der Matrix eine Modulationsquelle und bewegt auf dem Panel die Funktion, die man modulieren möchte. Eine clevere Idee, die ein wenig an den ASM Hydrasynth erinnert. Allerdings hätte ich diese Möglichkeit ohne Blick ins Manual nicht entdeckt.
Die Patches
Der UDO Audio Super 6 verfügt über 128 Speicherplätze, aufgeteilt in acht Bänke mit je acht Patches und dies dann genau zwei Mal. Obwohl man Patches natürlich von Rechner laden kann, ist die Anzahl für heutige Verhältnisse eher gering. Da es keine Anzeigeelemente gibt, gibt es natürlich keine Klarnamen Das ist halt ein wenig wie früher. Legt man Patches im Rechner ab, dann kann man diese dort natürlich näher bezeichnen: z. B. Bank A; p6_Bell_Harp_MJ.s6. Schön wäre vielleicht noch eine Favorite-Bank gewesen, in der man Zugriff auf Patches für ein bestimmtes Projekt hätte
Perform-Parameter
Links neben der Tastatur befindet sich die Performance-Sektion mit den Spielhilfen. Wie bei vielen Roland-Geräten steht hier ein horizontales Pitch/Modulationsrad zur Verfügung, das immer wieder in die Ausgangsposition zurückschnellt. Eine weiteres Modulationsrad gibt es leider nicht. Jedoch kann man das Rad auch vertikal drücken, um z. B. ein Vibrato auszulösen. Ich war noch nie ein Fan dieser Lösung, da man in der vertikalen Richtung Modulationen nicht sehr feinfühlig abrufen kann. Ein zweites Wheel wäre schon sehr hilfreich gewesen. Da wird man wohl eher die Aftertouch-Funktion bemühen.
Hinzu kommen das polyphone Portamento und ein zweiter LFO. Letzterer wird über das Pitch/Modulationsrad getriggert (vertikal). Dieser LFO ist quasi ein LFO, der auf alle Stimmen gleichzeitig wirkt. Einstellbar sind noch die Intensität, Frequenz und ein Delay. Besonders hervorheben möchte ich die Manual-Taste. Damit schaltet man das gerade aktive Patch ab und es gelten dann alle aktuellen Regler-Positionen der Benutzeroberfläche. Dies kennt man dann auch von alten Roland-Synthis und ist beim Sound-Programming ungeheuer hilfreich. What you see is what you get! Ein Druck auf die Patch-Taste genügt, um wieder in die Speicherebene zurückzukehren.
Arpeggiator und Sequencer
Ein Arpeggiator mit den gängigen Funktionen ist genauso an Bord wie ein polyphoner Step-Sequenzer. Während der Arpeggiator normal arbeitete, war der Sequenzer in der Test-Unit noch gar nicht implementiert. Dies soll ein 64-Step-System werden, das auch polyphones Spiel aufzeichnet. Wie das funktioniert, kann ich momentan noch nicht sagen.