TECH21 GED-2112 Test

Die New Yorker Tüftler von Tech21 haben ja seit langer Zeit ein Herz für uns Bassisten/innen – gleich mehrere Preamps im 19-Zoll- oder Pedal-Format widmen sich der Low-End-Fraktion. Am bekanntesten ist wohl die SansAmp Bass Driver D.I., welche zu einer Art Standard in zahlreichen Studios und den Bühnen der Welt geworden ist, wenn es um das Recording von Rock- oder Heavy-Bass geht. Ein langjähriger Nutzer diverser Produkte aus dem Hause Tech21 ist auch Kultbassist Geddy Lee, der mit der kanadischen Supergroup Rush seit Dekaden weltweit Erfolge feiert. Da war es im Grunde nur naheliegend, dem Star irgendwann einen eigenen Preamp auf den Leib zu schneidern. Herausgekommen ist ein spezielles Gerät abseits des Mainstreams, das sich konsequent an den veränderten Bedingungen und Anforderungen auf Tour und im Studio orientiert. Frei nach dem Motto: “The Times They Are A-Changin’!”

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… die ein deutliches Erkennungsmerkmal darstellt!

Details

In einem Interview zu seiner Kreation erzählt Geddy Lee, dass er seit über 20 Jahren gänzlich auf Amps und Boxen auf der Bühne verzichtet. Dies hat natürlich viele logistische und finanzielle Vorteile (z.B. beim Transport mit dem Flugzeug!) für Bands, die international unterwegs sind. Geddy war zudem schon immer an moderner Technik interessiert und war deshalb daran interessiert, seinen persönlichen Sound mit portablen Geräten erreichen. Dafür nutzte er in letzter Zeit zwei Preamps von Tech21.
Laut Lee besteht sein Sound aus drei Teilen: Zum einen dem fetten Low End, welches das Fundament für Rush liefern muss. Zum anderen die Definition mit Höhen und Hochmitten, die jede Note klar hörbar macht, sowie zu guter Letzt noch etwas Distortion für den nötigen Biss im Mix. Für die letzten beiden nutzte Geddy den Tech21 SansAmp RPM Preamp, der eine Röhren-Vorstufe mit allen wichtigen Verhaltensweisen nachbildet. Für das Low End war bei ihm der RBI Preamp in gebraucht, der unter anderem die Sättigung einer Röhren-Endstufe simulieren soll. Beide Geräte mit ihrer jeweils speziellen Aufgabe fließen nun im GED-2112 zusammen.
So viel erst einmal zum Ausgangspunkt und der Entstehungsgeschichte. Kommen wir nun zur Ausstattung unseres Testobjektes. Der GED-2112 beinhaltet einen Drive- und einen Deep-Kanal, welche parallel betrieben werden. Auf der Vorderseite werden beide zur besseren Orientierung optisch voneinander getrennt.

Fotostrecke: 3 Bilder Der Hersteller hat dem Geddy-Lee-Preamp …

Ganz links befindet sich der Eingang für das Instrument. Der Drive-Kanal ist bis auf wenige Modifikationen der gleiche RPM Preamp, unter anderem seine Klangregelung wurde komplett übernommen. Sie besteht aus einem Drive-Regler für den Anteil der Verzerrung, einem Dreiband-Equalizer mit parametrischen Mitten (Mittenfrequenz kann zwischen 170 Hz und 3 kHz stufenlos gewählt werden), einem Blend-Regler für das Mischungsverhältnis mit dem cleanen Basssignal, sowie einem Lautstärkeregler, der mit “Level 1” bezeichnet ist.
Der Deep-Kanal entspricht dem RBI Preamp, allerdings hat man hier Geddy Lees favorisierte Equalizer-Einstellung als festes Preset verbaut. Das spart jede Menge Regler, überfrachtet die Frontplatte jedoch nicht und macht die Handhabung für den Nutzer deutlich leichter. Die einzig verbliebene Möglichkeit, den Klang im Deep-Kanal zu formen, ist der Saturation-Regler, der die Sättigung einer Röhren-Endstufe nachbilden und somit den Sound fetter machen soll. Bleibt noch zu erwähnen, dass beide Kanäle komplett analog aufgebaut sind.
Auf der Frontseite befindet sich darüber hinaus noch ein nicht beschrifteter Schalter. Per “trial and error”-Verfahren finde ich heraus, dass es sich um eine Mute-Funktion handelt. Warum auf der Front alles mit Ausnahme dieses Schalters beschriftet wurde, bleibt wohl das Geheimnis von Tech21 und Geddy Lee …

Fotostrecke: 5 Bilder Hier ein Blick auf die Input-Sektion, …

Der GED-2112 ist mit seinem 19-Zoll-Format natürlich für den Einbau in ein Rack gedacht. Hier findet die Verkabelung an der Rückseite statt, deshalb gibt es dort zwei weitere Inputs, die mit “A” und “B” gekennzeichnet sind. Es lassen sich also bei Bedarf zwei Bässe gleichzeitig anschließen. Per Schalter auf der Vorderseite kann man dann eine Auswahl zwischen “A” oder “B” treffen. Die Möglichkeit, dies auch per Fußschalter tun zu können, wäre sicher für die Bühnenpraxis noch sinnvoll gewesen!
Ebenfalls auf der Rückseite befindet sich ein Pad-Schalter, mit dem sich die Eingangslautstärke um 20dB absenken lässt, falls man über Bässe mit hohem Output verfügt. Stöpselt man einen Bass auf der Vorderseite an, so genießt dieser Eingang Priorität – die beiden hinteren werden in diesem Falle deaktiviert.

Fotostrecke: 4 Bilder So sieht das Rear Panel des Preamps aus.

Neben den erwähnten Inputs glänzt die Rückseite mit diversen Ausgängen. Jeder Kanal besitzt sowohl einen Klinken- sowie einen XLR-Output. Letzterer liefert ein symmetrisches Signal für ein Mischpult oder Recording-Interface.
Auch an einen Effekt Loop mit den üblichen Send- und Return-Buchsen haben Tech21 gedacht. Der Effektweg ist von Haus aus seriell ausgelegt, lässt sich aber mithilfe eines Schalters auch in eine parallele Variante umschalten, bei welcher das Signal gesplittet wird, bevor es an die Send-Buchse geht. Dies ist für Effekte sinnvoll, die nur anteilig zum Sound hinzugemischt werden (z.B. Hall, Delay, Chorus …). Das Mischungsverhältnis ist auf 50% Dry (also ohne Effekt) und 50% Wet (mit Effekt) festgelegt.
Bleibt noch ein Tuner-Ausgang für ein Stimmgerät sowie ein Ausgang, der mit “Uneffected” bezeichnet ist. Mit diesem kann ein vom GED-2112 unbearbeitetes Signal zum eigenen Amp, einem weiteren Preamp etc. durchgeschleift werden.

Praxis

Die Ein- und Ausgangs-Peripherie zeigt schon deutlich, wo die Reise hingeht. Das bearbeitete Signal ist primär nicht dazu gedacht, an einen konventionellen Bassamp weitergeleitet zu werden. Das wird auch dadurch bestätigt, dass beide Kanäle stets getrennt ausgegeben werden. Dies setzt voraus, dass auch zwei getrennte Eingänge bereitstehen, und diese finden sich ja für gewöhnlich eher an Mischpulten oder an einem Audio-Interface als an einem Bassamp.
Zudem arbeitet im GED-2112 die von anderen SansAmp-Produkten bekannte Speaker-Simulation, welche sich auch nicht deaktivieren lässt. Der Geddy Lee Signature Preamp wurde also konsequent auf die veränderten Bedingungen im Live- und Studiobetrieb ausgerichtet, in denen Amps und Boxen aus pragmatischen Gründen zunehmend an Bedeutung verlieren. Diese Tatsache kann man natürlich bedauern, aber es ist seitens Tech21 sicherlich ein kluger Schachzug, sich diesen neuen Herausforderungen zu stellen, denn der Bedarf an Geräten dieser Art wird zukünftig wohl eher noch steigen. Equipment im Wandel der Zeit …

Die Anfänge der kanadischen Band Rush um Frontmann und Tieftöner Geddy Lee reichen zurück bis ins Jahr 1973! Von Fender gibt es auch ein "Geddy Lee"-Signature-Bassmodell.
Die Anfänge der kanadischen Band Rush um Frontmann und Tieftöner Geddy Lee reichen zurück bis ins Jahr 1973! Von Fender gibt es auch ein “Geddy Lee”-Signature-Bassmodell.

Die geschmackliche Ausrichtung sollte durch den Namensgeber Geddy Lee wohl auch klar sein. Hier geht es um grundsolide Rocksounds in verschiedenen Schattierungen. Schauen wir also mal, was der GED-2121 so hergibt, und stellen erst einmal alle Regler auf 12 Uhr, d.h. wir bringen beide Kanäle zu gleichen Anteilen ins Klanggeschehen. Die Simulationen “Drive” und “Saturation” lassen wir an dieser Stelle vorerst noch aus dem Spiel. Ich spiele immer das gleiche Lick, um die graduellen Unterschiede deutlich zu machen. Schon ohne Verzerrung färbt der GED-2112 den Klang rauchig mit etwas Röhrencharakter an:

Audio Samples
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Grundsound, alle Potis auf 12 Uhr

Nun kommt der Saturation-Regler auf 12-Uhr-Position hinzu. Der Klang wird hier bereits spürbar fetter, obwohl der Equalizer ja immer noch flat ist:

Audio Samples
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Saturation-Poti auf 12 Uhr

Bringen wir nun darüber hinaus den Drive-Regler in der 12-Uhr-Position ins Spiel. Die Verzerrung nimmt jetzt hörbar zu, das Low End leidet aber dank des Deep-Kanals nicht.

Audio Samples
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Drive-Regler auf 12 Uhr

Probieren wir es jetzt einmal mit dem Drive-Regler in der 9-Uhr-Stellung:

Audio Samples
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Drive-Regler auf 9 Uhr

Für noch mehr Biss und Aggressivität hebe ich nun die Mitten bei 800Hz sowie die Höhen um jeweils ca. 5dB an:

Audio Samples
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Mid- und High-Boost

Bisher war immer noch ein Anteil meines unbearbeiteten Clean-Signals im Spiel. Als nächstes drehe ich den Blend-Regler auf Rechtsanschlag, um 100% des Effektsignals zu hören. So hören wir jetzt den GED-2112 ganz pur:

Audio Samples
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100% Effektsignal

Auch hier hört man gut, dass trotz heftiger Zerre dank des Deep-Kanals noch genügend Low End übrigbleibt – sehr schön!
In der Bedienungsanleitung finden sich außerdem zwei Soundvorschläge vom Meister persönlich – die wollen wir natürlich ausprobieren! Das erste Preset nennt sich “Geddy Lee Standard” und klingt wie folgt:

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Preset: “Geddy Lee Standard”

Das zweite ist nach dem Rush-Song “Roundabout” benannt:

Audio Samples
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Preset: “Roundabout”

Wie man hört, ist die Bandbreite schon mit den Drive- und Saturation-Reglern bereits recht groß – und dabei habe ich noch gar nicht viel am Equalizer herumgespielt. Tatsächlich sind dem GED-2112 noch viel mehr Nuancen zu entlocken, von cleanen Sounds mit leichtem Röhrencharakter bis hin zu heftig verzerrten Heavy-Klängen.
Die Tube-Simulationen können natürlich klanglich ihr Vorbild nicht ganz ersetzen, machen aber insgesamt einen guten Job. Bei Geräten dieser Art muss man natürlich immer den praktischen Nutzen (Gewicht, Transport, Kosten …) gegenüber dem Soundverlust im Vergleich zum Original abwägen. Und dieses Original wäre in unserem Fall ja ein stattlicher Vollröhren-Bolide mit zugehöriger großer Box. Da reden wir von mindestens 60 kg aufwärts und benötigen schon ein entsprechend geräumiges Auto, einen dicken Geldbeutel, gute Muskeln und einen gesunden Rücken. Der GED-2112 liefert da in Sachen Sound, Preis, Größe und seinen gerade mal ca. 2,2 kg Gewicht schon ausgezeichnete überzeugende Argumente!

Lange Haare, Brille, markantes Joker-Lächeln: neben dem erstklassigen Bassspiel und den brillanten Vocals Geddy Lees Markenzeichen!
Lange Haare, Brille, markantes Joker-Lächeln: neben dem erstklassigen Bassspiel und den brillanten Vocals Geddy Lees Markenzeichen!

Etwas ZU konsequent in der Umsetzung ist mir persönlich die Eingangssektion. Geddy Lee sieht man seit vielen Jahren fast nur mit diversen Fender Jazz-Bässen. Aus diesem Grund hat er vermutlich nicht mit dem Problem von verschiedenen Pegeln beim Wechsel zwischen unterschiedlichen Instrumenten zu kämpfen. Nutzt man aber sowohl passive wie aktive Bässe oder leise Singlecoils und laute (serielle) Humbucker, ist ein “- 20dB”-Schalter für meine Begriffe etwas zu wenig sensibel, um die Eingangslautstärke sinnvoll anzupassen. Diese beeinflusst ja maßgeblich den nachfolgenden Drive-Regler, was zu massiven Veränderungen des Sounds (mehr Verzerrung) führen kann. Hier wäre ein stufenloser Regler sicher hilfreich!

Fazit

Der Tech21 Sansamp GED-2112 Preamp ist in seiner Konsequenz ein wirklich mutiges Produkt abseits des Mainstreams. Das finde ich sympathisch und bewundernswert! Tech21 haben hier nicht darauf geschielt, eine möglichst große Zielgruppe anzusprechen, sondern die Wünsche und Vorstellungen von Geddy Lee kompromisslos umgesetzt. Man kann den Preamp auch mit einem konventionellen Amp nutzten, sein eigentlicher Einsatzzweck ist jedoch die Live- und Studio- Situation ohne Verstärker und Boxen. Diese ist bekanntlich seit Jahren auf dem Vormarsch. Hier hat der GED-2112 seine großen Stärken und Vorzüge, und dafür wurde er bewusst und konsequent konzipiert. Er liefert eine breite Palette an hochwertigen und authentischen Rock- und Heavy-Sounds, die sehr gut im Mix sitzen und nicht nur für Rush-Fans interessant sind. Dank der Speakersimulation kann man das Signal ohne aufwendige Mikrofonierung einer Box direkt an die P.A. oder ins Recording Interface schicken. Zudem macht der GED-2112 mit seinen Drive- und Saturation-Regler unter Umständen so manches Overdrive- bzw. Distortion-Pedal arbeitslos, denn er überzeugt mit verzerrten Sounds, die frei von Verlusten im Bassbereich sind. Durch die Spezialisierung auf das Rock/Heavy-Metier und seine voll analoge Bauweise hebt er sich auch wohltuend in Klang, Dynamik und Bedienungsweise (keine Menüs und Untermenüs etc.) gegenüber der digitalen Modelling-Amp-Konkurrenz ab. Weniger ist eben manchmal doch mehr! Lediglich eine stufenlose Anpassung der Eingangslautstärke hätte ich mir noch gewünscht.

Pro:
  • breite Palette authentischer Rock/Heavy-Sounds
  • Verzerrung ohne Verlust im Bassbereich
  • Speakersimulation
  • Handmade in New York
  • gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
Contra:
  • keine flexible Anpassung der Eingangslautstärke
  • kein Fußschalter für Wahl zwischen A/B-Inputs
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Technische Spezifikationen:
  • Hersteller: Tech21
  • Modell: SansAmp GED-2112 Preamp
  • Herstellungsland: USA
  • Maße: 48,3 x 16 x 4,5 cm (B x T x H)
  • Gewicht: ca. 2,2 kg
  • Aufbau: zwei Kanäle, Deep und Drive, 3 Inputs, FX-Loop (seriell, parallel schaltbar), Tuner Out, Drive Out, Deep Out, Uneffected Out, Drive-Kanal mit Dreiband-EQ inkl. Mitten-Parametrik
  • Preis: 479,- Euro (Ladenpreis im Januar 2018)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • breite Palette authentischer Rock/Heavy-Sounds
  • Verzerrung ohne Verlust im Bassbereich
  • Speakersimulation
  • Handmade in New York
  • gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
Contra
  • keine flexible Anpassung der Eingangslautstärke
  • kein Fußschalter für Wahl zwischen A/B-Inputs
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TECH21 GED-2112 Test
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