SPL Frontliner Model 2800 Test

Der SPL Frontliner ist ein Channel-Strip, der nicht nur Preamp, Equalizer und Kompressor, sondern auch einen De-Esser und eine zusätzliche Röhrenstufe für Sättigungseffekte unter einer Haube vereint. Vollausstattung “Made in Germany” könnte man also sagen. Und wäre es nicht schön, wenn man ein so umfangreich ausgestattetes Gerät in seine Bestandteile zerlegen könnte, um die einzelnen Komponenten autark zu nutzen?

Der Gedanke erscheint verlockend, würde in reiflicher geplanten Fällen allerdings meisterhaften Umgang mit dem Lötkolben voraussetzen – und in den weniger gut geplanten Fällen vielleicht auch mit schwererem Gerät. Die gute Nachricht beim SPL Frontliner lautet: Die Kettensäge kann im Keller bleiben, denn der Kanalzug ist modular aufgebaut. Jede Komponente lässt sich also als eigenständiger Effekt-Prozessor verwenden.
Preislich sitzt der SPL Frontliner ein Stück über dem erfolgreichen Channel One und damit am oberen Ende des Angebots an Kanalzügen von SPL. Trotzdem ist er für einen noch recht humanen Betrag zu haben, der deutlich unterhalb von 2000 Euro liegt. Das macht das gute Stück in der Tat attraktiv. Auch wenn der Kanalzug schon seit einem Weilchen erhältlich ist, wollen wir ihn an dieser Stelle also noch einmal genauer unter die Lupe nehmen.

Details

Ein schönes großes Meter

War da eben noch die Rede von einer Lupe? Beim Auslesen des im Frontliner verbauten VU-Meters braucht man diese gewiss nicht! Statt zurückhaltender LEDs, wie man sie heute oft findet, wird zum Messen der Aussteuerung die gute alte zuckende Nadel verwendet – durchaus ein Symbol für “echte” Analogtechnik und wirklich hübsch anzusehen. Bei so großzügigen Maßen wie in diesem Fall freut sich das Engineer-Auge aber doppelt. Und um nicht nur das Auge zu erfreuen, folgen gleich einige Details zum VU-Meter: Bei der Anzeige des Pegels kann man sich zwischen einem RMS- und einem Peak-Modus entscheiden oder die Empfindlichkeit um 10 dB herabsetzen, und auf Wunsch zeigt das Meter die Pegelreduktion durch den integrierten Kompressor.

Fotostrecke: 2 Bilder Der SPL Frontliner bietet eine gehobene Anzahl an Bedienelementen, bleibt aber u00fcbersichtlich. Die Verwandtschaft mit dem kleineren Channel One ist durchaus ersichtlich.

Auch sonst gibt der Kanalzug in seinem silbergrauen 19″-Gehäuse mit 2 HE ein ansehnliches Bild ab. Die Bedienelemente sind logisch angeordnet und folgen in unübersehbar beschrifteten Gruppen für Preamp, De-Esser, Kompressor, EQ und Röhrensättigung dem internen Signalfluss. Der EQ kann bei Bedarf vor den Kompressor geschaltet werden und auch wenn das nicht wirklich außergewöhnlich ist, so handelt es sich doch um eine begrüßenswerte Eigenschaft, die nicht von allen Kanalzügen geboten wird.

Modularer Aufbau und flexible Routing-Möglichkeiten

Unbestreitbar außergewöhnlich ist dagegen der modulare Aufbau des Channel-Strips. Auf der rechten Seite der Gehäusefront befinden sich im Bereich “External Inputs” drei Taster, die es ermöglichen, die einzelnen Module aus dem Signalfluss zu nehmen und autark über die Vielzahl der separaten Anschlüsse auf der Rückseite verfügbar zu machen. Damit während einer Aufnahme keine Missgeschicke passieren, sind diese Taster mit einer Zeitschaltung gesichert und müssen mindestens eine Sekunde lang gedrückt werden, um ein Modul aus dem Verbund zu lösen. Danach ist ein leises Klicken im Inneren des Gehäuses zu hören, mit dem der Frontliner noch einmal dezent darauf hinweist, dass er ein vollständig analog aufgebautes Gerät mit einer Relais-Schaltung ist.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Taster fu00fcr die externen Eingu00e4nge machen einzelne Module u00fcber die separaten Anschlu00fcsse nutzbar.

Weiterhin ist es möglich, einzelne Module für die externe Nutzung zu gruppieren. Werden beispielsweise die Taster für De-Esser und Kompressor gleichzeitig gedrückt, dann stehen die beiden in verketteter Form bereit, während der interne Signalfluss des Frontliners neben dem Preamp nur noch das kombinierte Modul aus EQ und Röhrensättigung enthält. Die einzelnen Bestandteile können also in allerlei denkbaren Kombinationen verwendet werden – und um alledem das Krönchen für Flexibilität aufzusetzen: Die Buchsen für die externen Verbindungen lassen sich auch als Einschleifpunkte für weitere Signalprozessoren verwenden und spielen im Standardbetrieb das jeweils bis zum entsprechenden Modul prozessierte Signal aus.

Fotostrecke: 2 Bilder Die separaten Anschlu00fcsse bieten Zugriff auf De-Esser, Kompressor und die Kombination aus EQ und Ru00f6hrensu00e4ttigung. Der Main Out ist zudem in doppelter Form vorhanden.

Auch der Preamp hat einen separaten Ausgang, der beispielsweise zum Erstellen einer Backup-Aufnahme genutzt werden kann. Während am Hauptausgang das mit allen Modulen des Kanalzugs bearbeitete Signal anliegt, lässt sich direkt hinter dem Vorverstärker die unbehandelte Version abgreifen. Abgesehen davon steht der Main Out in zweifacher Form zur Verfügung, und folglich ist es beispielsweise möglich, einen Strang für das Monitoring zu verwenden und den anderen Ausgang direkt an die DAW zu schicken. Die Möglichkeiten sind wirklich vielfältig, und für alle, denen die Anzahl der Anschlüsse auf der Rückseite noch immer nicht ausreicht: Auf Wunsch ist der Frontliner auch mit interner Wandlung und entsprechenden Digital-Schnittstellen erhältlich.

Hybrider Preamp mit 68 dB Gain

Beim Mic-Preamp des Frontliners handelt es sich um einen vollständig diskret aufgebauten Hybriden, der sich vornimmt, die technischen Vorteile von Transistortechnik mit den oft als musikalisch empfundenen Eigenschaften von Röhrentechnik zu vereinen. Ein Großteil der Verstärkerleistung von insgesamt 68 dB wird von einer Transistorstufe geliefert. Diese übernimmt sozusagen die Rolle des Arbeitspferdes, auf dessen Sattel eine Röhrenstufe thront, welche selbst nur 6 dB zur gesamten Verstärkung beiträgt. Genauso wie bei der Röhre der zusätzlichen Sättigungsstufe handelt es sich dabei um eine 12AX7, die unter einer artgerecht hohen Spannung von 250 Volt arbeitet.

Fotostrecke: 2 Bilder Der Frontliner ist nicht unbedingt puristisch aufgebaut. Unter anderem verrichten in seinem Inneren zwei Ru00f6hren ihren Dienst. Eine davon ist fu00fcr die Fu00e4rbung des Signals durch den Preamp zustu00e4ndig, die andere fu00fcr die zusu00e4tzliche Su00e4ttigung.

Wenn deutlichere Färbungen erwünscht sind, lässt sich das Röhren-Gain über einen entsprechenden Taster auf 15 dB erhöhen. Dies wird durch eine entsprechende Absenkung des Transistor-Gains kompensiert, der Gesamtpegel hinter dem Preamp bleibt damit nahezu unverändert. Wer insgesamt mehr Gain will, kann den Frontliner gegen Aufpreis aber auch mit Lundahl-Übertragern bestücken lassen. In dieser Variante steigt die gesamte Verstärkerleistung auf stattliche 82 dB!

In der Preamp-Sektion findet man unter anderem zwei getrennte Potis für Mic- und Line-In. Der Instrumenteneingang ist sinnvollerweise als einziger Eingang auf der Vorderseite zu finden.

In Hinblick auf die weiteren Bedienelemente der Preamp-Sektion finden sich Taster zum Aktivieren der Phantomspeisung, eines Trittschallfilters (85 Hz) sowie eines Pads (20 dB) und auch die Phase kann auf Knopfdruck gedreht werden. Zudem gibt es zwei Potis für Mikrofon- und Line- oder Instrumenten-Eingang. Letzterer ist ebenfalls auf der Vorderseite untergebracht und das ist auch gut so, denn so spart man sich beim Direktanschluss eines Instruments das Gekrabbel hinter dem Rack. Allerdings lässt sich in Sachen Gekrabbel keine vollständige Entwarnung aussprechen. Der Netzschalter sitzt nämlich auf der Rückseite. Schade!

Der Frontliner von seiner Schokoladenseite.
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