Das US-Unternehmen Sonivox hat mit dem Vocalizer ein Vocoder-artiges Effekt-Plugin mit Synthesizer-Features am Markt platziert. Jedwede Art von Audiomaterial, egal, ob Gesang, Sprache, Drum-Loops oder Geräusche, lässt sich mit diesem Tool polyphon auf einem MIDI-Keyboard spielen. Zum Preis von 119 € (UVP) erhält man eine Software, die man via AU, VST oder RTAS in jede erdenkliche DAW einbinden kann.
Elektronische Stimmenmanipulation wie bei Vocodern und Roboter-FX? „Das ist doch nichts Neues!“, könnte man vorschnell urteilen. Doch der Vocalizer arbeitet nach einem anderen Prinzip, da er selbst über keine Klangerzeuger verfügt und zur Entstehung der Harmonien ausschließlich das eingehende Audiosignal nutzt. Außerdem stehen diverse veränderbare Parameter bereit, mit denen der Klang den individuellen Bedürfnissen angepasst werden kann. Der Hersteller verspricht klangliche Gestaltungsmöglichkeiten, von denen man vorher noch nicht einmal zu träumen gewagt hat. Das setzt meine Erwartungshaltung natürlich entsprechend hoch.
DETAILS
Im unteren Teil der GUI findet man ein virtuelles Keyboard mit 88 Tasten, Pitch- und Modulationsrad. Auf der rechten Seite wurden vier Buttons platziert, mit deren Hilfe die Anzahl der möglichen Stimmen zwischen vier oder maximal 16 bestimmt werden kann. Die übrigen Tasten dienen zum Aufrufen oder Durchsuchen der Presets. Auch selbst erstellte Patches können abgespeichert werden. In einem kleinen Feld neben den Buttons werden die Namen der Presets angezeigt.
Die Ein- und Ausgangssignale des Vocalizers lassen sich mit den mittig gelegenen Reglern hinsichtlich ihrer Lautstärke anpassen. Über eine Anzeige auf der linken Seite des oberen Drittels wird der Ausgangspegel dargestellt.
Zwei „Voice“-Sektionen, die separat aktivierbar sind, reichern das Audiosignal mit dem nötigen Oberton-Spektrum an. Bei der Primary Voice steuern entsprechende Regler die harmonischen Anteile, eine grobe Vorauswahl trifft dabei der „Scale“-Regler. Die Effektstärke der Voice-Sektion bestimmt der „Spread“-Regler. Eine wichtige Besonderheit ist, dass alle Parameter der Primary Voice doppelt vorhanden sind. Was das zur Folge hat, werden wir im Praxisteil noch sehen…
Der zweite Teil der Sektion, die Secondary Voice, justiert die Stimmung bzw. den „Tune“ sowie dessen Feinabstimmung (Fine Tune). Sowohl die Primary als auch die Secondary Voice verfügen über separate Volume-Regler.
Unterhalb der Voice-Sektion sind die Filter des Vocalizers untergebracht, insgesamt stehen fünf verschiedene Filtertypen zur Verfügung. Mittels Frequenz-, Velocity- und Q- sowie Saturation-Regler kann der Sound der Presets gefiltert werden. Für zusätzliche Manipulationsmöglichkeiten sorgt ein LFO mit den beiden Reglern „Depth“ und „Rate“. Für das „Gleiten“ von einer Tonhöhe zur nächsten ist der Portamento-Drehknopf zuständig – ist dieses Feature aktiviert, arbeitet der Vocalizer ausschließlich monophon. Rechts vom Filter hat ein parametrischer EQ mit Tief- und Hochpass-Filter sein Zuhause gefunden. Die vier Bänder können separat (de)aktiviert werden. Die Flankensteilheit sowie die Center-Frequenzen lassen sich stufenlos justieren. Beim Hoch- und Tiefpassfilter sind allerdings die Cut/ Boost-Werte gerastert, vollparametrisch hingegen sind die beiden Mitten-Bänder mit einem Cut/ Boost von je +/-18 dB.
Die beiden Effekte Delay und Chorus stehen oberhalb des EQs bereit. Das Delay lässt sich dabei auf Wunsch mit der Geschwindigkeit der Host-DAW synchronisieren. Alternativ kann ein freier Wert zwischen 0 und 3000 Millisekunden für jeden Stereo-Channel eingestellt werden. Ebenfalls stufenlos regelbar sind die Werte Feedback (0-100%), Stereo-Panorama sowie High- und Lowpass (20 Hz – 20 kHz). Der Effektanteil wird wie üblich über einen Mix-Regler (Dry/ Wet) justiert.
Der Chorus kann dazu verwendet werden, dem Klang eine leichte Textur zu geben, bis hin zu extremen, Flanger-artigen Sounds. Hier sind die Attribute Delay, Feedback, LFO-Depth und Rate regulierbar.
Um klanglich zügig zum Ziel zu kommen, bietet es sich an, eines der insgesamt 30 Vocal-Presets oder die über 100 zum Teil experimentellen Patches zu verwenden. Diese sind in die Kategorien Gitarre, Vocals, Drums und „Anything“ aufgeteilt.