Nach 40 Jahren bringt Roland wieder analoge Klangerzeugung – und das in Form einer der wohl mächtigsten Drum-Machines überhaupt: der TR-1000. Was als Composer begann, wird nun als „Rhythm Creator“ gefeiert – inszeniert mit viel 808/909-Romantik, epischem Storytelling und aufwendigem Video-Marketing.

Die markante Techno-Optik und das stolze Preisschild von 2.699 Euro unterstreichen den Königs-Anspruch, wecken aber zugleich unangenehme Pioneer-Vibes sowie Irritationen: Meisterstück fürs Studio oder Showpiece für die Bühne? Fakt ist: Die Neuankündigung steht seit kurzen in meinem Studio – Zeit für den ersten schnellen Quick-Check aka Test-Preview. Mehr ausführliche Details dann in Kürze!


DETAILS
Fat & Chunky – me like
Kommen wir zum Äußeren: Alter, was für ein Brocken! Mit industrieller Metall-Optik und leichter Schrägung macht die TR-1000 direkt Eindruck – auch wenn die grau-schwarze Farbgebung etwas fantasielos wirkt. Der Kopfhörer-Ausgang befindet sich vorne, mit eigenen Regler und frei zuweisbar.

Massiv verschraubte Füße unten, dicke Torx-Schrauben oben, große Lüftungsöffnungen sowie solide Anschlüsse hinten: Roland hat vieles hier sehr richtig gemacht. Freudentanz auch beim Stromanschluss: IEC worldwide, 100–240 Volt – und damit kein nerviges Kinder-Netzteil mehr. Danke, Roland, Danke!
Dann die erste Ernüchterung: keine einzige Buchse und kein Poti sind zusätzlich mit dem Gehäuse verschraubt. Im Studio mag das dank moderner Löttechnik kein Problem sein, aber bei 2.699 Euro UVP und „Made in Malaysia“ wirkt das schon nicht ganz so rock’n’roll wie in der Werbung.
Die Fader haben auch leichtes Spiel, die Potikappen sind ferner lediglich gesteckt und die Gummierung könnte sich langfristig zu dem bekannten klebrig-problematischen Finish entwickeln.

Das Display ist weder groß, noch hochauflösend oder sonderlich ergonomisch platziert. Es überzeugt jedoch durch exzellente Ablesbarkeit aus jedem Winkel. Deutlich verbessert gegenüber TR-8 zeigt sich die Navigation, allen voran dank der sechs Encoder darunter für das korrespondierende Display-Menü.
So richtig sexy und einheitlich ist das Menü aber nicht durchgestylt. Immerhin: Gibt es nur drei Befehle im Display, sind die Encoder doppelt belegt. Ein schönes Detail und definitiv nicht bei Elektron abgeguckt.

Gemeinsamkeiten & Unterschiede TR-8S
Unterm Strich wirkt die TR-1000 für mich nicht hochwertiger als eine TR-8S, sie vermittelt lediglich mehr „Cheffe“-Charakter durch das Blechkleid. Sie überzeugt dennoch klar durch zahlreicher Menü-Direkt-Taster sowie einer deutlich entwirrte Bedienung.
Ohnehin erwiesen sich bereits ältere Aira-Modelle trotz ihrer Spielzeug-Optik im Alltag als erstaunlich solide – und daran wird sicherlich auch die TR-1000 anknüpfen.
Im Vergleich zur TR-8S hat Roland die Taster jedenfalls vereinheitlicht und strukturierter angeordnet. Die Abstände sind indes nicht wirklich größer, es gibt nur nun schlicht mehr Regler – da die ersten Instrumente nun sechs anstatt drei Parameter bei TR-8S bzw. vier bei TR-8 bieten.
Aus den elf Instrumenten der TR-8S sind zudem nun zehn geworden, das mittlere Tom entfällt. Verbessert wurde zudem deutlich das Variation-Chain-Verhalten.

Die Step-Taster sind außerdem kleiner geworden und erinnern eher an Computertasten – allerdings ohne Einkerbung und ohne die stylische Vollbeleuchtung der TR-8S.
Anschlagsempfindlichkeit oder gar Aftertouch gibt es jedoch nicht. Schade, denn die TR-8S bot immerhin ein einzelnes Drum-Pad. Immerhin: Velocity wird eingangsseitig verarbeitet und lässt sich auch durchaus bequem in die Steps programmieren oder per 16x-Velocity einklopfen.
Anschlüsse der TR-1000
Wie es sich für ein Flaggschiff gehört, verfügt jedes der zehn Instrumente über einen eigenen Einzelausgang, wobei auch Mehrfachnutzung (Single-Out und Min-Out) vorgesehen ist. Insgesamt stehen damit zehn Einzel-Klinken bereit, ergänzt um je zwei weitere für den Stereo- und den Analog-FX-Out. Die Einzelausgänge lassen sich zudem als weitere Trigger-Outs einsetzen. Hinzukommt ein eigeständiger Trigger-Out auf Miniklinke, der sogar einen eigenen, elften Sequenzer-Track besitzt.

Zusätzlich gibt es einen Trigger-In sowie auch einen Filter-CV-In für das analoge Master-Filter. Hinzukommen Anschlüsse wie Clock-Out und ein vollwertiges MIDI-Trio, das auch als Dual-Out arbeitet sowie Din-Sync unterstützt. Abgerundet wird durch USB-Host und USB-C für Computer- sowie App-Verbindung – ein absolut üppiges Anschluss-Feuerwerk – jedoch ab sofort ohne Aira-Link.
Display + Encoder wie bei Elektron
Gelungen sind die sechs Encoder unter dem Display, welche ihre Funktion je nach Kontext flüssig ändern und die Navigation gegenüber dem Ein-Encoder-Konzept der TR-8S massiv aufwerten. Inspiration dürften sich die Japaner dabei sicherlich in Schweden geholt haben.

Ein weiterer Pluspunkt sind die vielen, neuen Channel-Effekte: Sie sind allesamt üppig ausgestattet, klingen hervorragend und stehen sogar auf den Einzelausgängen bereit.
Lediglich die Master-Effekte sowie Reverb- und Delay-Returns bleiben dem Master-Out vorbehalten, wurden allesamt aber auch mit mehr Reglern ausgestattet. Was wiederum fehlt: der dedizierte Tempo-Regler mit der großen BPM-Anzeige – ist beides jetzt im Tempo-Menü und immerhin mit einem Taster direkt erreichbar.
Neue und bessere Effekte
Klanglich bewegt sich die TR-1000 auf absolut hohem Niveau. Die Effekte sind klar auf Live-Tweaks ausgelegt – selbst extreme Delay-Spielereien bleiben musikalisch und schonen den Tweeter.
Gleiches gilt für Limiter und Kompressoren in ihren verschiedenen Varianten bis hin zum SSL Bus-Compr und dem 1176, welche sich für Onboard-Effekte erstaunlich organisch und musikalisch verhalten. Passend dazu trägt das erste Werkspattern den Namen „Dub Techno“ – und klingt genau so.
Die bekannten Aira-Stutter-Tricks sind weiterhin an Bord, wirken jedoch weniger plakativ: Der Proll-Faktor wurde zurückgefahren, wodurch die TR-1000 erwachsener und vielseitiger wirkt. Am Ende bleibt sie aber vor allem eine 100 % Techno- und Electro-Maschine – und das ist ausdrücklich positiv gemeint.
Der Roland-typische Lauflicht-Sequenzer wurde jedenfalls dabei massiv ausgebaut: Polyrhythmen, Cycles, Probability, Substeps, Weak-Steps und komplette Off-Grid-Optionen – fast alles, was man sich wünschen kann, ist vorhanden.
Quantize beschränkt sich indes aktuell nur auf die Aufnahme und kann aktuell nicht nachträglich angewendet werden.
Velocity & AT
Was auch komplett fehlt, sind anschlagsempfindliche Pads und Aftertouch. Zwar wird Velocity extern verarbeitet und lässt sich auch pro Step setzen, doch gegenüber der TR-8S mit ihrem Solo-Pad ist das schon ein Rückschritt. Zumal die Konkurrenz nicht schläft und allein AKAI mit der MPC Live 3 kürzlich einen deutlichen Sprung nach vorn gemacht hat.

Speziell bleibt zudem das Konzept mit maximal 16 Steps pro Pattern bzw. Variation. So ist man gezwungen, Variationen zu verketten und zwischen diesen zu navigieren. Auch wenn man Live einspielen möchte oder längere Loops nutzen möchte.
Warum Roland die Pattern-Länge nicht von flexibler gestaltet und die Variationen-Taster allein als Navigationshilfe nutzt, bleibt mir unverständlich. Trotzdem wurde der Workflow gegenüber der TR-8s verbessert und es flutsch jetzt wirklich besser, allein weil der Affengriff für gelinkte Variations bei der TR-Programmierung entfällt.
Feature or Bug ?
Sonderbar wirkt auf mich als “blutiger TR-1000 Anfänger” aber, dass die Instrumenten-Parameter oft nicht oft belegt sind und man die Regler der Instrumente erst manuell zuweisen muss, was schleppend wird. Es lässt sich durch das A/B-Layer-Prinzip der ersten Tracks erklären, warum aber nicht wenigstens Standardparameter wie Decay und Tune voreingestellt sind, erschließt sich mir (noch) nicht. So ist man aktuell häufig damit beschäftigt, Basisfunktionen anzulegen, anstatt sie direkt zu justieren.
Quantisierung gibt es aktuell nur für die Aufnahme und nicht nachträglich, was ich sehr Schade finde. Immerhin: Es gibt verschiede Delay-Track-Kompensationen, die zumindest das Offset musikalisch kompensieren.
Was derzeit auch noch fehlt: ein Metronom. Außerdem wäre es weiterhin praktisch, mehrere Instrumente auf einen gemeinsamen Einzelausgang zu legen – etwa Open und Closed Hi-Hat auf denselben Out. Eine Option, die Wet-Returns der Send-Effekte zusätzlich zu den Einzelausgängen nach außen zu routen, habe ich ebenfalls nicht gefunden.
Spontane Live-Writes ohne eine vorherige Definition der Pattern-Länge sind ebenfalls nicht möglich. Beim Wechsel zwischen Pattern oder Kits kommt es zudem zu einer kurzen Verzögerung – live natürlich ein absolutes No-Go. Und AIRA-Link wird auch nicht mehr unterstützt.
So weit für das erste, sobald ich konkrete Antworten vom Hersteller habe, werde ich sie hier mit euch teilen. Im folgenden nur eine kleine Übersicht der Features, die ich mir bis dahin selbst noch genauer anschauen muss. Gleiches gilt für den Morph-Slider sowie die Snapshots-Funktion.
Sequencer-Features der Roland TR-1000
- Polyrhythmen & unterschiedliche Step-Längen: Jede Spur kann eine eigene Step-Länge und Auflösung haben → komplexe, verschachtelte Patterns sind möglich.
- Substeps: Schritte lassen sich in kleinere Unterteilungen zerlegen (z. B. Rolls oder schnelle Repeats).
- Probability (Wahrscheinlichkeit): Jeder Step kann mit einer Abspielwahrscheinlichkeit programmiert werden → mehr Variation und Zufall.
- Cycle: Bestimmt, über wie viele Durchläufe ein Step erklingt → wiederkehrende, aber nicht permanente Ereignisse.
- Velocity & Accent: Pro Step lässt sich die Anschlagsstärke (Dynamik) setzen, zusätzlich klassische Accent-Steuerung.
- Timing-Shift / Off-Grid: Steps können vor- oder zurückversetzt werden, um Shuffle und menschlichere Grooves zu erzeugen.
- Delay per Step: Noten lassen sich individuell verzögern → mikro-rhythmische Effekte.
- TR-REC & INST-REC: Klassische TR-Eingabe plus Echtzeit-Einspielung.
- Variation Chains: Bis zu acht Variationen (A–H) pro Pattern, die sich flexibel verketten und live umschalten lassen.
- Fill-Ins: Vier Fill-Spuren pro Pattern für Übergänge.
Fazit – VORAB Test Roland TR-1000
Die TR-1000 ist ohne Zweifel die bislang ambitionierteste und zugleich wohl umfangreichste Drum-Machine, die Roland je gebaut hat. An einigen Stellen wirkt sie aktuell aber noch unvollständig, überzeugt jedoch schon jetzt mit enormer digitaler Flexibilität. Sie transportiert den Sound der legendären TR-808 und TR-909 in die Gegenwart, erweitert das um moderne SAMPLE-Engines und zahlreiche, verbesserte Performance-Features. Klanglich und technisch ist das schon ein großer Wurf – ein Traum für 808/909-Fans und ein absolut naheliegendes, wenn auch recht kostspieliges Upgrade für TR-8(S)-Nutzer.
Gleichzeitig darf man die Schattenseite nicht übersehen: Das Marketing hat die Erwartungen extrem hochgeschraubt und bei einem Preis von 2.699 Euro muss die TR-1000 mehr als nur pure Nostalgie bieten. Erste Workflow-Hürden und teils unausgereifte Features zeigen, dass aber noch nicht alles perfekt ist. Wer also bereits in Panik verfallen war und mit dem Ausverkauf begonnen hat, kann sich erstmal wieder beruhigen. Alles halb so wild, aber schon jetzt auch ganz schön gut. 4 Sterne.
Features
- Roland “Rhythm Creator” Drum Machine
- 16 analoge Instrumente mit von TR-808 und TR-909
- Step Sequenzer mit 10 Tracks und bis zu 128 Steps pro Track
- Stereo-Sampling und Re-Sampling mit Time Stretching und Beat Slicing
- 10 analoge TR-808 Instrumente: Bass Drum, Snare Drum, Low Tom, High Tom, Rim Shot, Hand Clap, Open HiHat, Closed HiHat, Cymbal & Cow Bell
- 6 analoge TR-909 Instrumente: Bass Drum, Snare Drum, Low Tom, High Tom, Rim Shot & Hand Clap
- 50 unterschiedliche ACB (Analog Circuit Behavior) Sound Engines mit weiteren Parameterumfang
- FM-Klangerzeugung für digitale Percussion-Sounds
- Virtual Analog Synthesizer und mehr als 2500 PCM Samples für Bass- und Synthesizer-Sounds, Effekte und mehr
- 46 GB Speicherplatz für eigene Samples (16Bit / 48kHz)
- pro Instrument: Kompressor, Filter (Multimode-Filter oder 4-Band EQ), Verstärker mit Hüllkurve
- 4 Instrumente mit Layer-Funktion (2 Sound-Engines), Sidechaining und Modulations-LFO
- TR-Recording, Realtime-Recording, Motion Recording für Parameterautomation
- Speicherplätze für 16 Projekte, 2048 Pattern und 2048 Drum Kits
- Master Effektsektion mit analogem Filter und Drive, digitale Insert-Effekte, Kompressor, Reverb und Delay
- Morph-Fader zum Überblenden von Parametereinstellungen
- 42 Regler und 10 Fader zur Editierung der Instrumente
- OLED-Anzeige und 6 Encoder
- 6,3mm Klinke: Mix Out (2x), Analog FX Out (2x), Einzelausgänge (10x), Stereo Kopfhörerausgang mit Lautstärkeregler, External In (2x)
- Trigger- und CV-Eingänge: 2x 3.5 mm Klinke, Trigger- und Clock-Ausgänge: 2x 3.5 mm Klinke
- Pedaleingang: 6.3 m Klinke, MIDI In, Out 1, Out 2 / Thru (5-Pol DIN)
- USB-A Port für externe Geräte und Speichermedien, USB-C Port für USB-Audio und -MIDI
- inkl. Netzkabel, Bedienungsanleitung und USB-C Kabel
- Abmessungen (B x T x H): 486 x 311 x 125 mm
- Gewicht: 5.5 kg
- Hergestellt in: Malaysia
- PREIS: 2699,- Straßenpreis am 4. Oktober 2025
- Hybrid-Drum-Machine mit 16 analogen Stimmen plus ACB/FM/PCM/Sampling
- umfangreiche Master-Effekte sowie viele Effekte für die 10 Einzelausgänge
- umfangreiche Projekt & Pattern-Strukturen, Morph- und Snapshot-Features
- hoher Preis
- Pads ohne Velocity
- Potis nicht Touch-Sensitiv
- Kopfhörer-Ausgang zu leise
- Buchsen und Potis nicht mit Gehäuse verschraubt
