Anzeige

Roland TR-06 Test

Mit den zeitgleich erschienenen Drum Machines TR-06 und TR-6S manifestiert Roland die Zweigleisigkeit ihrer Produktlinien: Auf der einen Seite modern-futuristische AIRA/Performer-Geräte mit großen Reglern, vernünftiger Haptik, vielen Extras und der Tendenz zur Überforderung – auf der anderen Seite die „maximal-originalen“ Mini-Klassiker-Klone der Boutique-Serie mit klar fokussiertem Einsatzgebiet. 

Roland_TR-06_01_TEST_AUFMACHER


Preislich sind beide 606-Neuinterpretationen gleich auf. Für 370 Euro gibt es so bei der verhältnismäßig kompakten TR-6S Rhythm Performer neben 606-Sounds entsprechend seriöse Anschlüsse, einen modernen Ansatz sowie tiefergehende Features und insbesondere klangliche Erweiterungen in Form von 808, 909, 707 Emulationen, einem Synth sowie Sample-Support. Unser Testobjekt TR-06 hingegen kann „nur“ 606, bietet lediglich popelige Miniklinken sowie als einziges echtes Alleinstellungsmerkmal einen eingebauten Schrott-Lautsprecher. Echt jetzt?!
So einfach es aber dann doch nicht und bereits jetzt möchte ich vorausschicken, dass ein konzentrierteres Feature-Set durchaus mehr „Hands-On“ bei weniger Sub-Menü-Getauche bieten könnte. Klanglich dürften keine Unterschiede zu erwarten sein, da alle neuen Roland-Produkte die gleiche digitale ACB-Technik zur Klangemulation historischer Eigenvorlagen nutzen, zumindest haben unsere Vergleiche von TR-8, TR-8S und TR-08 bzw. TR-09 ähnliches ergeben. Kurzfassung: Mikroskopische Unterschiede ja, besser oder schlechter, nein. 
Unterscheidungsmerkmale sucht man demnach besser in den unterschiedlichen Gehäusen, ihren Zugängen, der Haptik sowie bei den spezifischen Extras. Ausgerechnet bei der traditionell „Feature-mageren“ 606 hat Roland in der Boutique-Variante aber dennoch einige Extras mehr unter die Haube geklemmt, als bei Boutique sonst üblich. Verwirrend. Zeit, genauer hinzuschauen und etwas Entscheidungshilfe zu bieten – auch wenn zum Testzeitpunkt keine TR-6S zum Vergleich zur Seite stand. 

Details

The Way of Roland

Die TR-06 ist ein weiterer Synth der Boutique-Serie aus dem Hause Roland. Die kompakte Drum Machine widmet sich explizit der digitalen Reproduktion der „Computer Controlled Drumatix“ TR-606 aus dem Jahr 1981, die als die kleine Schwester der legendären Roland 808 bezeichnet wird und deren Instrumenten-Sounds sich stark ähneln.

Sieht gut aus und macht was her!
Sieht gut aus und macht was her!

Eine weitere 606-Kopie hat auch Behringer mit der RD-6 kürzlich auf den Markt gebracht. Die RD-6 ist wie das Original analog in der Klangerzeugung, sie verwendet also kein digitales Modeling wie Roland. Roland 606-Sounds gab es außerdem schon einmal vor ein paar Jahren aufpreispflichtig als Erweiterung für die Aira TR-8. Mittlerweile ist das Upgrade jedoch verschwunden. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt …
Alle Roland Boutique Synths zeigen sich in demselben Formfaktor und orientieren sich optisch an den Originalen. Wie bei allen Drum Machines der Serie gehört auch bei der TR-06 das DK01 genannte Gehäuse dazu, wodurch sich das sehr solide Metallgehäuse gut anschrägen lässt. Weil die echte 606 nicht größer als die TR-06 war, fühlt es sich hier besonders originalgetreu und weniger fummelig an als beim Rest der Boutique-Familie. Und dazu gehören aktuell: Roland TR-08, Roland TR-09, Roland JU-06, Roland JX-03, Roland JP-08, Roland SH-01a und Roland SE-02.

Simple Drum Machine

Die 606 ist beschränkt, was ihre sieben Sounds anbelangt: Kick, Snare, zwei Toms, ein Cymbal und die kombinierte HiHat lassen sich traditionell nur durch den Accent beeinflussen. Der Sequenzer bietet acht Spuren, welche mit 16-Steps programmiert werden können. Hinsichtlich der Sequenzer-Spuren macht die TR-06 leider keine Ausnahme, obwohl sie mehr Sounds als das Original besitzt.
Pattern-Chains und der Pattern-Group (2*16 Steps) machen Rhythmen komplexer, genau wie das tolle SubStep-Feature, mit den bis zu vier 1/128 Noten pro Step gespielt werden können. 128 Patterns und acht Tracks, in denen die Patterns arrangiert werden können, sind speicherbar. Kits lassen sich indes nicht speichern – was man zuletzt eingestellt hat bleibt! 

Fotostrecke: 2 Bilder Stereo-Miniklinke und Micro-USB ist nicht unbedingt das, was ich mir an einer Drum Machine als Anschlüsse wünsche …

Analoge Einzelausgänge gibt es bei der TR-06 nur zwei an der Zahl – diese lassen sich Stereo oder Dual-Mono nutzte, die Instrumente dann entsprechend der 1 oder 2 zuweisen. Fünf Trigger-Outs sowie vollständige Einzelausgänge via Micro-USB kommen hinzu. Einen Trigger-In sowie einen analogen Stereo-Mix-In gibt es ebenfalls, letzterer wird sogar A/D gewandelt und über USB-Out 9/10 übertragen. MIDI I/O auf DIN-Buchsen sowie via USB gibt es auch. 
Rückseitig sind ferner ein kleiner Schiebeschalter für Power zu benennen sowie Kopfhörer- und Main-Out, regelbar via Stift-Poti. Das gemeinsame Poti regelt auch den kleinen Lautsprecher, welcher inaktiv wird sobald ein Kabel in die Outs gesteckt wird.  

Extra Sounds und Effekte

Unter der Haube lassen sich Parameter einzelner Sounds – entgegen Original und Behringer – filigran, als auch drastischer anpassen, jedoch ist das Ganze recht selektiv. Für jedes Instrument gibt es einen individuellen Mute, Gain, Tune, Decay und Stereo-Pan. Kompression für Snare und Kick kommt hinzu, ein BD-Attack und ein SD-Snappy Parameter sowie regelbarer Geräuschanteil für LT und HT runden die Sache ab. Das kennt man ähnlich aus anderen Boutique- und AIRA- Kisten, ist hier aber dennoch recht umfangreich ausgefallen.
Überrascht hat mich außerdem die üppige Inkludierung unterschiedlicher Instrument-Variationen, die wie folgend aufgelöst sind: 

  • Bassdrum: TR-606 BD, RICH, FAT 
  • Snaredrum: TR-606 SD, RICH, FAT 
  • Low Tom: TR-606 LT, Synth Percussion, NOISE TOM, CP, RS
  • Hi Tom: TR-606 HT, Synth Percussion, NOISE TOM, CP, RS
  • Cymbal: TR-606 CY, GATE, CYMBAL, CP, RS

So viele Variationen gibt es bei keiner anderen Boutique Drum Machine. Aber warum man Zusatzsounds wie Clap und RS in ein Untermenü gepackt und nicht gleich auf den Instrument-Wahlschalter und zwei separate Sequenzer-Spuren geparkt hat – es leuchtet mir nicht ein. Immerhin kann man HiHats unlinken sowie den Open HiHat Tempo Sync deaktivieren, wobei er auf “On” den Decay-Wert der OH synchron zum Tempo ausdehnt. 

Fotostrecke: 4 Bilder Die Variationen der Instrumente, …

Overdrive und Delay Effekt gab es bei Original schon mal gar nicht, bei Behringer zumindest einen globalen eher mäßigen Overdrive. Die TR-6 kennt beides und lässt beide Effekte für jedes Instrument individuell anwählen – quasi als eine Art Send bzw. Insert. Der Overdrive kann in der Intensität geregelt werden und kennt die Unterkategorien Saturator, Bitcrusher, Distortion und Low Pass/High Pass Filter.  
Das Delay wiederum kann pro Instrument nicht nur aktiviert sondern auch in seinem Send-Anteil geregelt werden! Es kennt die Flavours Digital Delay, Panning Delay, Tape Echo Reverb, Flanger, oder Side Band Filter. Da guckste Behringer, was?!
Überrascht war ich außerdm vom Umfang der Sequenzer-Möglichkeiten: Step Loop (Repeat/Stutter), Sub-Steps, Flam, Fill-In, Probabilitiy, Velocity, Pattern-Shift, und, und, und. Besonders die Sub-Steps helfen, komplexere Beats zu bauen, da pro Step so auch mehr Noten mit x2, x3, x4 oder auch ein Flam programmiert werden kann.

Der Formfaktor der TR-06 ähnelt dem der Behringer, jedoch ist die TR-06 etwa ein Viertel schmaler.
Der Formfaktor der TR-06 ähnelt dem der Behringer, jedoch ist die TR-06 etwa ein Viertel schmaler.
Anzeige

Praxis

„Analog“ genutzt ist die Roland TR-06 aus der Box sofort einsatzbereit: Mitgelieferte Batterien einlegen, einschalten – und los! Dank des eingebauten Speakers kann man sogar bequem vom Sofa aus Beats schrauben. 
Die echte 606 war eine wirklich puristische Drum Machine, die TR-06 hingegen punktet mit einer Vielzahl weiterer Features, die geschickt in ein zusätzliches Layer aus einem Encoder, funktionalem Display, Menu/Instrument und Tap-Button drum herum gebaut wurden. Die zusätzlichen Effekte sind gut gewählt und erweitern die klanglichen Möglichkeiten immens!

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Die kryptischen Abkürzungen auf dem 4-Segment-Display mögen auf den ersten Blick abstoßen, sind nach kurzer Eingewöhnung aber wirklich schnell in Fleisch und Blut übergegangen. Da war ich überrascht, denn generell war die Maschine trotz ihrer leichten Verschachtelung und meiner anfänglichen Skepsis ziemlich flüssig und musikalisch zu bedienen. Damit ist ein erster Vergleich zur RD-6 von Behringer möglich: Man kann hier eindeutig mehr machen, es fühlt sich auch geiler an – man hat aber Schwierigkeiten, über Einzelausgänge alles hübsch nach außen zu führen … Das nervt!

Audio Samples
0:00
#1 Classic #2 Let´s roll! #3 Alternative #4 Sub-Steps & Flanger #5 Step-Loop & Delay

Möchte man die Boutique ins Studio integrieren wird es etwas ungemütlich. Zum einem nervt die Miniklinke des Main-Out aller Boutique-Geräte, zum anderen ist der obligatorische USB-Treiber umständlich in seiner Handhabung. Man muss an dieser Stelle allerdings Rolands Website loben, die für Apple Rechner individuelle Troubleshootings für High Sierra, Mojave und Catalina bereithält. Auf Big Surr funktionieren USB/MIDI und Audio noch nicht – an anderen Aira Geräten wie dem Roland Aira MX-1 Mixer hingegen unkompliziert. 
Faktisch sollte man die Maschine einfach in Dual-Mono verstehen, selbst wenn es über USB-Einzelausgänge gibt – mit kombinierten Audio-Interfaces, das funktioniert selbst auf dem Mac nicht auf Dauer gut. Die Behringer kostet auf der Straße aber auch nur ein Drittel der Roland, das muss man auch schlucken … Ich habe tatsächlich jetzt erst mal beide gekauft und bin gespannt, welche in drei Monaten wieder gehen darf. Warum hat die Roland nicht einfach mehr analoge Einzelausgänge auf dicker Mono-Klinke, ADAT oder eine Option, sie mit einem Class-Compliant Audiointerface zu koppeln? Meine Entscheidung wäre sofort klar.

Features over Sound: Gleich, aber doch nicht dasselbe – RD-6 oder TR-06 ?!

Also man kann eins mit Sicherheit sagen: Die Behringer klingt grundsätzlich schmutziger und roher, benötigt aber sicherlich immer etwas Outboard-Liebe. Die Roland wiederum ist „production-ready“, klingt kontrolliert, fast schon gelimited – insbesondre im Falle der Snare aber vergleichsweise auch lebloser, weil ihr Transienten und Atmung wie bei der RD-6 fehlen. Ferner klingt sie über einen längeren Zeitraum auch statischer.
Im folgenden Video hört man noch gut, um wie viel lauter die Kick der TR-06 ist, obwohl sie deutlich tiefer peaked als die Behringer. Dennoch bietet die Roland dank der vielen Optionen deutlich mehr Sweetspots – und man kann natürlich auch bei ihr noch nachträglich „analog zaubern“, beispielsweise mit einem Transienten-Designer oder einem Paar schöner Übertrager.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Ein Matching der Sounds war mir deshalb nicht möglich, mal kam man dem Attack näher, dann stimmte wiederum das Tuning nicht – und so weiter. Es gibt einfach keine passenden Regler für die tatsächlichen Unterschiede. Jede der beiden „Sechser“ klingt also grundsätzlich anders. Zu einem allgemeingültigen besser oder schlechter kann ich mich aber nicht wirklich hinreißen lassen. Im Video habe ich auch einfach nach Snare und Bassdrum aufgehört, weil mir hier schon klar war: Unter Musiker-Nerds sind das zwei komplett verschiedene Welten, die ich nie auf einen Nenner bringen werde – für alle anderen ist es ein und dieselbe Techno-Soße 🙂
Folgende Videos möchte ich euch ebenfalls nicht vorenthalten. Ersteres stammt nicht von mir, vergleicht aber die RD-6 mit dem Original. Vielleicht ist das im Kontext auch ganz hilfreich, wobei ich sagen würde, dass Behringer wohl näher am Original ist als Roland heute – und das Original sowieso am geilsten klingt. Aber ehrlich gesagt: Wen interessiert das schon in einer tatsächlichen Produktion?

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen
Anzeige
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Hochwertiger “production-ready” Roland-Sound mit vielen klanglichen Zusatz-Optionen
  • Relativ einfache Bedienung trotz der beiden Haupt-Untermenüs
  • Sub-Steps, Step-Loop, Probabilitiy & Pattern-Links
  • Roland-Cloud-Plugin inklusive
  • Mix-In via USB aufnehmbar
  • Reichlich Trigger-I/Os
  • Viele gute Effekte
Contra
  • Keine Kits speicherbar
  • Nur zwei analoge Einzelausgänge
  • Mehr Sequenzer-Spuren/Instrumente parallel wünschenswert
Artikelbild
Roland TR-06 Test
Für 449,00€ bei
Roland_TR-06_01_TEST_AUFMACHER

Features

  • Digitale Drum Machine Nachbildung der TR-606 Drumatix
  • Klangcharakter, Verhalten und Userinterface des Originals durch ACB Modeling Technologie
  • Instrumente: Bass Drum, Snare Drum, Low Tom, Hi Tom, Cymbal, Open- & Closed Hi Hat
  • Lautstärkeregler für Instrumente und Accent-Spur
  • Tuning, Decay und Panorama pro Instrument einstellbar
  • Effekte: Compressor, Delay (Delay, Pan Delay, Tape Echo, Reverb, Flanger, Side Band Filter), Drive (Saturation, Bit Crusher, Distortion, LPF/HPF)
  • 16-Step Sequenzer mit max. 32 Steps pro Pattern inkl. Step Loop, Substep, Flam, Fill-In, Probability, Substep Probability, Master Probability
  • Speicher für 128 Pattern und 8 Songs
  • 4-stelliges LED Display, eingebauter Minispeaker, solide Metallkonstruktion,
  • Inkl. farblich passendem DK-01 Boutique Dock – einstellbar in 3 Winkeln
  • Stromversorgung via 4 AA-Batterien (im Lieferumfang enthalten) oder USB-Power
  • 5 Trigger-Ausgänge und 1 Trigger-Eingang 3.5 mm Klinke
  • Kopfhörer-Ausgang, Stereo/Dual-Mono Line-Ausgang und Mix-In Eingang (alles Miniklinke)
  • MIDI In/Out, USB Micro-B Port (Audio, MIDI und Stromversorgung)
  • Abmessungen (B x T x H): 308 x 130 x 52 mm
  • Gewicht (inkl. Bat. & Dock): 1.2 kg

Preis

  • Roland TR-06: Ca. 369 € (Straßenpreis am 21.12.2020)
Kommentieren
Profilbild von Kenneth

Kenneth sagt:

#1 - 10.11.2022 um 20:07 Uhr

0

"TR-06 nur zwei an der Zahl – diese lassen sich Stereo oder Dual-Mono nutzte, die Instrumente dann entsprechend der 1 oder 2 zuweisen." Wo geht das bitte? Die TR-06 hat Phones und Main-Out und die kann man nicht zuweisen. Also nicht am Gerät, in DAW ja. Aber nicht Dual Mono oder Stereo auf einen Mixer oder into Monitore. Bitte um Erklärung?

    Profilbild von Felix Klostermann

    Felix Klostermann sagt:

    #1.1 - 11.11.2022 um 13:42 Uhr

    0

    Check mal das Handbuch: https://static.roland.com/assets/media/pdf/TR-06_deu02_W.pdf unter "Para Out". Alternativ kannst du den Split auch mit L/R bzw. Pan vornehmen, ist dann aber nicht so geil wegen der Effekte. LG; felix

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.