Wie es der Zufall will, überlege ich seit einiger Zeit, ein Zimmerchen schlagzeugtauglich zu machen, um gemütlich üben zu können, ohne gleich die lieben Nachbarn als Freunde zu verlieren. Erste Aufgabe: die Trittschalldämmung. Meine Idee sind diese schwarzen Matten, die man zum Dämmen der richtig tiefen Frequenzen auch unter Schiffsmotoren legt. Die amüsierte Antwort vom Akustiker, den ich zurate gezogen habe: “Ja, das funktioniert – wenn du so schwer bist wie ein Schiffsmotor“. Die Variante, die in meinem Fall eher zum Zuge käme, sieht so aus: Eine Lage Latten im Karree, die Zwischenräume mit Mineralwolle füllen, eine Lage Verlegplatten obendrauf, noch mal Latten, 8cm Sand, wieder Verlegplatten, dann Wände draufstellen … oder vielleicht doch lieber ein elektronisches Schlagzeug? Wie praktisch, dass just in diesen Tagen das Roland TD-4 zum Test bei mir angeliefert wird. Mal schauen, ob mir das gute Stück den Einsatz schwerer Baumaschinen und diverse Großeinkäufe beim Baumarkt ersparen kann.
Das TD-4 ist Rolands untere Mittelklasse und liegt preislich zwischen dem großen Bruder TD-9 und dem Einsteiger Set HD-1. Im Gegensatz zur All-in-One-Lösung des „kleinen“ HD-1 sind das Soundmodul und die Pads des TD-4 für die Montage an Rolands Rack-Klassiker MDS-4 ausgelegt, was größere Vielseitigkeit und damit individuelle Aufbaumöglichkeiten bietet. Das TD-4 ist in zwei Ausführungen erhältlich, als TD-4K und TD-4KX. Der Unterschied zwischen den beiden Sets besteht in der Bestückung der Tompads. Während das TD-4K mit den bekannten PD8-Gummipads ausgestattet ist, bekommt man beim TD-4KX gegen Aufpreis alle Tompads mit „Mesh Heads“, also Gewebefellen, auf die ich später noch einmal zurückkomme. Hier aber erst einmal der Blick auf die Einzelheiten.
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Details
Das TD-4KX besteht aus insgesamt acht Pads, unterschiedlichen natürlich! Und alle – wie bei Roland üblich – mit klangvollen Namen aus Buchstaben-Zahlen-Kombinationen. Deshalb könnte der nächste Textabschnitt etwas verwirrend wirken. Achtung, es geht los:
Da wären zum einen zwei PDX-8 Mesh-Pads mit 8 Zoll durchmessender Spielfläche für Snare und Lo-Tom und zwei PDX-6 Pads mit 6,5 Zoll Fell für das hohe- und das mittlere Tom. Des Weiteren gibt es zwei CY8 Zwei-Zonen-Beckenpads und ein CY5 Hi-Hat-Pad. Der Name des Pads zum Ansteuern der Bassdrumsounds ist KD-8. Dieses ist eine Kombination aus Pad und Ständer, lässt sich auf dem Boden aufstellen und besitzt – anders als die anderen „Trommeln“ dieses Sets – eine Spielfläche aus Gummi. Letzte bespielbare Komponente des TD-4 ist der FD-8 Hi-Hat Controller zum Öffnen und Schließen der Hi-Hat. Das TD-4 lässt sich noch um ein zusätzliches Trommel- oder Beckenpad erweitern und bietet damit wahlweise die Möglichkeit auf ein viertes Tom, eine zweite Snare oder ein weiteres Crash- oder Ridebecken. Für alle, die lieber ihr eigenes Hi-Hat-Pedal statt der mitgelieferten Maschinerie benutzen möchten, ist das TD-4 kompatibel mit dem VH-11 Controller, der allerdings zugekauft werden muss. Herzstück des TD-4 ist das gleichnamige Soundmodul. Es verfügt über 125 verschiedene Sounds und 25 daraus zusammengestellte Kits. Funktionen wie Tuning, Muffling oder die verschiedenen Hallprogramme bieten viele klanggestalterische Eingriffsmöglichkeiten, auf die ich im Praxisteil noch ausführlicher zu sprechen komme.
Des Weiteren findet sich ein Übungsassistent namens „Coach Mode“, der diverse Trainingsfunktionen beinhaltet und schon vermuten lässt, für welche Zielgruppe dieses Set entworfen wurde. Aber auch dazu später mehr. Teil meines Roland-Testpaketes ist übrigens auch das optionale Drumrack MDS-4, das über alle Halterungen zur Montage des TD-4 verfügt. Dieses ist – wie bereits erwähnt – nicht im Lieferumfang des TD-4 enthalten und kostet daher extra. Da mir auf Anhieb aber keine praktischere Lösung einfällt, die Pads in Spielernähe zu bekommen und es daher quasi Bestandteil des Sets ist, teste ich es hier einfach gleich mit.
So, genug Informationen! Jetzt kommt der Entertainment-Teil.
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Praxis
Ich hatte ja schon in der Anfangs-Anekdote erzählt, dass ich mir vor allem näher ansehen möchte, was mein TD-4 als Übeinstrument zu bieten hat. Und wenn ich mir die Ausstattung meines Testsets und insbesondere die Funktionen des Soundmoduls so anschaue, habe ich das Gefühl, dass auch die Produktentwickler nicht selten an diesen Zweck gedacht haben. Besonders in dem Zusammenhang freue ich mich über die schon erwähnten Mesh-Pads.
Das Besondere an ihnen ist der Aufbau, der ähnlich wie bei einer echten Trommel aus Fellauflagekante, Spannreifen und einem Fell aus einem Kunstfasergewebe (mesh = Gewebe) besteht. Das Tolle daran: Da sie aus Gewebe bestehen, sind sie, anders als normale Trommelfelle, luftdurchlässig, bewegen also beim Spielen keine Luft und sind deshalb sehr leise! Aber das ist nicht ihr einziger Vorteil. Sie lassen sich außerdem wie eine echte Trommel stimmen, sodass man für ein realistisches Spielgefühl vielleicht etwas mehr Spannung auf das Snarepad bringen kann und beispielsweise die Tompads eher etwas entspannt. Außerdem verfügen die Pads, wie echte Trommeln, über einen Rim, also eine zweite Spielzone. Über diese lassen sich zum Beispiel bei den im Modul anwählbaren Akustik-Kits Rimshots und Rimclicks oder bei den Elektro-Kits Claps und andere Effekte antriggern. Auch können mehrere Sounds auf ein Pad gelegt werden, die dann, abhängig von der Anschlagsstärke, abgespielt werden. Aber bevor ich gleich eine neue Betriebsanleitung schreibe, schaue ich erst einmal, was ich eine Etage unter den Mesh-Pads finde. Zum Beispiel das Kick-Drum-Pad. Dabei handelt es sich, wie oben schon erwähnt, um eine eigenständige Konstruktion, die für die Montage des eigenen Bass-Drum-Pedals ausgelegt ist. Ein Vorteil, da man mit seinem eigenen „Werkzeug“ arbeiten kann. Die Spielfläche besteht aus Gummi und fühlt sich nicht ganz so realistisch an wie Snare und Toms. Und es macht deutlich mehr Geräusche als die Mesh-Pads, sodass mein schlechtes Gewissen gegenüber den Nachbarn unter mir zurückkehrt. Also teste ich lieber erst eine Zeit lang die Beckenpads.
Diese sind wie Snare- und Tompads in zwei Zonen aufgeteilt, angelehnt an ein echtes Becken in die Randzone zum „Crashen“ und die obere Fläche zum Spielen von Ride-Figuren. Eine weitere tolle Funktion der Beckenpads ist das Stoppen des Beckensounds, was wieder genau so funktioniert wie bei echten Becken. Crasht man ein Becken erst und fasst dann mit der Hand den Bereich des Randsensors an, wird der Sound gestoppt. Das funktioniert super und klingt auch verblüffend echt. Ebenfalls verblüffend echt klingen die verschiedenen Öffnungsgrade und Spieltechniken der Hi-Hat, die sich, wieder wie im echten Leben, durch das Zusammenwirken von Hi-Hat-Pad und Pedal umsetzen lassen. Dabei ist von Step-Hi-Hats über Foot-Splashes bis hin zu drei Öffnungsgraden alles möglich, was der Drummer braucht. Das Hi-Hat-Pad ist, wie die Beckenpads, in Rand- und Flächenzone unterteilt.
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Hi-Hat im BeatHi-Hat Solo
Nun aber zum Herzstück der Maschine, dem Soundmodul. Dieses ist je nach Kompaktheit des Setaufbaus mehr oder weniger gut erreichbar in der Mitte zwischen dem ersten und zweiten Tom angebracht. Was mir auf den ersten Blick auffällt, ist die gute Bedienbarkeit, was zum einen an der übersichtlichen Anordnung der Knöpfe und der logischen Menüstruktur liegt, sich zum anderen aber auch durch die übersichtliche Anzahl der Funktionen erklärt. Ich bin jedenfalls immer begeistert, wenn man zum Verstehen eines Gerätes eigentlich keine Betriebsanleitung lesen muss. Schauen wir einmal unter die Haube: Das Modul ist mit einer Library von 125 Sounds ausgestattet, die sowohl verschiedene akustische Kits, verfremdete Klänge oder Percussionsounds als auch diverse Elektro-Kits und klassische Drum-Machines wie die TR 808 / 909 umfasst. Die Einzelsounds sind in 25 Preset-Kits gebündelt. Bei akustischen Kits fallen, wie schon erwähnt, zuerst Hi-Hat und Becken durch ihre naturgetreue Bedienbarkeit auf, sind aber auch klanglich in Ordnung. Auch die Einzelsounds der Trommeln sind gut, wenn auch teilweise etwas zweidimensional. Spielt man jedoch etwas aufwändigere oder schnellere Figuren oder wird dynamischer, stößt man schnell an die klanglichen Grenzen des Gerätes. Sowohl die Anzahl der Dynamikstufen als auch die der Alternativschläge reicht einfach nicht aus, um ein akustisches Schlagzeug überzeugend abzubilden.
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SnareArena KitBrushes KitPower KitStudio Kit
Aber das ist Meckern auf hohem Niveau und war sicher auch nicht Ziel des TD-4. Bei den Elektro – Sounds (darunter auch Techno-, House- und Hip-Hop-Kits) fällt dagegen das soeben Gesagte nicht ins Gewicht. Sie machen richtig Spaß, klingen druckvoll und sind wunderbar in den Preset Kits zusammengestellt.
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TR-909Elektro KitHouse KitDrum’n’Bass Kit
Alle, die gerne „Soundtüfteln“, sind nur einen Knopfdruck entfernt von verschiedenen Editiermöglichkeiten, mit denen man die Werkssounds noch verändern kann. Da wäre zum einen die Muffling Funktion, mit der man die Länge und den Ausklang eines Sounds trimmen kann, oder „Tuning“, mit dem sich die Tonhöhe der Sounds verändern lässt.
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Cymbal StopMufflingTuningTuning und Muffling im Beat
Außerdem stehen neun verschiedene Halltypen zur Auswahl. Der Coaching-Modus verrät, dass ich mit meiner Absicht, das TD-4 als Übeset zu benutzen, gar nicht so falsch liege. In ihm finden sich verschiedene Trainingsfunktionen, angefangen bei Aufwärmübungen über weitere mit dem eingebauten Metronom zur Verbesserung des Timings oder Tempohaltens und noch einiges mehr zur Auswahl. Apropos Üben: Es kann ein externer Musikplayer über einen Miniklinken-Eingang an das TD-4 angeschlossen werden, um damit zur Lieblingsmusik zu spielen. Und wenn man fertig geübt hat, erlaubt einem der Midi-Out-Anschluss entweder das Aufzeichnen der Midi-Daten des Gespielten oder das Ansteuern weiterer Klangerzeuger.
Die letzten Worte dieses Abschnitts gehören dem optionalen Rack MDS-4, das Halterungen und Montageplatz für alle Komponenten des TD-4 bietet und trotz Rundrohren so stabil ist, dass die Pads auch bei sehr kräftigen Schlägen ihre Position beibehalten.
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Aus dem Bauch heraus würde ich das TD-4 in erster Linie als gutes Übeset einstufen. Die Mesh-Pads sind sehr leise und „lebensecht“ zu spielen, die Mehrzonen-Aufteilung sowohl der Trommel- als auch der Beckenpads erlaubt ein Handling, wie man es vom echten Schlagzeug gewohnt ist. Nur das Bassdrum-Pad aus Gummi macht für meinen Geschmack etwas zu viel Lärm, da es die Schlagenergie naturgemäß direkt an den Boden abgibt. Das Soundmodul ist hervorragend zu bedienen, leicht zu verstehen und auf das Wesentliche reduziert. Es bietet eine ausreichend große Auswahl an Akustik – und Elektrosounds. Darüber hinaus gibt es diverse leicht zu bedienende und effektvolle Möglichkeiten, die Sounds des TD-4 klanglich zu gestalten. Zwar begegnen einem bei den akustischen Presets zuweilen Machinegun-Effekte und unnatürliches Dynamikverhalten, aber das ist bei einem Set dieser Preisklasse durchaus tolerabel. Die Elektro-Sounds dagegen machen uneingeschränkt Spaß und so liegt die Stärke des TD-4, ähnlich wie bei vielen anderen E-Schlagzeugen, in diesem Bereich. Auch zum Üben lädt es ein, wobei man im Coach-Modus eine sinnvolle Auswahl an Übungen und Vorschlägen findet, falls die eigenen Ideen ausgehen sollten.
Hey, danke für den Artikel. Ich hätte noch eine Frage zur Aufnahmedauer: Wie viele Minuten kann man sich selbst aufnehmen und wieder abspielen? Und kann man mehr als eine Session/1 Spiel speichern? Danke schonmal für Antwort :)
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Jojo sagt:
#1 - 29.03.2012 um 16:59 Uhr
Hey,
danke für den Artikel. Ich hätte noch eine Frage zur Aufnahmedauer: Wie viele Minuten kann man sich selbst aufnehmen und wieder abspielen? Und kann man mehr als eine Session/1 Spiel speichern?
Danke schonmal für Antwort :)