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Roland JX-08 Test

Mit dem JX-08 präsentiert Roland – neben dem ebenfalls kürzlich erschienenen JD-08 – einen weiteren Boutique Synth, der wieder einer analogen Legende nachempfunden ist und kompakt-geschrumpft wurde. Dabei handelt es sich in mehrfacher Hinsicht um Meilensteine.

JX-08_01_Test


Das Original JX-8P war seinerzeit Rolands letztes analoges Flaggschiff – mit klar erkennbaren Vorzeichen, was die Zukunft bringend würde: Digital war in und analog wohl bald out. Mit ungalanten Folien-Tastern und sperrigen Programmiermöglichkeiten wäre der JX-8P fast zur Preset-Schleuder verkommen, wäre da nicht der PG-800 Programmer mit seinen optionalen Fadern gewesen. 
Aber auch die Boutique-Serie selbst läutet mit den beiden Neuerscheinungen eine kleine Wende ein, denn jetzt gibt es Multitimbralität mit Dual/Split-Modes sowie ein ernsthaftes Polyphonie-Konzept! USB-C hat es ebenfalls hineingeschafft – ansonsten ist das Konzept recht gleichgeblieben und wir sollten prüfen, wie es klingt!

Details

Letzter seiner Art

Der JX-08 ist ein Roland Boutique Synth und eine durchaus freiere Interpretation des JX-8P sowie dessen Nachfolger JX-10. Beide Oldies waren prinzipiell gleich und nur mit unterschiedlicher Polyphonie gesegnet (6 bzw. 12 Voices). Rund 40 Jahre später bietet der JX-08 nun zehn Voices – pro Part!

Best of the 80s unten – und 90s oben. Die beiden Roland Neuerscheinungen JX-08 und JD-08. Der Platz für Finger wird immer knapper!
Best of the 80s unten – und 90s oben. Die beiden Roland Neuerscheinungen JX-08 und JD-08. Der Platz für Finger wird immer knapper!

Who´s your daddy

Wie beim JX-3P waren die echten Vintage-Kisten eher müßig zu bedienen, weshalb die vielen Fader des JX-08 an den obligatorischen PG-800 Controller erinnern. Folien-Taster wie beim Original gibt es zum Glück nicht – und damit beschränkt sich der Wiedererkennungswert auf die Taster in den typischen Pastell-Farben Rot, Gelb und Blau. 

The Future ist Pastell: Arpeggio, Note (Keyboard-Mode) und Sequenzer bietet viele Möglichkeiten am JX-08
The Future ist Pastell: Arpeggio, Note (Keyboard-Mode) und Sequenzer bietet viele Möglichkeiten am JX-08

Fette Engine

Die Verwendung der markanten Roland DCOs begann mit dem Juno-6 und wurde mit dem JX-8P/JX-10 im knappen Zeitraum von ’82 bis ’86 durchaus komplexer. Die zwei „DCOs“ im JX-08 sind in den Fußlagen 2’, 4’, 8’ und 16’ nutzbar sowie um zusätzlich um +/- eine Oktave tansponierbar, was im Falle des DCO-2 außerdem um Fine-Tuning ergänzt wurde. Als Wellenformen kommen die Klassiker Sägezahn, Rechteck, Puls und Rauschen zum Einsatz. Cross-Modulation und Sync gibt es ebenfalls.

Der echte JX-8P bzw. JX-10 hatten kaum Bedienelemente – deshalb brauchte man auch noch den PG-800 Controller dazu!
Der echte JX-8P bzw. JX-10 hatten kaum Bedienelemente – deshalb brauchte man auch noch den PG-800 Controller dazu!

Noch mehr nette Extras

Neben den üblichen Play-Modes eines solch analogen Kalibers mit Solo, Unison und Poly kann der Synth auch mit zwei unterschiedlichen Parts gespielt werden, sprich, es können zwei Klänge gleichzeitig abgerufen werden. Die Programmierung mit den fixen Stummel-Fadern macht allerdings nur bedingt Spaß und ist auch generell nicht sonderlich übersichtlich. Für den Note-Mode gilt Ähnliches, sodass eine richtige Klaviatur eigentlich unabdingbar wird. Split-Modes auf einer Oktave spielen macht kaum Sinn.

Die Envelopes muss man umschalten. Und auch hinter den Effekten biete sich mehr Möglichkeiten als zunächst ersichtlich sind
Die Envelopes muss man umschalten. Und auch hinter den Effekten biete sich mehr Möglichkeiten als zunächst ersichtlich sind

Sinnvoller wird es mit dem Sequenzer, der beide Parts getrennt ansprechen kann und das mit bis zu achtfacher Polyphonie. Das ist für Frickler ein gefundenes Fressen, für expressive Künstler allerdings nur bedingter Zugewinn – aber es gibt neben Note- und Step-Write auch einen Live-Write. Man muss Roland also durchaus loben, dass sie die ausgetretenen Pfade verlassen und nicht mehr allzu steif am „Authentic-Vintage“ Konzept kleben.
Das wird an der Vielzahl an Effekten ebenfalls deutlich, welche die folgenden Möglichkeiten umfassen: Chorus 1, 2 & 3, vier Delays, zwei Phaser, ein Filter, ein Overdrive, ein Drive, ein Fuzz sowie Lofi Compressor, Bit Crusher und sogar ein Pitch-Shifter.

Fotostrecke: 2 Bilder Der Karton mit dem Original und seinem schicken Controller.
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Praxis

Ne Menge Knöpfe

Der JX-08 gehört zu den Roland Boutique Synths mit den meisten Funktionen, die weitestgehend übersichtlich aufbereitet wurden und so an den Fadern kaum Doppelbelegungen zu finden sind – der Envelope ist hier als einzige Ausnahme zu nennen. Trotz meiner anfänglichen Skepsis, insbesondere der kurzen Fader wegen, kann man tatsächlich ernsthaftes Sounddesign damit betreiben, etwas fummelig ist es trotzdem. 

JX-08_11_Angled

Der Sequenzer ist gut beherrschbar und wertet die Möglichkeiten auf, um eine etwas umfangreichere Einarbeitung kommt man aber nicht herum. Das Online-Manual von Roland ist allerdings nur in englischer Sprache verfügbar und nicht wirklich intuitiv verfasst. Am besten ließ sich für mich tatsächlich der Live-Write mit externen Keyboards nutzen, was bei 64 Steps auch ordentlich Freude bringt. Insbesondere die Möglichkeit, gleich zwei Parts zu programmieren, macht Spaß – erfordert aber auch Konzentration.
Hierzu möchte ich auf Stolperstelle hinweisen: Um externe Keyboards zu nutzen, muss man diese vorher explizit in den MIDI-Settings (Punkt 4, r.Key) definieren, sprich, ob das externe Keyboard über USB oder MIDI angeschlossen wird. Das ist insofern irritierend, weil losgelöst davon IMMER Part A über MIDI-Channel 2 bzw. Part B über MIDI-Channel 3 ansprechbar ist. Ich habe jedenfalls ewig nach meinem Fehler gesucht 🙂 

Die mitgelieferten Presets zeigen wunderbar das klassische Repertoire des JX-8P: Strings, Strings, Strings – und die klingen wirklich allesamt schön mächtig, seidig und einfach geil nach 80er Jahren. Auch Bässe kommen gut – so gut, dass ich mich ertappt habe, beim Schreiben schon mal parallel auf ebay nach Originalen zu suchen. Einen echten Vergleich kann ich aber nicht anstellen, da dieser Synth auf Grund seiner äußerst minimalistischen Oberfläche bisher nicht auf meinem Radar war.
Ebenfalls sehr gut klingt das integrierte Reverb, was den Sounds echte Größe gibt. Ob man nun unbedingt das Rauschen des Chorus so original hätte umsetzten müssen, mag ich zu bezweifeln. Insgesamt begibt man sich so auf eine schöne Zeitreise; das hat Roland wirklich gut hinbekommen. 

Audio Samples
0:00
JX-08_A21.wav JX-08_A34.wav JX-08_A47.wav JX-08_B28.wav JX-08_B42.wav

Schwächen gibt es bei den Presets nur insofern, als dass sie alle sehr empfindlich bzw. unnötig auf Velocity und Aftertouch reagieren – man sollte dies in den Part-Settings via Menü am besten einmal korrigieren, eigene Regler wie am Original gibt es dafür leider nicht. Der Fairness halber sollte ich dazusagen, dass ich aus Ermangelung der Boutique-Klaviatur mein treues NI S88 Mk2 verwendet habe– vielleicht ist das Verhalten nur hier anders, das aber bezweifle ich.

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Fazit

Wer dachte die Boutique-Serie sei tot, wird von Roland eines besseren belehrt. Mit dem JX-08 beschert uns der Hersteller einen besonders tollen Desktop-Synthesizer, der mit reichlich Möglichkeiten, tollen Effekten und sahnigem Klang aufwartet. Insbesondere der umfangreiche 64-Step-Sequenzer in Verbindung mit den beiden Parts eröffnet kreatives Potential wie kaum ein Boutique-Synth zuvor. Fummelig ist das Ganze zwar noch immer, in Anbetracht der Komplexität ist das Alles aber schon gut zu verdauen – zumal das Schrumpf-Konzept mittlerweile ausgereifter ist.

JX-08_01_Test

Pro

  • Toller Klang mit umfangreicher Synth-Architektur
  • Integrierter polyphoner 64-Step-Sequenzer
  • Acht Stimmen pro Part
  • Viele gute Effekte

Contra

  • Etwas fummelige Bedienung

Features

  • Nachbildung des JX-8P Synthesizers mit PG-800 Programmiereinheit
  • 2-stimmig multitimbral für die Wiedergabe mehrerer Patches mit Dual- und Split-Funktionen
  • Integrierter Arpeggiator und 2-stimmig polyphoner 64-Step-Sequencer mit Motion Recording
  • Enthält 32 Presets des JX-8P und 111 neue Presets, 256 Preset-Speicherplätze insgesamt
  • 17 Effekte wie Chorus, Delay, Phaser, Lo-Fi Comp, Overdrive, Pitch Shifter und mehr
  • Random-Pattern-Generator und Speicher für 128 Pattern
  • Integriertes USB-C Audio-/MIDI-Interface
  • Integrierter Mini-Lautsprecher für direktes Monitoring
  • Stereo Line-Ausgang, Stereo Kopfhörer-Ausgang, Stereo Line-Eingang sowie Clock-Eingang: 3,5 mm Klinke
  • MIDI In/Out: 5-Pol DIN
  • USB-C-Anschluss
  • Stromversorgung über 4x AA Batterie oder USB-C
  • Abmessungen (B x T x H): 300 x 128 x 47 mm
  • Gewicht (inkl. Batterien): 895 g
  • Inkl. 4x AA Batterie

Preis

  • Roland JX-08: Ca. 395 € (Straßenpreis am 4.2.2022)
Kommentieren
Profilbild von analogue

analogue sagt:

#1 - 23.03.2023 um 14:50 Uhr

0

Ich finde es schade, dass im Split-Modus, wenn bei einem Part der Arpeggiator an- und beim anderen ausgeschaltet ist, die Stimme ohne Arp den Takt des Arpeggiators auf der anderen Seite stört beziehungsweise beeinflusst, wenn man sie spielt. Das ist ein sehr nerviger Bug ohne Workaround ...

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