Presonus R65 V2 Test

Presonus zählt zu den Marken der Audiobranche, deren Portfolio über die Jahre stetig um qualitativ hochwertige Produkte erweitert wurden.

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Mittlerweile kann man sich beinahe ein komplettes Studio einrichten, welches ausschließlich aus Produkten von Presonus besteht. Neben Mischpulten, Audiointerfaces, Kopfhörern, PA-Systemen, Abhör-Controller und allerlei Software, kann das Unternehmen aus dem Süden der USA auch beim Thema Studioboxen ein Wörtchen mitreden, und begeistert die Fachwelt unter anderem mit der ERIS-Serie.
Mit den Folgemodellen V2 der Abhören R65 und R80 bietet Presonus nun die Symbiose aus dem bewährtem Boxendesign der Originalbox und handlicher, analoger Klang-Regelung aus der ERIS-Modellreihe. Zum Test liegt das kleinere der beiden Modelle vor, die Presonus R65 V2.

Details

Gehäuse

Bei der Presonus R65 V2 handelt es sich um eine aktive, einzeln erhältliche 2-Wege-Box. Das Gehäuse besteht aus Vinyl-beschichtetem MDF-Holz und hat die Maße 32,8 x 26,1 x 20,3 cm ( H x T x B). Vom Gehäusemaß her entspricht dies exakt dem Vorgängermodell. Die vorige Version wurde mit einer Presonus-blauen Frontplatte ausgeliefert. Wem dies nicht gefiel, konnte eine alternative, schwarze Platte montieren, die ebenfalls zum Lieferumfang gehörte. Hierauf wurde bei der Version 2 verzichtet. Das Gehäuse wird bei den V2-Modellen werksseitig nur noch in komplett schwarzer Optik angeboten.

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Ein auffälliger, orangefarbener, eckiger Hochtöner sticht an der Vorderseite sofort ins Auge. Dieser sogenannte „Air Motion Transformer (AMT)“ sitzt in einem ebenfalls eckig gehaltenen Waveguide. Es handelt sich dabei um die gleiche Komponente wie sie im Vorgängermodell verwendet wurde. Das Konstruktionsprinzip des AMT-Treibers ähnelt dem von Bändchen-Mikrophonen, und geht auf eine Erfindung aus den frühen 70er-Jahren zurück. Eine sehr dünne, leichte und gefaltete Membran soll den hohen Frequenzen zu einer besonders exakten Wiedergabe verhelfen. Verblüffende Ähnlichkeit besteht zu manch Adam-Abhöre und deren X-ART-Hochtönern.

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Unter dem AMT-Hochtöner sitzt ein 6,5-Zoll Woofer. Dieser besitzt eine Membran aus Kompositgewebe und ist für die Wiedergabe der Frequenzen unterhalb von 2,7 Kilohertz zuständig. Unter ihm befindet sich ein Bassreflex-Port, mit dem man üblicherweise den schwachen Wirkungsgrad im Tieftonbereich eines Woofers kompensieren kann. Man gewinnt hierbei üblicherweise eine Oktave nach unten und bis zu 12 Dezibel mehr Basspegel. Allerdings kann das zu einer schlechteren Impulstreue und zu störenden Strömungsgeräuschen führen. Letzteres fällt vor allem dann negativ auf, wenn sich die Portöffnung an der Vorderseite der Box befindet.
Eine kleine Status-LED, das Firmenlogo und die Modellbeschriftung wurden dezent gehalten, sodass die Box rein optisch im Boxenmarkt-üblichen Mattschwarz nun weder besonders positiv aber auch vor allem nicht negativ heraus sticht.

Fotostrecke: 3 Bilder Eine tadellose Verarbeitung…

Die inneren Werte

Das Nachfolgemodell Presonus R65 V2 besitzt im Gegensatz zum Ursprungsmodell keine Digitalverstärker. Hier setzt man, wie bei der beliebten und erfolgreichen ERIS-Serie, auf zwei analoge A/B-Verstärker. 75 Watt Leistung für den Woofer und 65 Watt für den AMT-Hochtöner sollten mehr als genug sein, um in dieser Baugröße ein ordentliches Pfund Schalldruckpegel liefern zu können.

Rückseite und Anschlussmöglichkeiten

Der Wechsel von digitalen zu analogen Verstärkern führte auch dazu, dass die Bedienelemente die für die Klanganpassungen auf gewisse Art und Weise ebenfalls analoger wurden. Statt Druckknöpfen und vielen LEDs befinden sich an der Rückseite lediglich Schalter und Drehpotis. Die mit „Acoustic Tuning“ beschrifteten Features bieten umfangreiche Eingriffe in das Lautstärke- und Frequenzverhalten der Abhöre. Mit dem Gain-Regler lässt sich die Eingangsempfindlichkeit justieren, wobei es praktischerweise einen Einrastpunkt mittig bei „Unity Gain“ gibt. Ein Mid-Frequency-Regler bietet eine Absenkung beziehungsweise Anhebung um +/- 6 dB bei 1 kHz, und ein High-Frequency-Regler ermöglicht per Highshelf ab 10 kHz ebenfalls eine Regelung um +/- 6 dB.Außerdem vorhanden sind ein Lowcut-Filter (Flat, 80 Hz oder 100 Hz) und das Acoustic-Space-Filter (-4 dB, -2 dB und 0 dB). Mit letzterem lässt sich ein möglicherweise auftretender Grenzflächeneffekt bei einer Aufstellung der Box in Raumecken oder nahe an einer Wand kompensieren.

Fotostrecke: 3 Bilder Viele Filter zur Klanganpassung – Analogtechnik der ERIS-Serie

Lieferumfang

Zum Lieferumfang gehören ein Stromkabel, vier kleine, selbstklebende Gummipads zur akustischen Entkopplung und ein Handbuch. In diesem Handbuch befindet sich übrigens auf der letzten Seite das streng geheime Presonus-Rezept für ein typisches Südstaaten-Gericht. Welches genau verrate ich hier nicht. Was ein Kochrezept in einem Abhöre-Handbuch zu suchen hat, erschließt sich mir genauso wenig wie der obligatorische Kurzroman in der Computer-Zeitschrift C’t, aber bitte… Wir sind ja hier in der Unterhaltungs-Industrie.

Praxis

Allgemeines

Zum Praxistest platziere ich die Presonus R65 V2 auf Stative, und dort auf ein großes Akustikpad aus eigenem Besitz, welches nicht im Lieferumfang enthalten ist. In einem gleichseitigen 2-Meter-Dreieck angeordnet und mit symmetrischer Anbindung an meinen Abhör-Controller angeschlossen, stehen die beiden aktiven AMT-Boxen bereit für relevante Schallausbreitungen. Das Grundrauschen der Box ist deutlich hörbar, und könnte beim Abstand von zwei Metern manch empfindliches Gehör auf Dauer etwas stören.

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Klang

Mein allererster Höreindruck beim ersten schnellen Durchskippen meiner meistgehörten Lieblingssongs lässt sich mit zwei Worten zusammen fassen: Smiley-Frequenzgang
Die Bässe erklingen ordentlich und fast schon unerwartet stark für die Gehäuse- und Treibergröße. Das halbe Pfund extra haben wir natürlich dem Bassreflexport zu verdanken. Klar ist aber auch, dass man von 6,5-Zoll-Woofern keine Schläge in die Magengegend erwarten darf. Frequenzen unterhalb 70 Hertz, wie beispielsweise der Extra-Kickdruck einer Bassdrum oder eines Bass-Instruments, sind hier erwartungsgemäß nicht mehr zu hören und auch nicht zu spüren. Seitens des Bassreflex-Ports kann ich keine störenden Luftverwirbelungen wahrnehmen.
Im untersten Frequenzbereich von Stimmen, also in der Oktave rund um 150 Hertz empfinde ich die Boxen etwas zu schlank. Ebenso rund um die Übergangsfrequenz der beiden Wege, die laut Dokumentation bei 2,7 Kilohertz liegt. Die beiden kleinen Dellen sind an und für sich nicht hörbar, und würden mich zunächst auch nicht stören. Sie führen aber dazu, dass Gesang und Sprache im Mix etwas leiser klingen und in den Hintergrund gelangen. Im Frequenzbereich zwischen jenen beiden leiseren Bändern klingen die Mitten für mich eher neutral und ausgewogen.
Zu den beiden bemerkenswertesten Klangeigenschaften der R65 V2 gehört neben der Abbildung die saubere Hochtonwiedergabe. Wer glasklare, präzise und fast schon luftig klingende Höhen mag und nicht an Akrophobie leidet, der kann sich mit den Presonus R65 V2 und ihren AMT-Hochtönern einen Hochfrequenz-Traum erfüllen. Was hier aus den Boxen klingt, sucht in dieser Preisklasse seinesgleichen. Die kleine Schwäche rund um 2 bis 3 Kilohertz wird durch den deutlichen Höhenschub maskiert, sodass man beim Hören nicht den Eindruck hat, im oberen Teil des Hörspektrums etwas zu vermissen.Das

Stereobild

In Sachen Impulstreue und Stereo-Auflösung brauchen sich die mittelgroßen Abhöre aus dem Hause Presonus nicht zu verstecken. Der Woofer klingt trotz des Bassports knackig genug um den Konstruktionsvorteil der AMT-Hochtöner nicht zu verspielen. Das Klangergebnis der beiden Wege besticht mit einem sehr klaren, durchsichtigen Stereobild. Die Ortbarkeit von Instrumenten empfinde ich in der gesamten Stereobreite eines R65-V2-Boxenpaares überragend gut. Das Abstrahlverhalten verzeiht eine gewisse horizontale Bewegung am Sweetspot. Wenn ich von der idealen Abhörposition nach links oder rechts abweiche, so kippt nicht gleich der Gesamthöreindruck. Dem ATM-Tweeter und seinem Waveguide sei Dank.

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Feinjustierung und Raumanpassung

Die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Klanganpassung des Frequenzganges an die Raumakustik beziehungsweise den Aufstellort runden meinen Gesamteindruck zur Presonus R65 V2 ab. Beim Acoustic-Space-Filter wurde im Vergleich zum Vorgängermodell nachgebessert. Wo man beim alten Modell erst ab 250 Hertz nach unten absenken konnte, greift das Filter in der Version 2 bereits viel weiter oben, bei 800 Hertz. Die Kompensation von Druckstau an Grenzflächen wurde also an die Bedürfnisse und Erfahrungen der Kunden angepasst. Entsprechende Filter anderer Boxenhersteller bieten hier üblicherweise ebenfalls Regelmöglichkeiten die bei einem Frequenzbereich von rund 700 Hertz greifen.
High- und Mid-EQ ermöglichen leichte Anpassungen frei nach persönlichen Vorlieben. Wem die R65 V2 zu höhenreich klingen, der kann mit einem HighShelf-EQ ab 10 Kilohertz nachregeln. Der Mid-Regler lässt +/- 6 dB Nachjustierung rund um 1 Kilohertz zu. Diesen hätte ich mir mindestens eine Oktave höher gewünscht, um die leichte Schwäche im Band rund um 2 Kilohertz auszugleichen. Das Low-Cut-Filter wird in erster Linie dann benötigt, wenn man einen Subwoofer hinzu schaltet. Eine durchaus überlegenswerte Variante, um die Lücke zu den Tiefbässen zu schließen.

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Fazit

Die Nachfolgeversionen der Aktivboxen R65 und R80 aus dem Hause Presonus sind eine neue Kombination aus den guten Klangeigenschaften der Gehäuse und Lautsprecher der Ursprungsbox, gepaart mit der Elektrik der ERIS-Serie. An den grundsätzlichen guten Klangeigenschaften hat sich nicht viel geändert. Die Presonus R65 V2 klingen ohne störende Resonanzen, haben einen modernen Smiley-Sound und spielen im Hochtonbereich derart klar und präzise, dass es eine wahre Freude ist ihnen zuzuhören. Für den Einsatz als einziges Boxenpaar in einer Studioumgebung ist mir der Frequenzgang der Presonus R65 V2 an zwei entscheidenden Stellen nicht ausgewogen genug. Die kleinen Einbrüche rund um 150 Hz und 2 kHz führen zu einer zu leisen Wiedergabe bei Sprache und Gesang und qualifizieren sie meiner Meinung nach somit nicht als alleinige Abhöre im Studiobetrieb. Als Boxen zum unkomplizierten Musikhören mit Nachbar-freundlichen Bässen, luftigen Höhen und wunderbarem Stereobild sind sie aber durchaus ihren Preis wert.

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Features und Spezifikationen
  • aktive 2-Wege-Abhöre
  • zwei analoge Class-A/B-Verstärker – 75 Watt (LF) / 65 Watt (HF)
  • Vinyl-beschichtetes MDF-Gehäuse
  • Tief-/Mittentöner: 6,5-Zoll (Kompositgewebe)
  • Hochtöner: AMT-Treiber
  • Übergangsfrequenz: 2,7 Kilohertz
  • Bassreflex-Port (frontseitige Öffnung)
  • Frequenzgang: 45 Hz – 22 kHz
  • max. SPL @ 1 Meter: 104 dB
  • unsymmetrische Eingänge: Cinch (RCA); 10 Kilo-Ohm
  • symmetrische Eingänge: Klinke und XLR-Buchse jeweils +4 dBu; 20 Kilo-Ohm
  • High-Frequency-Regler: +/- 6 dB Shelf @ 10 kHz
  • Mid-Frequency-Regler: +/- 6 dB @ 1 kHz
  • Low Cut: Flat, 80 Hz, 100 Hz
  • Acoustic Space: Flat, -2 dB oder -4 dB
  • Stromversorgung: 110-120V / 220-240V schaltbar
  • Energiesparmodus:
  • 32,2 x 20,3 x 26,1 cm (H x B x T)
  • Gewicht: 6,65 kg
  • Preis: € 299,– (Straßenpreis am 15.11.2021)
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • vielfältige Klanganpassungen
  • präzise klingende Höhenwiedergabe durch AMT-Hochtöner
  • sehr sauberes Impulsverhalten in hohen Frequenzen
  • dadurch außergewöhnlich genaue Stereoauflösung
  • keine störenden Frequenzbuckel
  • geräuschfreies Ein- und Ausschalten durch Verzögerungsschaltung
Contra
  • relativ hohes Grundrauschen
  • zwei Frequenztäler, die zu leiser Wiedergabe von Stimmen führen
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Presonus R65 V2 Test
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