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Motion Sound Pro 145 Rotary Organ Amp Test

Das wahrscheinlich unzertrennlichste Traumpaar unter den Musikinstrumenten ist eine Hammond-Orgel kombiniert mit einem Leslie-Verstärker. Denn die sich drehenden Rotoren des Kabinetts erwecken den statischen Orgelsound erst so richtig zum Leben und sind somit unverzichtbar für authentisch klingende Orgelorgien. Diese alten Schränke sind jedoch meist nur in Kombination mit einer Hammond zu bekommen und außerdem auch noch kommodengroß und waschmaschinenschwer. Zwar gibt es mittlerweile gut klingende digitale Simulationen, doch meist mangelt es ihnen an Tiefe und Durchsetzungsvermögen.

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Als Alternative bietet die amerikanische Firma Motion Sound verschiedene echte Rotorkabinette mit moderner Technik und zeitgemäßen Features an. Darunter das PRO-145, das laut Hersteller für moderne Kompaktorgeln entwickelt wurde und hauptsächlich Band-Organisten ansprechen soll. Das Lesen der Feature-Liste des PRO-145 macht neugierig. Also schauen wir mal genauer hin.

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DETAILS
Features
Wie es sich für ein richtiges Rotorkabinett gehört, dreht sich nicht nur alles um ein rotierendes Hochtonhorn mit einem Motion Sound MS 1.2 Treiber, sondern es gibt auch eine Basstrommel, die von einem 12“ Eminence Beta Lautsprecher gespeist wird. Die Trennfrequenz liegt bei 800Hz. Zusammen bringen es beide auf satte 200 W Endstufenleistung (70 W Horn und 130 W Basstrommel). Ein echter Röhrenpreamp mit justierbarer 12AX7-Röhre soll dem Sound in Verbindung mit der Klangregelung Wärme und Schmutz verleihen. Dazu gibt es gleich zwei Eingänge. Für die unkomplizierte Verstärkung über eine externe PA wurde das PRO-145 zusätzlich mit drei Mikrofonen ausgestattet – dazu später mehr.
Rundgang
Das stabile Holzgehäuse ist mit schwarzem Strukturlack überzogen und hat für den Transport zwei große Griffschalen an den Seiten. Die Schallöffnungen an der Front und den Seiten sind mit Stoff bezogen. Für einen sicheren Stand auf der Bühne kann man die vier Plastikrollen ganz einfach herausziehen und zum Abbau wieder einstecken. Sehr praktisch! Alle Bedienelemente sind leicht zurückgesetzt auf der Front platziert, sie sind somit vor Transportbeschädigungen geschützt und erlauben einen schnellen Zugriff. 

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Anschlüsse
Das PRO-145 hat zwei symmetrische Klinkeneingänge. Das ist beispielsweise sehr gut für Organisten, die sich ihre „Vollorgel“ aus zwei einmanualigen Orgeln zusammengestellt haben. Der mitgelieferte Doppelfußschalter zur Steuerung der Rotorgeschwindigkeit Fast/Slow wird an eine Stereoklinkenbuchse angeschlossen. Über den Direct-Out wird das trockene Gesamtsignal z.B. für den Anschluss an ein zweites Leslie wieder ausgegeben. Im Unterschied dazu liefert der Subwoofer-Output nur ein Signal unter 100Hz. Bassspielende Organisten können ihren Sound durch einen Bassverstärker jagen und somit mächtig pimpen. Während diese Klinkenbuchsen auf der Front platziert sind, befinden sich auf der Rückseite die drei XLR-Ausgänge für die eingebauten Mikrofone.

Bedienfeld
Die Parameter des Motion Sound PRO-145 ähneln denen eines Gitarrenverstärkers und lassen sich jeweils über ein eigenes Poti an der Vorderseite des Kabinetts einstellen. Los geht’s mit dem Preamp. Gain justiert die Eingangsempfindlichkeit und den Verzerrungsgrad. Der Regler „Preamp Mode“ verändert die Charakteristik der Verzerrung. Die Möglichkeiten liegen laut Hersteller zwischen einer weich einsetzenden Zerrung mit dumpferem Klang und einer scharfen und schnellen Übersteuerung mit breitem Sound. So sehr ich meine Ohren auch bemüht habe: Ich konnte, wenn überhaupt, beim Testgerät nur marginale Klangveränderungen feststellen. Schade, denn die Idee finde ich an sich wirklich klasse. Mittels eines kleinen Schraubendrehers kann man den Bias-Wert, also die Vorspannung, die den Ruhestrom der Röhre bestimmt, feinjustieren. Auf Deutsch: Man kann den Punkt, an dem die Übersättigung der Röhre einsetzt, selbst bestimmen. Das Poti „Volume“regelt schließlich die Gesamtlautstärke des Verstärkers.Zur Klanganpassung steht ein dreibandiger Equalizer mit Bass, Middle und Treble zur Verfügung, der um ein zusätzliches High-Cut Filter erweitert wurde. Die Einsatzfrequenzen liegen bei 150 Hz für den Bassbereich, 150 Hz bis 3 kHz für die mittleren Frequenzen und 3 kHz bis zur Trennfrequenz des LP-Filters für die Höhen und können jeweils um 6 dB angehoben bzw. abgesenkt werden. Die Trennfrequenz des Low-Pass-Filters legt man mit dem „High Cut“-Regler fest. Das finde ich ein sehr nützliches Feature – somit kann man schrill klingende Orgeln sehr effektiv entschärfen. Der Parameter „Horn“ bestimmt die Balance zwischen Hornrotor und Basstrommel und mit „Sub Volume“ stellt man den Pegel für den Subwoofer-Ausgang ein.
Und dann gibt es da noch die acht hinter der Frontplatte liegenden Minipotis für die Rotary Controls, die  mit einem kleinen Schraubendreher justieren werden. Damit kann man die beiden Motoren des Motion Sound PRO-145 noch einmal getrennt voneinander feintunen. Einstellen lassen sich die jeweiligen Rotationsgeschwindigkeiten für Fast und Slow (hier sogar bis zum Stillstand) und mit „Accel“ und „Decel“ die Anlauf- und Abbremszeiten, wobei letztere auch die Slow-Geschindigkeit beeinflusst. Es erfordert etwas Fummelei, bis sich alles wie gewünscht dreht.

Mikrophone
Die Abnahme eines Rotorkabinetts ist immer ein aufwändiges Unterfangen. Man benötigt drei meist baugleiche Mikrofone, deren Stative vor allem auf kleinen Bühnen immer irgendwie im Weg stehen und Stolperfallen darstellen. Bei Motion Sound wurde mitgedacht und man hat die Mikros gleich ins Kabinett eingebaut. Die beiden dynamischen Mikrokapseln für den Hochtöner sind links und rechts an der Front direkt hinter der Stoffbespannung platziert und auf den Hornrotor ausgerichtet. Das ebenfalls dynamische Mikro für den Bassrotor ist auf der rechten Vorderseite angebracht. Diese Anordnung verhindert den störenden „Propellereffekt“, der durch die Luftströmungen der Rotoren entsteht und minimiert das Einstreuen anderer Signalquellen. Für jedes Mikrofon gibt es auf der Rückseite einen eigenen XLR-Anschluss, mit dem man das PRO-145 direkt in die PA einklinken kann. Alle Audiobeispiele wurden mit den internen Mikrofonen in Kombination mit dem Subwoofer-Out aufgenommen.Nicht nur die Featureliste, sondern auch die Anzahl der Klangparameter des PRO-145 überzeugen. Klingt’s denn nun auch so toll, wie es sich anhört…?

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PRAXIS
Sound
Liebe Gitarren- und Drummerkollegen, zieht euch warm an! Trotz der relativ geringen Abmessungen von  62 x 51 x 43 cm kann dieses Baby richtig laut schreien. Eine förmliche Orgelwand wird direkt, druckvoll und klar aus dem Horn- und Bassrotor gedrückt. Allerdings produziert das PRO-145 nicht die Wärme eines echten Vollröhren-Leslies.

Audio Samples
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Pro145 mit neutralen Einstellungen

Im Stop-Modus klingt das Motion Sound Kabinett sehr direkt, und bei Slow entsteht eine schöne, weiche Schwebung. Schaltet man das Kabinett auf Tremolo, wabbert es wunderbar vor sich hin, wobei für meinen Geschmack der Fast-Parameter auf Maximum stehen sollte. Das Anlauf- und Abbremsverhalten wirkt auch bei unterschiedlichen Rotary Control Einstellungen sehr homogen und gleichmäßig. Dabei laufen die beiden Motoren, das Horn und die Trommel sehr ruhig und erzeugen nur minimale Nebengeräusche. Auch sind die Mikrofone so ausgerichtet, dass kein „Propellereffekt“ ensteht.

Audio Samples
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stop/slow/fast

Die Einsatzfrequenzen für Middle und Treble sind sehr gut gewählt. Das Mittenband verleiht dem Klang noch mehr Durchsetzungsfähigkeit, und die Höhen betonen den Keyclick sowie  die Percussion der Orgel. Sie klingen schön bissig, aber nicht zu scharf. Abstriche muss man aufgrund der Gehäusegröße jedoch im Bassbereich machen. Hier fehlt das nötige Pfund, und die Einsatzfrequenz bei 150 Hz ist etwas zu hoch angesetzt, so dass der Sound schnell matschig klingt. Außerdem verursachen die Vibrationen bei hoher Lautstärke und positiven EQ-Einstellungen im Bassbereich ein vernehmliches Scheppern im Gehäuse. Die Verzerrung ist der Wahnsinn! Mit der Röhrenvorstufe sind Sounds von leicht angerauht bis zur völligen Übersteuerung kein Problem. Das Motion Sound Kabinett rockt und röhrt,  ohne dabei kratzig  zu klingen.

Audio Samples
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Röhrenverzerrung

Die eingebauten Mikros können den guten Grundsound des Kabinetts nur bedingt einfangen. In der Bedienungsanleitung wird ein Übertragungsbereich von 400 Hz bis 10 kHz für die Hornmikros und 50 Hz bis 400 Hz für das Bassmikro angegeben. Bei unserem Testgerät wurde über die Hochtonmikros allerdings nur der oberste Höhenbereich des Frequenzspektrums wiedergegeben, während das Bassmikro lediglich die mittleren Frequenzen übertrug. Der Bass unter 100 Hz fehlte komplett. Um einen kompletten Sound zu bekommen, musste somit auch das Subwoofer-Signal aufgenommen werden. Live benötigt man also vier Mischpultkanäle und viel Überzeugungskraft, damit man diese auch von den Kollegen und dem Techniker bekommt. Mit den vielen Parametern, besonders mit dem High-Cut und den Rotary-Controls, kann man sich nicht nur seinen ganz individuellen Sound generieren, sondern auch das Klangverhalten legendärer Leslie-Modelle imitieren. Das PRO-145 klingt richtig gut und kann sich in der Band durchsetzen. Im Bandkontext benötigt man auch nicht unbedingt einen fetten Bass. Der würde nur zu Komplikationen mit dem Bassisten führen. Wer einen satten Bass-Sound haben möchte, muss einen zusätzlichen Amp an den Subwoofer Ausgang anschließen. Dann geht’s allerdings richtig zur Sache.

Audio Samples
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High Cut

Handling
Aufgrund der kompakten Abmessungen und dem relativ geringen Gewicht von nur 30 kg ist das PRO-145 problemlos alleine zu transportieren. Die abnehmbaren Rollen stellen dabei eine zusätzliche Hilfe dar. Diese sind aus Plastik gefertigt und weisen leider keinerlei Federwirkung auf. Deshalb geht das Rollen des Kabinetts v.a. auf unebenem Boden recht holprig von statten.Auch die verarbeiteten Potentiometer sind nicht von höchster Qualität. Sie sind nicht mittengerastet und lassen sich leicht abziehen, weshalb die Verlustgefahr recht hoch ist. Außerdem könnten sie für meinen Geschmack etwas schwergängiger arbeiten. Der mitgelieferte Doppelfußschalter macht in seinem stabilen Metallgehäuse hingegen einen unverwüstlichen Eindruck. Die beiden Taster für Fast/Slow und Stop erzeugen allerdings ein sehr deutliches mechanisches Schaltgeräusch. Außerdem liegen sie mir zu eng beieinander, weshalb es mir oft passiert ist, dass ich beide Taster gleichzeitig betätigte.

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FAZIT
Das Motion Sound PRO-145 Rotary Cabinet ist ein gelungenes Produkt mit gutem Sound und vielen Features. Für Band-Organisten, die live nicht auf den echten Leslie-Sound verzichten wollen, stellt es aufgrund des geringen Gewichts und der kompakten Abmessungen eine gute Alternative zu den schweren und großen Original-Leslies dar. Mit einer Verstärkerleistung von 200 Watt und den vielfältigen Soundmöglichkeiten kann sich das PRO-145 leicht an die akustischen und stilistischen Gegebenheiten anpassen. Ein Highlight finde ich die Verzerrung der Röhrenvorstufe, auch wenn der Preamp Mode-Regler effektiver arbeiten könnte. Abstriche muss man im Bassbereich machen, die sich aber durch den Anschluss eines zusätzlichen Verstärkers an den Subwoofer-Output ausgleichen lassen. Die eingebauten Mikrofone ermöglichen einen unkomplizierten Anschluss an die PA – die Qualität reicht für den Live-Betrieb aus. Im Studio würde ich eine gute externe Mikrofonierung allerdings bevorzugen. Ein weiterer Wermutstropfen ist der hohe Straßenpreis von satten 2.000 EUR. Für weniger als die Hälfte erhält man ein gutes gebrauchtes 760er oder 770er Transistor-Leslie, und für wenige hundert Euro mehr kann man auch ein gutes Röhren-Leslie erwerben. Letztendlich entscheiden hier der eigene Geschmack und das Portemonnaie.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • guter druckvoller Sound
  • vielseitige Soundmöglichkeiten
  • satte 200 W Verstärkerleistung
  • Qualität der Röhrenvorstufe
  • relativ geringes Gewicht
  • kompakte Abmessungen
  • eingebaute Mikrofone
Contra
  • Mäßige Basswiedergabe
  • zu hohe Einsatzfrequenz des Bass-EQs
  • geringe Wirkungsweise des Preamp Mode
  • eingeschränkter Frequenzgang der eingebauten Mikros
  • Scheppern bei hoher Lautstärke
  • lautes mechanisches Schaltgeräusch der Fußtaster
  • hoher Preis
Artikelbild
Motion Sound Pro 145 Rotary Organ Amp Test
Für 1.790,00€ bei
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Facts
  • Rotorkabinett mit Hochtonhorn und Basstrommel
  • 200 Watt Leistung (70 W Horn, 130 W Low Rotor)
  • mitgelieferter Doppelfußschalter für Fast/Slow/Stop Speed Control
  • 12AX7 Röhrenvorverstärker mit einstellbarer Vorspannung und variablem Preamp Mode
  • 2 symmetrische Klinkeneingänge
  • Soundparameter für Bass, Middle, Treble, High Cut, Horn Volume
  • Direct Out und regelbarer Subwoofer Out
  • eingebaute dynamische Mikrofone: 2x Horn, 1x Low Rotor jeweils mit XLR Ausgang
  • Bestückung: 1x 12“ Eminence Beta und 1x Motion Sound MS 1.2 Horntreiber
  • Maße: 622 x 508 x 431 mm
  • Gewicht: 29,4 kg
  • UVP: 2.379 EUR
Kommentieren
Profilbild von Andrej

Andrej sagt:

#1 - 23.08.2011 um 15:10 Uhr

0

Sehr informativ! Vielen Dank.
Meine Frage: Kann man das Teil an eine Roland G 70 anschließen, schließlich sind da einige sehr gute Orgelklänge versammelt. Mit freundlichem Gruß A

Profilbild von Xaver Fischer

Xaver Fischer sagt:

#2 - 29.08.2011 um 20:16 Uhr

0

Natürlich kann man jedes Keyboard an das Motion Sound Leslie anschliessen.

Profilbild von Michael

Michael sagt:

#3 - 28.09.2011 um 11:29 Uhr

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Das PRO-145 ist ein Hammer! Live auf der Bühne ein absolutes Highlight, weil klein, leicht und sehr leistungsstark. Kann ich nur wärmstens empfehlen!

Profilbild von Nick Flade

Nick Flade sagt:

#4 - 11.06.2012 um 23:42 Uhr

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Hallo! Danke für den schönen Bericht! Ich hab des Teil seit 4 Wochen auf Tour - das Ding an sich rockt. Die Ausgänge (Miss) sind nicht so mein Geschmack. Werde mir wohl noch andere verbauen, die vielleicht anders klingen. Vielleicht sind die aber auch nur zu nah am "Geschehen"... Naja. Bis denen, Nick

Profilbild von Charlie

Charlie sagt:

#5 - 29.12.2014 um 16:13 Uhr

0

Mal aus der Sicht des Mannes am Mischpult.
Der Test trifft meine Wahrnehmung.
Klein, Laut, Bühnensound OK, eingebaute Mikros für PA sind gerade noch OK, wenn die Orgel kein Schwerpunkt in der Band ist.
Bei 30kg Gewicht und dem Preis sind die Rollenräder ein NoGo.
Fazit:
Zu teuer für die Leistung.

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