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Make Noise Spectraphon Test

Mit Spectraphon erhalten wir den von Make Noise zur Superbooth 2023 vorgestellten Super-Oszillator zum Test – eine digitale Wundertüte zwischen VCO und Effektmodul. Das vielleicht heißeste Modul der Superbooth 2023 hat tatsächlich etwas auf sich warten lassen, bis es bei uns im Eurorack gelandet ist.

Make Noise Spectraphon Test
Make Noise Spectraphon Test. (Quelle: Lukas Hermann)

In unserem Test schauen wir dem dualen Spektral-Oszillator einmal genau unter die Haube und klären, was es mit seinem speziellen Synthesekonzept aus Resynthese, additiver Synthese und FM so auf sich hat. Denn mal ehrlich: Drei verschiedene Syntheseformen in einem Modul? Das klingt echt kompliziert. Ist es auch. Aber Spectraphon schafft es, diese esoterischen Klangkonzepte so zugänglich wie möglich zu machen – und es klingt dabei auch noch extrem gut.

Details

Make Noise Spectraphon – Das Wichtigste in Kürze

  • Digitaler Spektral-Oszillator für das Eurorack
  • Funktioniert als doppelter VCO oder als Effektmodul mit zwei Kanälen
  • Pro Seite vier Audioausgänge (Sinus, Sub, gerade & ungerade Teiltöne)
  • Additive Synthese und Resynthese auf einer neuen Hardwareplattform
  • FM-Bus und CV-Generierung integriert

Make Noise Spectraphon Test: der erste Eindruck

Wie so oft bei Make Noise muss man sich im Fall des Spectraphon nach dem Auspacken erst einmal einen Überblick über das Panel verschaffen. Recht schnell wurde im Test aber klar, dass es wie ein komplexer Oszillator im Buchla-Stil zwei (fast) identische Seiten für die Klangerzeugung hat. Diese beiden Seiten bieten schließlich große und kleine Frequenzregler für die Grob- und Feinstimmung, drei Parameter-Regler mit CV-Inputs, vier Audioausgänge und einen Audioeingang. In der Mitte findet sich außerdem wie bei Buchla ein FM-Bus, mit dem die beiden Seiten sich gegenseitig modulieren können.

Make Noise setzt mit Spectraphon auf additive Synthese

Des Weiteren fallen ferner – neben der leuchtenden LED-Anzeige in der Mitte – die beiden Auswahlbuttons unter dem Schriftzug auf. Sie zeigen deutlich an, dass das Make Noise Spectraphon ein digitales Eurorackmodul ist, denn mit ihnen wird der Betriebsmodus des Moduls festgelegt. Das Modul erzeugt nämlich keine Nachbildungen klassischer Analogwellen wie Sägezahn oder Dreieck, sondern baut sich aus Sinuswellen Sounds zusammen. Anders gesagt: Das Spectraphon betreibt additive Synthese. Zusätzlich zum Sinus-Grundton, der mit den beiden Hauptreglern eingestellt wird, generiert das Spectraphon noch weitere Sinuswellen in höheren Frequenzen. Deren Lage und Amplitude bestimmen in Kombination dann den Obertoninhalt der Sounds des Moduls.

Make Noise Spectraphon Test: Parameter und Outputs
Jede der beiden Seiten des Spectraphon hat vier Outputs ¬für die Fundamentalfrequenz, einen Sub-Oszillator sowie die geraden und ungeraden Teiltöne. (Quelle: Lukas Hermann)

Drei Regler reichen für komplexe Sounds beim Make Noise Spectraphon

Die Obertöne der entstehenden Sounds stellt man mit den drei identischen Reglern an beiden Seiten ein. Der wichtigste Regler ist dabei „Partial“. Quasi wie ein globales Tiefpassfilter stellt er die Obertonstruktur heller und dumpfer ein. Die beiden darunter platzierten Parameter „Focus“ und „Slide“ betonen Teile dieses Spektrums zusätzlich. Dabei ist die Wirkung von „Slide“ mit einem Bandpassfilter und die von „Focus“ mit einem Tilt-EQ vergleichbar. Diese drei Makroparameter sind für das Sounddesign mit dem Make Noise Spectraphon verantwortlich. Das Resultat wird anschließend oben über zwei Outputs ausgegeben. Verwendet man den weiß markierten, kommt das volle Spektrum heraus – der andere gibt nur die geraden Obertöne aus. Sind beide gepatcht, hört man links die ungeraden und rechts die geraden Obertöne, was sich im Test als perfekt für den Stereo-Einsatz oder kreatives Parallelprocessing erwiesen hat.

Zwei Betriebsarten: SAO und SAM

Nachdem der grundsätzliche Aufbau geklärt ist, wollen wir die beiden Betriebsmodi des Moduls näher betrachten. Das Make Noise Spectraphon kann sowohl im SAM-Modus (Spectral Amplitude Modulation) als auch im SAO-Modus (Spectral Array Oscillation) betrieben werden. Hinter den Bezeichnungen des Herstellers verbirgt sich zum einen die bereits erwähnte additive Synthese und zum anderen eine noch nicht angesprochene Möglichkeit der Klangerzeugung, die Resynthese. Um Letztere nutzen zu können, benötigt das Modul – wie ein Effektgerät – ein Eingangssignal. Für dieses gibt es pro Seite den bereits erwähnten Eingang mit Gain-Regler. Das Spectraphon analysiert dann die Frequenzstruktur des Eingangssignals und gibt diese mithilfe seiner additiv arbeitenden Engine wieder. Als Eingangssignal kann dafür vieles dienen, beispielsweise Samples, Oszillatoren oder externe Instrumente. Diese werden vom Modul resynthesiert. Durch die Modulation der Frequenz und der Parameter des Spectraphons verfremdet man diese Sounds dann auf zum Teil extreme Weise.

Spectraphon: Schrägansicht
Alle zentralen Soundparameter der Make Noise Spectraphon können mit CV-Signalen moduliert werden. (Quelle: Lukas Hermann)

Make Noise Spectraphon Test – Kombination interner und externer Sounds mittels Arrays

Schließlich gibt es noch eine Möglichkeit, die beiden Modi zu kombinieren. Im SAM-Modus kann man nämlich mit einer Tastenkombination das aktuelle Spektrum des eingehenden Signals im Spectraphon speichern. Wechselt das Make Noise Spectraphon anschließend in den SAO-Modus, überträgt es die Obertöne des Eingangssignals auf den internen Oszillator. Über den Clock-Eingang können nun verschiedene Obertöne für spannende sequenzielle Klänge angesteuert werden. Genug Möglichkeiten also für ein kreatives Sounddesign – mehr dazu im Praxisteil!

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Praxis

Make Noise Spectraphon Test – die Hardware

Bevor wir im Praxisteil des Tests näher auf den Sound und die Patch-Möglichkeiten des Make Noise Spectraphons eingehen, noch ein paar Worte zur Hardware des Moduls: Der Spektraloszillator, der wie das Morphagene und das Mimeophon von Tom Erbe (Soundhack) programmiert wurde, basiert auf einer neuen DSP-Hardware des Herstellers. Dank eines ARM-Cortex-Chips und mehr RAM als bei den Vorgängern arbeitet das Spectraphon laut Make Noise schneller und gleichzeitig rauschärmer. Der Sound des Moduls bestätigt diese Aussage: Aliasing, Rauschen oder Glitches gibt es nicht. Zudem klingen alle noch so extremen Parametermodulationen extrem smooth und dynamisch. Dementsprechend erhält man schon bei den ersten Experimenten viele spannende Sounds. Wie bei vielen Make Noise Modulen ist es auch beim Spectraphon von Vorteil, nicht zu viele Parameter zu haben.

Erste Patch-Tipps zum Make Noise Spectraphon

Während des Tests des Make Noise Spectraphons haben sich mehrere Patching-Techniken als besonders nützlich erwiesen. Auf diese kann man sich gut konzentrieren, um die Klangvielfalt des Moduls zu Beginn auszuloten. Allen voran ist hier der duophone Betrieb zu nennen, der auch ohne VCA möglich ist. Einfach eine Hüllkurve in den „Partials“-Eingang patchen, dessen Regler ganz nach links und den Abschwächer nach rechts drehen – und schon entstehen prägnante Low-Pass-Gate-Sounds. In diesem Kontext zeigt sich ebenfalls, dass das Spectraphon ideal in das Make-Noise-Ökosystem integriert ist: Die beiden Kanäle des René 2 Sequenzers sowie die beiden Hüllkurven des Maths eignen sich perfekt, um unabhängige Melodien für die beiden Seiten des Moduls zu programmieren. Danach alles ins Mimeophon für Delay und Reverb – fertig. Ein tolles Grundkonstrukt für kreatives melodisches Arbeiten ist somit gepatcht.

Spectraphon: FM Bus
Dank des FM Bus in der Mitte (gold umrandet) können die beiden Seiten einander modulieren. (Quelle: Lukas Hermann)

Was fehlt dem Make Noies Spectraphon?

Beim weiteren Experimentieren mit den Parameter-Reglern fallen im Test allerdings auch einige gewöhnungsbedürftige Eigenheiten des Spectraphons auf. Die FM-Sounds werden aufgrund ihres digitalen Charakters schnell sehr harsch, eben weil sich nur die beiden Kerne gegenseitig modulieren können. Ein Eingang für externe FM-Modulatoren – beispielsweise analoge Wellen eines Make Noise XPO – hätte dem Modul sicher gutgetan. Außerdem fehlt dem Modul definitiv ein Waveshaper bzw. Wavefolder. Im Test habe ich mal die sehr schön klingende Sinuswelle des Make Noise Spectraphons durch den Serge Wave Multipliers geschickt. Dadurch kam einiges an analogem Charakter zum Vorschein, den das so präzise digitale Modul von sich aus nicht hat. Leider hat Make Noise keinen eigenständigen Wavefolder im Programm – aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Make Noise Spectraphon: Focus liegt nicht auf Vocoding

Nun möchte ich noch ein wenig auf das Thema Resynthese eingehen. Hier wird schnell klar: Das Spectraphon ist kein Vocoder. Seine Engine ist nicht darauf ausgelegt, im SAM-Modus auf Basis des Eingangssignals viele detaillierte Obertöne zu produzieren. Sie entstehen jedoch, wenn man den „Fokus“ bewusst auf die Obertöne verschiebt oder FM auf der jeweils anderen Seite aktiviert. Dabei bleibt jedoch kaum etwas vom ursprünglichen Charakter des Sounds erhalten. Beim Make Noise Spectraphon wird das eingehende Signal primär durch Resynthese verformt und verändert und nicht in eleganter Weise digital reproduziert. Dies zeigt sich auch in der oben beschriebenen Möglichkeit, Arrays von Obertonstrukturen im Modul zu speichern. Mit anderen Worten: Externer Klang wird im Spectraphon zu einem formbaren Material, mit dem man künstlerisch interagieren muss.

Wie klingt das Make Noise Spektraphon?

Es folgen ein paar Audiobeispiele, welche die besonderen Eigenschaften des dualen Spektral-Oszillators aufzeigen.

Audio Samples
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MN Spectraphon: Partial Sweep MN Spectraphon: Gated Partials MN Spectraphon: FM Sequence MN Spectraphon: SAM Drone MN Spectraphon: SAM Percussion

Spectraphon goes CV

Schließlich noch ein finales Lob an Make Noise: Wie schon beim Morphagene und Mimeophon haben die Entwickler auch beim Spectraphon eine elegante Option integriert, mit der das Modul selbst CV-Signale generieren kann. Im SAM-Modus liegt am SUB/CV-Ausgang kein Suboszillator wie im SAO-Betrieb an, sondern eines von drei verschiedenen CV-Signalen, darunter ein Sample-and-Hold-Signal. Mit diesen werden Elemente des additiven Sounds zur Modulationsbasis, wodurch sich das Spectraphon noch besser in Patches integrieren lässt. Gerade für experimentelle Anwendungen, bei denen viele Module miteinander „im Dialog“ stehen, ist dies extrem wertvoll.

Make Noise Spectraphon – Das sind die Alternativen

Das Spectraphon ist ein ziemlich einzigartiges Modul, das im Eurorack kaum Konkurrenz hat. Als Alternative ist vor allem das Rossum Panharmonium zu nennen, ein Resynthese-Modul mit 33 Oszillatoren, mit denen eingehende Sounds reproduziert werden. Es ist aufgrund der vielen Oszillatoren sehr präzise, kann dafür aber nicht als Dual-VCO verwendet werden. Ein weiteres Modul mit ähnlicher Resynthese-Funktionalität wie der neue Make Noise Oszillator ist das bereits getestete Qu-Bit Aurora. Es analysiert ebenfalls den spektralen Inhalt von Klängen und macht daraus experimentelle Reverbs, die – wie beim Spectraphon – das Klangmaterial massiv verändern können.

FeaturesMake Noise SpectraphonRossum PanharmoniumQu-Bit Aurora
VCO-Betriebjaja
Einstellbare Analyse-Auflösungjaja
Steuerung mit 1V/Oct.jajaja
Als Effekt einsetzbarjajaja
Duophon bzw. polyphon spielbarJa (duophon)
Preis678 €649 €418 €
Preis/Leistung4,5/54,5/54/5
Bewertung im Test4,5/54/5
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Make Noise Spectraphon Alternativen

Einsatzmöglichkeiten des Make Noise Spectraphon

Es stellt sich jetzt die Frage: Wofür kann man das Make Noise Spectraphon letztendlich am besten einsetzen? Hier würde ich, basierend auf meinen Erfahrungen während des Tests, zwei verschiedene Bereiche unterscheiden. Zum einen ist es ein herausragender digitaler Oszillator, der sich aufgrund seiner hohen Klangauflösung und simplen Modulationsmöglichkeiten hervorragend als Basis für melodische Patches eignet. Ich persönlich würde das Modul am liebsten mit einem analogen Oszillator paaren, um „the best of both worlds“ zu erhalten – knarzige Vintage-Frequenzen und moderne Digitalästhetik. Zum anderen ist das Modul ein spannendes Effektgerät für eingehende Sounds. Hier ist es wichtig, sich auf den neuen Sound einzulassen und nicht zu versuchen, das Eingangssignal nur leicht zu bearbeiten. Dann entstehen schnell spezielle Sounds, die mit anderen Modulen so nicht möglich wären.

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Fazit

Das Make Noise Spectraphon ist, das zeigt unser Test deutlich, ein spezielles Modul und als solches nicht jedermanns Sache. Das liegt an seinem doppelten Anspruch. Zum einen ist seine Funktionsweise sehr komplex: Man benötigt ein Grundverständnis von Resynthese und additiver Synthese, um es gezielt einzusetzen. Andererseits ist es aufgrund der wenigen Parameter sehr einfach zu bedienen und fügt sich sehr gut in viele Patch-Umgebungen ein. Qualitativ ist das Spectraphon über jeden Zweifel erhaben. Als Effektmodul klingt es ebenso herausragend wie als Oszillator. Alles steht und fällt daher mit dem Charakter des Sounds und der Experimentierfreudigkeit des Musikers. Wer sich auf die Fähigkeiten des Moduls einlässt, es kreativ moduliert und mit weiteren Effekten oder analogen Filtern bzw. Wavefoldern kombiniert, erhält eine einzigartige Klangquelle, die es so im Eurorack nur von Make Noise gibt. Daher gibt es trotz einiger klanglicher Abstriche in Sachen FM und Vocoding verdiente 4,5 Sterne von uns.

Make Noise Spectraphon Test
Make Noise Spectraphon (Quelle: Lukas Hermann)

Features

  • Dualer Spektral-Oszillator
  • Digitaler Doppel-VCO mit Echtzeit-Spektralanalyse und Resynthese
  • 2 Betriebsmodi pro VCO: SAM (Spectral Amplitude Modulation) für Harmonische basierend auf dem Eingangssignal, SAO (Spectral Array Oscillation) für normalen VCO-Betrieb
  • Regler für Grob- und Feinstimmung
  • Regler für Slide, Focus und Partials (mit CV-Eingang und Abschwächer)
  • Pitch- und Clock-Eingänge
  • Signaleingang mit Pegelregler
  • 4 Audio-Ausgänge
  • FM Modulationsbus mit CV-Eingängen
  • VCO B synchronisierbar zu VCO A
  • Strombedarf: 230mA (+12V) / 55mA (-12V)
  • Breite: 34 TE – Tiefe: 36 mm

Preis

Make Noise Spectraphon: ca. 678 € (Straßenpreis am 9. August 2023)

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