Kurz vor der Superbooth 2023 stellte Intellijel Cascadia vor, einen semimodularen Synthesizer, den wir nun zum Test erhalten haben. Der kompakte, monophone Desktop-Synth verfügt über ein riesiges Arsenal an Funktionen, eine komplexe MIDI- und Effektsektion sowie fast endlose Patch-Optionen.
Dabei kombiniert er Elemente von Westcoast-Synthesizern mit einem Design, das an den ARP 2600 erinnert. Wie die beim Spielen und Patch ineinandergreifen und für welche Anwendungsfälle sich der Intellijel Cascadia am besten eignet, das finden wir heraus!
Intellijel Cascadia: Das Wichtigste in Kürze
- Semimodularer, monophoner Analog-Synthesizer
- Zwei VCOs, ein Multimode-Filter, Low-Pass-Gate, Ringmod und mehr
- 101 Patchpunkte, 34 Slider, 16 Regler, 28 Schalter, 5 Buttons
- Analoger Effektloop, Expression-Out und MIDI-In/-Out
Details
Intellijel Cascadia: Erster Eindruck
Direkt nach dem Auspacken – und immer wieder während des Tests – war ich verwundert, wie klein und leicht der Intellijel Cascadia ist. Mit nur 34,8 Zentimetern Breite und weniger als zwei Kilogramm auf der Waage ist Cascadia garantiert kompakt genug für jedes Studio. Seine Holzseitenteile machen optisch ferner enorm was her und seine Regler und Fader sind hochwertig verarbeitet. Zudem sind seine Anschlussfähigkeiten enorm. Der Synth verfügt über MIDI In, Out und Thru via 5-Pol-Ports sowie über einen USB-C-Anschluss. Dieser erlaubt die USB-MIDI-Steuerung und detaillierte Einstellungsoptionen mittels der Intellijel Config-App, allerdings wird Audio nicht über die USB-Verbindung übertragen. Das geht nur über den hinten angebrachten Mono-Line-Out bzw. einen Stereo-Kopfhöreranschluss. Zusätzlich bietet der Synthesizer dort noch einen analogen Effektloop (ebenfalls mono) sowie einen Line-Input für externe Signale.
Viele Fader zeugen von einer klaren Vision
Die Musik spielt aber allerdings oben auf dem Panel des Synthesizers. Dort sind insgesamt 101 Patchpunkte, 34 Slider, 16 Regler, 28 Schalter und 5 Buttons versammelt und stellen „Module“ mit diskreten Funktionen dar. In semimodularer Manier sind sie bereits intern vorverschaltet, was kleine Markierungen unter Inputs und Outputs (etwa dem Mixer für Wellenformen oder dem Filter) angeben. Aus diesen Vorverschaltungen ergibt sich dann der Signalfluss des Intellijel Cascadia. Allerdings ist der zu Beginn nicht ganz leicht nachzuvollziehen, denn das Panel ist dicht bestückt. Nach ein bisschen Zeit lichtet sich der Nebel jedoch und die Vision des Cascadia wird deutlich. Wir beginnen unten links mit den Oszillatoren A und B. Diese bilden eine Einheit und VCO B dient per Schalter oder Fader als Sync- oder FM-Quelle für VCO A. Dessen Wellenformen (Puls, Sinus, Sub, Sägezahn) können dann oben links mit Rauschen und einem ringmodulierten Signal von A und B gemischt werden.
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Der Multimode-Filter des Intellijel Cascadia macht die Musik
Wie schon beim ARP 2600 geht die Kombination der Signale in ein Multimode-Filter, das dem Intellijel Polaris nachempfunden ist. Hier stehen acht Filtertypen zur Verfügung: Drei verschiedene Tiefpassfilter, zwei Bandpassfilter, ein Hochpassfilter, ein Notchfilter und ein spezielles Phazorfilter für Phasenklänge. Außerdem ist eine der beiden internen Hüllkurven mit dem Cutoff verbunden. Doch diese eine Modulation soll nicht genug sein, denn es gibt noch zwei weitere FM-Eingänge für das Filter – jeweils sogar mit bipolarem Abschwächer! Das und seine markant zwitschernde Resonanz machen dieses Element des Intellijel Cascadia zu einem wichtigen Bestandteil seines Sounds. Aber dazu später mehr, denn zum Aufbau gibt es noch einiges zu sagen.
Zum Beispiel den Master-VCA, der von Envelope A gesteuert wird. Er erlaubt es, das Hauptsignal mit einer Kopie zu mischen, die durch einen modulierbaren Wavefolder geht. Dieser wiederum kann mit etwas Patching alternativ durch einen „Hilfs-VCA“ mit Lowpass-Gate Funktionalität geleitet werden, um den Cascadia schön nach Buchla klingen zu lassen. Somit ist der Synthesizer also sowohl an der „Westcoast“ und der „Eastcoast“ daheim. Passend zu den Wavefolder-Obertönen befindet sich hinter dem VCA ferner ein Overdrive mit Soft Clipping. Dies ist eines von gleich drei Gainstages im Cascadia – das dadurch echt dreckig klingen kann!
40 Patchpunkte für alles Weitere
Die genannte Signalkette verteilt sich auf die obere und untere Sektion des Panels. Dazwischen und links davon finden sich noch rund 40 weitere Patchpunkte. Sie gehören unter anderem zu mehreren Hilfsfunktionen: Es stehen ein Slew Limiter, ein Hilfsmixer mit bipolarem Abschwächer, ein LFO mit mehreren Tempi, die mit einem Mult verbunden sind, sowie ein Invertierer zur Verfügung. Abgerundet wird das alles durch die MIDI-to-CV-Sektion oben links, die neben Toninformationen sogar noch einen zusätzlichen LFO im Rhythmus zur Clock liefert. Das sind alles tolle Optionen, um den Signalfluss aufzubrechen, zu erweitern und umzulenken.
Intellijel Cascadia: Das Zubehör
Bevor wir in unserem Test genauer auf den Praxiseinsatz des Synthesizers eingehen, sei nur noch kurz erwähnt, dass Intellijel auch zwei Zubehörartikel für den Cascadia entwickelt hat. Sie teilen sich auf in einen kosmetischen und einen funktionalen Bereich: Wem die Holzteile an den Seiten nicht gefallen, kann sie für 55 Euro gegen solche aus Metall austauschen. Außerdem gibt es schicke Rackohren aus Aluminium im 19-Zoll-Format. Sie unterstreichen die Ambition des Cascadia, einen Platz als Sounddesign-Tool im Studio finden zu wollen, und zeigen sich mit cleverem Design. Links wird der Synth montiert, während rechts ein Fach fürs Zubehör und einen kleinen Kabelhänger ist.