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Hagstrom Super Swede Tremar Test

Kinder, wie die Zeit vergeht! Schon seit sieben Jahrzehnten wird die elektrische Gitarre mittlerweile industriell hergestellt, und dass man nach einer so langen Zeit nicht mehr unbedingt mit weltbewegenden Veränderungen rechnet, ist verständlich. Trotzdem glänzt hin und wieder ein Hersteller mit einer Idee und lässt die Gemeinde aufhorchen. Zu dieser Spezies gehörte auch der schwedische Gitarrenbauer Hagstrom, der sich zwar von den klassischen amerikanischen Instrumenten inspirieren ließ, aber letztlich immer seinen eigenen Weg ging. Das gilt auch für seine Nachfolger, die 2005 die Marke wieder aufleben ließen und sie im klassischen Sinn des Gründers weiterführen und weiterentwickeln. Und wenn das Ergebnis stimmt, dann wird das in der Regel auch von der Kundschaft honoriert.

Uns hat interessiert, ob das auch auf unsere Testkandidatin, die Super Swede Tremar, zutrifft. Jedenfalls gehört die Gitarre zu den Instrumenten, die mit einer solchen Eigenentwicklung aufwarten können. Dabei handelt es sich, wie der Name schon vermuten lässt, um das sogenannte Tremar-Tremolosystem, mit dem wir uns im Rahmen dieses Tests noch intensiver beschäftigen werden.

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Details

Korpus
Die Korpuskonstruktion unseres Testmodells besteht aus 40 mm starkem Mahagoni, auf das eine gewölbte 10-mm-Decke aus Ahorn aufgeleimt wurde. Die Super Swede kommt im Finish ´Wild Cherry Transparent´, also einer roten Lackierung, bei der die Maserung der Decke noch deutlich sichtbar ist. Alternativ ist das Modell auch in Cosmic Black Burst oder Vintage Sunburst erhältlich. Die Korpus-Kanten sind von einem cremefarbenen Binding mit drei feinen schwarzen Streifen umrahmt. In Form und Ausstattung lässt sich die Gitarre grob in die Les Paul Schublade einordnen: eine runde Korpusform mit einem Cutaway, der etwas tiefer geschnitten ist, und die Ausstattung mit zwei Humbucker Pickups, die über komplett getrennte Volume- und Tone-Regler verfügen.

Das sind die Gemeinsamkeiten auf den ersten Blick. Schaut man sich das Instrument aber genauer an, entdeckt man -im Vergleich zum Klassiker- ein paar kleine, aber nicht unwesentliche Unterschiede. So wurde der Korpus auf der Rückseite leicht ausgefräst, damit sich die Gitarre besser an den Oberkörper des Spielers anpasst. Das fühlt sich im Sitzen wie im Stehen sehr gut an. Außerdem gibt es neben dem 3-Wege Toggle-Switch zur Anwahl der Pickups einen weiteren Mini-Schalter. Der sogenannte Coil Tap Switch sorgt dafür, dass nur eine Spule des jeweils aktiven Humbuckers arbeitet. Aber das auffälligste Merkmal ist zweifellos das mächtige Tremolosystem, das äußerst verdächtig nach Bigsby aussieht, aber tatsächlich eine Neu- oder vielleicht doch eher Weiterentwicklung aus dem Hause Hagstrom ist.

Tremar nennt sich das Teil und die Brücke hört entsprechend auf den Namen Tremar Roller Bridge. Die Ballends der Saiten werden an Stiften auf der hinteren Achse (die auch vom Tremolohebel bewegt wird) befestigt. Von dort aus laufen die „Drähte“ unter der Andruckrolle hindurch, wo sie angewinkelt und mit dem nötigen Druck versehen zu den Reitern der Brücke geleitet werden. Eine starke Feder sorgt bei dem sehr stylisch designten und komplett verchromten Tremolohebel für den nötigen Gegendruck.

Mit diesem System sind große Ausschläge nicht zu machen, man vibriert hier eher dezent, maximal einen Ganzton nach unten. Nach oben funktioniert es auch, zieht man allerdings zu stark am Hebel, besteht die Gefahr, dass die Saiten reißen –  logisch! Aber eine kleine Terz (drei Halbtöne) verkraftet das System, und das ist schon eine Menge. Das Arbeiten mit dem Tremolo gestaltet sich butterweich, der Federwiderstand ist sehr angenehm und nicht zu stark. Befestigt ist das System mit vier Schrauben direkt auf dem Korpus. Die Roller-Bridge ist von der Konstruktion her mit einerm Tune-O-Matic Steg zu vergleichen, allerdings laufen die Saiten hier über bewegliche Rollen, daher auch der Name. Das Ganze macht einen sehr soliden Eindruck, punktet mit einer coolen Vintage-Optik und auch in Sachen Stimmstabilität gibt es nichts zu bemängeln.

Pickups
Die Super-Schwedin ist mit zwei baugleichen Hagstrom Custom 58 Pickups mit Alnico 5 Magneten bestückt, einer direkt am Halsende, der andere am Steg. Die Tonabnehmer stecken in verchromten Kappen, die mit schwarzen Rahmen am Korpus befestigt und an beiden Seiten in der Höhe verstellbar sind. Laut Hersteller produzieren die Pickups einen warmen Vintage-Ton mit reichlich Obertönen. Mit einem 3-Wege Toggle-Switch sind die Kombinationen Hals-, Steg- und beide Pickups anwählbar. Der kleine Schalter, der sich hinter den Tonreglern befindet, splittet die Humbucker-Pickups und sorgt für eine weitere Klangvariante.

Hals
Bei der Hals-Korpus Konstruktion setzt Hagstrom auf die Leim-Variante, der Mahagoni-Hals ist also fest mit dem Korpus verbunden. Anders als bei einer klassischen Les Paul kommt hier eine lange 648mm Mensur zum Einsatz. Das Griffbrett besteht wie bei allen neuen Hagstrom-Modellen aus Resinator-Wood. Dabei handelt es sich um mehrschichtige Holzblätter, die unter Vakuum gegeneinander verleimt werden. Resinator-Holz ist laut Hersteller homogener, stabiler und verwindungssteifer als andere Standard-Holzprodukte. Es hat außerdem ein sehr gutes Schwingungs- und Obertonverhalten. Zur stabilen Saitenlage (mit a …) trägt hier natürlich auch der für Hagstrom legendäre H-Expander bei, ein Halsstellstab in H-Form, der sich sehr wenig verzieht und dadurch für einen über das gesamte Griffbrett relativ gleichbleibenden Saitenabstand sorgt. Der Orientierung und dem Auffinden der richtigen Töne dienen Pearl Block Inlays auf dem Griffbrett und schwarze Dots auf dem Binding der Halskante. Die Gitarre ist mit 22 Medium-Bünden bestückt, die eine sehr gute Bespielbarkeit ermöglichen. Die Bünde sind gut abgerichtet und poliert, homogene Bendings und saubere Intonation sind hierdurch gewährleistet.

Die Einstellung von Saitenlage, Halskrümmung und Oktavreinheit ist vorbildlich. Hier gibt es nichts nachzustellen und man kann –direkt nachdem die Gitarre gestimmt ist – loslegen. Die Halswölbung ist gering und das Profil kann man als Standard-D bezeichnen. Der Ast liegt gut in der Hand und lässt sich auch mit etwas kürzeren Fingern locker greifen. Etwas kritisch wird es in den ganz hohen Lagen, denn durch den Hals-Korpus-Übergang am 16. Bund ist der Hals bereits am 15. Bund recht dick und man ist gezwungen, mit dem Daumen umzugreifen – will man auch noch im 22. Bund entspannt abliefern. Dieses Problem gibt es aber auch mit einer Les Paul. Die Saiten laufen über einen gut ausgefeilten Graphtech Black Tusk Sattel, der mit einer dünnen Schicht Teflon imprägniert ist, was für klemmfreies Rutschen der Saiten in den Sattelkerben sorgt, was wiederum der Stimmstabilität zugutekommt. Die Stimm-Mechaniken im klassischen Hagstrom-Stil befinden sich an beiden Seiten der Kopfplatte. Allerdings fallen die Knöpfe zugunsten einer besseren Bedienbarkeit etwas kleiner aus als bei älteren Modellen. Mit einer Übertragung von 18:1 sind die Tuner sehr leichtgängig und arbeiten weich und gleichmäßig. Die Kopfplatte kommt im üblichen Hagstrom-Design mit einer leichten, wellen-ähnlichen Erhöhung auf der rechten Seite, dem Schriftzug und einer Perlmutteinlage in der Mitte sowie die Abdeckung für den Halsstellstab. Das Ganze wird von einem Binding umrandet.

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Praxis/Sound

Hinweis: Damit eine optimale Vergleichbarkeit der fünf Gitarren aus unserem Hagstrom Testmarathon gewährleistet ist, habe ich den Praxisteil in verschiedene Kategorien unterteilt. Die Hörbeispiele innerhalb der einzelnen Tests wurden jeweils mit identischen Ampeinstellungen eingespielt.
Clean
Für einen Humbucker zeigt sich der Custom 58 Pickups etwas leistungsschwächer. Aber das muss nichts heißen, denn laut ist nicht immer auch gut. Dafür kommt das Teil mit einem angenehm warmen Klang. Der Halspickup bringt eine gute Portion Höhen mit, klingt aber trotzdem sehr rund und charaktervoll. Der Steg-Tonabnehmer präsentiert sich brillant, aber ohne dabei in den Ohren zu klingeln. Die mittlere Position vereint die Eigenschaften beider Tonabnehmer und man erhält einen Les Paul-ähnlichen Zwischenpositions-Sound.

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Clean 1 -Hals-Pickup Clean 2 – Mid-Pickup Clean 3 – Steg-Pickup

Die Obertonansprache ist sehr gut, die Kombination aus Resinator-Holz und GraphTech Sattel macht einen guten Job und der Ton kippt beim Ausklingen schon leicht in den oktavierten Oberton. Außerdem spricht die Gitarre extrem gut auf mit dem Pick erzeugte Artificial Harmonics an. Sustain gibt es hier in Reinkultur: Der Ton bleibt lange stabil auf einer Lautstärke und klingt angenehm lange aus.
Crunch
Der Sound ist jetzt leicht angezerrt und wir wollen hören, was die Super Schwedin in diesem Genre zuwege bringt. Ihr hört das Instrument über einen Marshall Plexi, wobei der Hals-Pickup noch recht weich und rund klingt. Die Verzerrung bei den Custom 58 Pickups ist zwar nicht sehr aggressiv, aber das heißt nicht, dass der Humbucker am Steg nicht auch beißen kann, wenn man die Gitarre entsprechend rannimmt. Die Tonwiedergabe ist wirklich erstklassig. Jede Spielnuance wird klar und deutlich übertragen. Das ist bei Humbucker-Pickups nicht immer der Fall.

Audio Samples
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Crunch 1 – Hals-Pickup Crunch 2 – Steg-Pickup

Mid Gain
Auch in der nächsten Disziplin, den Mid-Gain-Sounds, gibt es nichts zu meckern. Sie sind eine absolute Stärke der Custom 58 Pickups. Der Amp ist auf einen mittleren Verzerrungsgrad eingestellt und liefert im Team mit der Super Swede einen amtlichen Rock-Sound. Dabei sorgt der Steg-Pickup für eine differenzierte Zerre, die Bässe kommen knackig und satt, und auch in den unteren Frequenzbereichen klingt nichts muffig oder undifferenziert. Auch hier macht sich die gute Tonwiedergabe bemerkbar, denn die Wechsel auf den einzelnen Saiten sind gut zu hören und die Gitarre schickt alles transparent nach draußen.

Audio Samples
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Mid Gain

Dynamische Ansprache und Wiedergabe
Mit dem nächsten Beispiel wollen wir die Bandbreite der dynamischen Ansprache überprüfen. Im Klartext heißt das: Wir wollen wissen, wie weit sich der Verzerrungsgrad mit dem Anschlag an der Gitarre steuern lässt. Durch ihre etwas höhere Ausgangsleistung haben Humbucker ja grundsätzlich einen kleinen Nachteil gegenüber Single Coils, den auch die Super Swede bestätigt. Wird leicht angeschlagen, bleibt auch der Ton leise und der Amp ist zu einem fast cleanen Sound zu bewegen. Schlägt man fester an, machen die Pickups ab einem gewissen Punkt dicht und auch mit einem sehr harten Anschlag kommt nicht unbedingt mehr Power aus der Gitarre. Diese Eigenschaft bewegt sich bei der Hagstrom aber auf jeden Fall im Standardbereich von Humbucker-Pickups. Also alles im grünen Bereich!

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Dyna Pick

Volume Poti
Mit dem Volume-Poti lässt sich die Verzerrung gut über die Gitarre steuern. Bei einer Einstellung des Volume-Reglers auf „gefühlte“ drei von zehn erhält man einen annähernd cleanen Ton bei allerdings deutlich geminderter Lautstärke. Verantwortlich dafür ist der Regelweg des Potis. Dreht man es von 10 zurück auf 5, lässt die Verzerrung nach, während die Lautstärke nahezu konstant bleibt. Erst ab 5 wird die Gitarre auch deutlich leiser.

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Dyna Poti

Tone Regler
Mit dem Tone-Regler, der bei ca. 2 kHz die Höhen weiträumig und stark absenkt, lässt sich bei Bedarf kräftig in die Klanggestaltung eingreifen. Die muffigen Stoner Rock-Zerrsounds mit abgedrehten Höhen oder der typische Woman Tone á la Eric Clapton sind für die Super Swede Tremar kein Problem.

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Tone-Regler

Metal Sound
Selbstverständlich sind auch Metal Sounds mit den Pickups machbar, allerdings sind sie nicht gerade die Stärke der Gitarre. Sie geht eben – trotz der langen Mensur – mehr in Richtung Vintage Les Paul.

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Metal

Coil Tap Switch
Eine weitere Besonderheit der Super Swede Tremar ist der bereits erwähnte Coil-Tap-Switch. Hier wird bei den Humbuckern jeweils nur eine Spule aktiviert, der Sound ist dann etwas leiser und schlanker. Bei verzerrten Sounds kann man so wunderbar den Verzerrungsgrad wahlweise eine Stufe höher oder tiefer schalten. Ihr hört das im nächsten Beispiel, bei dem zuerst nur eine Spule des Pickups eingeschaltet war, dann beide.

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Coil-Tap
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Neben ihrem extrem stylishen Aussehen, an dem das Hagstrom Tremar System einen erheblichen Anteil hat, kann die Gitarre auch mit einem exquisiten Ton überzeugen. Bestückt mit den Custom 58 Pickups kommt aus der Gitarre ein eher Vintage-orientierter Ton, mit dem alle Facetten des Classic Rock oder Blues zu meistern sind. Für Metal ist sie nicht unbedingt zu begeistern. Sustainreiche Leadsounds sind da eher nach ihrem Geschmack, denn Sustain und eine perfekte Obertonansprache bekommt man hier in bester Qualität frei Haus geliefert. Auch die Verarbeitung und werkseitige Voreinstellung des Halses und der Saitenlage sind vorbildlich. Das dem Bigsby-Vibrato nachempfundene Tremar-System besticht nicht nur durch seine Optik, sondern auch durch eine gute Bedienbarkeit und vor allem Stimmstabilität. Wer eine Alternative zu einer Les Paul mit Vintage-Charakter sucht, der sollte die Hagstrom Super Swede Tremar auf jeden Fall antesten. Das Preis/Leistungsverhältnis ist gut.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Tremar System
  • Tonwiedergabe der Custom 58 Pickups
  • Bespielbarkeit
  • Optik
  • Verarbeitung und werkseitige Voreinstellung von Hals und Saitenlage
Contra
Artikelbild
Hagstrom Super Swede Tremar Test
Für 799,00€ bei
Technische Daten Hagstrom Super Swede Tremar
  • Hersteller: Hagstrom
  • Model: Super Swede Tremar
  • Finish: Wild Cherry Transparent
  • Korpus: Mahagoni
  • Hals: Mahagoni (geleimt)
  • Profil: Standard D
  • Griffbrett: Resinator-Holz
  • Halsbr.Sattel: 43 mm
  • Halsbr. 12.Bd.: 53 mm
  • Halsdicke 5. Bund: 22 mm
  • Mensur: 648 mm
  • Bünde: 22
  • Mechaniken: Hagstrom 18:1
  • Pickups: 2x Hagstrom Custom 58
  • Regler: 2x Volume, 2x Tone
  • Vibrato: Hagstrom Tremar
  • Brücke: Tremar Roller Bridge
  • Preis: 825,00 Euro UVP
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