Anzeige

Fender Hot Rod Deluxe Test

Wer in den USA gerne an seinem Auto schraubt, und das macht, was man bei uns ganz profan als tunen oder frisieren bezeichnet, der erhält als Ergebnis einen Hot Rod. Im Laufe der Zeit hat sich die Bezeichnung für diese Tätigkeit verselbständigt und inzwischen gibt es kaum noch etwas, was sich nicht per „hot-rodding“ optimieren lässt. Dass dieser Begriff über kurz oder lang auch unser Universum erreichen würde, war nur eine Frage der Zeit. Fender übernahm ihn für den Deluxe und den Deville Combo und verpasste den beiden nicht nur einen weiteren Kanal, sondern auch mehr Leistung.

Fender_HotRodDeluxe_11FIN Bild

In den frühen Fünfzigern schuf Leo Fender mit dem Bassman einen legendären Verstärker, der nicht nur Geschichte schrieb, sondern als Urvater ganzer Generationen von Gitarrenamps gilt. Kurze Zeit später erblickte der Fender Twin das Licht der Welt. Und wem der Bassman zu traditionell und der Twin zu unflexibel war, der fand sehr oft Gefallen am 22 Watt starken Deluxe. Allerdings wuchs der Wunsch nach mehr Lautstärke und einem dritten Kanal und so entschied sich Fender, den Amp in besagter Hot Rod-Version aufzulegen. Aktuell sind zwei Ausführungen erhältlich, einmal die 60-Watt-Version mit 2×12“ Speakern und einmal mit nur einem 12“ Lautsprecher und 40 Watt Leistung. Und um Letzteren geht es in diesem Test.

Anzeige

Details

Der Deluxe ist mit seinen 21 Kilo Masse nicht unbedingt ein Leichtgewicht, zerrt aber auch nicht zu sehr am geplagten Musikerarm. Insgesamt präsentiert sich der Kleine recht kompakt und übersichtlich. Die Frontbespannung, treffend “Silver Sparkle“ getauft, besteht folgerichtig aus silbern schimmerndem Stoff und bedeckt den größten Teil der Front. Ansonsten ist der Verstärker komplett mit schwarzem Vinyl bespannt und kommt ohne Kantenschutz; einziges Beschlagteil außer den vier Füßen ist der Tragegriff auf der Oberseite, mit dem sich der Combo bequem transportieren lässt. Das Gehäuse des Deluxe ist auf der Rückseite halbgeschlossen und ermöglicht einen Blick auf Röhren und Lautsprecher. Bei Letzterem handelt es sich um einen Eminence 1×12“ Special Design 8 Ohm, 50-Watt-Speaker, der von zwei 6L6 Endstufen Röhren angetrieben wird. In den Vorstufen kommen drei 12AX7-Kolben zum Einsatz.

Fotostrecke: 3 Bilder Eine Staubschutzhülle wird gleich mitgeliefert.

Auf dem Gehäuseboden im Inneren befindet sich gut eingepackt der Federhall.
Positiv fällt der Metallkäfig auf, der die Röhren vor äußeren Einflüssen schützt – hier hat jemand mitgedacht. Ich besitze selbst ein älteres Hot Rod Deville Modell, beim dem das nicht der Fall ist. Deshalb kann ich aus eigener leidvoller Erfahrung bestätigen, dass man spätestens im rauen Touralltag für einen solchen Schutz sehr dankbar ist. Eine weitere Schutzmaßnahme für die Vorstufenröhren ist ein Preamp Tube-Stabilizer, der eigentlich nichts anderes ist als ein vibrationsdämpfender Stabilisator, der um die Vorstufenröhren befestigt wird und Röhrengeräusche minimieren soll. Der mitgelieferte Fußschalter, der zur Kanalwahl dient, lässt sich für den Transport sicher im unteren Teil des Gehäuses mithilfe eines Klettbandes befestigen.

Aber schauen wir uns einmal das Bedienfeld etwas näher an. Ganz rechts befinden sich zwei massive Kippschalter für On /Off und Standby und links daneben eine rote Kontrollleuchte, die den Betrieb anzeigt. Ihr zur Seite findet sich die Anschlussbuchse für den Fußschalter – wie diese haben übrigens alle Anschlüsse auf dem Bedienfeld ihren Platz, was ich sehr positiv finde. Das erhöht die Übersichtlichkeit ungemein und erspart dem ohnehin schon gestressten Musiker eine Menge Zeit und Turnerei.

So gibt es dort neben der erwähnten Buchse für den Fußschalter auch eine mit der Bezeichnung Poweramp-In und Preamp-Out, die sich auf verschiedene Weise nutzen lassen:

1.    Als Effektloop: Der Preamp-Out wird an den Eingang eines Effektgerätes angeschlossen und der Ausgang des Effektes geht wieder zurück in den Poweramp-In.

2.    Mehrere Hot Rod Amps lassen sich gleichzeitig betreiben: Preamp-Out des „soundmachenden“ Hot Rods in den Poweramp-In der folgenden Amps.
Da der Effekt in seiner Intensität nicht geregelt werden kann, handelt es sich hier um einen seriellen Einschleifweg.

Auf der Unterseite des Bedienfeldes, also kopfüber, kann ein weiterer Lautsprecher mit acht Ohm betrieben werden. Soll eine externe Box allein und ohne den Combo-Speaker für den Sound sorgen, darf diese nur vier Ohm Impedanz mitbringen.

Der Fender Hot Rod Deluxe ist, wie oben bereits erwähnt, ein dreikanaliger Amp mit der Wahlmöglichkeit zwischen Normal, Drive und More Drive. Die Potis, von rechts nach links, kümmern sich der Reihe nach um Presence, Reverb, Master, Middle, Bass, Treble, Drive und Volumen. Sie sind alle mit schwarzen Chickenhead-Reglern versehen und laufen butterweich. Die drei Druckschalter Channel Select, More Drive und normal Bright ermöglichen das Umschalten der drei Kanäle per Hand sowie einen Boost im hohen Frequenzbereich für den Normal Channel. Zu guter Letzt besitzt der Deluxe zwei Eingangsbuchsen, wobei die zweite für Instrumente mit starkem Ausgangssignal oder vorverstärkte Instrumente verwendet werden soll. Benutzt man beide Inputs gleichzeitig, sind die Eingänge identisch. Da es nur eine Klangregelung gibt, greifen alle drei Kanäle darauf zu.

Anzeige

Praxis

Ich kann mich, ehrlich gesagt, nicht daran erinnern, meinen Hot Rod Deville jemals lauter als bis zum Drittel des Volumen-Regelweges betrieben zu haben. Unglücklicherweise klingt er aber erst bei hohen Lautstärken so richtig gut. Ich erinnere mich an eine Produktion in einem namhaften, großen Studio, bei der wir den Amp voll aufdrehten, um einen speziellen Sound zu erreichen. Das war dermaßen laut, dass wir einen Schutzwall bauen mussten, damit wir in der eigentlich sehr gut isolierten Regie überhaupt noch etwas aus den Monitoren hören konnten. Wohlgemerkt, der Deville hat 60 Röhrenwatt. Daher bin ich sehr auf den kleinen Deluxe gespannt, der zwar immer noch stolze 40 Watt zu verteilen hat, das aber nur an einen 12“ Speaker anstelle von vier 10“ Pappen, also an weniger Membranfläche.

Beginnen möchte ich mit dem Clean-Channel. Dabei bemühe ich meine Fender Telecaster mit vier Pickup-Positionen, die ich der Reihe nach durchschalte.

Audio Samples
0:00
Alle Pickups Clean Tele

Der Deluxe liefert die amtlichen Fender-Cleansounds. Fett schmatzend wird jeder Anschlag quittiert. Vor allem Freunde des Soul und Funk werden bei dem Amp ihre helle Freude haben. Der Sound ist sehr wendig und unterstützt die angeschlossene Gitarre. Sehr gut.

Für das nächste Soundbeispiel habe ich bei der Tele den Halstonabnehmer aktiviert.

Audio Samples
0:00
Hals Octave Clean Tele

Ultradirekt und trotzdem warm, so, wie´s sein soll! Die Gitarre setzt sich gut durch und bewahrt ihren Charakter auch im Bandgefüge, ohne dabei aufdringlich zu sein, wie wir später noch hören werden.

Ein hartnäckiges Vorurteil besagt, dass Fender-Verstärker verzerrt einfach nicht klingen. Naja, kommt natürlich darauf an, was man vorhat, aber für klassische Rocksounds ist der Amp durchaus zu haben, wie das folgende Beispiel zeigt. Im Übrigen ist der Deluxe  Reverb einer der Studioamps in Nashville. Unter anderem hat Steve Lukather das Solo von “Hold the Line“ mit seiner Gibson Goldtop und dem besagten (22 Watt!!) Deluxe Reverb eingespielt. So viel zum Thema Vorurteil.

Für das folgende Beispiel habe ich meine Les Paul Junior (die mit dem P90 in der Stegposition) ausgepackt, die für mich der Inbegriff des Rock´n´Roll Sounds darstellt.

Audio Samples
0:00
Les Paul Junior P90 Riff Crunch

Breitbeinig zeigt der Deluxe Zähne. Das zerrt ganz ordentlich und dabei ist der Gainregler gerade mal zur Hälfte aufgedreht. Fender-typisch ist der Gainsound etwas tiefmittiger, aber das befürchtete Sägen taucht zum Glück gar nicht auf.
Der EQ ist in der Lage, den Sound etwas zu formen, aber dabei bleibt der Grundklang erhalten.

Hier noch ein weiteres Riff.

Audio Samples
0:00
Les Paul Junior P90 8tel Crunch Riff

Das gefällt mir sehr gut. Gerade im Studio beim Doppeln eines anderen Amps ist die Klangfarbe eine Bereicherung. So, jetzt will ich es wissen. More Gain-Schalter rein, Düsenberg geschultert und los!

Audio Samples
0:00
Duesenberg Steg Lead

Eine kleine Prise des Federhalls obendrauf und fertig ist der fette Blues-Rock-Lead-Sound. Wobei wir allerdings auch beim  – meiner Meinung nach – wirklichen Manko wären. Der Federhall klingt super, allerdings ist er schon ab Regelwert zwei so extrem, dass sich damit eigentlich nur noch Surfsongs aufnehmen lassen. Wirklich schade, denn so muss man ihn mit sehr spitzen Fingern bedienen.

Zu guter Letzt habe ich einen kleinen Funk-Song aufgenommen, bei dem alle Gitarren ausschließlich vom Hot Rod Deluxe kommen. Viel Spaß damit.

Audio Samples
0:00
Deluxe Funk
Anzeige

Der Hot Rod Deluxe liefert klassische Fender-Cleansounds in einer mehr als ausreichenden Lautstärke. Für alle, die einer eher weichen Zerrsound bevorzugen, dürfte die Suche ein Ende haben. Der Amp klingt sehr amerikanisch und hat mit der britischen Raubeinigkeit herzlich wenig am Hut. Es ist ein guter Allrounder für Soul, Blues und Funk und weniger für den knallharten Rocker. Leider ist der Regelweg des Federhalls etwas grob dimensioniert – schade, denn er klingt wirklich sehr gut.
Das Preis-Leistungsverhältnis ist ausgewogen und man bekommt eine Menge Amp für sein Geld.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Sound
  • Leistung
  • Gut zu transportieren
  • Verarbeitung
Contra
  • Regelweg Federhall
Artikelbild
Fender Hot Rod Deluxe Test
Für 675,00€ bei
Fender_HotRodDeluxe_10FIN Bild
Facts
  • Hersteller: Fender
  • Typenbezeichnung: Hot Rod Deluxe 1×12“
  • Bauart: Vollröhren Gitarrencombo
  • Leistung: 40 Watt
  • Röhrenbestückung: 3x 12AX7 (Vorstufe), 2x 6L6 (Endstufe)
  • Kanäle: zwei mit drei Funktionen
  • Speaker: 1×12“ Eminence Special Design 50 Watt
  • Maße: 47,63 / 59,69 / 26,67 cm ( B/H/T)
  • Gewicht: 21 kg
  • Besonderheiten: Federhall, Fußschalter, Schutzhülle
  • Preis: 938,91 Euro UVP
Hot or Not
?
Fender_HotRodDeluxe_10FIN Bild

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • Fender American Professional Classic Stratocaster HSS | First Look
  • Quilter Labs Elevate – Review & Sound Demo | Modeling reimagined?
  • Some Bluesy Sounds with the Quilter Elevate!