E-Bass-Modifikation: Edel Murchie pimpt E-Bässe

Wie Musiker die schwierige Zeit der Corona-Pandemie durchstehen und nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten für ihre Kreativitätsuchen, haben wir euch schon in zahlreichen Beiträgen berichtet. Die Schweizer Bassistin Edel Murchie hat ein ganz besonderes Ventil für ihre Kreativität entdeckt. In Zeiten, in denen die Auftritte mit der Band rar sind, veredelt sie E-Bässe in einem aufwendigen Metall-Beschichtungsverfahren.

In der von Edel Murchie angewandten Technik wird Battmetall auf die Oberfläche des Instrumentes aufgebracht und mithilfe einer Schwefelmutter anoxidiert. Die Ergebnisse sind beeindruckend! (Alle Bilder zur Verfügung gestellt von Edel Murchie)
In der von Edel Murchie angewandten Technik wird Battmetall auf die Oberfläche des Instrumentes aufgebracht und mithilfe einer Schwefelmutter anoxidiert. Die Ergebnisse sind beeindruckend! (Alle Bilder zur Verfügung gestellt von Edel Murchie)

Nach dem ersten Jahr in der Corona-Pandemie war die Edel Murchie auf der Suche nach einer sinnvollen kreativen Beschäftigung: “Musikmachen in Zeiten von Corona war für mich sehr frustrierend geworden, denn es gab ja so gut wie keine Auftrittsmöglichkeiten mehr. Darum habe ich kurzerhand beschlossen, auf eigene Faust Bässe zu pimpen.” Als erste Etappe zerlegte die Züricherin zwei Precision-Bässe von Squier und baute sie quasi neu auf: “Bei diesen Instrumenten ist die Technik recht überschaubar – ideal zum Üben. Erstaunlicherweise hatte ich beide Bässe bereits verkauft, bevor sie fertig waren!”
Als nächstes fand Edel auf dem Gebrauchtmarkt ihren alten OLP Tony Levin Signature Bass in “Baby Skin Orange” wieder, den sie 2011 verkauft hatte. Leider befand sich das Instrument in einem recht desolaten Zustand: “Die Pearloid-Folie vom Pickguard war verfärbt und hatte sich bereits an einigen Stellen abgelöst. Ein neues Pickguard im passenden Shape zu finden, gestaltete sich als schier unmöglich, und auch das Orange des Basses fand ich gewöhnungsbedürftig.”

Kreativität ist alles - die Züricher Bassistin Edel Murchie erschloss sich interessante neue Wege während der Corona-Pandemie.
Kreativität ist alles – die Züricher Bassistin Edel Murchie erschloss sich interessante neue Wege während der Corona-Pandemie.

Auf der Suche nach außergewöhnlichen Finish-Ideen stieß Edel auf das Youtube-Video eines Engländers, der auf einem Stück Holz die Technik der Beschichtung mit künstlichem Blattmetall und des Anoxidierens mittels einer Schwefelmutter demonstriert. Edel war begeistert: “Ich beschaffte mir das nötige Material, und nach einigen Versuchen mit Testhölzern kam mir die Idee, dieses Verfahren an meinem OLP-Bass auszuprobieren. Diese Beschichtungs-Technik hat den großen Vorteil, dass man sie sogar zu Hause im Wohnzimmer durchführen kann. Spray-Lackierungen kann ich persönlich dagegen nur auf dem Balkon in einem Duschzelt ausführen und bin deswegen auf warmes Wetter angewiesen. Da geht also von Herbst bis Frühling gar nichts.”
Und wie funktioniert dieser Prozess? Edel erklärt: “Die Beschichtung ist sehr aufwendig, da man – gerade wenn man das Blattmetall anoxydieren möchte – zuerst mehrere Schichten mit Zwischenlackierung auflegen muss. Ansonsten frisst die Schwefelmutter das extrem dünne und filigrane Blattmetall gleich komplett weg. Auch muss die Schwefelmutter je nach Art des Blattmetalls unterschiedlich stark verdünnt werden. Blattkupfer oxydiert z. B. sehr viel schneller als Blattsilber. Insgesamt habe ich etwa ein halbes Jahr am OPL herumexperimentiert, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden war. Der große Vorteil der Technik ist: Wenn etwas schiefläuft, kann man einfach wieder eine oder mehrere Lagen Blattmetall aufkleben und es noch einmal versuchen. Die Folien sind allerdings extrem dünn und reißen schnell. Daher muss man sie sehr vorsichtig auftragen. Die Sauerei danach ist unglaublich, aber wenn alles gelingt, sieht das Ergebnis unglaublich aus!”

Wen wundert es da noch, dass Edel auch dieses fertige Instrument schnell verkaufen konnte: “Zum Glück habe ich ihn an einen guten Freund verkaufen können, da mir der Bass inzwischen echt ans Herz gewachsen ist. Da ich ein absoluter Tony-Levin-Fan bin, wird er sowieso immer etwas Besonderes bleiben.”
Auftragsarbeiten halten sich für Edel bislang zahlenmäßig bislang noch im Rahmen, doch die Züricher Bassistin liebt es, gebrauchte Instrumente anzukaufen und daraus genau das zu machen, was sie gerade inspiriert. Steht sie mal vor Problemen, etwa beim Zusammenbau der elektronischen Parts, so holt sie sich Rat von Freunden aus der Bassbauer-Community. Interessenten und Käufer für ihre Projekte fanden sich bislang immer von selbst.

Ein schöner Nebeneffekt: “Ich wohne ja hier im Naturschutz-Paradies am Pfäffikersee und fotografiere ohnehin sehr gerne mit meiner Nikon D500. Deshalb kann ich die Bässe problemlos mit wunderschönem Hintergrund ablichten. Auf diese Weise verbinde ich sogar zwei Leidenschaften.”
Neben dem Basstuning ist Edel Murchies größtes Hobby natürlich die Musik selbst. Als Bassistin spielt sie bei Me and the Rest, wenn auch Gigs derzeit eher selten sind. Eigentlich hätte die Band im Jahr 2021 ihr 30jähriges Jubiläum mit einer kleinen Tour gefeiert. Stattdessen entschloss sich die Band, für sämtliche Songs des neuen Albums Videos zu drehen und dann jeden Titel einzeln über den Zeitraum von einem Jahr zu veröffentlichen: “Falls es die Situation erlaubt, hoffen wir aber natürlich noch immer auf eine Release-Party und einige Gigs in 2022. Aber die Blattmetall-Geschichte fasziniert mich in letzter Zeit einfach extrem und denke, da gibt es noch unzählige Möglichkeiten für mich. Der OLP war daher garantiert nicht mein letztes Projekt in dieser Art. Und natürlich wäre es ein Traum, irgendwann auch einmal Bässe von A bis Z selbst zu bauen. Mal schauen, was die Zukunft noch bringt!”
Eine tolle Geschichte, liebe Edel – wir wünschen dir alles Gute und extrem viel Spaß beim kreativen Austoben!
Interessenten können sich gerne mit Edel Murchie über ihre Facebook-Seite in Verbindung setzen.

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