Neural DSP hat es sich unlängst zur Aufgabe gemacht, bereits berühmten oder aufsteigenden Sternchen am Gitarrenhimmel personalisierte Plugins auf den Leib zu schneidern, die den Signature Sound der Artists originalgetreu einfangen sollen. Der jüngste Streich der finnischen Soft- und Hardware Company ist das Archetype: Tim Henson Plugin, gewidmet der treibenden Kraft hinter der noch relativ jungen amerikanischen Instrumentalrock-Band Polyphia.
Damit ist der mir vorliegende Testkandidat nun schon das sechste Produkt des Archetype Formats, das sich mit den Plugins Tosin Abasi, Corey Wong, Gojira, Nolli und Plini in beachtlicher Gesellschaft befindet. Auch wenn wirkliche musikalische Neuerungen in den letzen Jahrzehnten rar gesät waren, muss man zweifelsohne eingestehen, dass Tim Henson neben seinem eigenen Spielstil auch durchaus eine neue Soundästhetik geschaffen hat. Daher überrascht es nicht, dass die Features dieser Software mit zwei E-Gitarrenamps, einem Akustikgitarrenverstärker sowie einem vierstimmigen Harmonizer und zig weiteren Effekten nicht unbedingt alltäglich sind. Ob es Neural erneut gelungen ist, die Soundingredienzien ihres Signature-Artists einzufangen, möchte ich hier ergründen.
Details
Konzept
Beim Tim Henson Plugin handelt es sich um eine Software, die eine Simulation von zwei E-Gitarrenverstärkermodellen sowie eines Akustikamps anbietet, welche man nun mit einer üppigen Auswahl an Speakersimulationen auf Basis von Impulsantworten (IRs) kombinieren kann.
Doch damit nicht genug, denn diverse Gitarrenpedal-Klassiker (wie Booster, Kompressoren) sowie digitale Effekte (wie Chorus, Reverb, Delay, Harmonizer und selbst ein EQ) sind ebenfalls mit im Paket inkludiert. Das Archetype: Tim Henson kann sowohl als Standalone – also als eigenständige Software ohne Verwendung einer DAW – oder aber als Plugin für Mac OS und Windows im VST/AU/AAX Standard verwendet werden.
GUI-Übersicht
Für die Verwendung des Tim Henson Plugins benötigt man lediglich eine Internetverbindung zum Download des Installers sowie einen iLok Account. Die Installation verlief bei mir butterweich und nach der Aktivierung in meinem iLok Account bin ich auch schon “good to go“.
Signalkette und Module
Das Tim Henson Plugin bietet eine virtuelle Signalchain, die fix ist und deren Komponenten sich hinsichtlich der Reihenfolge nicht verändern lassen. Der Signalfluss besteht aus:
Pre FX > Amp > Cab > Multivoicer > EQ > Post FX
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Amplifers
Wie bei der Archetype Serie von Neural DSP üblich, kommt auch das Tim Henson Plugin nicht mit einer Armada an hunderten von Amps daher, sondern konzentriert sich auf drei, für den Signaturekünstler wichtige Soundstationen.
Cabinets
Das Cabinetmodul bietet die Auswahl aus zwei internen 4×12″ Boxenmodellen* sowie das Laden von eigenen bzw. Drittpartei-Impulsantworten. Jedes Cabinet kann nun simultan mit zwei unterschiedlichen Mikes abmikrofoniert werden, die man nun stufenlos pannen oder auch zentrieren kann.
Effekte
Die Effekte sind in einen Pre FX-, einen Multivoicer, einen EQ und einen Post X Block unterteilt. Die Pre-FX-Sektion wiederum besteht aus einem Booster, einem Kompressor und einem Overdrive Pedal, deren Vorlagen nicht genauer spezifiziert wurden.
Die große Besonderheit der Tim Henson Edition ist jedoch sicherlich der Multivoicer. Hierbei handelt es sich um einen vierstimmigen Harmonizer, der eine üppige Auswahl an Soundoptionen bereithält. Jede der vier Stimmen lässt sich in Bezug auf das harmonisierte Intervall, die Lautstärke und das Panning frei einstellen. Im Workspace des Multivoicers lassen sich Level und Panning, aber auch das Delay und der Feintuninggrad der einzelnen Stimmen nochmal grafisch sehr anschaulich tweaken.
Selbstverständlich können auch die Tonarten und bestimmte Akkordpresets frei ausgewählt werden, wobei sogar diverse Clustervoicings bereitstehen, die sehr interessante Sekundenintervalle beinhalten. Ein ganz besonders Feature bietet der MIDI Mode, in dem man über ein MIDI-Keyboard die Tonhöhen der verschiedenen Stimmen steuern kann.
Im Anschluss an den Multivoicer folgt ein Equalizermodul, das neun Bänder bearbeitet und die jeweiligen Frequenzen um 12 dB boosten oder senken kann.
Am Ende der Signalkette wurden alle “time-based” Effekte gepackt. Hier zeigt sich ein einfacher Chorus, der lediglich über einen Dry/Wet-Blendregler verfügt. Umso vielseitiger präsentiert sich das Delay, das mit den drei Modi “Ping Pong”, “Wide” und “Normal” daherkommt und mit “Diffusion”, “Vintage Digital” und “Modern” gleich drei Delay-Typen mitbringt. Auch ein Low und High Cut Filter wurden auf dem Delay-Pedal untergebracht und die Delay Time kann wahlweise getappt, oder zum Songtempo gesyncht werden.
Das Reverb zeigt sich ebenfalls als integraler Bestandteil von Hensons Stil, sehr flexibel und verfügt über einen Blendregler, ein Low und High Cut Filter sowie einen schaltbaren Shimmereffekt.