In dieser Workshopreihe geht es um das Zusammenspiel von Bass und Drums, die bekanntlich gern als “Rhythmusgruppe” bezeichnet werden. Dieses etwas ungelenke deutsche Wort bedeutet, dass diese Bass und Schlagzeug das rhythmische Fundament bilden, auf den der Rest der Band aufbauen kann. Um bei dem Bild zu bleiben: Wenn das Fundament eines Hauses nicht solide ist, kann im schlimmsten Fall das gesamte darauf errichtete Gebäude – die Band – auseinanderfallen! Für BassistInnen ist es daher enorm wichtig, dass sie gut mit ihrem/er MitmusikerIn an den Drums harmonieren – sie sollten daher wissen, was sie selbst spielen, sondern auch eine ungefähre Ahnung davon haben, was am anderen Instrument gespielt wird.
In diesem ersten Workshopteil möchte ich daher zunächst Bassis:innen einige Schlagzeug-Grundlagen näherbringen, ehe wir uns in den kommenden Folgen mit Tipps und Tricks für ein besseres Zusammenspiel zwischen Bass und Drums beschäftigen. Durch dieses Verständnis begreife ich als Bassist:in nach und nach, auf welche Weise ich mit den Drums zusammen den gewünschten Groove, die gewünschte Wirkung, sowie das gewünschte Feeling erzeugen kann.
Eines noch kurz vorweg: Alles, was wir hier besprechen, bezieht sich auf Rock, Pop, Heavy, Funk, Soul, R&B, Gospel etc. Für Stilistiken wie Latin, Reggae, Jazz etc. gelten mitunter etwas andere Spielregeln! Ich denke jedoch, die meisten von uns bewegen sich in den zuerst genannten Stilistiken.
Bassdrum, Snare, Hi-Hat – die wichtigsten Elemente des Schlagzeugs
Die drei mit Abstand wichtigsten Elemente des Schlagzeugs sind die Bassdrum, die Snare und die Hi-Hat. Mit ihnen entsteht an den Drums das Grundgerüst des Grooves – alle anderen Elemente, wie etwa Becken oder Toms, sind eher Klangfarben und spielen für uns in der Regel keine große Rolle.
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Becken zum Beispiel werden häufig dazu genutzt, einen Akzent zu unterstützen, z. B. die Zählzeit 1 des Chorus oder ähnliches. Mitunter übernehmen sie auch schon mal die Aufgabe der Hi-Hat, sind dann aber eher als eine Klangfarbe der Hi-Hat anzusehen. Und Toms hört man häufig in Fill-Ins, aber auch sie können die Aufgabe eines anderen Elements übernehmen, was uns wieder zurück zum Thema “Klangfarbe” führt.
4/4-Metrum und Viertelpuls
Die mit Abstand häufigste Taktart in unserem Kulturkreis ist der 4/4-Takt – quasi die “Mutter aller Drumgrooves”. Daher fokussieren wir uns in diesem Workshop auf dieses Metrum: Bassdrum und Snare ergänzen sich hier zu einem Viertelpuls. Die Bassdrum spielt auf der Zählzeit 1 und 3 (Downbeat), die Snare die 2 und die 4 (Backbeat).
So hört sich das an:
Der peitschende und deutlich höhere Sound der Snare führt dazu, dass sie gegenüber der Bassdrum automatisch betont wirkt. Der Backbeat treibt also gefühlt jedes Mal den Downbeat wieder neu an und peitscht auf diese Weise den Song nach vorne. Das nennt sich “Backbeat-Feeling” und ist in allen genannten Stilistiken anzutreffen.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass unsere Bassline zwangsläufig den Backbeat beinhalten oder betonen muss. Von diesem Viertelpuls gibt es selbstverständlich zahlreiche Variationen, aber letztlich lässt sich immer alles auf diesen “Urbeat” zurückführen. Zu einigen dieser Varianten kommen wir später noch.
Maß aller Dinge: die Hi-Hat
Auch wenn Bassdrum und Snare sehr dominant wirken, ist die kleine unscheinbare Hi-Hat viel wichtiger, als man zunächst meinen mag. Zum einen zeigt sie an, in welche kleinere rhythmische Einheiten der Viertelpuls nochmals unterteilt wird. Das können Achtel, Sechzehntel oder Triolen sein, entweder in einem fortlaufenden Raster oder subtil angedeutet.
Gleichzeitig sorgt die Hi-Hat aber auch dafür, wie sich ein Groove “anfühlt”, d. h. sie ist maßgeblich für das “Feeling” verantwortlich. Um dies zu demonstrieren, lasse ich in den folgenden Beispielen Bassdrum und Snare unverändert und variiere nur die Hi-Hat.
Beliebte 4/4-Variationen: Vorziehen
Die beliebteste Variante, um den Viertelpuls aufzulockern, ist das “Vorziehen” oder “Antizipieren” einer Zählzeit. Dabei rückt man eine Zählzeit im rhythmischen Raster nach vorne. Der beliebteste Kandidat dafür ist die Zählzeit 3, die in diesem Beispiel um eine Sechzehntel vorgezogen wird:
Und so klingt es, wenn die 3 um eine Achtel antizipiert wird:
Auch alle anderen Zählzeiten kann dieses “Schicksal” natürlich ereilen – nach der 3 folgt zum Beispiel die 1 in der Rangliste. Im nachfolgenden Beispiel wird die erste Zählzeit in jedem zweiten Takt um eine 16tel nach vorne geholt:
In funky Grooves an den Drums wird mitunter auch gerne die 2 oder die 4 antizipiert – so kann das z. B. klingen:
Was genau ist aber der Grund für das Vorziehen? Das Antizipieren erzeugt zum einen eine rhythmische Spannung, welche dann mit dem nächsten “regulären” Pulsschlag aufgelöst wird, zum anderen hierdurch aber auch eine Art “Beschleunigungseffekt”.
Beliebte 4/4-Variationen: Auslassen eines Schlags an den Drums
Eine weitere Variation ist sogar noch einfacher: Man lässt einfach einen Pulsschlag weg, frei nach dem Motto “Less is more!” Diese Maßnahme lässt einen Groove extrem luftig werden und sorgt für viel dynamischen Spielraum im weiteren Verlauf des Songs. In diesem Beispiel wurde die 3 ersatzlos gestrichen:
Selbst wenn wie im folgenden Beispiel nach der ausgelassenen 3 eine Bassdrum auf der 3+ folgt, dient diese eher als Auftakt auf die 4. Man spricht hier also nicht von einer “verzögerten” 3 oder ähnlichem:
So viel erst einmal für heute! Dies waren die wichtigsten Grundlagen zum Thema “Mein/e SchlagzeugerIn, das unbekannte Wesen”. Beim nächsten Mal geht es für uns in die Praxis und wir lernen, wie Bass und Drums auf unterschiedliche Weise interagieren können!
Viel Spaß beim Lernen, Thomas Meinlschmidt